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Tanis errötete, als er langsam sein Visier hochschob. »Ist das so offensichtlich?«

Die Frau zuckte die Schultern. »Nicht unbedingt. Der Bart ist sehr gut – ich sollte wohl Halb-Elf sagen. Und der Helm verbirgt deine Ohren. Aber solange du keine Maske aufsetzt, werden dich deine hübschen Mandelaugen verraten. Aber andererseits werden nicht viele Drakonier in deine hübschen Augen sehen, oder?« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, legte einen bestiefelten Fuß auf den Tisch und musterte ihn kühl.

Tanis hörte Caramon kichern.

Sie waren an Bord der Perechon und saßen in der Kapitänskabine dem Kapitän gegenüber. Maquesta Kar-Thon gehörte zu der dunkelhäutigen Rasse, die im nördlichen Ergod lebte. Ihr Volk war seit Jahrhunderten ein Seevolk, und im Volksmund hieß es, daß sie die Sprache der Seevögel und der Delphine beherrschten. Tanis dachte an Theros Eisenfeld, als er Maquesta ansah. Die Haut der Frau glänzte schwarz, ihr lockiges Haar wurde mit einem goldenen Stirnband zusammengehalten. Ihre braunen Augen glänzten wie ihre Haut. Aber an ihrem Gürtel glänzte der Stahl eines Dolches, und derselbe Glanz von Stahl lag in ihren Augen.

»Wir sind hier, um über Geschäftliches zu sprechen, Kapitän Maque...«, Tanis stolperte über den fremden Namen.

»Sicher«, sagte die Frau. »Und nennt mich Maque. Das ist einfacher für uns alle. Es ist gut, daß ihr einen Brief von William Schweinsgesicht habt, sonst würde ich überhaupt nicht mit euch reden. Aber er schreibt, daß ihr anständig seid, und euer Geld gut ist, darum höre ich euch zu. Nun, wohin wollt ihr?«

Tanis wechselte mit Caramon einen Blick. Das war die Frage. Außerdem wußte er nicht, ob er ihr Ziel überhaupt bekanntgeben wollte. Palanthas war die Hauptstadt von Solamnia, während Sankrist ein bekannter Hafen der Ritter war.

»Oh, um der Liebe...«, schnappte Maque, als sie die beiden zögern sah. Ihre Augen funkelten. Sie nahm ihren Fuß vom Tisch und starrte sie grimmig an. »Entweder ihr vertraut mir oder nicht!«

»Sollten wir?« fragte Tanis direkt.

Maque hob ihre Augenbrauen. »Wieviel Geld habt ihr?«

»Genug«, antwortete Tanis. »Laß uns nur soviel sagen, daß wir in den Norden wollen, um das Nordmeerkap herum. Wenn wir bis dahin deine Gesellschaft angenehm finden, können wir Weiterreisen. Ansonsten zahlen wir dich aus, und du läßt uns an einem sicheren Hafen raus.«

»Kalaman«, sagte Maque und machte es sich bequem. Sie wirkte amüsiert. »Das ist ein sicherer Hafen. So sicher wie jeder andere in dieser Zeit. Die Hälfte des Geldes jetzt. Die andere Hälfte in Kalaman. Dann können wir weiter verhandeln.«

»Sichere Fahrt nach Kalaman«, fügte Tanis hinzu.

»Wer kann das sagen?« Maque zuckte die Schultern. »Die Jahreszeit ist rauh für eine Schiffahrt.« Sie erhob sich träge und streckte sich wie eine Katze. Caramon starrte sie bewundernd an.

»Abgemacht«, sagte sie. »Kommt. Ich zeige euch das Schiff.«

Maque führte sie auf das Deck. Das Schiff schien seefest und ordentlich zu sein, soweit Tanis, der von Schiffen überhaupt keine Ahnung hatte, das beurteilen konnte. Ihre Stimme und ihr Verhalten waren beim ersten Gespräch kalt gewesen, aber als sie die beiden auf ihrem Schiff herumführte, taute sie auf.

Das Schiff war ruhig und leer. Die Mannschaft war mit ihrem Schiffsoffizier auf Landgang, erklärte Maque. Die einzige Person, die Tanis an Bord sah, war ein Mann, der ein Segel flickte.

Der Mann sah auf, als sie vorbeigingen, und er riß seine Augen vor Beunruhigung beim Anblick der Drachenrüstung auf.

»Nocesta, Berem«, beruhigte Maque ihn. Sie machte eine Handbewegung und zeigte auf Tanis und Caramon. »Nocesta. Kunden. Geld.«

Der Mann nickte und fuhr mit seiner Arbeit fort.

