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»Ein alter Mann, Herr«, unterbrach ihn Wills, »und ein Kender.«

»Ein Kender?« wiederholte Gunther mit einer gewissen Unruhe in der Stimme.

»Leider ja, Herr. Aber macht Euch keine Sorgen«, fügte der Gefolgsmann hastig hinzu. »Ich habe das Silber in einer Kommode verschlossen, und Eure Gattin hat ihre Juwelen im Keller versteckt.«

»Hört sich an, als würden wir belagert!« knurrte Gunther.

Trotzdem überquerte er schneller als sonst den Hof.

»Hei diesen Kreaturen können wir nicht vorsichtig genug sein, Herr«, murmelte Wills, während er hinterher trottete.

»Wer sind diese beiden denn? Bettler? Warum hast du sie hinein gelassen?« fragte Gunther. Er wurde langsam wütend. Er wollte nur seinen Glühwein, warme Kleider und eine Rückenmassage von seiner Frau. »Gib ihnen etwas zu essen und Geld, und dann schick sie fort. Aber zuvor mußt du natürlich den Kender durchsuchen.«

»Das hatte ich ja auch vor, Herr«, sagte Wills dickköpfig.

»Aber irgend etwas ist mit ihnen – insbesondere was den Alten betrifft. Er ist übergeschnappt, wenn Ihr mich fragt, aber er ist ein kluger Übergeschnappter. Er weiß etwas, was mehr als gut für ihn ist – oder für uns.«

»Wie meinst du das?«

Die beiden hatten gerade die riesigen Holztüren geöffnet, die in den Wohntrakt des Schlosses führten. Gunther hielt inne und starrte Wills an, da er die scharfe Beobachtungsgabe seines Gefolgsmannes kannte und schätzte. Wills blickte sich um, dann beugte er sich vor.

»Der alte Mann sagte, ich soll Euch mitteilen, daß er dringende Neuigkeiten über die Kugel der Drachen zu berichten hätte, Herr!«

»Die Kugel der Drachen!« murmelte Gunther. Die Kugel war geheim, beziehungsweise ging er davon aus, daß es so wäre.

Die Ritter wußten natürlich davon. Hatte es Derek auch anderen erzählt? War dies eines seiner Manöver?

»Du hast klug gehandelt, Wills, wie immer«, sagte Gunther schließlich. »Wo sind sie?«

»Ich habe sie in das Kriegszimmer geführt, Herr, weil ich dachte, dort könnten sie am wenigsten anstellen.«

»Ich werde mich umziehen, bevor ich mir den Tod hole, dann gehe ich sofort zu ihnen. Hast du ihnen etwas angeboten?«

»Ja, Herr«, erwiderte Wills, der hinter Gunther hereilte, der schon wieder weiterging. »Heißen Wein, Brot und Fleisch. Obwohl ich befürchte, daß der Kender inzwischen die Platten eingesteckt hat...«

Gunther und Wills standen einen Moment lang vor der Tür des Kriegszimmers und lauschten der Unterhaltung der Gäste.

»Leg ihn zurück!« befahl eine strenge Stimme.

»Nein! Er gehört mir! Sieh, er war in meinem Beutel.«

»Pah! Vor nicht einmal fünf Minuten habe ich gesehen, wie du ihn eingesteckt hast!«

»Nein, du irrst dich«, protestierte die andere Stimme verletzt.

»Er gehört mir! Guck, mein Name ist eingraviert...«

»›Für Gunther, meinen geliebten Gatten‹«, sagte die erste Stimme.

Einen Moment war es im Zimmer still. Wills wurde blaß.

Dann war wieder die schrille Stimme zu hören, diesmal gedämpfter.

»Er muß in meinen Beutel gefallen sein, Fizban. Genau! Guck, mein Beutel stand genau unter dem Tisch. War das nicht ein Glück? Er wäre zerbrochen, wenn er auf den Boden gefallen wäre...«

Mit grimmigem Gesicht schwang Fürst Gunther die Tür auf.

»Fröhliche Weihnachten, meine Herren«, grüßte er. Wills huschte hinter ihm ins Zimmer, seine Augen überflogen schnell den Raum.

Die zwei Fremden wirbelten herum, der alte Mann hielt einen Steinkrug in seiner Hand. Wills sprang nach dem Krug und riß ihn an sich. Mit einem empörten Blick auf den Kender stellte er ihn auf den Kaminsims, außer Reichweite des Kenders.

»Sonst noch etwas, mein Herr?« fragte Wills und starrte bedeutungsvoll auf den Kender. »Soll ich hierbleiben und die Sachen im Auge behalten?«

Gunther wollte gerade antworten, als der alte Mann lässig abwinkte.

