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Sofort ertönten Glocken und Gongs.

»Jetzt erzähl mir nicht«, sagte Tolpan, dem elend zumute war, »daß das der Alarm dafür ist, wenn das Netz versagt hat.«

»Genau, aber sei unbesorgt, kleiner Scherz«, kicherte Gnosch, »weil der Alarm einen Mechanismus auslöst, das Netz auf Ebene dreizehn zu öffnen, rechtzeitig – huch, ein bißchen spät, nun, da ist ja immer noch Ebene zwölf...«

»Mach etwas!« kreischte Tolpan.

»Reg dich nicht so auf!« erwiderte Gnosch wütend. »Und ich will beenden, was ich sagen wollte über das letzte Notfallsicherungssystem und das ist – oh, da passiert es schon...«

Tolpan beobachtete erstaunt, wie sechs riesige Fässer, die an den Wänden auf Ebene drei hingen, Tausende von Schwämme auf den Boden mitten in der Kammer verschütteten. Dies geschah offensichtlich für den Fall, wenn auf jeder Ebene die Netze versagten. Glücklicherweise funktionierte das Netz auf Ebene neun und breitete sich rechtzeitig unter dem Magier aus.

Dann schloß es sich um ihn und schleuderte ihn über den Balkon, wo die Gnomen, die den Magier fluchen hörten, ihn offensichtlich nur widerstrebend herausließen.

»So ist jetzt also alles in Ordnung, und du bist an der Reihe«, sagte Gnosch.

»Nur noch eine Frage!« schrie Tolpan, während er sich in dem Sitz niederließ. »Was passiert, falls das Notfallsicherungssystem mit den Schwämmen versagt?«

»Genial...«, antwortete Gnosch glücklich, »man kann sehen, ob die Schwämme etwas zu spät herunterkommen, dann ertönt der Alarm, und ein riesiges Faß mit Wasser leert sich aus, und da die Schwämme bereits da sind, ist es ein leichtes, die Schweinerei aufzuwischen...«

Der Maschinist zog den Hebel.

Tolpan hatte jede Menge faszinierender Dinge im Untersuchungszimmer erwartet, aber er fand es – zu seiner Überraschung – fast leer vor. Er wurde von Sonnenlicht erhellt, das durch ein Loch in der Bergwand hereinfiel. (Diese einfache, aber geniale Vorrichtung hatte den Gnomen ein vorbeireisender Zwerg empfohlen, der es ›Fenster‹ nannte; die Gnomen waren recht stolz darauf.) Es gab drei Tische, aber sonst kaum etwas.

Auf dem mittleren Tisch, von Gnomen umgeben, lagen die Kugel der Drachen und Tolpans Hupak.

Die Kugel hatte wieder ihre ursprüngliche Größe erreicht, bemerkte Tolpan interessiert. Sie sah wie sonst aus – immer noch ein rundes Stück Kristall mit einer Art milchigem, buntem Nebel, der im Innern herumwirbelte. Ein junger Ritter von Solamnia stand mit einem außerordentlich gelangweilten Gesichtsausdruck neben der Kugel und bewachte sie. Seine gelangweilte Miene änderte sich unverzüglich beim Eintritt der Fremden.

»Alles​in​Ordnung«, beruhigte Gnosch den Ritter, »das sind die beiden, die Fürst Gunther geschickt hat...« Immer weiterredend, drängte Gnosch sie zum mittleren Tisch. Die Augen des Gnomen strahlten, als er die Kugel betrachtete. »Eine Kugel der Drachen«, murmelte er glücklich, »nach all den Jahren...«

»Was für Jahre?« schnappte Fizban und blieb in einiger Entfernung vom Tisch stehen.

»Verstehst du«, erklärte Gnosch, »jeder Gnom hat eine Lebensaufgabe, die ihm bei Geburt zugeteilt wird, und von da an liegt sein einziger Ehrgeiz darin, diese Lebensaufgabe zu erfüllen, und meine Lebensaufgabe war es, die Kugel der Drachen zu studieren, da...«

»Aber die Kugeln der Drachen waren viele Jahrhunderte in Vergessenheit geraten!« sagte Tolpan ungläubig. »Niemand wußte etwas über sie! Wie kann das denn dann deine Lebensaufgabe sein?«

»Oh, wir wußten von ihnen«, antwortete Gnosch, »weil es schon die Lebensaufgabe meines Großvaters und dann die meines Vaters war. Beide sind gestorben, ohne je eine Kugel der Drachen zu Gesicht bekommen zu haben. Ich habe befürchtet, mir würde das gleiche Schicksal drohen, aber jetzt endlich ist eine gekommen, und ich kann unseren Familienplatz im Leben nach dem Tod einrichten...«

»Du meinst, du kannst nicht zu dem – äh – Leben nach dem Tod kommen, bevor du nicht die Lebensaufgabe erfüllt hast?« fragte Tolpan. »Aber dein Großvater und dein Vater...«

»Haben es wahrscheinlich sehr ungemütlich«, sagte Gnosch traurig, »wo immer sie auch sind... Meine Güte!«

Eine bemerkenswerte Veränderung war mit der Kugel der Drachen vor sich gegangen. Sie begann in vielen verschiedenen Farben zu wirbeln und zu schimmern – als ob sie unruhig geworden wäre.

