Der Zorn der Elemente ist in dir und mit dir, Viktor von der Anderen Seite: Sieg dem Drachentöter!
Eine frohlockende Flamme traf den Erschaffenen Drachen an der Unterseite eines Flügels. Einer der Flügel aus Lamellen hob sich sinnlos in die Höhe, und das eiserne Ungetüm stürzte in die Tiefe. Aus seiner Kehle, diesem rotglühenden
Ehe du wieder zu dir kommst, du Ungetüm ...
Viktor hatte nicht gewusst, dass Hass so süß war. In keiner Welt konnte es etwas vergleichbar Süßes geben. Weder Wein noch Gold noch Frauen, nichts konnte sich mit Hass messen. Den fallenden, sich in seiner Agonie krümmenden Feind zu sehen, zu wissen, dass er in deiner Hand ist ...
Du scheinst ja nicht allzu stark zu sein, Erschaffener Drache.
Das Ungetüm verlor an Höhe. Der angeschlagene linke Flügel schlug seltener und nur mit Mühe. Viktor musste ihn töten und überließ dem Wasser das Feld.
Die aufs Äußerste gespannte Wasserpeitsche schnellte vor, ging machtvoll auf die glühende Panzerung der Schnauze nieder. Und zerstob, verflog wirkungslos, löste sich in eine Wolke harmlosen Dampfes auf. Aber der Erschaffene Drache kreischte dumpf auf und schlug plötzlich und kraftvoll mit beiden Flügeln; augenblicklich befand er sich wieder auf Viktors Höhe.
Luft! Blitze!
Der schwarze Himmel platzte. Die vom Ruf des Drachentöters zusammengeballten Wolken entließen eine Flut blendend weißer, vielfach verästelter Blitze. Ein dichtes Strahlengeflecht umgab den unförmigen Körper des eisernen Ungetüms, saugte sich an seinen blutroten Längsseiten fest, und der Erschaffene Drache wurde von heftigen Krämpfen
Du fällst, du bist am Ende!, wollte Viktor rufen.
Jedoch, das Ungetüm aus der Welt der Angeborenen weigerte sich hartnäckig zu sterben. Wieder gewann sein Flug die alte Gleichmäßigkeit zurück. Wieder stützten sich seine riesigen Flügel auf die Luft. Und obgleich der Drachentöter die Weihe der Luft erlangt hatte, konnte er das Element nicht zwingen, vor den bleiernen Flügeln des Feindes zurückzuweichen, damit dieser wie ein Stein auf die spitzen Felsen tief unter ihnen stürzte ...
Der Drachentöter konnte nur hassen. Und vernichten. Im Angriff. Er war ebenso wenig fähig, etwas zu schöpfen, wie ein Wurm in der Lage war zu fliegen.
Der Erschaffene Drache erhob sich wieder in die Lüfte. Seine Augen brannten vor bösartigem Hohn. Ich habe drei Schläge von dir eingesteckt, schien er zu sagen. Nun bin ich an der Reihe. Pass auf dich auf, Drachentöter!
Was konnte ihm jetzt den Rücken stärken?, fragte Viktor sich. Der wahnsinnige »Lauf zum Meer«, die Weihen, die er ohne jedes echte Verständnis erlangt hatte? Was genau sollte er jetzt mit ihnen anfangen? Hier in dieser fremden, absurden Welt, wo er wie ein Spielzeug war, eine Marionette in den Händen kunstfertiger Puppenspieler? Und der geliehene Hass, konnte der ihm helfen? Ritor, ja, der hatte wahrhaftig gehasst ...
Der Erschaffene Drache näherte sich. Das triumphierende Geheul des Ungetüms schlug sogar die bedrohlichen Wolkenberge in die Flucht. Ein graues Himmelsgewölbe wurde sichtbar; die eisernen Kieferknochen wichen auseinander,
Er schrie auf.
Sein Schrei entrang sich seinem Kehlkopf, brach hervor, als ob er sich selbst in die Kraft verwandelt hätte, die danach strebte, den Feind zu vernichten. Die Welt wurde dunkel; es schien, als fiele er, eingehüllt in eine rauchende Flamme, zur Erde; klebriges Feuer leckte über seine Schuppen und suchte nach einem Spalt.
Wind, Wasser, Feuer! Zu Hilfe! Erde!
Ein Sturzregen. Schrecklich, wenn der ganze Himmel sich in eine einzige Flut verwandelt. Aber auch die war nicht imstande, das klebrige Feuer aus brennbarem Pech zu löschen; endlich, zusammen mit dem Wind riss das Wasser die lodernde Hölle von Viktors Panzer.
Mit einem Mal breitete sich unter ihm ein kleiner Wald gigantischer Gräser aus. Myriaden riesiger grüner Halme. Viktors glühender, gepanzerter Körper prallte mit ungebremster Kraft auf sie herab.
Die Grasriesen federten seinen Sturz. Ihr grüner Saft wusch die Reste des giftigen Pechs ab, das ihn stark an Napalm erinnerte.
