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Die Trasse nach Oros war im Grunde genommen eine Sackgasse, aber die fürsorglichen Oberhäupter des Clans hatten einen Anlegehafen in ihrer Bucht gebaut, und deshalb gab es ausreichend Fuhrwerke, manche leer, andere mit Waren beladen, die sie umsonst oder für kleines Geld ein Stück mitnahmen.

Abends lagerten die drei Wanderer direkt am Wegesrand, weit entfernt von anderen Reisenden. Es war ziemlich kalt, und keiner von ihnen konnte einschlafen, denn Tel hatte es kategorisch abgelehnt, dass Viktor seine Kraft einsetzte. Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als eng zusammenzurücken. Tel rollte sich zu einem Knäuel zusammen und atmete tief ein und aus. Loj schien nicht die Absicht zu haben, überhaupt zu schlafen, und nutzte die Notwendigkeit zusammenzurücken schamlos aus.

»Was für eine Nacht«, vernahm Viktor ihr schnurrendes, warmes Flüstern. »Was ist das heute für eine wundervolle Nacht ...«

Scharfe Krallen kitzelten Viktor spielerisch unter dem Kinn. Loj wusste, oh, sie wusste ganz genau, wie sie vorgehen musste, dass dem neben ihr liegenden Mann die -

»Loj, lass das ...«

»Warum?« Er spürte ihren Atem an seinem Ohr. »Willst du mich denn nicht?«

»Gerade weil ich dich will, ist es nicht richtig, es am Wegesrand zu tun«, antwortete Viktor mit einem Gott weiß woher geliehenen Zitat.

»Genierst du dich vor Tel? Komm, dann nehmen wir sie dazu«, raunte Loj. »Das wird lustig ...«

»Nein, wirklich!«, empörte sich Viktor. »Es reicht, Loj!«

Die Zauberin rückte beleidigt von ihm ab. »Pass nur auf, das wirst du noch bereuen.«

»Da bin ich ganz sicher«, brummte Viktor. Aber sein Körper war mit dieser ernunftgesteuerten Entscheidung ganz und gar nicht einverstanden. Eine geschlagene Stunde wälzte er sich ruhelos herum und lauschte dem Atemfluss der schlafenden Frauen. Dabei wusste er ganz genau, dass Loj bei der leisesten Berührung reagieren würde, sie würde freudig und geschickt reagieren, mit ausgelassenem Eifer und der ungeheueren Erfahrung ... von Jahrhunderten, wenn man Tel glauben durfte.

Und genau dieser Gedanke half ihm endlich dabei, sich zu entspannen.

Und sogleich überkam ihn der Schlaf. Und der altbekannte Traum.

Viktor knirschte sogar mit den Zähnen, als er begriff, dass sich unter seinen Füßen wieder der vertraute, blendend weiße Sand befand, sich über ihm der Himmel wie ein matt flimmernder Schleier spannte und neben ihm die schwarzen Wellen plätscherten.

»Du Schwein!«

Er drehte sich um sich selbst und suchte nach dem Fresssack.

»Ich gehe nirgendwohin, hörst du? Ich brauche deine Geheimnisse nicht! Von mir aus kannst du hier verfaulen!«

Die abgebrannte Ruine des Laboratoriums war schon von Gras und Moos überwuchert. Der violette Wald zitterte unter den Windstößen. Und weit, weit entfernt, am Fuße der Berge, erhoben sich weiße Rauchwolken.

»Ich gehe da nicht hin!«, schrie Viktor wieder. Dabei begriff er schon, dass er keine andere Wahl hatte und genau das tun würde; und dass er dort wieder etwas beklemmend Unangenehmes zu sehen bekommen würde, etwas absolut Ekelerregendes ...

»Miau ...«

Er drehte sich um und sah, wie am Saum der Brandung, mit weichen Sprüngen den heranrollenden Wellen ausweichend, eine rote Katze auf ihn zustolzierte. Vermutlich eben jene, die ihn in der zerstörten Stadt beobachtet hatte.

Seine Mutmaßung schien völlig unsinnig.

Viktor hockte sich auf die Knie und streckte die Hand aus. »Bist du zufällig da, Mieze ...«

Die Katze setzte sich und begann sich zu putzen. Ihre blauen Augen blickten spöttisch zu Viktor herüber.

»Sei friedlich!«, vernahm er eine Stimme aus dem Wald. Durch das Riedgras kam, stolpernd und jammernd, der Fresssack gelaufen. »Was ist das für eine Dreistigkeit ... er muss doch wandern und wandern ... kusch ... verfluchte Katze! Kusch!«

Die Katze wandte ihren spöttischen Blick jetzt zum Fresssack, dann spannte sie die Muskeln und sprang Viktor auf die Brust. Sie miaute ihm ins Gesicht und berührte seine Wange mit ihrer warmen Pfote ...

