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»Voll und ganz«, sagte der Zauberer.

»Dann«, Torn machte eine großzügige Geste mit dem Arm, als sei er der Gastgeber des Balls, »nutze die Gelegenheit. Iss, trink und vergnüge dich, denn nur so, mit freudigem Geist, sollte ein wahrer Magier aus dem Leben treten. Und ich rate dir - geh wenigstens dieses eine Mal zu den Mädchen. Diese Katzen ... mhm!« Er schnalzte mit der Zunge und verdrehte die Augen wie ein Sklavenhändler auf dem

Erst jetzt begriff Ritor, dass der ganze Saal entsetzt zu ihnen herüberblickte.

3

Auf dem Boden zu schlafen gehörte zu den Vergnügungen der Jugend. Gegen Morgen war Viktor sich darüber endgültig im Klaren. Es war nicht so, dass ihm der Rücken oder die Hüftknochen wehtaten, aber er fühlte sich überhaupt nicht ausgeruht. Noch durch den Traum hindurch ärgerte ihn das Fehlen des Bettrandes ungeheuer. Wahrscheinlich fürchtet sich der Mensch immer, aus dem Bett zu fallen. Aber wenn diese Möglichkeit auf einmal nicht mehr gegeben ist, dann vermutet er etwas Unheilvolles.

Viktor war schon wach, hatte die Augen aber noch geschlossen und drehte sich auf den Rücken. Ja, die Pferdedecke eines Schlachtrosses wäre vermutlich bequemer als diese dünne Decke ...

Die Schabracke eines Schlachtrosses!

Er erinnerte sich an seinen Traum - augenblicklich und in aller Deutlichkeit.

Das sterbende weiße Pferd. Und seine Hand mit dem Dolch. Übel. Er hatte selten so bildhafte, bedrückende Träume. Aber gestern, nachdem Tel aufgetaucht war ...

War sie eigentlich noch da?

Viktor öffnete die Augen. Wäre die Wohnung leer, würde er Erleichterung verspüren. Selbst wenn das Mädchen das

Auf der Liege war niemand zu sehen.

Viktor erhob sich, rückte automatisch Unterhose und Hemd zurecht und lauschte. Absolute Stille. Na also, die primitivste Wende der Ereignisse hatte sich als die richtige erwiesen. Sollte er gleich mal nachschauen, ob das Geld noch da war?

Da drang ein leises Klirren aus der Küche.

Einen Augenblick lang war Viktor unentschlossen, doch dann schlüpfte er erst in seine Jeans, ehe er in die Küche hinüberging.

Tel stand am Herd. Unter der Pfanne brannte die Gasflamme. Das Mädchen kochte etwas.

Etwas sehr Merkwürdiges.

»Guten Morgen«, brachte Viktor heraus und verspürte einen Anflug von Enttäuschung. Besser, sie hätte einen Schein geklaut und ...

»Gut ist er«, stimmte Tel ihm zu, ohne sich umzudrehen. Sie hatte eine fabelhafte Selbstbeherrschung. Oder sie konnte nach hinten sehen. »Ich mache uns Frühstück.«

Viktor ging zum Herd. Er blickte düster in die Pfanne. Anscheinend war das Rührei. Mit Eierschalen. Außerdem konnte man Stücke geschmolzenen Käses, Scheiben von Wurst, kleine Brotbrocken und kümmerliche Zweiglein Dill in der Pfanne ausmachen.

»Danke.« Mehr fiel Viktor dazu nicht ein. Schließlich war das Mädchen krank.

Seine Selbstbeherrschung reichte sogar so weit, dass er anfing, ihr scheußliches Essen zu verzehren. Und seltsamerweise schmeckte es gut. Lediglich die Notwendigkeit, die Schalenstücke rauszufischen ...

»Iss alles«, sagte Tel streng. »Auch die Schale ist gesund.«

Die Situation begann ihn ganz allmählich zu belustigen. In fünf Tagen würde er diese Geschichte unter Lachen erzählen können. Und dem Mädchen sogar noch ein paar zusätzliche Absonderlichkeiten andichten.

»Ich versuche es«, versprach er.

Am meisten beunruhigte Viktor der Gedanke, dass Tel den Entschluss vom Vorabend, nach Hause zu fahren, wieder vergessen haben könnte. Wer weiß, vielleicht gefiel es ihr hier.