»Ja, vielen Dank, mein guter Mann. Bring uns noch mehr Bier. Aber bring uns nicht dieses verwässerte Zeug für die Diener!« Der alte Mann blickte Wills streng an. »Zapf das Faß an, das in der dunklen Ecke an der Kellertreppe steht. Weißt du --- das Faß mit den vielen Spinnenweben.«

Wills starrte ihn mit offenem Mund an.

»Nun, mach schon. Steh hier nicht so rum mit offenem Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er ist ein bißchen dämlich, oder?« fragte der alte Mann Gunther.

»N...nein«, stotterte Gunther. »Es ist alles in Ordnung. Wills, ich...ich glaube, ich habe auch einen Krug... von... von dem Bier aus dem Faß an der... äh... Treppe. Woher weißt du das?« fragte er den alten Mann argwöhnisch.

»Oh, er ist ein Magier«, sagte der Kender, zuckte die Schultern und setzte sich, ohne daß man ihn aufgefordert hätte.

»Ein Magier?« Der alte Mann sah sich um. »Wo?«

Tolpan flüsterte etwas und stieß den alten Mann an.

»Wirklich? Ich«, sagte er. »Was du nicht sagst! Wie bemerkenswert. Nun, wo du das so sagst, fällt mir ein Zauberspruch ein... Feuerkugel. Wie ging der noch mal?«

Der alte Magier begann seltsame Worte zu sprechen. Beunruhigt sprang der Kender vom Sitz und ergriff den alten Mann.

»Nein, Alter«, sagte er und zog ihn zu einem Stuhl. »Nicht jetzt!«

»Vermutlich nicht«, sagte der alte Mann verträumt. »Aber trotzdem, ein wundervoller Zauber...«

»Da bin ich mir sicher«, murmelte Gunther völlig verwirrt.

Dann schüttelte er den Kopf und wurde wieder streng. »Nun, erklärt euch. Wer seid ihr? Warum seid ihr hier? Wills sagte etwas von einer Kugel der Drachen...«

»Ich bin...«, der Magier stockte und blinzelte.

»Fizban«, sagte der Kender seufzend. Er erhob sich und streckte Gunther höflich seine kleine Hand entgegen. »Und ich bin Tolpan Barfuß.« Er setzte sich wieder. »Oh«, sagte er und sprang auf. »Fröhliche Weihnachten, Herr Ritter.«

»Ja, ja«, nickte Gunther geistesabwesend. »Was ist mit der Kugel der Drachen?«

»Ah, ja, die Kugel der Drachen!« Der verwirrte Ausdruck verschwand aus Fizbans Gesicht. Er starrte Gunther mit scharfen, listigen Augen an. »Wo ist sie? Wir haben einen weiten Weg auf der Suche nach ihr hinter uns.«

»Das kann ich euch leider nicht sagen«, antwortete Gunther kühl. »Wenn wirklich solch ein Ding hier wäre...«

»Oh, sie war hier«, entgegnete Fizban. »Sie wurde dir von einem Ritter der Rose gebracht, einem gewissen Derek Kronenhüter. Und Sturm Feuerklinge war mit ihm.«

»Das sind Freunde von mir«, erklärte Tolpan, als er Gunthers Kiefer heruntersacken sah. »In der Tat war ich dabei, als wir die Kugel holten«, fügte der Kender bescheiden hinzu. »Wir nahmen ihn von einem bösen Zauberer in einem Eispalast fort. Es ist eine der schönsten Geschichten...« Er beugte sich eifrig vor.

»Möchtest du sie hören?«

»Nein«, sagte Gunther und starrte die beiden verwundert an.

»Und wenn ich diese Lügengeschichte glauben soll – wartet -«

Er sank in einen Stuhl. »Sturm sagte etwas über einen Kender. Wer waren die anderen in eurer Gruppe?«

»Flint, der Zwerg, Theros, der Schmied, Gilthanas und Laurana...«

»Das muß stimmen!« rief Gunther aus, dann runzelte er die Stirn. »Aber er hat nie einen Magier erwähnt...«

»Oh, das liegt daran, weil ich tot bin«, erklärte Fizban und legte seine Füße auf den Tisch.

Gunther riß seine Augen auf, aber bevor er antworten konnte, trat Wills ein. Nachdem er Tolpan finster angestarrt hatte, stellte er die Krüge vor seinem Herrn auf den Tisch.

»Drei Krüge, hier, Herr. Und einer auf dem Kamin ergibt vier. Und es sollten vier da sein, wenn ich wiederkomme!«

Er verließ das Zimmer und schloß die Tür mit einem Knall.

»Ich werde auf sie aufpassen«, sagte Tolpan feierlich. »Hast du ein Problem mit Leuten, die Krüge stehlen?« fragte er Gunther.

»Ich... nein... tot?« Gunther hatte das Gefühl, daß ihm die Situation völlig entglitt.