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Lange Zeit hatte sie diese Rückkehr geplant, nur auf einen Wink des Schicksals wartend, und sie war vorbereitet. Bevor Paladin ihrer gewahr wurde, hatte Takisis die bösen Drachen aus ihrem Schlaf geweckt und ihnen befohlen, in die tiefen und geheimen Plätze der Welt zu schlüpfen und die Eier der guten Drachen zu stehlen, die ahnungslos schliefen…

Die bösen Drachen brachten die Eier ihrer Brüder in die Stadt Sanction, in der sich die Drachenarmeen formierten. Hier, in den Vulkanen, bekannt als die Fürsten des Unheils, wurden die Eier der guten Drachen versteckt.

Groß war die Trauer der guten Drachen, als Paladin sie aus ihrem Schlaf weckte und sie entdeckten, was geschehen war. Sie gingen zu Takisis, um herauszufinden, welchen Preis sie zahlen müßten, um ihre ungeborenen Kinder zurückzuerhalten. Es war ein schrecklicher Preis. Takisis verlangte einen Eid. Jeder gute Drache mußte schwören, sich nicht an dem Krieg zu beteiligen, den sie über Krynn bringen wollte. Es waren damals die guten Drachen gewesen, die zu ihrer Niederlage im letzten Krieg beigetragen hatten. Dieses Mal wollte sie sichergehen, daß sie sich nicht einmischten.«

Hier sieht mich Silvara flehend an, als ob ich über sie urteilen sollte. Ich schüttele streng den Kopf. Es liegt mir sehr fern, über jemanden zu urteilen. Ich bin lediglich der Chronist. Sie fährt fort.

»Was konnten wir schon unternehmen? Takisis sagte uns, sie würde unsere Kinder, während sie in ihren Eiern schliefen, umbringen, wenn wir den Schwur nicht leisten würden. Paladin konnte uns nicht helfen. Die Entscheidung lag bei uns…«

Silvara läßt ihren Kopf sinken, ihr Haar verbirgt ihr Gesicht. Sie würgt an ihren Tränen. Ihre Worte sind kaum hörbar.

»Wir leisteten den Schwur.«

Sie kann nicht weitersprechen, das ist offensichtlich. Nachdem Gilthanas sie einen Moment lang angestarrt hat, räuspert er sich und beginnt mit heiserer Stimme zu sprechen.

»Ich, das heißt Theros und meine Schwester und ich überzeugten Silvara schließlich, daß dieser Schwur falsch wäre. Es muß einen Weg geben, sagten wir, die Eier der guten Drachen zurückzuholen. Vielleicht wäre eine kleine Gruppe von Männern in der Lage, die Eier der guten Drachen zurückzustehlen. Silvara war nicht überzeugt, daß ich recht hatte, aber sie stimmte schließlich nach vielen Gesprächen zu, mich nach Sanction zu bringen, damit ich mir davon ein Bild machen konnte, ob solch ein Plan funktionieren würde. Unsere Reise war lang und schwierig. Vielleicht werde ich eines Tages über die Gefahren erzählen, mit denen wir konfrontiert waren, aber jetzt bin ich dazu nicht in der Lage. Ich bin zu erschöpft, und wir haben keine Zeit. Die Drachenarmeen sind dabei, sich wieder zu organisieren. Wir könnten sie mühelos angreifen, wenn wir uns beeilten. Ich sehe Laurana vor Ungeduld brennen, gierig darauf, sie zu verfolgen, selbst während dieses Gespräches. Darum will ich unsere Geschichte kurz machen.

Silvara – in ihrer ›Elfengestalt‹, wie ihr sie jetzt seht…«

Die Bitterkeit in der Stimme des Elfenlords ist unbeschreiblich.

»… und ich wurden vor Sanction erwischt und vom Drachenfürsten Ariakus gefangengenommen.«

Gilthanas’ Fäuste ballen sich, sein Gesicht erblaßt vor Wut und Angst.

»Lord Verminaard war nichts, absolut nichts im Vergleich zu Lord Ariakus. Die böse Macht dieses Mannes ist gewaltig! Und er ist genauso intelligent wie grausam, denn es ist seine Strategie, nach der die Drachenarmeen vorgehen, und die sie von Sieg zu Sieg geführt hat.

Das Leiden, das wir durch seine Hände erfuhren, kann ich nicht beschreiben. Ich glaube nicht, daß ich jemals erzählen kann, was sie uns angetan haben!«

Der Elfenlord zittert heftig. Silvara will eine Hand ausstrecken, um ihn zu trösten, aber er weicht aus und fährt fort.