Viktor öffnete die Augen. Über ihm spannte sich der Sternenhimmel, und davor erblickte er einen Frauenkopf mit langen offenen Haaren. Loj verschloss ihm mit einem Kuss den Mund und antwortete auf die nicht gestellte Frage.

»Du hast im Schlaf geschrien, du hast schlecht geträumt ... Entspann dich, Viktor, entspann dich ...«

Die Innenfläche ihrer Hand glitt über seine Wange.

»Unrasiert ...«, sagte Loj zärtlich und leise. »Hab keine Angst, der Traum ist vorüber. Wir Katzen verstehen uns darauf, böse Träume zu verjagen.«

»Danke«, antwortete Viktor ebenfalls leise.

»Und deine Freundin«, sagte Loj mit plötzlichem Spott, »ist nicht einmal aufgewacht!«

»Sie ist ein kleines erschöpftes Mädchen ...«

»Ach so«, stimmte ihm die Zauberin ohne jede Überzeugung zu. »Ein kleines Mädchen ... eine Zauberin des Geheimen Clans ... Aber ich, ich bin eine erwachsene Frau ...«

Sie atmete direkt neben Viktors Ohr ein und aus.

»Diese Mistgöre hat bestimmt allerhand Gemeinheiten über mich erzählt, oder? Dass ich zweihundert Jahre alt bin und mit allen Männern, denen ich je begegnet bin, geschlafen habe?«

»Nicht ganz ...«

Viktor wusste nicht, wie ihm geschah. Loj presste sich bereits mit ihrem ganzen Körper an ihn.

»Immerzu lügt sie!«, schnaubte Loj wütend. »Ich bin nicht zweihundert Jahre alt ... sondern viel jünger. Und ich werfe mich ganz bestimmt nicht jedem Erstbesten an den Hals.«

Sie zögerte etwas, ehe sie hinzufügte: »Dir schon ... ja. Ich ... wenn du ...«

Viktor sah ein, dass es sinnlos war, dagegen anzukämpfen. Hauptsächlich deshalb, weil es nicht im Geringsten seinem eigenen Wunsch entsprach.

Er saugte sich an Lojs weichen, heißen Lippen fest.

Ganz egal, wie alt sie war!

Von ihm aus auch dreihundert!

Lojs Geschicklichkeit hatte tatsächlich etwas Katzenhaftes. Ihre Hände glitten hin und her, während sie sich küssten, so dass Viktor nicht einmal mitbekam, wie sie ihn und sich selbst auszog. Das Ganze erinnerte halb an eine Vergewaltigung und halb an eine Verführung - nur dass die Frau die Rolle des Vergewaltigers übernahm.

Die Tatsache, dass Tel nur wenige Meter von ihnen entfernt schlief, verlieh dem Ereignis noch einen zusätzlichen Reiz.

»Endlich bist du bei mir ... endlich ...«, flüsterte Loj. Und in ihrer Stimme lag weniger Verliebtheit als Triumph, aber Viktor fühlte sich trotzdem geschmeichelt. So in etwa musste sich ein aufstrebender Sänger fühlen, der von jungen Mädchen angehimmelt wurde, die verzweifelt versuchten, sich mit Lügen in sein Hotelzimmer zu schmuggeln und vor der Tür seiner Wohnung campierten ...

Viktor hatte nicht gemerkt, dass sie ihre Position verändert hatten und er sich plötzlich über Loj befand, die sich ihm nicht mit wahnsinniger, tierischer Lust hingab, sondern mit jener freudig-weiblichen Demut, die Grundlage allen Sexes ist.

Ihr Spiel nahm nicht viel Zeit in Anspruch, obgleich es Viktor erschien, als könnte es sich die ganze Nacht hinziehen und ihnen beiden größtes Vergnügen bereiten. Aber offenbar hatte Loj entschieden, es nicht zu weit zu treiben ... An einem bestimmten Punkt spürte er, wie sich ihre Muskeln

Sie ging von selbst, etwa eine halbe Stunde später, nachdem sie ihr Spiel einige Male wiederholt hatten. Leise schlich sie davon, nachdem sie ihm zum Abschied noch einmal die Lippen auf den Mund gedrückt und geflüstert hatte: »Ich danke dir ... mehr werde ich nicht fordern ...«

Viktor war ihr dafür dankbar. Er hatte keine Kraft mehr, er fühlte sich vollkommen ausgelaugt. Andererseits hatte er sich lange nicht mehr in einem so angenehmen Erschöpfungszustand befunden ...