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»Du weißt, daß er die Wahrheit sagt, Vater«, sagte Laurana.

Sie wagte viel. Elfenfrauen waren bei Kriegsbesprechungen nicht anwesend, geschweige denn, daß sie etwas sagten. Laurana war nur dabei, weil besonders sie das Ganze etwas anging.

Sie erhob sich und stand ihrem Bruder gegenüber, der sie mißbilligend ansah. »Porthios, unser Vater hat uns in Qualinesti gesagt, daß der Drachenfürst nicht nur unser Land will, sondern auch die Ausrottung unserer Rasse! Hast du das vergessen?«

»Pah! Das war dieser Drachenfürst Verminaard. Er ist tot...«

»Ja, weil wir ihn getötet haben«, schrie Laurana wütend, »und nicht du!«

»Laurana!« Die Stimme der Sonnen erhob sich und überragte alle, sogar seinen ältesten Sohn. »Du vergißt dich, junge Frau. Du hast kein Recht, so zu deinem ältesten Bruder zu reden. Wir standen eigenen Gefahren auf unserer Reise gegenüber. Er hat seine Pflicht und seine Verantwortung nicht vergessen, so wie auch Gilthanas. Sie sind nicht hinter einem Halb-Elfen-Bastard hinterhergerannt wie eine schamlose menschliche Hu...« Die Stimme brach plötzlich ab.

Laurana wurde leichenblaß. Sie schwankte, hielt sich am Tisch fest. Gilthanas erhob sich schnell, um ihr zu helfen, aber sie schob ihn weg. »Vater«, sagte sie in einer Stimme, die sie nicht als ihre eigene erkannte, »was wolltest du sagen?«

»Laß es, Laurana«, bat Gilthanas. »Er meint es nicht so. Wir werden morgen früh weiterreden.«

Die Stimme sagte nichts, sein Gesicht war grau und kalt.

»Du wolltest ›menschliche Hure‹ sagen!« sagte Laurana leise.

»Geh in dein Nachtquartier, Laurana«, befahl die Stimme.

»So denkst du also über mich«, flüsterte Laurana mit ihrer rauhen Kehle. »Darum starren mich alle an und hören zu sprechen auf, wenn ich mich nähere. Menschliche Hure.«

»Schwester, gehorche deinem Vater«, sagte Porthios. »Und du solltest nicht vergessen, es ist deine Schuld, daß wir über dich so denken. Was erwartest du? Sieh dich doch nur an, Laurana! Du bist wie ein Mann gekleidet. Du trägst stolz ein blutbeflecktes Schwert. Du redest ungezwungen über eure ›Abenteuer‹! Mit solchen Leuten reisen – mit Menschen und Zwergen! Die Nächte mit ihnen verbringen. Die Nächte mit deinem Bastardliebhaber verbringen. Wo ist er? Ist er deiner überdrüssig und...«

Der Schein des Feuers flackerte vor Lauranas Augen. Die Hitze flutete über ihren Körper, wurde von einer schrecklichen Kälte abgelöst. Sie konnte nichts mehr sehen und erinnerte sich nur an ein schreckliches Gefühl des Fallens, ohne in der Lage zu sein, sich zu fassen. Stimmen drangen weit entfernt auf sie ein, verzerrte Gesichter beugten sich über sie.

»Laurana, meine Tochter...«

Dann war nichts mehr.

»Herrin...«

»Was? Wo bin ich? Wer bist du? Ich... ich sehe nichts! Hilf mir!«

»Hier, Herrin. Nimm meine Hand. Pssst. Ich bin hier. Ich bin Silvara. Erinnerst du dich?«

Laurana spürte sanfte Hände über ihre eigenen streichen, als sie sich aufsetzte.

»Kannst du das trinken, Herrin?«

Ein Becher wurde an ihre Lippen gehalten. Laurana nippte daran, schmeckte klares, kühles Wasser. Sie ergriff den Becher und trank gierig, da es ihr fiebriges Blut kühlte. Die Kräfte kehrten zurück, sie konnte wieder sehen. Eine kleine Kerze brannte neben ihrem Lager. Sie war in ihrem Zimmer im Haus ihres Vaters. Ihre Kleider lagen auf einer rohen Holzbank, Schwertgürtel und Scheide lagen daneben, ihr Rucksack stand auf dem Boden. An einem Tisch gegenüber von ihrem Bett saß eine Zofe, ihr Kopf war in ihre Arme eingebettet, sie schlief tief und fest.

Laurana wandte sich zu Silvara, die ihre Finger an die Lippen legte, da sie die Frage in ihren Augen sah.

