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Ritor nickte unwillig. Viktor legte Tel auf einem Stein ab, ohne dabei seine Augen von Ritor abzuwenden.

Der Magier wartete. Geduldig, ohne einen Angriff zu versuchen. Entweder sammelte er seine Kräfte, oder es bestand tatsächlich noch die Möglichkeit, sich mit ihm zu einigen.

»Ich will niemandem etwas Übles tun, Ritor!« Viktor bemühte sich um grenzenlose Aufrichtigkeit. »Nicht einmal dir! Obwohl deine Meute mich zu töten versucht hat ... obwohl an euren Händen das Blut unschuldiger Menschen klebt ...«

»Das Gemetzel am Bahnhof war dein Verbrechen!«

»Ich konnte nichts ausrichten, Ritor! Ich hatte keine Gewalt über mich!«

»Und das wirst du auch niemals haben ...« Ritors Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Es wird immer stärker sein als du selbst ... immer, glaub mir ... Und selbst wenn du den Erschaffenen Drachen tötest, wirst du nicht mehr aufhören können. Ich weiß es ...«

Für einen Augenblick blitzte der Schatten des Mitgefühls in seinen Augen auf. Und dann schlug er zu. Mit dem Viktor schon bekannten Luftspeer, einer aus unzähligen Winden geflochtenen spitzen Nadel. Und diesmal gelang es Viktor nicht mehr, den Schlag abzuwehren.

Schmerz. Ein herzzerreißender, alles durchdringender Schmerz. Er wurde auf die Steine geschleudert, gegen sie gepresst, und ein heulender Windstrom peitschte ihm ins Gesicht. Schoss in seine Lungen, spreizte sich dort auf. Er

»Idiot!«

Loj Iwer sprang auf die Steine. Sie vollführte eine Handbewegung, und der Umhang des Magiers färbte sich rot. Der Wind winselte und legte sich.

»Was richtest du nur an, Ritor!«

»Ha! Verräterin!«

Entweder glaubte Ritor, dass der hustende, spuckende Viktor, der sich die Brust hielt, aus dem Spiel ausgestiegen war, oder er konnte sich einfach nicht gleichzeitig auf zwei Gegner konzentrieren. Das erdrückende Gewicht verschwand. Viktor versuchte aufzustehen, stürzte wieder und prallte auf die Steine. In seinem Inneren brannte es wie Feuer. Seine Lungen schienen buchstäblich geplatzt zu sein.

Loj und Ritor umkreisten sich unmittelbar am Saum des Ufers. Die Zauberin hatte die Hände ausgestreckt, ihre Finger waren gekrümmt, genau wie die Krallen eines Raubtiers.

Ritor presste die linke Hand an seine Brust und gab ein schmerzvolles Zischen von sich. Auf seiner Kleidung breiteten sich immer mehr dunkelrote Flecken aus. Lojs Schlag hatte sein Ziel erreicht.

»Ich werde dich töten, Katze«, krächzte der Magier. Und seine Stimme war so voller Hass, dass es schien, als sei die Kraft des Drachentöters in ihm auferstanden.

»Du Schwachkopf!«, kreischte Loj. »Wage es nicht, sonst ...«

»Schweig!«, bellte Ritor.

»Lauf, Viktor! Ich werde ihn aufhalten, diesen Verrückten! Ahhhh!« Loj machte einen Sprung nach vorne und vollführte wieder eine Handbewegung, aber anstatt Ritor einen Hieb zu versetzen, stürzte sie geradewegs vor seine Füße.

»Lauf, Viktor!«

Wieso und wohin sollte er laufen? Wieder die goldenen Schlingen um den Felsen herum, zurück in die schwarze Sackgasse vor dem Schloss über der Welt? Die Frage, ob er Loj und Tel so einfach zurücklassen und seinem Weg folgen konnte, stellte er sich gar nicht erst. Er musste es tun.

Viktor rappelte sich hoch und lief geduckt und sich an der Seite haltend los. Der Weg führte geradewegs in die Brandung hinein. Er warf sich mit Anlauf in die Wellen. Eine Wasserfontäne erhob sich in die Luft, aber an der Seite des schwarzen Felsens blieb der Grund eben und senkte sich nicht ab.

Aha! Genau! Das hatte er sich gedacht ... Bernsteinfarbene Platten hoben sich aus dem Wasser und verwandelten sich in den zweiten Weg hinauf zum Schloss.

Er lief. Über diesen Weg, der zur Regenbogenbrücke führte. Die Spirale wand sich in Richtung Süden, der sich nähernden Wolkenkette entgegen. Die Sturmfront war schon deutlich zu sehen; unnatürlich ebenmäßig und sehr viel schneller als ein gewöhnliches Unwetter.

