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Laurana sagte nichts. Ihr Gesicht war jetzt leichenblaß, ihre Augen im Schein der Lampe groß und farblos.

Gilthanas seufzte, dann lehnte er sich vor und legte seine Hand auf ihre. Sie war so kalt, daß sie eine Leiche hätte sein können, und dann erkannte er, daß sie wußte, was er ihr sagen wollte.

»Ich erinnerte mich an das, was du mir erzählt hattest, bevor wir von Qualinesti aufgebrochen waren, daß dies die menschliche Frau war, die Tanis, der Halb-Elf liebt – die Schwester von Caramon und Raistlin. Ich habe sie nach dem wiedererkannt, was ihre Brüder über sie erzählt haben. Ich hätte sie sowieso erkannt – besonders sie und Raistlin sehen sich sehr ähnlich. Sie… sie sprach über Tanis, Laurana.« Gilthanas hielt inne, fragte sich, ob er fortfahren sollte oder nicht. Laurana saß völlig bewegungslos da, ihr Gesicht eine Maske aus Eis.

»Vergib mir, wenn ich dir Schmerzen zufüge, Laurana, aber du mußt es wissen«, sagte Gilthanas schließlich. »Kitiara lachte mit diesem Lord Ariakus über Tanis und sagte«, Gilthanas errötete, »ich kann nicht wiederholen, was sie gesagt hat. Aber sie sind ein Liebespaar, Laurana, soviel kann ich dir sagen. Sie schilderte es sehr anschaulich. Sie bat Ariakus um Erlaubnis, Tanis in den Rang eines Generals in der Drachenarmee zu befördern – als Gegenleistung für eine Information, die er beschaffen wollte – irgend etwas über einen Hüter des Grünen Juwels…«

»Hör auf«, brachte Laurana heraus.

»Es tut mir leid, Laurana!« Gilthanas drückte ihre Hand, sein Gesicht war von Trauer erfüllt. »Ich weiß, wie sehr du ihn geliebt hast. Ich… ich verstehe jetzt, wie es ist, jemanden so sehr zu lieben.« Er schloß die Augen und senkte seinen Kopf.

»Ich verstehe, wie es ist, wenn man um diese Liebe betrogen wird…«

»Laß mich allein, Gilthanas«, flüsterte Laurana.

Er streichelte mitfühlend ihre Hand, dann erhob sich der Elfenlord und verließ leise den Raum und zog die Tür hinter sich zu.

Laurana saß lange Zeit bewegungslos da. Dann preßte sie ihre Lippen zusammen, nahm die Feder wieder zur Hand und schrieb da weiter, wo sie aufgehört hatte, als ihr Bruder eingetreten war.

9

Sieg

»Soll ich ein bißchen nachhelfen?« fragte Tolpan hilfsbereit.

»Ich… nein! Warte!« schrie Flint. Aber es hatte keinen Sinn mehr. Der tatkräftige Kender hatte bereits den Stiefel des Zwerges fest im Griff und wuchtete ihn hoch, so daß Flint mit dem Kopf direkt in den muskulösen Körper des jungen bronzenen Drachen getrieben wurde. Flint fuchtelte wild mit den Armen herum, bekam das Geschirr am Hals des Drachen zu fassen, klammerte sich daran und drehte sich langsam in der Luft wie ein Sack an einem Haken.

»Was machst du denn da?« fragte Tolpan entrüstet, als er zu Flint hochstarrte. »Wir haben keine Zeit für Spielereien. Nun komm, ich helfe dir…«

»Hör auf! Laß mich in Ruhe!« brüllte Flint und trat gegen Tolpans Hände. »Geh zurück! Geh zurück, sage ich!«

»Dann steig allein auf«, entgegnete Tolpan verletzt und trat zurück.

Der Zwerg ließ sich prustend und mit rotem Gesicht auf den Boden fallen. »Ich steige auf, wann ich will!« sagte er und funkelte den Kender wütend an. »Ohne deine Hilfe!«

»Nun gut, aber dann mach los!« rief Tolpan und wedelte mit den Armen. »Die anderen sind schon fertig!«

Der Zwerg warf dem großen bronzenen Drachen einen kurzen Blick zu und verschränkte seine Arme dickköpfig vor seiner Brust. »Darüber muß ich erst nachdenken…«

»Oh, mach schon, Flint!« bettelte Tolpan. »Du willst es nur hinauszögern. Ich will fliegen! Bitte, Flint, beeil dich!« Der Kender strahlte auf. »Ich könnte allein fliegen…«

»Das wirst du nicht tun!« knurrte der Zwerg. »Der Krieg wendet sich endlich zu unseren Gunsten. Schick einen Kender allein auf einen Drachen los – das wäre das Ende. Genausogut könnten wir dem Drachenfürsten die Schlüssel für die Stadt überreichen. Laurana hat gesagt, du darfst nur mit mir fliegen…«

