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»Was ist das?« fragte er und legte den Kopf schief.

»Was ist was?« fragte Flint geistesabwesend und fuhr fort, die Wände abzuklopfen.

»Ein Kratzen«, sagte der Kender verwirrt. »Es kommt von den Türen.«

Tanis sah auf, er hatte vor langer Zeit gelernt, Tolpans Gehörsinn ernst zu nehmen. Er ging auf die Türen zu, wo Gilthanas und Raistlin in die Karte vertieft waren. Plötzlich trat Raistlin einen Schritt zurück. Faulige Luft wehte durch die offene Tür in den Saal. Jetzt konnten alle das Kratzen und ein leises schabendes Geräusch hören.

»Schließt die Tür!« wisperte Raistlin drängend.

»Caramon!« schrie Tanis. »Sturm!« Die beiden rannten bereits mit Eben auf die Tür zu. Sie lehnten sich alle dagegen, wurden aber zurückgestoßen, als die Bronzetüren aufsprangen und mit einem hohlen Dröhnen gegen die Wände knallten. Ein Ungeheuer glitt in die Halle.

»Hilf uns, Mishakal!« hauchte Goldmond den Namen der Göttin, während sie sich gegen die Mauer preßte. Das Wesen betrat trotz seines riesigen Umfanges schnell den Raum. Das Kratzen, das sie gehört hatten, wurde durch seinen gigantischen aufgeblähten Körper verursacht, der über den Boden schleifte.

»Eine Schnecke!« rief Tolpan und rannte auf sie zu, um sie zu untersuchen. »Aber seht euch doch nur die Größe an! Warum ist sie wohl so groß? Ich frage mich, was sie frißt…«

»Uns, du Dummkopf«, schrie Flint, packte den Kender und riß ihn auf den Boden, gerade als die Riesenschnecke eine Flut von Speichel ausspuckte. Ihre Augen, die an schlanken, sich drehenden Stielen am Kopf thronten, waren fast blind. Die Schnecke fand und vertilgte Ratten in der Dunkelheit nur mit Hilfe ihres Geruchssinns. Jetzt machte sie größere Beute aus, und sie verspritzte ihren lähmenden Speichel in die Richtung, wo sie lebendes Fleisch roch.

Die tödliche Flüssigkeit verfehlte ihr Ziel. Flint und Tolpan dem Kender war es gelungen, sich rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich zu rollen. Sturm und Caramon stürmten auf sie zu und schlugen mit ihren Schwertern auf das Ungeheuer ein. Caramons Schwert drang nicht einmal durch die dichte gummiartige Haut. Sturms zweihändiges Schwert kam durch und ließ die Schnecke vor Schmerz zurückweichen. Tanis stürzte hinzu, als die Schnecke ihren Kopf dem Ritter zuwirbelte…

»Tanthalas!«

Der Schrei riß Tanis aus seiner Konzentration, er hielt inne, drehte sich um und starrte verwundert zum Eingang der Halle.

»Laurana!«

In diesem Moment spuckte die Schnecke mit ihrer zersetzenden Flüssigkeit Tanis an, den sie gerochen hatte. Der Speichel traf sein Schwert und ließ das Metall zischen und qualmen, dann löste es sich in seiner Hand auf. Die ätzende Flüssigkeit lief an seinem Arm hinunter und brannte sich in sein Fleisch. Tanis fiel, im Todesschmerz schreiend, auf die Knie.

»Tanthalas!« rief Laurana wieder und rannte auf ihn zu.

»Haltet sie auf!« keuchte Tanis, sich vor Schmerzen krümmend, Hand und Schwertarm schwärzten sich und hingen in Sekundenschnelle leblos an seinem Körper herab.

Die Schnecke, die Erfolg spürte, schleppte ihren pulsierenden grauen Körper weiter vor. Goldmond warf dem riesigen Ungeheuer einen ängstlichen Blick zu, dann eilte sie zu Tanis. Flußwind stand ihr schützend zur Seite.

»Geht weg!« sagte Tanis mit zusammengebissenen Zähnen.

Goldmond nahm seine verletzte Hand und betete zur Göttin. Flußwind legte einen Pfeil auf und schoß auf die Schnecke. Der Pfeil traf die Kreatur am Hals, richtete zwar kaum etwas aus, aber sie wurde von Tanis abgelenkt.

Der Halb-Elf sah, wie Goldmond seine Hand berührte, konnte aber nur Schmerz empfinden. Doch dann ließ der Schmerz nach und hörte schließlich ganz auf. Er lächelte Goldmond an, von neuem über ihre Heilkünste erstaunt.

Die anderen griffen die Kreatur mit erneuter Wildheit an, versuchten sie von Tanis abzulenken, aber genausogut hätten sie ihre Waffen in eine Gummiwand stecken können.

Tanis erhob sich wackelig. Seine Hand war geheilt, aber sein Schwert lag auf dem Boden, ein geschmolzenes Stück Metall. Nur noch mit seinem Langbogen bewaffnet, wich er zurück und zog Goldmond mit sich, als die Schnecke weiter in den Saal glitt.

