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Gleichgültigkeit vortäuschend, fing Ariakus zu gähnen an.

»Was hast du mit der Elfenfrau vor?« fragte er, so wie sie es von ihm erwartet hätte. Ariakus’ Vorliebe für zierliche Blondinen war bekannt.

Kitiara zog ihre Augenbrauen hoch und warf ihm einen koketten Blick zu. »Zu schade, mein Fürst«, sagte sie spöttisch, »aber die Dunkle Königin verlangt die Dame. Vielleicht kannst du sie haben, wenn sie mit ihr fertig ist.«

Ariakus erbebte. »Pah, dann wird sie für mich nicht mehr von Interesse sein. Gib sie deinem Freund Fürst Soth. Vor langer Zeit gefielen ihm Elfenfrauen, wenn ich mich richtig erinnere.«

»Das stimmt«, murmelte Kitiara. Ihre Augen verengten sich. Sie hob ihre Hand. »Hör mal«, sagte sie leise.

Ariakus horchte. Zuerst hörte er nichts, dann nahm er allmählich einen seltsamen Klang wahr – ein durchdringendes Wimmern, als ob Hunderte Frauen ihre Toten betrauern würden. Während des Zuhörens wurde es immer lauter und durchbohrte die Stille der Nacht.

Der Drachenfürst setzte sein Weinglas ab, über seine zitternde Hand erschrocken. Er sah zu Kitiara; sie war blaß geworden. Ihre großen Augen weiteten sich. Als Kitiara seinen Blick bemerkte, schluckte sie und befeuchtete ihre trockenen Lippen.

»Furchtbar, nicht wahr?« fragte sie mit heiserer Stimme.

»Ich habe entsetzliche Sachen in den Türmen der Erzmagier erlebt«, sagte Ariakus, »aber das war nichts im Vergleich zu dem hier. Was ist das?«

»Komm«, sagte Kitiara, während sie aufstand. »Wenn du den Mut hast, zeige ich es dir.«

Sie verließen das Kriegszimmer, und Kitiara führte Ariakus durch die kurvenreichen Korridore des Schlosses, bis sie wieder in Kits Schlafzimmer über der kreisförmigen Eingangshalle mit der kuppelförmigen Decke anlangten.

»Bleib im Schatten«, warnte Kitiara.

Eine unnötige Warnung, dachte Ariakus, während sie leise nach draußen auf einen Balkon schlichen, von dem aus man die kreisförmige Halle überblicken konnte. Als er über den Rand des Balkons spähte, wurde Ariakus von blankem Entsetzen überwältigt. Schweißnaß zog er sich schnell in Kitiaras Schlafzimmer zurück.

»Wie kannst du das aushalten?« fragte er sie, als sie eingetreten war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Geht das jede Nacht so?«

»Ja«, antwortete sie zitternd. Sie holte tief Luft und schloß ihre Augen. Innerhalb von Sekunden hatte sie sich wieder unter Kontrolle. »Manchmal glaube ich, daß ich mich daran gewöhnt habe, dann mache ich den Fehler hinunterzusehen. Das Lied ist nicht so schlimm…«

»Fürst Soth sitzt also jede Nacht da unten auf seinem Thron, umgeben von seinen Skelettkriegern, und die dunklen Hexen singen dieses entsetzliche Schlaflied«, brummte Ariakus.

»Und es ist immer dasselbe Lied«, murmelte Kitiara. Zitternd hob sie geistesabwesend die leere Weinkaraffe hoch und setzte sie wieder ab. »Obwohl die Vergangenheit ihn gequält hat, kann er ihr nicht entkommen. Immer grübelt er, fragt sich, was er hätte tun können, um diesem Schicksal zu entgehen, das ihn verdammt, ohne Ruhe für alle Ewigkeit durch das Land zu ziehen. Die dunklen Elfenfrauen, die eine Rolle bei seinem Niedergang spielten, sind gezwungen, seine Geschichte mit ihm immer wieder durchzumachen. Jede Nacht müssen sie es wiederholen. Jede Nacht muß er sich das anhören.«

»Was bedeuten die Worte?«

»Ich kenne sie inzwischen genauso gut wie er.« Kitiara lachte, dann zuckte sie die Achseln. »Laß noch Wein kommen, und ich erzähle dir die Geschichte, wenn du Zeit hast.«

»Ich habe Zeit«, sagte Ariakus und lehnte sich im Stuhl zurück. »Obwohl ich morgen früh aufbrechen muß, wenn ich die Zitadellen schicken soll.«

Kitiara lächelte ihn an, das bezaubernde, verworfene Lächeln, das so viele anziehend fanden.