Fizban murmelte seltsame Worte und näherte sich der Kugel und legte seine Hand auf sie. Sofort färbte sie sich schwarz.

Fizban warf einen Blick in den Raum, sein Gesichtsausdruck war so streng und beängstigend, daß selbst Tolpan vor ihm zurückwich. Der Ritter sprang vor.

»Verschwindet!« brüllte der Magier. »Alle!«

»Mir wurde befohlen, nicht zu gehen, und ich werde auch nicht...« Der Ritter griff nach seinem Schwert, aber Fizban flüsterte einige Worte, woraufhin er zu Boden fiel.

Die Gnomen verließen sofort den Raum, nur Gnosch blieb händeringend und mit schmerzvoll verzerrtem Gesicht im Raum.

»Komm schon, Gnosch!« drängte Tolpan. »So habe ich ihn noch nie erlebt. Wir tun lieber das, was er sagt. Wenn nicht, wird er uns höchstwahrscheinlich in Gossenzwerge verwandeln oder etwas Ähnliches!«

Wimmernd ließ sich Gnosch von Tolpan aus dem Zimmer führen. Als er auf die Kugel der Drachen zurückstarrte, fiel die Tür zu.

»Meine Lebensaufgabe...«, stöhnte der Gnom.

»Ich bin sicher, es wird alles gut«, sagte Tolpan, obwohl er sich nicht sicher war, nicht ganz zumindest. Ihm hatte Fizbans Blick nicht gefallen. In der Tat schien es überhaupt nicht Fizbans Gesicht gewesen zu sein – oder ein Gesicht, das Tolpan zu kennen schien!

Tolpan war eiskalt und hatte einen dicken Knoten in seinem Magen. Die Gnomen murrten untereinander und warfen ihm haßerfüllte Blicke zu. Tolpan schluckte, versuchte den bitteren Geschmack aus seinem Mund zu bekommen. Dann zog er Gnosch zur Seite.

»Gnosch, hast du etwas über die Kugel herausgefunden, als du sie studiert hast?« fragt Tolpan leise.

»Nun«, erwiderte Gnosch nachdenklich, »ich habe herausgefunden, daß im Innern – zumindest scheint es so – etwas ist, denn als ich auf sie starrte und starrte, sah ich die meiste Zeit nichts, und gerade als ich aufgeben wollte, sah ich Worte im Nebel wirbeln...«

»Worte?« unterbrach Tolpan interessiert. »Was für Worte?«

Gnosch schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er ernst, »weil ich sie nicht lesen konnte; niemand könnte es, nicht einmal die Mitglieder der Fremdsprachengilde...«

»Wahrscheinlich Magie«, murmelte Tolpan.

»Ja«, sagte Gnosch eingeschüchtert, »das habe ich auch gedacht...«

Die Tür sprang auf, als ob etwas explodiert wäre.

Gnosch wirbelte verängstigt herum. Fizban stand in der Tür, hielt in einer Hand eine kleine schwarze Tasche und in der anderen seinen Stab und Tolpans Hupak. Gnosch sprang an ihm vorbei.

»Die Kugel!« kreischte er so aufgeregt, daß er tatsächlich einen Satz zu Ende brachte. »Du hast sie!«

»Ja, Gnosch«, antwortete Fizban.

Die Stimme des Magiers klang müde, und als Tolpan ihn näher musterte, sah er, daß er kurz vor einem Zusammenbruch war. Seine Haut war grau, seine Augen eingefallen. Er stützte sich schwer auf seinen Stab. »Komm mit mir, mein Junge«, sagte er zu dem Gnomen. »Und mach dir keine Sorgen. Deine Lebensaufgabe wird sich erfüllen. Aber jetzt muß die Kugel zum Treffen von Weißstein gebracht werden.«

»Mit dir kommen«, wiederholte Gnosch erstaunt, »zum Treffen«, er klatschte vor Aufregung in die Hände, »wo ich vielleicht gebeten werde, einen Vortrag zu halten, glaubst du...«

»Ich würde es zumindest annehmen«, antwortete Fizban.

»Sofort, gib mir nur etwas Zeit, meine Sachen zu packen, wo sind meine Unterlagen...«

Gnosch raste davon. Fizban wirbelte herum, um andere Gnomen zu stellen, die sich hinter ihn geschlichen hatten und eifrig nach seinen Stab griffen. Er knurrte sie dermaßen drohend an, daß sie im Untersuchungszimmer verschwanden.