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Gilthanas lächelte bitter. »Auf der ersten Etage hinter Verminaards Räumen befindet sich das Gefängnis, in dem die Kinder festgehalten werden. Der Drachenfürst ist klug. Er hält die Geiseln getrennt, da er weiß, daß die Frauen niemals ohne ihre Kinder gehen würden, so wie die Männer niemals ohne ihre Familien. Die Kinder werden von einem zweiten roten Drachen bewacht. Die Männer – ungefähr dreihundert – arbeiten draußen in den Minen. Außerdem sind noch einige hundert Gossenzwerge in den Minen beschäftigt.«

»Du scheinst eine Menge über Pax Tarkas zu wissen«, sagte Eben.

Gilthanas blickte schnell hoch. »Was willst du damit andeuten?«

»Ich deute nichts an«, antwortete Eben. »Es ist nur, daß du eine Menge über diesen Ort weißt, wenn man bedenkt, daß du noch nie hier warst! Und war es nicht interessant, daß wir immer auf Kreaturen stießen, die uns fast getötet hätten?«

»Eben.« Tanis sprach sehr ruhig. »Wir haben genug von deinen Verdächtigungen. Ich glaube nicht, daß einer von uns ein Verräter ist. Wie Raistlin sagte, hätte der Verräter uns schon längst verraten können. Was ist denn unser Ziel?«

»Mich und die Scheiben zu Lord Verminaard zu bringen«, sagte Goldmond leise. »Er weiß, daß ich hier bin, Tanis. Er und ich sind durch unser Schicksal verbunden.«

»Das ist lächerlich!« knurrte Sturm.

»Nein, das ist es nicht«, widersprach Goldmond. »Erinnere dich an die zwei Konstellationen. Eine war die Königin der Finsternis. Aus dem wenigen, was ich in den Scheiben von Mishakal verstanden habe, war die Königin auch eine der uralten Götter. Den guten Göttern stehen die bösen Götter gegenüber, und die neutralen Götter streben danach, das Gleichgewicht zu halten. Verminaard verehrte die Königin der Finsternis, so wie ich Mishakal verehre: Das meint Mishakal, wenn sie sagt, daß wir das Gleichgewicht wiederherstellen müssen. Er fürchtet sich vor dem Versprechen des Guten, das ich bringe, und er setzt seinen ganzen Willen daran, mich zu finden. Je länger ich hier bleibe…« Ihre Stimme erstarb.

»Ein Grund mehr, mit den Streitereien aufzuhören«, sagte Tanis und blickte Eben an.

Der Krieger zuckte die Achseln. »Genug geredet. Ich bin dabei.«

»Wie sieht dein Plan aus, Gilthanas?« fragte Tanis und bemerkte verärgert, wie Sturm, Caramon und Eben Blicke austauschten – drei Menschen gegen die Elfen, dachte er. Aber vielleicht liege ich genauso falsch, Gilthanas nur deshalb schon zu glauben, weil er ein Elf ist.

Gilthanas bemerkte die Blicke auch. Einen Moment starrte er die Männer an, dann begann er zu sprechen, seine Worte abwägend, als ob er widerwillig nicht mehr als absolut notwendig mitteilen wollte.

»Jeden Abend dürfen zehn bis zwölf Frauen ihre Zellen verlassen und den Männern in den Minen das Essen bringen. Auf diese Weise zeigt der Fürst den Männern, daß er seinen Teil des Abkommens erfüllt. Aus dem gleichen Grund dürfen die Frauen einmal täglich ihre Kinder sehen. Meine Krieger und ich hatten geplant, uns als Frauen zu verkleiden, zu den Männern in die Minen zu gehen, um ihnen unser Vorhaben, die Geiseln zu befreien, zu erläutern und sie aufzufordern, sich für den Aufstand bereitzuhalten. Darüber hinaus hatten wir uns keine Gedanken gemacht, insbesondere nicht über die Kinder. Unsere Spione deuteten an, daß mit dem Drachen, der die Kinder bewacht, etwas Merkwürdiges ist, wir konnten aber nicht genau verstehen, was er meinte.«

»Was für Sp…?« wollte Caramon fragte, aber auf Tanis’ Blick hin ließ er es sein. Statt dessen fragte er: »Wann werden wir angreifen? Und was ist mit dem Drachen Ember?«

»Wir greifen morgen früh an. Lord Verminaard und Ember werden morgen sicher zu der Armee stoßen, sobald sie die Umgebung von Qualinost erreicht hat. Er hat diese Invasion seit langer Zeit vorbereitet. Ich glaube nicht, daß er sie verpassen will.«

Die Gruppe diskutierte den Plan eine Zeitlang, fügte da etwas hinzu, verbesserte hier etwas; im allgemeinen waren sie jedoch einverstanden. Dann verstauten sie ihr Gepäck, während Caramon seinen Bruder weckte. Sturm und Eben stießen die Tür auf, die in den Korridor führte. Er schien leer zu sein, obwohl sie schwach betrunkenes Gelächter aus einem Zimmer direkt ihnen gegenüber hören konnten. Drakonier. Lautlos glitten die Gefährten in den dunklen, schäbigen Flur.

