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Gnomschleudern

Eines sollte man nicht vergessen! Weder ein lebender noch ein toter Gnom hat in seinem ganzen Leben je einen Satz zu Ende gesprochen. Denn die einzige Möglichkeit, etwas in Erfahrung zu bringen, besteht darin, sie zu unterbrechen.

Man sollte sich keine Sorgen machen, unhöflich zu wirken. Sie erwarten es!

Der alte Magier wurde selbst durch das Erscheinen eines in eine lange braune Robe gekleideten Gnomen unterbrochen, der auf sie zukam und sich respektvoll verbeugte.

Tolpan musterte den Gnom mit aufgeregter Neugierde – der Kender hatte niemals zuvor einen Gnom gesehen, obwohl die alten Legenden über den Graustein von Gargat darauf verwiesen, daß die beiden Rassen entfernt miteinander verwandt waren. Sicherlich war etwas Kenderhaftes in dem jungen Gnom seine schlanken Hände, sein eifriger Gesichtsausdruck und seine scharfen, hellen Augen, denen nichts entging. Aber hier endete auch die Ähnlichkeit. Der Gnom hatte nichts von der gelassenen Art der Kender. Er war nervös, ernsthaft und benahm sich sehr geschäftsmäßig.

»Tolpan Barfuß«, sagte der Kender höflich und streckte seine Hand aus. Der Gnom nahm Tolpans Hand, musterte sie aufmerksam, und als er nichts Interessantes entdecken konnte, schüttelte er sie müde. »Und das...«, wollte Tolpan Fizban vorstellen, stockte aber, als der Gnom die Hand ausstreckte und ruhig den Hupak des Kenders an sich nahm.

»Ah...«, sagte der Gnom, seine Augen glänzten, während er die Waffe ergriff. »Rufe​ein​Mitglied​der​Waffengilde...«

Der Wachmann am Eingang zum großen Berg wartete nicht darauf, daß der Gnom seinen Satz beenden würde. Er zog an einem Hebel, und ein Kreischen ertönte. Tolpan wirbelte herum, um sich zu verteidigen.

»Pfeife«, sagte Fizban. »Gewöhn dich lieber daran.«

»Pfeife?« wiederholte Tolpan fasziniert. »So etwas habe ich noch nie gehört. Da kommt Rauch! Wie funk... He! Komm zurück! Gib mir meinen Hupak wieder!« schrie er, als sein Stab den Korridor davoneilte, getragen von drei eifrigen Gnomen.

»Im​untersuchungskammer«, sagte der Gnom, »bei​Skimbosch...«

»Was?«

»Im Untersuchungskammer«, übersetzte Fizban. »Den Rest habe ich nicht verstanden. Du mußt wirklich langsamer sprechen«, sagte er und fuchtelte mit seinem Stab vor dem Gnom.

Der Gnom nickte, aber seine hellen Augen waren auf Fizbans Stab gerichtet. Als er jedoch sah, daß es sich um einfaches, leicht verbogenes Holz handelt, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Magier und dem Kender zu.

»Außenseiter«, sagte er. »Ich​werde​versuchenken... Ich werde versuchen, daran zu denken, mach dir also keine Sorgen«, sprach er nun langsam und deutlich, »deiner Waffe wird nichts geschehen, da wir nur eine Zeichnung anfertigen wollen...«

»Wirklich?« unterbrach Tolpan geschmeichelt. »Ich könnte dir auch ihre Wirkungsweise vorführen, wenn du möchtest.«

Die Augen des Gnomen erstrahlten. »Das​wäre​wunder...«

»Und jetzt«, unterbrach der Kender wieder, erfreut zu lernen, wie man kommuniziert, »wie heißt du?«

Fizban machte schnell eine Handbewegung, aber zu spät.

»Gnoschoshalla​marionininillisyylphanitdisdisslishxdie...«

Er hielt inne, um Atem zu holen.

»Das ist dein Name?« fragte Tolpan erstaunt.

Der Gnom atmete aus. »Ja«, schnappte er, ein wenig aus der Fassung gebracht. »Das ist mein Vorname, und jetzt laß mich fortfahren...«

»Warte!« schrie Fizban. »Wie nennen dich deine Freunde?«

Der Gnom atmete wieder ein. »Gnoschoshallamarioninillis...«

»Wie nennen dich die Ritter

»Oh«, der Gnom wirkte deprimiert, »Gnosch, wenn du...«

»Danke«, schnappte Fizban. »Nun, Gnosch, wir sind ziemlich in Eile. Es ist Krieg und so weiter. Wie Fürst Gunther in seiner Schrift mitgeteilt hat, müssen wir die Kugel der Drachen sehen.«

Gnoschs kleine dunkle Augen funkelten. Er spielte nervös mit seinen Händen. »Natürlich könnt ihr die Kugel der Drachen sehen, da Fürst Gunther dies gefordert hat, aber darf ich fragen, welches Interesse, außer normaler Neugierde, ihr an der Kugel der Drachen...?«

»Ich bin ein Magier...«, begann Fizban.