Hinter Viktor wälzten sich Loj und Ritor auf den Steinen. Sie verwendeten keine Magie, denn dafür war in diesem Handgemenge keine Zeit. Loj war viel beweglicher und geschickter, aber Ritor war einfach zu stark für sie. Ein ums andere Mal, immer wenn er obenauf war, schlug er den Kopf der Katze auf den Stein.

»Er kommt ... sowieso nicht an ...« Ritor presste Loj wieder gegen den Boden, als er plötzlich erstarrte.

Neben ihm stand Torn.

Es sah so aus, als ob der Magier des Wassers sich überhaupt nicht für den Kampf interessierte. Er blickte Viktor hinterher, der im Laufschritt bereits die zweite Umrundung

Auf Torns Gesicht zeichnete sich eine solche Qual ab, als bewegte er sich zusammen mit Viktor.

Ritor hielt inne, ließ die betäubte Loj los. Er hob die Hand und schloss sie zum Zeichen der Kraft der Luft.

»Lass es, Ritor«, sagte Torn, ohne sich umzuwenden. »Es ist zu spät, um sich gegenseitig umzubringen. Sieh hin, die Angeborenen nähern sich ...«

Der Magier der Luft zögerte, hielt an den Fingerspitzen den entstehenden Hurrikan zurück.

»Lass die Rache, Ritor. Du siehst doch, dass ich nicht versuche, ihn zu erreichen ...« Torn nickte in Viktors Richtung. »Es ist zu spät für eigene Pläne, wir müssen uns mit dem abfinden, was das Schicksal uns zugedacht hat.«

»Ihn erreichen? Du?« Ritor lachte auf. »Du hättest ihm nie etwas angetan!«

»Warum?«, wunderte sich der Magier. »Jetzt hätte ich es versucht. Aber die Angeborenen ...«

Endlich blickte er Ritor an.

»Komm, lass uns ...«

Was immer er seinem Erzfeind vorschlagen wollte, seine Stimme verhallte ungehört. Das Wasser am Ufer begann zu schäumen, bäumte sich in einer runden Welle auf. Aus der Tiefe erhob sich eine schmale Felssäule, glänzend wie mit Fett eingerieben. Auf dem Gipfel der in den Himmel kriechenden Säule duckte sich Andrzej.

»Nein!«, schrie Torn. »Nicht doch!«

Der Magier der Erde hörte seinen Verbündeten nicht. Er richtete sich zu seiner ganzen, nicht sehr stattlichen Größe auf und flüsterte eine Beschwörungsformel.

Die Insel begann zu beben. Ein schweres Zittern überlief die Felsen. Und Ritor und Torn wurden zu Boden geschleudert. Viktor hatte es noch schlimmer erwischt: Der gelbe Weg begann abzustürzen, ganze Steinplatten rutschten in die Tiefe. Eine Steinlawine donnerte in einer goldenen Welle die Felswände hinab. Gegen einen Steinbrocken gedrückt wartete der zukünftige Drachentöter ab.

Es war klar, dass Andrzej diesmal seine ganze vernichtende Gewalt aufbrachte, indem er eine möglichst einfache Formel gewählt hatte. Allerdings hatte er mit einem nicht gerechnet, denn die Magie der Erde hatte sich noch nie durch besondere Präzision ausgezeichnet.

Die Säule, auf der er sich aus dem Meer erhoben hatte, begann ebenfalls zu zittern. Dann barst sie in der Mitte auseinander. Andrzej wand sich einen Augenblick ungeschickt hin und her, ehe er ins Wasser sprang. Die hinter ihm her stürzenden Steine wichen dem zappelnden Magier fürsorglich aus. Mit hämmernden Armschlägen schwamm er ans Ufer.

Torn schüttelte verzweifelt den Kopf.

Andrzej schien gar nicht zu begreifen, was vorgefallen war. Den Zusammenbruch seiner Angriffsbasis hielt er für eine Folge von Viktors Gegenschlag. Fröstelnd sprang der Erdmagier an Land und sah zu Torn hinüber, aber in dessen Blick war kein Wohlwollen zu erkennen.

Der Magier der Erde stürzte zu Ritor.

Der seinerseits wich zurück, aber Andrzej hatte nicht die Absicht, ihn anzugreifen. Er packte ihn am Aufschlag seines Umhangs und schrie: »Ritor, ich bitte dich um Hilfe! Um Hilfe und um Schutz, dich, meinen Feind!«

Torn verzog das Gesicht und wandte sich ab. Er blickte wieder zu Viktor hinüber, der vor dem abgestürzten Weg

Der Mensch auf dem Fels ließ sich in die Hocke hinunter, dann stieß er sich ab und flog in den Himmel hinauf.

Torn zögerte immer noch, folgte ihm mit den Augen. Dann holte er zum Schlag aus, das konzentrierte Geschütz schlug ohne großen Schaden anzurichten in die Felsen ein und zermalmte sie zu feinem Staub.