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»Was hast du herausgefunden?« fragte Tolpan und näherte sich Fizban zögernd. Der alte Magier schien von Dunkelheit umgeben. »Die Gnomen haben mit ihr nichts angestellt, oder?«

»Nein, nein.« Fizban seufzte. »Zum Glück für sie. Denn sie ist immer noch aktiv und mächtig. Viel wird von den Entscheidungen weniger abhängen – vielleicht das Schicksal der Welt.«

»Wie meinst du das? Wird auf dem Treffen keine Entscheidung gefällt werden?«

»Du verstehst nicht, mein Junge«, sagte Fizban sanft. »Sei einen Moment ruhig, ich muß mich ausruhen.« Der Magier setzte sich und lehnte sich gegen die Wand. Er schüttelte den Kopf, dann fuhr er fort: »Ich habe meinen Willen auf die Kugel konzentriert, Tolpan. Oh, nicht um Drachen zu kontrollieren«, fügte er hinzu, als er die aufgerissenen Augen des Kenders sah.

»Ich habe in die Zukunft gesehen.«

»Was hast du gesehen?« fragte Tolpan zögernd, da er wegen der bedrückten Miene des Magiers nicht sicher war, ob er es wirklich wissen wollte.

»Ich sah zwei Straßen, die sich vor uns erstreckten. Wenn wir die einfache nehmen, erscheint sie zunächst als die beste, aber Dunkelheit wird am Ende auftreten, die niemals zu heben sein wird. Wenn wir die andere Straße nehmen, wird sie hart und schwierig zu begehen sein. Es wird das Leben einiger, die wir lieben, kosten, mein Junge. Schlimmer noch, es kann andere ihre Seele kosten. Aber nur durch diese großen Opfer werden wir Hoffnung finden.« Fizban schloß seine Augen.

»Und die Kugel hat damit zu tun?« fragte Tolpan zitternd.

»Ja.«

»Weißt du, was getan werden muß... die d...dunkle Straße nehmen?« Tolpan fürchtete sich vor der Antwort.

»Ja«, erwiderte Fizban leise. »Aber die Entscheidungen darüber liegen nicht in meinen Händen. Das werden andere tun.«

»Ich verstehe«, seufzte Tolpan. »Vermutlich wichtige Leute. Leute wie Könige und Elfenlords und Ritter.« Dann hallten Fizbans Worte in seinem Kopf wider: Das Leben von einigen, die wir lieben...

Plötzlich war Tolpans Kehle wie zugeschnürt. Er barg seinen Kopf in seinen Händen. Dieses Abenteuer stellte sich als ganz falsch heraus! Wo war Tanis? Und der liebe alte Caramon? Und die hübsche Tika? Er hatte versucht, nicht an sie zu denken, erst recht seit dem Traum nicht.

Und Flint – ich hätte nicht ohne ihn gehen dürfen, dachte Tolpan verloren. Er könnte sterben, er könnte gerade jetzt sterben! Das Leben von einigen, die du liebst. Ich habe nie daran gedacht, daß einer von uns sterben könnte – nicht wirklich!

Aber jetzt sind wir alle irgendwo verstreut. Und die Dinge entwickeln sich sehr schlecht!

Tolpan spürte Fizbans Hand seinen Haarzopf streicheln, seine einzige große Eitelkeit. Und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich der Kender einsam und allein und verängstigt. Der Griff des Magiers wurde auf liebevolle Weise fester. Er vergrub sein Gesicht in Fizbans Ärmel und begann zu weinen.

Fizban streichelte ihn sanft. »Ja«, wiederholte der Magier, »wichtige Leute«.

6

Das Treffen von Weißstein. Eine wichtige Person

Das Treffen von Weißstein fand am achtundzwanzigsten Dezember statt, an einem Tag, der in Solamnia als der Tag des Hungers bekannt war, in Erinnerung an die Leiden der Menschen im ersten Winter nach der Umwälzung. Fürst Gunther fand diesen Tag, der sich durch Fasten und Meditation auszeichnete, für dieses Treffen angebracht.

Es war nun schon einen Monat her, daß die Armee nach Palanthas aufgebrochen war. Die Nachrichten, die Gunther erhielt, waren nicht gut. Ein Bericht hatte ihn früh am Morgen des Achtundzwanzigsten erreicht. Nachdem er ihn zweimal gelesen hatte, seufzte er schwer und runzelte die Stirn, dann schob er den Brief in seinen Gürtel.

