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»Du«, Fizban sah den Kender an, als ob er ihn noch nie gesehen hätte, »gehst zu dem armen Burschen.« Er zeigte mit einer Hand zum Gnomen, der immer noch ohnmächtig war.

Mit zitternden Knien ging Tolpan langsam zu Gnosch, kniete sich neben ihn, erfreut, etwas anderes als diese wütenden Gesichter zu sehen.

»Gnosch«, flüsterte er schwach und streichelte den Gnomen an der Wange, »es tut mir leid. Wirklich. Ich meine, wegen deiner Lebensaufgabe und der Seele deines Vaters und alles. Aber es schien nichts anderes möglich zu sein.«

Fizban drehte sich langsam um und musterte die versammelte Gruppe, während er seinen Hut nach hinten schob. »Ja, ich werde euch jetzt eine Lektion erteilen. Ihr habt es verdient, jeder einzelne von euch, also sitzt jetzt nicht herum mit selbstgerechten Blicken. Dieser Kender«, er zeigte auf Tolpan, der zusammenzuckte, »hat mehr Verstand unter diesem lächerlichen Zopf als ihr alle zusammen. Wißt ihr, was mit euch geschehen wäre, wenn der Kender nicht so viel Mut gehabt hätte, das zu tun, was er getan hat? Wißt ihr das? Nun, ich sage es euch. Ich will mich nur hinsetzen...« Fizban sah sich geistesabwesend um.

»Ah ja, da...« Zufrieden nickend setzte sich der alte Magier auf den Boden und lehnte seinen Rücken an den heiligen Weißstein!

Die versammelten Ritter keuchten erschrocken auf. Gunther sprang hoch, entsetzt über diese Entweihung.

»Kein Sterblicher darf den Weißstein berühren!« schrie er.

Fizban drehte langsam seinen Kopf, um den wütenden Ritter zu mustern. »Noch ein Wort«, verkündete der alte Magier feierlich, »und dein Schnurrbart fällt ab. Jetzt setz dich hin und halt den Mund!«

Eine Geste des alten Mannes brachte Gunther zum Schweigen. Der Ritter konnte nur noch zu seinem Platz zurückkehren.

»Wo war ich stehengeblieben, bevor ich unterbrochen wurde?« knurrte Fizban. Er blickte sich um, und sein Blick fiel auf die zerbrochenen Teile der Kugel. »O ja. Ich wollte euch eine Geschichte erzählen. Einer von euch hätte natürlich die Kugel gekriegt. Und ihr hättet sie genommen – entweder, um sie ›sicher‹ aufzubewahren oder um ›die Welt zu retten‹. Ja, es stimmt, sie ist in der Lage, die Welt zu retten, aber nur, wenn man sie zu gebrauchen versteht. Wer von euch verfügt über das Wissen? Wer hat die Kraft? Die Kugel wurde von den größten und mächtigsten Magiern geschaffen. Von allen mächtigsten – versteht ihr? Sie wurde von den Magiern mit den Weißen Roben und den Schwarzen Roben geschaffen. Sie birgt die Essenz des Bösen und des Guten. Die Roten Roben brachten beide Essenzen zusammen und banden sie mit ihrer Kraft. Nur wenige gibt es heutzutage, die die Macht und die Kraft haben, die Kugel zu verstehen, ihre Geheimnisse zu ergründen und die Herrschaft über sie zu gewinnen. Nur wenige in der Tat«, Fizbans Augen glänzten, »und keiner ist hier anwesend!«

Es herrschte völliges Schweigen, ein tiefes Schweigen, als sie dem alten Magier lauschten.

»Einer von euch hätte die Kugel genommen und sie benutzt, und ihr hättet herausgefunden, daß ihr ins Unglück geraten seid.

Ihr wärt so zerbrochen, so wie der Kender die Kugel zerbrochen hat. Da die Hoffnung nun zerschlagen wurde, kann ich euch sagen, daß nun eine neue geboren ist...«

Ein plötzlicher Windstoß ergriff den Hut des alten Magiers und blies ihn von seinem Kopf. Wütend knurrend kroch Fizban nach vorn, um ihn aufzuheben.

Gerade als sich der Magier vorbeugte, brach die Sonne durch die Wolken. Silber blitzte auf, gefolgt von einem splitternden, ohrenbetäubenden Krachen, als ob sich das Land gespalten hätte.

Halb geblendet vom Licht blinzelten die Anwesenden und erstarrten in Angst und Ehrfurcht vor dem schrecklichen Anblick, der sich ihnen bot.

Der Weißstein war zerbrochen.

Der alte Magier lag vor ihm ausgestreckt, seinen Hut in seiner Hand, seinen anderen Arm über den Kopf gelegt. Über ihm ragte eine lange Waffe aus glänzendem Silber aus dem Stein.