»Magier!« wiederholte der Gnom und in seiner Aufregung vergaß er, langsam zu sprechen. »Kommt​hierentlangsofort​zum Untersuchungszimmer da​die​Kugel​der​Drachen​von​Magiern​gemacht​wurde...«

Tolpan und Fizban blinzelten verständnislos.

»Oh, kommt einfach...«, sagte der Gnom ungeduldig.

Bevor sie wußten, was geschah, drängte sie der Gnom – immer noch redend – in den Bergeingang, während er eine unendliche Anzahl von Glocken und Pfeifen in Betrieb setzte.

»Untersuchungszimmer?« fragte Tolpan leise Fizban, während sie hinter Gnosch herliefen. »Was bedeutet das? Sie haben mit ihm doch nichts angestellt, oder?«

»Ich glaube nicht«, murmelte Fizban. »Gunther hatte Ritter als Wache mitgeschickt, vergiß das nicht.«

»Warum machst du dir dann Sorgen?« fragte Tolpan.

»Die Kugeln der Drachen sind seltsame Gegenstände. Sehr mächtig. Meine Furcht ist«, sagte Fizban eher zu sich als zu Tolpan, »daß sie vielleicht versucht haben, sie zu benutzen

»Aber in dem Buch, das ich in Tarsis gelesen habe, steht, daß die Kugel Drachen kontrollieren kann!« flüsterte Tolpan. »Ist das nicht gut? Ich meine, die Kugeln sind nicht bösartig, oder?«

»Bösartig? O nein! Nicht bösartig.« Fizban schüttelte den Kopf. »Das ist eben die Gefahr. Sie sind weder gut noch böse. Sie sind überhaupt nichts! Oder vielleicht sollte ich sagen, sie sind alles

Tolpan erkannte, daß er von Fizban wahrscheinlich keine direkte Antworte erhalten würde, er war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Da er Unterhaltung brauchte, wandte sich der Kender seinem Gastgeber zu.

»Was bedeutet sein Name?« fragte Tolpan.

Gnosch lächelte glücklich. »Am Anfang Schufen Die Götter Die Gnome Und Einer Der Ersten, Den Sie Schufen, Wurde Gnosch Eins Genannt, Und Das Sind Die Bemerkenswerten Ereignisse In Seinem Leben: Er Heiratete Marioninillis...«

Tolpan überfiel ein Schwächegefühl. »Warte«, unterbrach er.

»Wie lang ist dein Name?«

»Er füllt so ein dickes Buch«, antwortete Gnosch stolz und breitete seine Arme aus, »weil wir eine sehr alte Familie sind, wie du sehen wirst, wenn ich fortf...«

»Ist schon in Ordnung«, sagte Tolpan schnell. Da er nicht darauf geachtet hatte, wohin er ging, stolperte er über ein Seil.

Gnosch half ihm auf die Füße. Als Tolpan hochsah, bemerkte er, daß das Seil in ein ganzes Nest von anderen Seilen führte, die miteinander verbunden waren und in alle Richtungen liefen.

Er fragte sich, wohin sie wohl führen würden. Vielleicht in eine andere Zeit.

»Aber es gibt einige sehr gute Stellen«, sagte Gnosch, während sie auf eine riesige Stahltür zugingen, »und einige könnte ich überspringen, wenn du möchtest, beispielsweise die Stelle, als meine Großgroßgroßgroßgroßmutter Gnosch erfand, Wasser zu kochen...«

»Ich würde es sehr gern hören.« Tolpan schluckte. »Aber, die Zeit...«

»Ja, das glaube ich auch«, sagte Gnosch, »und außerdem sind wir jetzt am Eingang zur Hauptkasse, entschuldige mich also bitte...«

Immer noch sprechend griff er nach oben und zog an einer Schnur. Eine Pfeife ertönte. Zwei Glocken und ein Gong klingelten. Und dann begannen sich mit einem fürchterlichen Dampfstoß, der sie fast verbrühte, zwei riesige Stahltüren langsam zu öffnen. Kurz darauf blieben die Türen stehen, und innerhalb von Minuten war der Platz von Gnomen überfüllt, die schrien und zeigten und stritten, wessen Fehler das war.

Tolpan Barfuß hatte bereits im Hinterkopf, was er tun würde, wenn dieses Abenteuer beendet und alle Drachen erschlagen wären (der Kender versuchte positiv zu denken). Zunächst wollte er einige Monate bei seinem Freund Sestun, dem Gossenzwerg, in Pax Tarkas verbringen. Die Gossenzwerge führten ein interessantes Leben, und Tolpan wußte, daß er dort eine recht glückliche Zeit verbringen würde, solange er nicht ihre Gerichte essen müßte.