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Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, drückte Bakaris sie eng an sich und rieb sein bärtiges Gesicht an ihrer glatten Wange.

»Du wirst eine weitere Frau sein, die der Halb-Elf und ich geteilt haben…«, flüsterte er heiser, dann brach er plötzlich ab. Einen Moment lang wurde Bakaris’ Griff um Lauranas Arm unerträglich fest. Dann lockerte er sich. Seine Hand glitt von ihrem Arm. Laurana riß sich frei und wirbelte herum. Blut tröpfelte zwischen Bakaris’ Fingern, als er an seine Seite griff, wo Tolpans kleines Messer immer noch aus der Wunde ragte. Der Mann zog seinen eigenen Dolch und machte einen Satz auf den trotzigen Kender zu.

Irgend etwas riß in Laurana, setzte eine wilde Wut und einen Haß frei, von denen sie nicht vermutet hatte, daß sie in ihr steckten. Sie spürte keine Angst mehr, es kümmerte sie nicht mehr, ob sie tot oder lebendig war. Laurana hatte nur noch einen Gedanken – diesen menschlichen Mann zu töten. Mit einem wilden Aufschrei stürzte sie sich auf ihn und schlug ihn zu Boden. Er gab ein Ächzen von sich, dann lag er stumm unter ihr. Verzweifelt versuchte Laurana, an sein Messer zu kommen. Dann wurde ihr bewußt, daß er sich nicht mehr bewegte. Langsam erhob sie sich.

Einen Moment lang konnte sie durch den roten Nebel vor ihren Augen nichts erkennen. Als er sich klärte, sah sie Tolpan den Körper umdrehen. Bakaris war tot. Seine Augen starrten in den Himmel, ein Ausdruck tiefen Entsetzens und der Überraschung lag auf seinem Gesicht. Seine Hand hielt immer noch den Dolch umklammert, der in seinen Leib getrieben war.

»Was ist denn geschehen?« flüsterte Laurana, die vor Wut und Abscheu bebte.

»Du hast ihn niedergeschlagen, und er fiel in sein Messer«, erklärte Tolpan gelassen.

»Aber zuvor…«

»Oh, ich habe ihm das Messer in den Körper gestoßen«, sagte Tolpan. Er zog sein Messer aus der Seite des Mannes und betrachtete es stolz. »Und Caramon hat mir gesagt, es wäre nur von Nutzen, wenn ich auf einen bissigen Hasen stoßen würde! Na warte, wenn ich ihm hiervon erzähle! Weißt du, Laurana«, fuhr er etwas traurig fort, »alle unterschätzen uns Kender immer. Bakaris hätte wirklich meine Beutel durchsuchen sollen. Aber mit der Ohnmacht, das war ein toller Trick. Hast du…«

»Wie geht es Flint?« unterbrach Laurana, die nicht an die letzten entsetzlichen Minuten erinnert werden wollte. Ohne recht zu wissen, was sie tat oder warum, nahm sie ihren Umhang ab und warf ihn über das bärtige Gesicht. »Wir müssen hier verschwinden.«

»Ihm geht es ganz gut«, sagte Tolpan, zu dem Zwerg schauend, der stöhnte und seinen Kopf schüttelte. »Was ist mit den Lindwürmern? Meinst du, sie werden uns angreifen?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Laurana, die die Tiere musterte. Die Lindwürmer starrten unruhig herum, unsicher, was mit ihrem Herrn geschehen war. »Ich habe gehört, daß sie nicht besonders intelligent sind. Im allgemeinen handeln sie nicht ohne Befehl. Vielleicht – wenn wir keine schnellen Bewegungen machen – können wir in den Wald verschwinden, bevor sie herausfinden, was passiert ist. Hilf Flint.«

»Komm schon, Flint«, drängte Tolpan und zerrte am Zwerg.

»Wir müssen flieh…«

Die Worte des Kenders wurden von einem wahnsinnigen Schrei übertönt, einem Schrei der Furcht und des Entsetzens, der Tolpans Haare zu Berge stehen ließ. Er schaute hoch; Laurana starrte auf eine Gestalt, die offensichtlich aus den Tiefen der Höhle hervorgekommen war. Bei ihrem Anblick wurde Tolpan von einem grauenvollen Gefühl überflutet. Sein Herz trommelte, seine Hände wurden kalt, er konnte kaum noch atmen.

»Flint!« keuchte er kraftlos.

Der Zwerg, der in der Stimme des Kenders etwas hörte, was er niemals zuvor vernommen hatte, rappelte sich hoch. »Was…«

Tolpan konnte nur zeigen.

Flint sah schwankend in die Richtung, in die Tolpan zeigte.