»Ich danke dir, mein Fürst«, sagte sie. »Ich werde dich nicht noch einmal enttäuschen.«

»Nein«, sagte Ariakus kühl und läutete mit einer kleinen silbernen Glocke. »Das kann ich dir versprechen, Kitiara. Wenn das noch einmal der Fall sein sollte, dann wirst du sein Schicksal«, er zeigte nach unten, wo das Wimmern seinen schaurigen Höhepunkt erreichte, »im Vergleich zu deinem als angenehm empfinden.«

Der Ritter der Schwarzen Rose

»Wie du weißt«, begann Kitiara, »war Fürst Soth ein wahrer und ehrenwerter Ritter von Solamnia. Aber er war ein höchst leidenschaftlicher Mann, dem es an Selbstdisziplin fehlte, und das wurde ihm zum Verhängnis.

Soth verliebte sich in ein wunderschönes Elfenmädchen, eine Jüngerin von Istars Königspriester. Zu dieser Zeit war er verheiratet, aber die Gedanken an seine Frau schwanden beim Anblick des schönen Elfenmädchens. Er setzte sich über sein heiliges Heiratsgelöbnis und seine Ritterschwüre hinweg und gab seiner Leidenschaft nach. Er log das Mädchen an, verführte es, überredete es, auf Burg Dargaard zu leben, und versprach ihr die Ehe. Seine Frau verschwand unter unheilvollen Umständen.«

Kitiara zuckte die Achseln und fuhr fort.

»Wie ich aus dem Lied verstanden habe, blieb das Elfenmädchen dem Ritter treu, als es seine furchtbaren Taten herausfand. Sie betete zur Göttin Mishakal und fragte, ob der Ritter seine Sünden abbüßen dürfe, und offenbar wurden ihre Gebete erhört. Fürst Soth wurde die Macht gegeben, die Umwälzung zu verhindern, obwohl es bedeuten würde, sein eigenes Leben zu opfern.

Gestärkt durch die Liebe des Mädchens, das er entehrt und betrogen hatte, machte sich Fürst Soth nach Istar auf, in der Absicht, den Königspriester aufzuhalten und seine verlorene Ehre wiederherzustellen.

Aber der Ritter wurde auf seiner Reise von Elfenfrauen aufgehalten, Jüngerinnen des Königspriesters, die von Fürst Soths Verbrechen wußten und drohten, ihn zu zerstören. Um seine Liebe zu dem Elfenmädchen zu schwächen, enthüllten sie ihm, daß sie in seiner Abwesenheit untreu gewesen wäre. Soths Temperament ging mit ihm durch, und er verlor alle Vernunft. In einem Anfall von Eifersucht ritt er nach Burg Dargaard zurück. Er trat durch die Tür und beschuldigte das unschuldige Mädchen der Untreue. Dann erfolgte die Umwälzung. Der riesige Kerzenleuchter im Korridor fiel zu Boden, und das Elfenmädchen und ihr Kind verbrannten jämmerlich. Bevor sie starb, flehte sie noch einen Fluch über den Ritter herbei, verdammte ihn zum ewigen entsetzlichen Leben. Soth und sein Gefolge starben im Feuer, aber nur, um so fürchterlich wiedergeboren zu werden.«

»Das ist es also, was er hört«, murmelte Ariakus lauschend.

12

Die Falle…

Bakaris schlief unruhig in seiner Gefängniszelle.

Obwohl tagsüber arrogant und unverschämt, quälten ihn nachts erotische Träume von Kitiara und Angstträume von seiner Hinrichtung durch die Ritter von Solamnia. Oder vielleicht war es seine Hinrichtung durch Kitiara. Er war sich dessen niemals sicher, wenn er, in kalten Schweiß gebadet, erwachte. Wenn er in seiner frostigen Zelle in den stillen Stunden der Nacht wach lag, verfluchte Bakaris die Elfenfrau, die die Ursache seiner Niederlage gewesen war. Immer wieder schmiedete er Rachepläne.

Bakaris dachte gerade wieder daran, zwischen Schlaf und Wachen schwebend, als das Geräusch eines Schlüssels im Schloß seiner Gefängniszelle ihn auf die Beine brachte. Es war fast Morgendämmerung, fast die Stunde der Hinrichtung! Vielleicht holten ihn die Ritter!

»Wer ist da?« rief Bakaris barsch.