»Dann komm endlich!« gellte Tolpan schrill. »Oder der Krieg wird zu Ende sein, ich werde Großvater sein, bevor du dich von der Stelle bewegst!«

»Du und Großvater«, murrte Flint und warf dem Drachen wieder einen schnellen Blick zu, der ihn äußerst unfreundlich anstarrte – das fand der Zwerg jedenfalls. »Nun, an dem Tag, an dem du Großvater wirst, wird mein Bart abfallen…«

Khirsah, der Drache, sah auf die beiden mit amüsierter Ungeduld herab. Der junge Drache – Drachen haben ihre eigene Zeitrechnung auf Krynn – stimmte mit dem Kender überein: Es war Zeit zu fliegen, Zeit zu kämpfen. Er war einer der ersten gewesen, die den RUF beantwortet hatten, der zu allen goldenen und silbernen und bronzenen Drachen gedrungen war. Das Feuer der Schlacht brannte heiß in ihm.

Trotz seiner Jugend hatte der bronzene Drache vor den Älteren großen Respekt. Obwohl bei weitem älter als der Zwerg, in Jahren gerechnet, sah Khirsah in Flint jemanden, der ein langes, volles und reiches Leben geführt hatte; jemand, der Respekt verdiente. Aber Khirsah dachte seufzend, daß der Kender recht behalten und die Schlacht zu Ende sein würde, wenn er nichts unternahm.

»Entschuldigt bitte, verehrter Herr«, unterbrach Khirsah sie und bediente sich damit einer respektvollen Floskel, wie sie unter den Zwergen üblich war, »kann ich vielleicht helfen?«

Erschrocken wirbelte Flint herum, um festzustellen, wer da gesprochen hatte.

Der Drache neigte seinen riesigen Kopf. »Verehrter und geschätzter Herr«, wiederholte Khirsah in der Zwergensprache. Erstaunt taumelte Flint nach hinten und stolperte über Tolpan, so daß der Kender auf den Boden fiel.

Der Drache schlängelte seinen Kopf nach unten und ergriff mit seinen Zähnen sanft die Fellweste des Kenders und hob ihn wie ein neugeborenes Kätzchen auf seine Füße.

»Nun, ich… ich weiß nicht«, stammelte Flint, der vor Freude und Verlegenheit über die Anrede des Drachen errötete. »Du könntest… und andererseits könntest du nicht.« Um seine Würde bemüht, war der Zwerg entschlossen, nicht eingeschüchtert zu reagieren. »Ich habe das schon oft getan, weißt du. Auf Drachen zu reiten ist nichts Neues für mich. Es ist nur so, nun, gerade so, daß ich…«

»In deinem ganzen Leben bist du noch nie auf einem Drachen geritten!« unterbrach ihn Tolpan empört. »Und – aua!«

»Es ist nur so, daß ich in letzter Zeit mit wichtigeren Dingen beschäftigt war«, sagte Flint laut, während er Tolpan einen Stoß in die Rippen versetzte, »und ich brauche eine gewisse Zeit, um mich wieder daran zu gewöhnen.«

»Sicherlich, Herr«, erwiderte Khirsah ohne den Anflug eines Lächelns. »Darf ich Euch Flint nennen?«

»Du darfst«, erlaubte der Zwerg schroff.

»Und ich heiße Tolpan Barfuß«, stellte sich der Kender vor und streckte seine kleine Hand aus. »Flint geht nirgendwo ohne mich hin. Oh, ich glaube, du hast keine Hand zum Schütteln. Mach dir nichts draus. Wie heißt du?«

»Die Sterblichen nennen mich Feuerblitz.« Der Drache neigte anmutig seinen Kopf. »Und jetzt, Herr Flint, wenn Ihr Euren Knappen, den Kender, anweisen würdet…«

»Knappe!« wiederholte Tolpan bestürzt. Aber der Drache ignorierte ihn.

»Weist Euren Knappen an aufzusitzen. Ich werde ihm helfen, den Sattel und die Lanze für Euch vorzubereiten.«

Flint strich nachdenklich über seinen Bart. Dann machte er eine hoheitsvolle Geste.

»Du, Knappe«, sagte er zu Tolpan, der ihn mit offenem Mund anstarrte, »steig auf und tu, was dir gesagt wird.«

»Ich… du… wir…«, stotterte Tolpan. Aber der Kender kam nicht dazu, zu sagen, was er sagen wollte, denn der Drache hatte ihn wieder vom Boden gehoben. Khirsah hielt die Fellweste des Kenders fest in seinen Zähnen und ließ ihn auf den Sattel plumpsen, der an seinem bronzenen Körper befestigt war.