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»Leb wohl, Sturm, mein Freund«, flüsterte sie und legte ihre Arme um den Ritter.

Er hielt sie fest und gab ihr einen flüchtigen Kuß auf ihre Stirn.

»Wir werden die Kugel weisen Männern übergeben. Das Treffen von Weißstein wird bald einberufen«, sagte er. »Die Elfen werden eine Einladung erhalten, denn sie sind beratende Mitglieder. Du mußt so schnell wie möglich nach Sankrist kommen, Laurana. Deine Anwesenheit wird notwendig sein.«

»Ich werde dort sein, wenn die Götter es wollen«, sagte Laurana, ihre Augen wanderten zu Silvara, die Derek die Kugel der Drachen aushändigte. Ein Ausdruck unbeschreiblicher Erleichterung stand in Silvaras Gesicht, als Derek sich wegdrehte.

Sturm verabschiedete sich, dann verschwand er hinter Derek im Schnee. Die Gefährten sahen Licht aufblitzen, als die Sonne auf seinen Schild fiel.

Plötzlich trat Laurana einen Schritt nach vorn. »Wartet!« schrie sie. »Ich muß sie aufhalten. Sie sollten auch die Drachenlanze mitnehmen.«

»Nein!« rief Silvara und rannte hinter Laurana her, um ihr den Weg zu versperren.

Wütend wollte Laurana das Mädchen beiseite schieben, als sie in Silvaras Gesicht blickte.

»Was tust du, Silvara?« fragte Laurana. »Warum schickst du sie weg? Warum bist du so daran interessiert, uns zu trennen? Warum gibst du ihnen die Kugel und nicht die Lanze...?«

Silvara antwortete nicht. Sie zuckte einfach die Achseln und starrte Laurana mit blauen Augen an, die dunkler als die Nacht waren. Laurana spürte ihren Willen von diesen blauen Augen aufgesogen. Sie erinnerte sich ängstlich an Raistlin.

Auch Gilthanas starrte Silvara mit einem verwirrten und besorgten Gesichtsausdruck an. Theros stand grimmig und ernst da, warf Laurana einen Blick zu, als ob er ihre Zweifel zu teilen begann. Aber sie waren nicht in der Lage, sich zu bewegen.

Sie standen völlig unter Silvaras Bann. Was hatte sie mit ihnen getan? Sie konnten nur dastehen und die Wild-Elfe anstarren, als sie langsam zu Laurana ging, die erschöpft ihr Gepäck fallen gelassen hatte. Silvara beugte sich und packte das Stück gesplittertes Holz aus. Dann hob sie es hoch in die Luft.

Sonnenlicht blitzte auf Silvaras Silberhaar.

»Die Drachenlanze bleibt bei mir«, sagte Silvara. Dann warf sie der verzauberten Gruppe einen Blick zu und fügte hinzu: »So wie ihr.«

19

Dunkle Reise

Hinter ihnen stürzte der Schnee über den Paß. In weißen Lagen fiel er nach unten, blockierte den Paß, verwischte ihre Spuren. Das Echo von Gilthanas magischem Donner hallte noch in der Luft, oder vielleicht war es das Aufschlagen der Felsen, die den Berghang hinunterprasselten.

Die Gefährten, von Silvara geführt, wanderten langsam und vorsichtig weiter, gingen nur auf Fels, vermieden verschneite Stellen. Sie gingen hintereinander und traten in die Fußspuren des anderen, so daß die Elfen nicht sicher sein konnten, wie viele es waren.

Sie waren so vorsichtig, daß Laurana sich Sorgen machte.

»Vergiß nicht, wir wollen, daß sie uns finden«, sagte sie zu Silvara.

»Beruhige dich. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, uns zu finden«, antwortete Silvara.

»Was macht dich da so sicher?« fragte Laurana, dann glitt sie aus und fiel auf Hände und Knie. Gilthanas half ihr beim Aufstehen. Das Gesicht vor Schmerz verzogen, starrte sie Silvara stumm an. Keiner von ihnen, einschließlich Theros, traute ihr seit der plötzlichen Veränderung, die über die Wild-Elfe nach der Trennung von den Rittern gekommen war. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.

»Weil sie unser Ziel kennen«, antwortete Silvara. »Du warst klug, als du dachtest, ich hätte ein Zeichen für sie in der Höhle hinterlassen. Das tat ich auch. Glücklicherweise hast du es nicht gefunden. Unter den Stöcken, die du so nett für mich durcheinandergebracht hast, hatte ich eine grobe Karte gezeichnet. Wenn sie die Karte finden, werden sie denken, daß ich sie für euch gezeichnet habe, um euch unser Ziel zu zeigen. Du hast es sehr realistisch aussehen lassen, Laurana.« Ihre Stimme klang herausfordernd, bis sie Gilthanas' Augen traf.