»Im Namen von Reorx«, sagte der Zwerg mit gebrochener Stimme, »was ist das?«

Die Gestalt bewegte sich unbarmherzig auf Laurana zu, die unter ihrem Zauber stand und ihr nur gelähmt entgegenstarren konnte. In eine uralte Rüstung gekleidet, schien er ein Ritter von Solamnia zu sein. Aber die Rüstung war wie von Feuer geschwärzt. Ein orangefarbenes Licht flackerte hinter seinem Helm, während der Helm selbst in der Luft schwebte. Die Gestalt streckte einen gepanzerten Arm aus. Flint würgte vor Entsetzen. Der Arm endete nicht in einer Hand. Der Ritter schien nach Laurana mit nichts als Luft zu greifen. Aber sie schrie vor Schmerzen auf und sackte bei dem entsetzlichen Anblick in die Knie. Ihr Kopf fiel nach vorn, sie brach zusammen, betäubt von der eisigen Berührung. Der Ritter löste seinen Griff und ließ ihren schlaffen Körper zu Boden gleiten. Er beugte sich runter und hob sie auf seine Arme.

Tolpan wollte sich bewegen, aber der Ritter wandte ihm seinen flackernden orangefarbenen Blick zu, und der Kender blieb stehen und sah in die orangefarbenen Flammenaugen der Kreatur. Weder er noch Flint konnte den Blick abwenden, obwohl das Entsetzen so groß war, daß der Zwerg befürchtete, den Verstand zu verlieren. Nur seine Liebe und seine Sorge um Laurana bewahrten ihn vor dem Wahnsinn. Immer wieder befahl er sich, etwas zu unternehmen, sie zu retten. Aber sein zitternder Körper gehorchte ihm nicht. Der Blick des Ritters glitt über beide.

»Geht nach Kalaman zurück«, sagte eine hohle Stimme. »Sagt ihnen, daß die Elfenfrau in unserer Gewalt ist. Die Finstere Herrin wird morgen Mittag kommen und die Übergabebedingungen bekanntgeben.«

Der Ritter wandte sich um und stieg über Bakaris’ Körper. Die schimmernde Gestalt trat direkt in die Leiche, als ob sie nicht existieren würde. Dann verschwand der Ritter mit Laurana auf seinen Armen im dunklen Wald.

Mit dem Ritter war der Zauber verschwunden. Tolpan, der sich schwach und elend fühlte, begann unbeherrscht zu zittern. Flint erhob sich mühsam.

»Ich gehe hinterher…«, murmelte der Zwerg, obwohl seine Hände so heftig zitterten, daß er seinen Helm kaum aufheben konnte.

»N…nein«, stammelte Tolpan mit verkrampftem und bleichem Gesicht, als er dem Ritter hinterherstarrte. »Was auch immer das war, wir können es nicht bekämpfen. Ich… ich hatte Angst, Flint!« Der Kender schüttelte in seiner Not den Kopf.

»Es… es tut mir leid, aber ich kann diesem – diesem Ding nicht noch einmal gegenüberstehen! Wir müssen nach Kalaman zurück. Vielleicht gibt es dort Hilfe…«

Tolpan begann zu laufen. Einen Moment lang stand Flint wütend und unentschlossen da und starrte in die Richtung, in der Laurana verschwunden war. Dann verzerrte sich sein Gesicht vor Verzweiflung. »Er hat recht«, murmelte er. »Ich kann diesem Ding auch nicht folgen. Was auch immer es war, es war nicht von dieser Welt.«

Als Flint sich umdrehte, fiel sein Blick auf Bakaris, der unter Lauranas Umhang lag. Ein Schmerz griff nach seinem Herzen. Nicht darauf achtend, sagte sich Flint mit plötzlicher Gewißheit: »Er hat über Tanis Lügen erzählt. Und auch Kitiara. Tanis ist nicht bei ihr, das weiß ich!« Der Zwerg ballte seine Faust. »Ich weiß nicht, wo er ist, aber eines Tages werde ich ihm gegenübertreten müssen, und dann muß ich ihm sagen… Ich habe ihn enttäuscht. Er hat sie mir anvertraut, und ich habe versagt!« Der Zwerg schloß seine Augen. Dann hörte er Tolpan schreien. Seufzend stolperte er wie blind hinter dem Kender her, seinen Unken Arm beim Laufen reibend. »Wie kann ich ihm das je sagen?« stöhnte er. »Wie?«

13

Ein friedliches Zwischenspiel

»In Ordnung«, sagte Tanis und starrte wütend auf den Mann, der so ruhig und gelassen vor ihm saß. »Ich will Antworten. Du hast uns absichtlich in den Mahlstrom geführt! Warum? Wußtest du von diesem Ort? Wo sind wir? Wo sind die anderen?«