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Tolpan war so verzaubert, sich tatsächlich auf einem Drachen zu befinden, daß er sofort ruhig wurde, so wie es Khirsahs Absicht gewesen war.

»Nun, Tolpan Barfuß«, sagte der Drache, »versuche, deinem Herrn von hinten in den Sattel zu helfen. Du hast jetzt die richtige Position. Die Metallanzenbefestigung muß auf der vorderen rechten Seite des Reiters sein, im rechten Winkel zu meinem rechten Flügelgelenk und oberhalb meiner rechten Vorderschulter. Verstehst du?«

»Ja, ich verstehe!« schrie Tolpan in höchster Aufregung.

»Der Schild, den du auf dem Boden siehst, wird euch vor den meisten Arten des Drachenatems beschützen…«

»Halt!« schrie der Zwerg, verschränkte seine Arme und schaute wieder dickköpfig. »Was meinst du mit den meisten Arten? Und wie soll ich fliegen und eine Lanze und einen Schild gleichzeitig tragen? Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß dieser verdammte Schild größer ist als ich und der Kender zusammen…«

»Ich dachte, Ihr hättet das schon vorher gemacht, Herr Flint!« grölte Tolpan.

Das Gesicht des Zwerges lief vor Wut rot an, und er ließ ein Gebrüll los, das Khirsah aber gewandt unterbrach.

»Herr Flint ist wahrscheinlich nicht an dieses neue Modell gewöhnt, Knappe Barfuß. Der Schild paßt über die Lanze. Die Lanze selbst paßt durch dieses Loch, und der Schild ruht auf dem Sattel und gleitet auf der Schiene von einer Seite zur anderen. Bei einem Angriff braucht ihr euch nur dahinter zu ducken.«

»Reicht mir den Schild, Herr Flint!« kreischte der Kender. Murrend stampfte der Zwerg zu dem riesigen Schild. Unter seinem Gewicht ächzend, schaffte er es doch, ihn hochzuheben und über die Seite des Drachen zu werfen. Mit Hilfe des Drachen konnten der Zwerg und der Kender den Schild befestigen. Dann holte Flint die Drachenlanze. Er warf sie mit der Spitze voran zu Tolpan hoch, der sie ergriff und, nachdem er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und aus dem Sattel gefallen wäre, durch das Loch in dem Schild schob. Als das Ganze gesichert war, bildete die Lanze ein Gegengewicht und schwang leicht und mühelos bei der Führung des Kenders.

»Das ist großartig!« sagte Tolpan, während er experimentierte. »Bums! Da ist ein Drache! Bums! Da kommt ein anderer. Ich… uh!« Tolpan stellte sich auf den Rücken des Drachen und balancierte genauso wie die Lanze. »Flint! Beeil dich! Sie brechen auf. Ich kann Laurana sehen! Sie reitet diesen großen Silberdrachen, und sie fliegt jetzt, um die Linien zu überprüfen. In einer Minute werden sie das Signal geben! Beeil dich, Flint!« Tolpan begann vor Aufregung auf und ab zu hüpfen.

»Zuerst, Herr Flint«, sagte Khirsah, »müßt Ihr die wattierte Weste überziehen. Da… genau. Zieht den Riemen durch diese Schnalle. Nein, nicht diesen. Den anderen… da, Ihr habt es schon.«

»Du siehst aus wie das Wollmammut, das ich einst gesehen habe.« Tolpan kicherte. »Habe ich dir schon diese Geschichte erzählt? Ich…«

»Zum Henker mit dir!« brüllte Flint, der mit der schweren pelzumsäumten Weste kaum laufen konnte. »Wir haben keine Zeit für deine hirnlosen Geschichten.« Der Zwerg stellte sich Nase an Nase mit dem Drachen. »Nun gut, Tier! Wie komme ich jetzt hoch? Und denk daran – wage nicht, einen Zahn an mich zu legen!«

»Gewiß nicht, Herr«, antwortete Khirsah in tiefem Respekt. Der Dache neigte seinen Kopf und breitete einen bronzenen Flügel auf dem Boden aus.

»Nun, das gefällt mir schon besser!« sagte Flint. Stolz strich er über seinen Bart und warf dem erstarrten Kender einen hochmütigen Blick zu. Während sich Flint feierlich am Flügel des Drachen festhielt, wurde er hochgetragen und nahm majestätisch seinen Platz im vorderen Teil des Sattels ein.

»Da ist das Signal!« kreischte Tolpan und sprang hinter Flint in den Sattel zurück. Er stieß seine Absätze gegen die Flanken des Drachen und schrie: »Laßt uns fliegen! Laßt uns fliegen!«

»Nicht so schnell«, gab Flint zurück, der kühl die Funktionsweise der Drachenlanze testete. »He! Wie lenke ich denn?«

»Ihr zeigt mir die Richtung an, indem Dir an den Zügeln zieht«, erklärte Khirsah, während er auf das Signal horchte.

»Ah, ich verstehe«, sagte Flint und griff nach unten.