»Es wird Zeit.« Wieder hatte sie seinen Gedanken erraten. »Du hast versprochen, mich nach Hause zu begleiten.«

»Natürlich.« Viktor erhob sich erleichtert und gleichzeitig - da war es wieder, sein ewiges Pech! - mit einem merkwürdigen Gefühl der Kränkung. Also war er nicht einmal für so ein kleines, durchgeknalltes Mädchen interessant!

»Ich spüle das Geschirr ab, und du machst dich fertig«, erklärte Tel.

»Lass nur, ich räum später auf.«

»Das geht nicht.«

Während das Mädchen in der Küche lärmend mit dem Geschirr hantierte, suchte Viktor ein frisches Hemd aus seinem Kleiderschrank, wobei er nebenbei überprüfte, ob sich sein Geld noch in dem ach so zuverlässigen, originellen Versteck unter einem Stapel Bettlaken befand. Dann zog er noch einen dünnen Pulli über - draußen schien die Sonne.

»Bist du fertig?«, fragte Tel in forderndem Ton.

Viktor blickte sie müde an. Ein hübsches Mädchen, schöne Augen. Wenn die tatsächlich der Spiegel der Seele waren ...

»Hast du nichts vergessen?«, wollte Tel wissen.

»Wie wär’s mit Phrasen dreschen?«

Tel runzelte die Stirn. »Wie bitte?«

Viktor seufzte. »Komm mal her.«

Ohne große Umstände drehte er das Mädchen zur Seite, fasste nach dem Pulli - der zu seiner Überraschung sorgfältig gestopft war, na gut, sie musste also Nadel und Faden gefunden haben - und schob ihn hoch. Die Pflaster waren verschwunden. Und die Wunde auch. Er hatte das Gefühl, verrückt zu werden, er drehte Tel zu sich - diese ließ sich gehorsam von ihm hin und her wenden.

Unsinn. Und was hatte er dann gestern mit Wasserstoffperoxid behandelt? Eine aufgemalte Wunde? Sicher. Er war doch nicht im ersten Praxisjahr!

»Tel«, sagte Viktor mit hölzerner Stimme. »Wo ist deine Wunde?«

»Zugewachsen.«

»Ich meine es ernst.«

»Ich auch.«

Er kannte diese sogenannten Reportagen über Extraseancen, bei denen mit Hilfe reiner Willenskraft Wunden geheilt wurden - das war was für die Zeitung. Aber was tun, wenn man es mit eigenen Augen sieht - es gab keinen Schnitt! Und es war auch nie einer da gewesen! Ihre Haut war glatt und rosig wie die eines Babys.

Viktor rückte vorsichtig von dem Mädchen weg. »Schaffst du es nicht auch allein nach Hause?«

»Du hast es doch versprochen«, sagte Tel ein wenig beleidigt.

»Na ja ... ja ...«

»Lass uns gehen.« Sie ließ sich nicht umstimmen.

»Also, was ist mit der Wunde passiert?« Er wollte es einfach wissen. War sie eine philippinische Heilerin oder so was?

»Bei mir heilt immer alles so schnell«, sagte Tel widerwillig. »Komm jetzt, ich erklär es dir, wenn wir bei mir sind, ja? Sobald wir zu Hause sind.«

Sein erster Impuls auf ihre Erklärung war, mit der Hand abzuwinken und die freche kleine Göre endlich aus der Wohnung zu werfen. Wunden heilten bei ihr also schnell, na klar! So etwas gab es gar nicht, das gab es einfach nicht! Schluss aus!

»Du hast es versprochen«, sagte Tel leise. Ihre mandelförmigen Augen, wie die einer persischen Miniatur, schlossen sich gekränkt.

Ach Gott, dieses Mädchen!

»Gehen wir.«

Bloß nicht mit einer Frau streiten, auch wenn sie erst dreizehn ist. Erst recht nicht, wenn sie erst dreizehn ist ...

Es war ein Sonntag, und dazu schien noch die Sonne. In der Metro herrschte riesiges Gedränge. Tel wurde gegen Viktor gedrückt. Und während dieser sich unwillkürlich anspannte, um sie vor dem Druck der aufgeheizten, scharf riechenden Menge abzuschirmen, nahm er plötzlich ihren eigenen Geruch wahr - rein, völlig rein, genau wie der Duft einer blühenden Kamillenwiese. In der Tiefe seines Gedächtnisses regte sich etwas: So etwas Ähnliches hatte er schon einmal wahrgenommen - im Haus von Großmutter Vera.