Der Elfenlord drehte sich von ihr weg, sein Gesicht war traurig. Silvara stammelte. Ihre Stimme wurde flehend. »Ich habe es aus einem Grund getan – einem guten Grund. Ich wußte bereits, als ich die Spuren sah, daß wir uns trennen müssen. Du mußt mir glauben!«

»Was ist mit der Kugel der Drachen? Was hast du mit ihr angestellt?« fragte Laurana.

»N...nichts«, stammelte Silvara. »Du mußt mir vertrauen!«

»Ich sehe keinen Grund dafür«, entgegnete Laurana kalt.

»Ich habe dir keinen Schaden zugefügt...«, begann Silvara.

»Außer daß du die Ritter und die Kugel der Drachen in eine tödliche Falle geschickt hast!« schrie Laurana.

»Nein!« Silvara spielte nervös mit ihren Händen. »Das habe ich nicht! Glaub mir. Sie sind in Sicherheit. Das war die ganze Zeit mein Plan gewesen. Der Kugel der Drachen darf nichts passieren. Vor allem darf sie nicht in die Hände der Elfen fallen. Darum habe ich sie weggeschickt. Darum habe ich euch bei eurer Flucht geholfen!« Sie blickte sich um, schien wie ein Tier in der Luft zu schnüffeln. »Kommt! Wir haben uns hier zu lange aufgehalten.«

»Falls wir überhaupt noch mit dir gehen!« sagte Gilthanas barsch. »Was weißt du über die Kugel?«

»Frag mich nicht!« Silvaras Stimme war plötzlich leise und voller Trauer. Ihre blauen Augen starrten Gilthanas mit solch einer Liebe an, daß er ihren Blick nicht mehr ertragen konnte.

Er schüttelte den Kopf und wich ihren Augen aus. Silvara faßte ihn am Arm. »Bitte, shalori, Geliebter, vertrau mir! Erinnerst du dich, worüber wir gestern gesprochen haben – am Becken. Du hast gesagt, du mußt diese Dinge tun – dich über dein Volk hinwegsetzen, ein Ausgestoßener werden, weil du in deinem Herzen einen Glauben hast. Ich sagte, daß ich das verstehe, daß ich das gleiche tun müßte. Hast du mir nicht geglaubt?«

Gilthanas stand einen Moment mit gesenktem Kopf da. »Ich habe dir geglaubt«, sagte er leise. Er streckte seine Hand aus, zog sie an sich und küßte ihr silbernes Haar. »Wir gehen mit dir. Komm, Laurana.« Arm in Arm stapften die beiden durch den Schnee.

Laurana blickte die anderen verständnislos an. Sie vermieden ihren Blick. Dann ging Theros zu ihr.

»Ich lebe in dieser Welt seit fast fünfzig Jahren, junge Frau«, sagte er sanft. »Nicht lang für euch Elfen, das weiß ich. Aber wir Menschen leben diese Jahre – wir lassen sie nicht einfach an uns vorbeitreiben. Und ich sage dir – dieses Mädchen liebt deinen Bruder aufrichtig. Und er liebt sie. Diese Liebe kann nicht zum Bösen werden. Allein um ihrer Liebe willen würde ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen.«

Der Schmied ging hinter den beiden her.

»Um meiner kalten Füße willen würde auch ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen, falls sie meine Zehen wärmt!« Flint stampfte auf den Boden. »Kommt schon, laßt uns gehen.« Er packte den Kender und zog ihn hinter dem Schmied her.

Laurana stand allein da. Daß sie folgen würde, war klar. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie wollte Theros' Worten vertrauen.

Sie hatte einst geglaubt, daß die Welt diesen Weg ging. Aber jetzt wußte sie, daß ihr Glaube falsch gewesen war. Warum nicht auch Liebe?

Alles, was sie vor ihrem geistigen Auge sah, waren die wirbelnden Farben der Drachenkugel.

Die Gefährten zogen weiter nach Osten, bis die Nacht anbrach. Als sie den hohen Gebirgspaß hinabstiegen, konnten sie wieder leichter atmen. Die vereisten Felsen blieben hinter dürren Kiefern zurück, dann waren sie in einem Wald. Silvara führte sie schließlich in ein nebelumhangenes Tal.

Die Wild-Elfe schien sich nicht länger um das Verwischen ihrer Spuren zu kümmern. Sie sorgte sich nur noch um das Tempo. Sie trieb die Gruppe an, als ob sie ein Wettrennen gegen die Sonne am Himmel lief. Als die Nacht anbrach, ließen sie sich in der baumumrandeten Dunkelheit niedersinken, selbst zum Essen zu müde. Aber Silvara ließ sie nur einige wenige Stunden unruhig schlafen. Als die Monde aufgingen, die bald auf Vollmond zugingen, drängte sie die Gefährten weiter.