»Sprich leise«, sagte die Wild-Elfe. »Oh, nicht wegen ihr« Silvara warf dem Mädchen einen kurzen Blick zu -, »sie wird viele, viele Stunden friedlich schlafen, bevor die Wirkung nachläßt. Aber im Haus sind andere, die vielleicht wachsam sind. Fühlst du dich besser?«

»Ja«, antwortete Laurana verwirrt. »Ich erinnere mich nicht...«

»Du bist ohnmächtig geworden«, antwortete Silvara. »Ich habe sie reden gehört, als sie dich hierhertrugen. Dein Vater ist wirklich bekümmert. Er meinte diese Vorwürfe nicht so. Es ist nur so, daß du ihn schrecklich verletzt hast...«

»Wie konntest du das hören?«

»Ich hatte mich im Schatten einer Nische versteckt. Für mein Volk ist das keine Kunst. Die alte Zofe sagte, daß mit dir alles in Ordnung sei und du nur Ruhe brauchtest, dann gingen sie. Als sie eine Decke holen ging, mischte ich den Schlafsaft in ihren Tee.«

»Warum?« fragte Laurana. Als sie das Mädchen genauer betrachtete, sah sie, daß die Wild-Elfe eine wunderschöne Frau war – oder sein könnte, wenn die Schmutzschichten von ihr gewaschen wären.

Silvara bemerkte Lauranas prüfenden Blick und errötete vor Verlegenheit. »Ich... ich bin von den Silvanesti weggelaufen, Herrin, als sie euch über den Fluß brachten.«

»Laurana. Bitte, Kind, nenn mich Laurana.«

»Laurana«, korrigierte sich Silvara errötend. »Ich... ich bin gekommen, um dich zu bitten, mich mitzunehmen, wenn ihr hier aufbrecht.«

»Aufbrechen?« fragte Laurana. »Ich bin nicht...« Sie stockte.

»Nicht?« fragte Silvara leise.

»Ich... ich weiß nicht«, antwortete Laurana verwirrt.

»Ich kann helfen«, sagte Silvara eifrig. »Ich kenne den Weg durch das Gebirge zum Außenposten der Ritter, wohin die Schiffe mit den Vögelflügeln segeln. Ich helfe euch, wegzukommen.«

»Warum solltest du das für uns tun?« fragte Laurana. »Es tut mir leid, Silvara. Ich wirke wohl mißtrauisch, aber du kennst uns nicht, und was du da tust, ist sehr gefährlich. Sicherlich könntest du allein einfacher entkommen.«

»Ich weiß, daß ihr die Kugel der Drachen habt«, flüsterte Silvara.

»Woher weißt du über die Kugel?« fragte Laurana erstaunt.

»Ich habe die Silvanesti reden hören, nachdem sie euch am Fluß zurückgelassen hatten.«

»Und du weißt, was es damit auf sich hat? Woher?«

»Mein... Volk kennt Geschichten... darüber«, antwortete Silvara. »Ich... ich weiß, sie ist wichtig, um den Krieg zu beenden. Dein Volk und die Silvanesti-Elfen werden in ihre Heimat zurückkehren und die Kaganesti in Frieden leben lassen. Das ist der Grund und...« Silvara schwieg einen Moment, dann sprach sie so leise, daß Laurana sie kaum verstehen konnte.

»Du warst die erste Person, die die Bedeutung meines Namens kannte.«

Laurana sah sie verwirrt an. Das Mädchen wirkte aufrichtig.

Aber Laurana glaubte ihr trotzdem nicht. Warum sollte sie ihr Leben riskieren, um ihnen zu helfen? Vielleicht war sie ein Silvanesti-Kundschafter, der die Kugel holen sollte. Es schien unwahrscheinlich, aber seltsamere Dinge...

Laurana legte ihren Kopf in ihre Hände und versuchte zu denken. Könnten sie Silvara trauen – zumindest so weit, daß sie hier entkommen könnten? Offenbar blieb ihnen keine andere Wahl. Wenn sie in das Gebirge gehen wollten, mußten sie durch Kaganesti-Land reisen. Silvaras Hilfe wäre von unschätzbarem Wert.

»Ich muß mit Elistan reden«, sagte Laurana. »Kannst du ihn holen?«

»Nicht nötig, Laurana«, antwortete Silvara. »Er wartet vor der Tür.«

»Und die anderen? Wo sind meine anderen Gefährten?«

»Lord Gilthanas ist natürlich im Haus deines Vaters...« War es Lauranas Einbildung, oder röteten sich Silvaras blasse Wangen wirklich, als sie diesen Namen aussprach? »Die anderen sind in den Gastquartieren untergebracht.«

»Ja«, sagte Laurana grimmig, »ich kann es mir vorstellen.«

Silvara schlich langsam zur Tür, öffnete sie und winkte.

»Laurana?«

»Elistan!« Sie schlang ihre Arme um den Kleriker, legte ihren Kopf an seine Brust und schloß die Augen, fühlte seine starken Arme sie sanft umarmen. Sie wußte, alles würde gut werden. Elistan würde die Führung übernehmen. Er würde wissen, was zu tun war.

»Geht es dir besser?« fragte der Kleriker. »Dein Vater...«