Tolpan stand mitten in dem Zimmer, das er Mechanismuszimmer nannte, und sah in den Tunnel, der von dem Wölkchen schwach beleuchtet wurde. Der Kender begann sich entmutigt zu fühlen. Dieses Gefühl hatte er nicht oft, und es erinnerte ihn an jene Zeit, als er einen ganzen Kuchen mit grünen Tomaten, den er von einem Nachbarn geschenkt bekommen hatte, gegessen hatte. Seit jenem Tag ließen Entmutigung und grüner Tomatenkuchen in ihm den Wunsch entstehen, sich zu erbrechen.

»Irgendwie muß es einen Weg geben, um herauszukommen«, sagte der Kender. »Sicherlich untersuchen sie gelegentlich den Mechanismus oder kommen hoch, um ihn zu bewundern, oder machen Besichtigungen!«

Er und Fizban waren eine Stunde im Tunnel hin- und hergelaufen und hatten nichts gefunden.

»Um auf das Licht zurückzukommen«, sagte der alte Magier plötzlich, obwohl sie nicht darüber geredet hatten, »sieh mal.«

Tolpan sah hin. Durch einen Spalt in der Wand, nahe am Eingang zum engen Tunnel, war ein schmaler Lichtschein sichtbar. Sie konnten Stimmen hören, und das Licht wurde heller, als ob Fackeln in einem Raum unter ihnen angezündet worden wären.

»Vielleicht ist das ein Ausgang«, sagte der alte Mann.

Tolpan kniete sich nieder und lugte durch den Spalt. »Komm her!«

Die beiden sahen hinunter in einen großen Raum, der mit allem Luxus ausgestattet war. Alles, was schön und kostbar war, in den Ländern, die Verminaard in seiner Gewalt hatte, war hierher gebracht worden, um die privaten Gemächer des Drachenfürsten zu schmücken. Ein reich verzierter Thron stand an einem Ende des Zimmers. Seltene und kostbare Silberspiegel hingen an den Wänden, die so raffiniert angebracht waren, daß ein Gefangener immer nur auf den grotesken gehörnten Helm des Drachenfürsten blickte, gleichgültig, wohin er sich wandte. »Das muß er sein!« flüsterte Tolpan Fizban zu. »Das muß Lord Verminaard sein!« Dem Kender stockte der Atem. »Und das muß sein Drache sein – Ember. Von dem Gilthanas uns erzählte, daß er alle Elfen in Solace getötet hat.«

Ember, oder Pyros (sein wahrer Name war geheim und nur den Drakoniern oder anderen Drachen bekannt – niemals jedoch Normalsterblichen), war ein uralter roter Drache. Pyros war Lord Verminaard von der Königin der Finsternis vorgeblich als Belohnung übergeben worden. In Wirklichkeit sollte Pyros ein wachsames Auge auf Verminaard haben, der eine seltsame paranoide Furcht in bezug auf die Entdeckung der wahren Götter entwickelt hatte. Jedoch besaßen alle Drachenfürsten auf Krynn Drachen – obwohl diese nicht so stark und intelligent waren. Denn Pyros hatte eine weitere, wichtigere Mission zu erfüllen, die selbst dem Drachenfürsten nicht bekannt war eine Mission, die die Königin der Finsternis ihm anvertraut hatte und von der nur sie und ihre bösartigen Drachen wußten.

Pyros’ Mission bestand darin, in diesem Teil von Ansalon nach einem Mann zu suchen, einem Mann mit vielen Namen. Die Königin der Finsternis nannte ihn Ewigan. Die Drachen nannten ihn den Hüter des grünen Juwels. Sein menschlicher Name war Berem. Und diese unablässige Suche nach dem Mann Berem war der Grund für Pyros’ nachmittäglichen Aufenthalt in Verminaards Gemach, obwohl er viel lieber in seiner Höhle ein Nickerchen gehalten hätte.

Pyros hatte die Nachricht erhalten, daß Truppführer Toede zwei Gefangene zum Verhör vorführen wollte. Es bestand immer die Möglichkeit, daß Berem dabei war. Darum war der Drache bei den Verhören immer anwesend, obwohl er sich meistens äußerst langweilte. Die einzige Zeit, in der Verhöre interessant wurden – soweit es Pyros anging -, war, wenn Verminaard einem Gefangenen befahl, »den Drachen zu füttern.«