Raistlin rannte zu Fizban. »Jetzt ist es an der Zeit für die Feuerkugel, Alter«, keuchte er.

»Ja, wirklich?« Fizbans Gesicht strahlte vor Entzücken. »Wunderbar! Wie geht es noch mal?«

»Erinnerst du dich etwa nicht?« kreischte Raistlin und zog den Magier hinter eine Säule, denn die Schnecke spuckte wieder brennenden Speichel in den Saal.

»Ich habe es… laß mich sehen.« Fizban zog vor Konzentration die Augenbrauen hoch. »Kannst du es nicht?«

»Ich habe noch nicht die Macht dazu, Alter! Ich bin noch nicht stark genug für diesen Zauber!« Raistlin schloß die Augen und begann, sich auf die Zaubersprüche zu konzentrieren, die er kannte.

»Geht zurück! Verschwindet hier!« schrie Tanis und schirmte Laurana und Goldmond so gut er konnte ab, während er nach Langbogen und Pfeilen griff.

»Es kommt direkt hinter uns her!« gellte Sturm, der wieder seine Klinge ansetzte. Aber er und Caramon erreichten nur, daß das Ungeheuer noch rasender wurde.

Plötzlich hob Raistlin seine Hände. »Kalith karan, tobaniskar!« schrie er, und flammende Wurfpfeile schossen aus seinen Fingern und trafen das Ungeheuer am Kopf. Die Schnecke wand sich vor Schmerzen und wirbelte den Kopf herum, nahm dann aber ihre Jagd wieder auf. Plötzlich schoß sie vor, da sie am Ende des Saales Opfer roch, dort, wo Tanis versuchte, Goldmond und Laurana zu schützen. Wahnsinnig vor Schmerzen, angetrieben vom Blutgeruch, griff die Schnecke mit unglaublicher Schnelligkeit an. Tanis’ Pfeil prallte an der Lederhaut ab, und das Ungeheuer sprang mit aufgesperrtem Maul auf ihn zu. Der Halb-Elf ließ den nutzlosen Bogen fallen, taumelte zurück und stolperte fast über die Stufen zum Thron von Kith-Kanan.

»Hinter den Thron!« gellte er, versuchte die Aufmerksamkeit des Ungeheuers weiter auf sich zu lenken, damit Goldmond und Laurana Deckung suchen konnten. Seine Hand holte aus, suchte einen riesigen Stein, um mit irgend etwas auf die Kreatur zu werfen, und seine Finger berührten die Metallklinge eines Schwertes.

Tanis zuckte vor Schreck zusammen. Die Kälte des Metalls brannte geradezu in seiner Hand. Die Klinge glänzte hell im schwachen Licht des Zauberstabes. Tanis blieb keine Zeit für Fragen. Er trieb die Schwertspitze in das klaffende Maul der Schnecke, gerade als die Kreatur zum Sprung ansetzte.

»Lauft!« schrie Tanis. Er faßte Lauranas Hand und zog sie zum Tunneleingang. Er schob sie durch und wandte sich um, um die Schnecke abzulenken, damit die anderen entkommen konnten. Aber der Schnecke war der Appetit vergangen. Sich vor Schmerzen krümmend, drehte sie sich langsam um und glitschte wieder in ihre Höhle zurück. Aus ihren Wunden troff klebrige Flüssigkeit.

Die Gefährten versammelten sich im Tunnel, atmeten tief durch und beruhigten sich allmählich. Raistlin lehnte sich keuchend an seinen Bruder. Tanis blickte sich um. »Wo ist Tolpan?« fragte er erschöpft. Er war drauf und dran, zurück in die Halle zu gehen, als er beinahe über den Kender gestolpert wäre.

»Ich habe dir die Scheide mitgebracht«, sagte Tolpan und hielt sie hoch. »Für dein Schwert.«

»Zurück durch den Tunnel«, befahl Tanis und hielt so die anderen von Fragen ab.

Als sie die Gabelung erreichten und auf den staubigen Boden sanken, wandte sich Tanis dem Elfenmädchen zu. »Was im Namen des Abgrundes hast du hier zu suchen, Laurana? Ist irgend etwas in Qualinost passiert?«

»Nichts ist passiert«, sagte Laurana, die immer noch zitterte. »Ich… ich… bin einfach gekommen.«

»Dann gehst du auch einfach zurück!« schrie Gilthanas wütend und packte Laurana. Sie befreite sich aus seinem Griff.

»Ich gehe nicht zurück«, sagte sie trotzig. »Ich gehe mit dir und mit Tanis und… mit den anderen.«

»Laurana, das ist Wahnsinn«, stöhnte Tanis. »Wir machen keinen Ausflug. Das ist kein Spiel. Du hast gesehen, was vorhin passiert ist. Wir wären beinahe getötet worden!«