Viktor hatte wieder seine alte Gestalt angenommen, er stand da, die Hand am Schwertgriff. Und am Himmel segelte stolz der Erschaffene Drache.
Dein Hass ist zu schwach, Drachentöter. Das ist nicht deine Welt.
»Was ist?« Viktor wunderte sich nicht, als er die Stimme des Fresssacks an seinem Ohr vernahm. »Ist was schiefgelaufen? Na ja, es musste schieflaufen.«
Das grüne Dickicht starb vor seinen Augen dahin, die gigantischen Halme lösten sich in graue Asche auf.
»Mit den Elementen richtest du hier nichts aus«, sagte der Fresssack zufrieden. »Unser Drache, sieh nur, da kreist er ... Und du, Viktor, bist schon am Ende deiner Kräfte. Was glotzt du so? Glaubst du mir nicht? Dann versuch es doch noch mal, flieg auf. Oder spuck Feuer. Das bringt alles nichts. Denn du bist nur dem Namen nach der Drachentöter. Du hast viele Zweifel.«
»Weil ich noch nicht alle Weihen durchlaufen habe. Und die Dracheninsel«, krächzte Viktor. Merkwürdigerweise war er unversehrt, das klebrige Feuer hatte nicht die kleinste Verbrennung hinterlassen. Nur eine heftige Schwäche war zurückgeblieben; er hatte das Gefühl, wenn der Fresssack ihn jetzt anpusten würde, flöge er davon wie das schwerelose Knäuelchen eines Pappelflaums.
»Nein.« Der Fresssack schüttelte den Kopf. Er winkte dem Erschaffenen Drachen. »Das nützt auch nichts ... obwohl du natürlich dorthin gelangen kannst. Dein Mädelchen wird dich schon hinführen. Mit ihr hast du Glück gehabt ... sie ist geschickt. Aber dann auf der Insel ...« Er seufzte mitfühlend. »Da nützt das alles nichts. Mit dem Hüter dort musst du selbst fertig werden. Aber ist das wirklich nötig? Was meinst du?«
»Hüter?«
»Mach dir keine Hoffnungen, Viktor. Ich werde dir nichts über ihn verraten. Das musst du schon selbst herausfinden.« Der Fresssack schnaufte beleidigt. »Es macht keinen Spaß mit dir. Den Drachen konntest du nicht besiegen ... Langweilig ist das.« Er drehte Viktor herausfordernd den Rücken zu.
»Bleib stehen!« Viktor streckte seinen Arm aus, um den dreisten Kerl an der Schulter zu packen - und wachte von einem heftigen Ruck auf.
Er lag auf Steinen am äußersten Saum der Meeresbrandung. Vor seinen Augen nahm er einen weichen, goldfarbenen Widerschein wahr. Die Steine waren warm und glatt und schienen von innen heraus zu leuchten.
Viktor hob den Kopf. So sah sie also aus, die Dracheninsel!
In diesem Augenblick vergaß er Loj vollständig und sogar Tel.
Über ihm erstreckte sich ein niedriger stürmischer Himmel, an dem sich schwarze Wolken türmten. Die bleiernen Wellen warfen sich mit hungrigem Zorn ans Ufer, leckten gierig über die goldfarbenen Steine, und der zurückweichende Schaum nahm einen matt limonenfarbenen Glanz an. Ein schmaler Weg, der mit jenen goldfarbenen Gesteinsbrocken ausgelegt war, begann direkt am Wasser. Er führte um einen abgerundeten Vorsprung herum, stieg allmählich an und verlor sich dann aus dem Blick.
Rechter Hand lag das Meer, und links erhob sich ein steiler Felsen, kohlschwarz und glänzend wie frisch mit Wasser übergossen. Er war vollkommen glatt, ohne die kleinste Spalte oder Unebenheit, wie es in der Natur nie vorkommt; er schien wie die Schöpfung geheimer magischer Kräfte. Der Weg brach vor Viktors Füßen ab und mündete geradewegs in den Schaum der Brandung.
Trotz des dichten Wolkenschleiers war es ziemlich hell, entweder von den goldenen Steinen oder von den Sonnenstrahlen, die auf irgendeine Weise doch durch die schwarze Decke über dieser Welt drangen.
Viktor hob den Kopf. Der Weg kletterte wie eine Spirale in vielen Windungen den gigantischen schwarzen Schieferkegel hinauf, der unmittelbar aus den Meereswellen aufragte.
Und der Weg selbst war nur am Anfang glatt. An den Hängen des gewaltigen Berges erblickte Viktor Höhlen voller Feuer, über die hier und da schmale Brücken hinüberführten. Teilweise waren die Windungen des Weges fast vollständig hinter schwarzen Staketen spitzer Felsbrocken verborgen, die wie unheimliche Wächter entlang des Wegrands errichtet waren und den goldenen Widerschein fast ganz verschluckten.