Das Treffen von Weißstein hatte erst kurz vorher begonnen, eine Versammlung, die durch die Ankunft der Flüchtlingselfen im südlichen Ergod und das Auftauchen der Drachenarmeen im nördlichen Solamnia noch dringlicher wurde. Da dieses Treffen schon einige Monate zuvor geplant worden war, waren alle Mitglieder, sowohl die stimmberechtigten als auch die beratenden, anwesend. Die stimmberechtigten Mitglieder waren die Ritter von Solamnia, die Gnomen, die Hügelzwerge, die dunkelhäutigen, seefahrenden Bewohner des nördlichen Ergods und ein Vertreter der im Exil lebenden solamnischen Bevölkerung von Sankrist. Beratende Mitglieder waren die Elfen, die Bergzwerge und die Kender. Diese Mitglieder durften zwar ihre Meinung äußern, aber nicht abstimmen.

Das erste Treffen war jedoch nicht gut verlaufen. Einige der alten Fehden und Feindlichkeiten zwischen den vertretenen Rassen waren aufgeflammt. Arman Kharas, Vertreter der Bergzwerge, und der Hügelzwerg Dunkan Hammerfels mußten an einem Punkt mit Gewalt zurückgehalten werden, oder es wäre wieder Blut geflossen. Alhana Sternenwind, Vertreterin der Silvanesti in Abwesenheit ihres Vaters, hatte sich geweigert, während der ganzen Sitzung auch nur ein Wort zu sagen. Alhana war nur wegen Porthios, von den Qualinesti, gekommen. Sie befürchtete eine Allianz zwischen den Qualinesti und den Menschen und war entschlossen, das zu verhindern.

Alhana brauchte sich aber keine Sorgen zu machen. So groß war das Mißtrauen zwischen Menschen und Elfen, daß sie nur aus Höflichkeit miteinander sprachen. Nicht einmal Fürst Gunthers leidenschaftliche Rede, in der er erklärte, »Unsere Einigkeit begründet den Frieden, unsere Spaltung beendet die Hoffnung!«, hinterließ einen Eindruck.

Porthios' Antwort darauf war, den Menschen die Schuld für das Wiederauftauchen der Drachen zu geben. Die Menschen sollten sich also selbst aus diesem Unglück befreien. Kurz nachdem Porthios seine Position klargemacht hatte, erhob sich Alhana hochmütig und verließ den Saal, hinterließ bei den anderen Versammelten keine Zweifel an der Position der Silvanesti.

Der Bergzwerg Arman Kharas hatte erklärt, daß sein Volk erst dann zur Hilfe bereit wäre, wenn der Streitkolben von Kharas gefunden worden sei, um die Bergzwerge zu vereinigen.

(Niemand wußte zu der Zeit, daß die Gefährten den Streitkolben bald zurückbringen würden.) Gunther war also gezwungen, das Hilfsangebot der Zwerge mit Vorbehalt zu sehen. Die einzige Person, die wirklich Hilfe anbot, war Kronin Distelknot, der Führer der Kender. Da es das Letzte war, was irgendein zurechnungsfähiges Land wollte, nämlich die »Hilfe« einer Kenderarmee, wurde dieses Angebot mit einem höflichen Lächeln entgegengenommen, während man hinter Kronins Rücken entsetzte Blicke tauschte.

Das erste Treffen löste sich also auf, ohne daß viel erreicht wurde.

Gunther setzte in dieses zweite Treffen höhere Hoffnungen.

Die Entdeckung der Kugel der Drachen stellte natürlich alles in ein helleres Licht. Vertreter beider Elfengruppen waren gekommen. Sogar die Stimme der Sonnen war dabei und hatte einen Menschen mitgebracht, der sich als Kleriker von Paladin bezeichnete. Gunther hatte von Sturm bereits eine Menge über ihn gehört und freute sich darauf, ihn kennenzulernen. Gunther war sich aber nicht sicher, wer die Silvanesti vertreten würde.

Vermutlich der Fürst, der während des geheimnisvollen Verschwindens von Alhana Sternenwind zu ihrem Regenten ernannt worden war.

Die Elfen waren zwei Tage zuvor in Sankrist angekommen.

Ihre Zelte standen draußen auf den Feldern, farbenfrohe Flaggen flatterten gegen den grauen, stürmischen Himmel. Weitere Rassen wurden nicht erwartet. Man hatte nicht die Zeit gehabt, eine Botschaft an die Bergzwerge zu senden, und von den Hügelzwergen hieß es, daß sie gegen die Drachenarmeen um ihr Leben kämpften; kein Bote konnte sie erreichen.

Gunther hoffte, daß dieses Treffen Menschen und Elfen im großen Kampf gegen die Drachenarmeen vereinigen würde.

Aber seine Hoffnungen wurden zerschlagen, noch bevor die Versammlung begann.

Nachdem er den Bericht über die Armee in Palanthas studiert hatte, verließ Gunther sein Zelt, um die Lichtung von Weißstein zum letzten Mal zu begutachten. Aber Wills, sein Gefolgsmann, kam ihm hinterhergerannt.