»Schließlich half man uns zu entkommen. Wir befanden uns in Sanction, einer entsetzlichen Stadt, die in dem Tal gebaut wurde, das von Vulkanen gebildet wird – den Fürsten des Unheils. Dieses Gebirge erhebt sich überall, der widerliche Gestank verpestet die Luft. Die Gebäude sind neu und zweckmäßig, gebaut mit dem Blut von Sklaven. In die Gebirgsseite hinein wurde ein Tempel für Takisis, die Dunkle Königin, gebaut. Die Dracheneier werden tief im Herzen der Vulkane aufbewahrt. Dort, in diesem Tempel der Dunklen Königin, begannen Silvara und ich unseren Weg.

Kann ich den Tempel anders beschreiben, als daß es ein Gebäude der Dunkelheit und der Flammen ist? Hohe Säulen, aus dem brennenden Gestein gemeißelt, erheben sich in Höhlen, die voller Schwefel sind. Auf geheimen Wegen, nur den Priestern von Takisis bekannt, wanderten wir immer tiefer und tiefer hinein. Ihr fragt, wer uns geholfen hat? Ich kann es nicht sagen, denn ihr Leben wäre verwirkt. Ich will nur ergänzen, daß ein Gott über uns gewacht haben muß.«

Hier murmelt Silvara »Paladin«, aber Gilthanas winkt mit einer Geste den Gedanken beiseite.

»Wir gerieten in die untersten Kammern, und hier fanden wir die Eier der guten Drachen. Zuerst schien es, als wäre alles in Ordnung. Ich hatte… einen Plan. Es spielt jetzt keine Rolle, aber ich sah eine Möglichkeit, wie wir die Eier wegschaffen könnten. Wie ich sagte, spielt es keine Rolle mehr. Wir gingen von Kammer zu Kammer, und die glänzenden Eier, silber-, golden- und bronzegetönte Eier lagen im Feuerschein da. Und dann…«

Der Elfenlord hält inne. Sein Gesicht ist inzwischen bleicher als der Tod. Ich befürchte, daß er ohnmächtig werden könnte, und bitte einen Ästheten, Wein zu bringen. Nachdem er an dem Wein genippt hat, sammelt er sich wieder und erzählt weiter. Aber sein abwesender Blick sagt mir, daß er sich an das erlebte Entsetzen erinnert. Und was Silvara betrifft – ich werde an anderer Stelle darüber schreiben.

Gilthanas fährt fort.

»Wir gerieten in eine Kammer und fanden dort… keine Eier… nichts als Schalen… zerstört, zerbrochen. Silvara schrie vor Wut auf, und ich befürchtete, man könnte uns entdecken. Keiner von uns wußte, was das zu bedeuten hatte, aber uns beiden gefror das Blut, und nicht einmal die Hitze der Vulkane hätte es erwärmen können.«

Gilthanas schweigt. Silvara beginnt leise zu schluchzen. Er sieht sie an, und ich sehe – zum erstenmal – Liebe und Mitgefühl in seinen Augen.

»Führt sie hinaus«, sagt er zu einem Ästheten. »Sie muß sich ausruhen.«

Die Ästheten führen sie behutsam aus dem Zimmer. Gilthanas befeuchtet seine trockenen und aufgesprungenen Lippen, dann spricht er leise weiter.

»Was dann geschah, wird mich bis über meinen Tod hinaus verfolgen. Nachts träume ich davon. Seitdem habe ich nicht mehr geschlafen. Silvara und ich standen vor der Kammer mit den zerbrochenen Eiern und starrten sie an, fragten uns… als wir plötzlich ein Singen aus dem flammenerleuchteten Korridor hörten.

›Magische Worte!‹ sagte Silvara.

Vorsichtig schlichen wir näher, beide waren wir verängstigt, jedoch auch merkwürdig fasziniert. Wir kamen immer näher und näher – und dann konnten wir sehen…«

Er schließt seine Augen und schluchzt auf. Laurana legt ihre Hand auf seinen Arm, ihre Augen sind voller Mitgefühl. Gilthanas gewinnt die Beherrschung wieder und fährt fort.

»In einem Höhlenraum am Grund des Vulkans stand ein Altar für Takisis. Ich kann nicht sagen, was seine Schnitzereien darstellen sollten, denn er war mit grünem Blut und schwarzem Schleim bedeckt und wirkte wie eine entsetzliche Verlängerung des Steins. Um den Altar waren Gestalten versammelt – dunkle Kleriker von Takisis und Magier, die die Schwarze Robe trugen. Silvara und ich beobachteten eingeschüchtert, wie ein dunkelgekleideter Kleriker ein glänzendes goldenes Drachenei hervorholte und auf den widerlichen Altar legte. Die schwarzgekleideten Magier und die dunklen Kleriker faßten sich an den Händen und begannen zu singen. Die Worte brannten sich in den Geist. Silvara und ich umklammerten uns, fürchteten, von dem Bösen in den Wahnsinn getrieben zu werden, das wir zwar spüren konnten, aber nicht verstanden. Und dann… verdunkelte sich das goldene Ei auf dem Altar. Es färbte sich in ein entsetzliches Grün, und dann wurde es schwarz. Silvara begann zu zittern.