Sie war von dem silbernen Arm eines schwarzen Mannes geworfen worden, der hinüberging, um sich neben sie zu stellen.

Er war von drei Leuten begleitet: einer in Lederrüstung gekleideten Elfenfrau, einem alten weißbärtigen Zwerg und Elistan.

Im gelähmten Schweigen der Menge zog der schwarze Mann die Waffe aus den gesplitterten Resten des Steins. Er hielt sie hoch über seinen Kopf, und die silberne Spitze funkelte hell in der Sonne.

»Ich bin Theros Eisenfeld«, rief der Mann mit dunkler Stimme, »und im letzten Monat habe ich dies geschmiedet!« Er schüttelte die Waffe in seiner Hand. »Ich habe geschmolzenes Silber aus einer Quelle entnommen, die tief verborgen ist im Herzen des Monuments des Silbernen Drachen. Mit dem silbernen Arm, den mir die Götter geschenkt haben, habe ich diese Waffe geschmiedet, so wie es vorausgesagt wurde. Und ich bringe sie euch – allen Völkern auf Krynn -, damit wir uns verbünden und das große Unheil bekämpfen, das uns für ewig in die Dunkelheit bringen will.

Ich bringe euch – die Drachenlanze!«

Damit schleuderte Theros die Waffe tief in den Boden. Aufrecht und glänzend blieb sie zwischen den Splittern der Kugel stecken.

7

Eine unerwartete Reise

»Und jetzt ist meine Aufgabe vollbracht«, sagte Laurana, »ich kann hingehen, wohin ich möchte.«

»Ja«, sagte Elistan langsam, »und ich weiß, warum du gehen willst«. Laurana errötete. »Aber wohin willst du gehen?«

»Silvanesti«, erwiderte sie. »Der letzte Ort, an dem ich ihn sah.«

»Nur ein Traum...«

»Nein, das war mehr als ein Traum«, antwortete Laurana und erschauderte. »Es war Wirklichkeit. Er war dort. Er lebt, und ich muß ihn finden.«

»Meine Liebe, dann solltest du aber lieber hier bleiben«, schlug Elistan vor. »Du hast gesagt, in dem Traum hätte er eine Kugel der Drachen gefunden. Wenn das stimmt, wird er nach Sankrist kommen.«

Laurana antwortete nicht. Unglücklich und unentschlossen starrte sie aus dem Fenster von Fürst Gunthers Schloß, wo sie, Elistan, Flint und Tolpan als seine Gäste wohnten.

Sie hätte mit den Elfen gehen sollen. Bevor diese die Lichtung von Weißstein verlassen hatten, hatte ihr Vater ihr angeboten, mit ihnen zurück ins südliche Ergod zu kommen. Aber Laurana hatte abgelehnt. Obwohl sie es nicht aussprach, wußte sie, daß sie niemals mehr bei ihrem Volk leben würde.

Ihr Vater hatte sie nicht gedrängt, und in seinen Augen sah sie, daß er ihre unausgesprochenen Worte gehört hatte. Elfen werden um Jahre älter, nicht um Tage so wie die Menschen. Bei ihrem Vater schien es, als ob sich die Zeit beschleunigt hätte und er sich veränderte, während sie ihn beobachtete. Sie hatte das Gefühl, als ob sie ihn durch Raistlins Stundenglasaugen sehen würde, und der Gedanke ängstigte sie. Und die Neuigkeiten, die sie ihm mitteilte, vergrößerten nur seine Verbitterung.

Gilthanas war nicht zurückgekehrt. Laurana konnte ihrem Vater auch nicht sagen, wo sich sein geliebter Sohn aufhielt, denn die Reise, die er und Silvara unternahmen, war dunkel und gefahrvoll. Laurana sagte ihrem Vater nur, daß Gilthanas nicht tot war.

»Du weißt, wo er ist?« fragte die Stimme nach einer Pause.

»Ja«, antwortete Laurana, »oder besser – ich weiß, wo er hingegangen ist.«

»Und du kannst darüber nicht sprechen, nicht einmal zu mir seinem Vater?«

Laurana schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein, Stimme, ich kann nicht. Vergib mir, aber wir haben uns geeinigt, als wir uns zu dieser verzweifelten Aktion entschlossen hatten, daß jene von uns, die darüber Bescheid wissen, keinem anderen davon sagen würden. Keinem«, wiederholte sie.

»Du vertraust mir also nicht...«

Laurana seufzte. Ihre Augen wanderten zu dem zersprungenen Weißstein. »Vater«, sagte sie, »du wärst beinahe in den Krieg gezogen... gegen das einzige Volk, das uns helfen könnte...«