»Immerhin trage ich die Verantwortung!«

»Gewiß, Herr!« Khirsah erhob sich mit ausgebreiteten Flügeln in die Lüfte.

»Warte, die Zügel…«, schrie Flint und versuchte, sie zu greifen, da sie aus seiner Reichweite glitten.

Still vor sich hinlächelnd, tat Khirsah so, als hätte er nichts gehört.

Die guten Drachen und die Ritter hatten sich auf den östlichen hügeligen Ausläufern der Vingaard-Berge versammelt. Hier waren die eisigen Winterwinde einer warmen Brise aus dem Norden gewichen, die den Frost im Boden wegschmolz. Der schwere Geruch von Wachstum und Erneuerung erfüllte die Luft, als sich die Drachen in blitzenden Bögen erhoben, um ihre Plätze in der Schlachtaufstellung einzunehmen.

Es war ein atemberaubender Anblick. Tolpan wußte, daß er sich ewig daran erinnern würde – und vielleicht sogar noch länger. Bronzene und silberne, goldene und kupferne Flügel leuchteten in der Sonne auf. Die Rüstungen der Ritter strahlten hell. Das Eisvogel-Banner funkelte gegen den blauen Himmel. Die vergangenen Wochen waren glorreich gewesen. Wie Flint gesagt hatte, schien der Verlauf des Krieges schließlich doch noch zu ihren Gunsten umzuschlagen.

Der Goldene General, wie Laurana von ihren Soldaten genannt wurde, hatte scheinbar aus dem Nichts eine Armee geschmiedet. Die Palanthianer hatten sich ihrer Sache angeschlossen. Sie gewann den Respekt der Ritter von Solamnia mit ihren kühnen Ideen und beständigen, entschlossenen Taten. Lauranas Bodenkräfte stürmten aus Palanthas, stoben über die Ebenen, veranlaßten die unorganisierte Armee der Drachenfürstin, der Finsteren Herrin, zu panischer Flucht.

Jetzt, mit einem Sieg nach dem anderen hinter sich und den Drachenarmeen auf der Flucht vor sich, betrachteten die Menschen den Krieg als so gut wie gewonnen.

Aber Laurana wußte es besser. Sie mußten noch die Drachen der Fürstin bekämpfen. Wo sie waren und warum sie noch nicht aufgetaucht waren, hatten Laurana und ihre Offiziere noch nicht herausfinden können. Tag für Tag hielten sich Ritter und Reittiere in Bereitschaft, sich unverzüglich in die Luft zu erheben.

Und jetzt war der Tag gekommen. Die Drachen waren gesichtet worden – Scharen von blauen und roten Drachen strebten, wie berichtet wurde, in westlicher Richtung, um dem unverschämten General und seiner bunt zusammengewürfelten Armee Einhalt zu gebieten.

In einer schimmernden Kette von Silber und Bronze schwebten die Drachen von Weißstein, wie sie genannt wurden, über die Solamnische Ebene. Obwohl alle drachenreitenden Ritter im Fliegen ausgebildet worden waren, soweit es die Zeit erlaubt hatte (mit Ausnahme des Zwerges, der sich standhaft geweigert hatte), war diese Welt der dünnen, niedrighängenden Wolken und der brausenden Luft immer noch neu und fremdartig für sie.

Ihre Banner peitschten wild umher. Die Fußsoldaten unter ihnen wirkten wie Ameisen, die über das Grasland krochen. Für einige Ritter war das Fliegen eine erfrischende Erfahrung, für andere immer wieder eine Mutprobe.

Aber ihnen voran flog immer Laurana, die sie mutig und vorbildlich anführte, auf dem großen Silberdrachen, den ihr Bruder von den Dracheninseln geritten hatte. Das Sonnenlicht war nicht goldener als ihr Haar, das unter ihrem Helm hervorfloß. Sie war für sie, wie die Drachenlanze selbst, zum Symbol geworden – schlank und zierlich, schön und tödlich. Sie wären ihr bis zu den Toren der Hölle gefolgt.

Tolpan, über Flints Schulter spähend, konnte Laurana sehen. Sie ritt an der Spitze, manchmal sah sie sich um, um sicherzugehen, daß alle mitkamen, manchmal neigte sie ihren Kopf, um sich mit ihrem silbernen Reittier zu verständigen. Sie schien alles unter Kontrolle zu haben, so daß der Kender zu dem Entschluß kam, er könnte sich entspannen und den Ritt genießen. Es war wahrhaftig eines der wunderbarsten Erlebnisse seines Lebens. Tränen liefen über sein windgerötetes Gesicht, als er im absoluten Vergnügen hinabschaute. Der kartenliebende Kender hatte die perfekte Karte gefunden. Unter ihm erstreckten sich in winzigen, vollkommenen Einzelheiten Flüsse und Bäume, Hügel und Täler, Städte und Dörfer. Mehr als alles andere in der Welt wünschte sich Tolpan, daß ihm dieser Anblick für immer bleiben könnte.