»Wer ist das?« fragte Tanis leise, als sie auf Maques Kabine zugingen, um den Handel abzuschließen.

»Wer? Berem?« fragte sie und blickte sich um. »Er ist der Steuermann. Ich weiß nicht viel über ihn. Er kam vor einigen Monaten und hat Arbeit gesucht. Nahm ihn als Mädchen für alles. Dann wurde mein Steuermann getötet, bei einer kleinen Auseinandersetzung mit – nun, egal. Aber dieser Bursche stellte sich als verdammt gut am Steuer heraus, besser als sein Vorgänger. Er ist jedoch komisch. Ein Stummer. Spricht nie. Geht nie ans Land. Schrieb seinen Namen in mein Schiffsbuch, sonst hätte ich nicht einmal das gewußt. Warum?« fragte sie, da sie bemerkte, daß Tanis den Mann aufmerksam musterte.

Berem war hochgewachsen und gut gebaut, ein Mann in mittleren Jahren. Sein Haar war grau, sein Gesicht rasiert, braungebrannt und wettergegerbt von den Monaten auf dem Schiff.

Aber seine Augen wirkten jugendlich, hell und klar. Die Hände, die die Nadel hielten, waren glatt und stark, die Hände eines jungen Mannes. Vielleicht Elfenblut, dachte Tanis, aber andererseits deutete nichts anderes darauf hin.

»Ich habe ihn schon einmal gesehen«, murmelte Tanis. »Was meinst du, Caramon? Erinnerst du dich?«

»Ach, komm«, sagte der Krieger. »Im letzten Monat haben wir Hunderte von Leuten gesehen, Tanis. Wahrscheinlich war er einmal in unserer Vorstellung.«

»Nein.« Tanis schüttelte den Kopf. »Ich habe an Pax Tarkas und Sturm gedacht...«

»He, ich habe noch eine Menge Arbeit vor mir, Halb-Elf«, sagte Maquesta. »Entweder kommst du jetzt, oder du kannst weiter einen Burschen anglotzen, der ein Segel flickt.«

Sie kletterte nach unten. Caramon folgte unbeholfen, sein Schwert und seine Rüstung klirrten. Widerstrebend ging Tanis hinterher. Aber als er sich zum letzten Mal nach dem Mann umschaute, musterte der ihn seinerseits mit einem seltsam durchdringenden Blick.

»In Ordnung, du gehst zu den anderen ins Wirtshaus zurück. Ich kaufe Vorräte. Wir werden ablegen, sobald das Schiff startklar ist. Maquesta sagt, in ungefähr vier Tagen.«

»Früher wäre mir lieber«, murrte Caramon.

»Mir auch«, sagte Tanis grimmig. »Es laufen hier verdammt viele Drakonier herum. Aber wir müssen auf die Flut oder so etwas warten. Geh zurück und paß auf, daß alle dort bleiben.

Sag deinem Bruder, er soll sich einen Vorrat von diesen Kräutern anlegen – wir werden lange Zeit auf See sein. Ich bin in einigen Stunden zurück, wenn ich alles erledigt habe.«

Tanis ging durch die überfüllten Straßen von Treibgut. In seiner Drachenrüstung konnte er sich unbehelligt bewegen. Er hätte sie gern abgelegt. Sie war heiß, schwer und kratzte. Und er hatte Schwierigkeiten, die Grüße der Drakonier und Goblins zu erwidern. Ihm wurde allmählich klar, daß die Menschen, von denen sie die Uniformen gestohlen hatten, einen hohen Rang innegehabt haben mußten. Der Gedanke war nicht tröstlich.

Jeden Moment konnte jemand die Rüstung wiedererkennen.

Aber andererseits kam er ohne Rüstung auch nicht weiter.

Heute waren noch mehr Drakonier als sonst auf den Straßen.

Über Treibgut lag eine gespannte Atmosphäre. Die meisten Stadtbewohner blieben in ihren Häusern, und die meisten Geschäfte waren geschlossen – mit Ausnahme der Tavernen. Als er von einem geschlossenen Geschäft zum nächsten ging, begann Tanis sich Sorgen zu machen, wo er die Vorräte für die lange Seereise kaufen sollte.

Während Tanis über dieses Problem nachdachte und dabei in das Fenster eines geschlossenen Ladens starrte, klammerte sich plötzlich eine Hand um seinen Stiefel und riß ihn zu Boden.

Der Halb-Elf schlug mit dem Kopf schwer auf die Pflastersteine auf und war einen Moment vor Schmerzen benommen. Instinktiv trat er nach dem, was an seinen Füßen war, aber die Hände, die ihn immer noch fest im Griff hatten, waren zu stark. Er wurde in eine dunkle Gasse gezerrt.

Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden, und erblickte seinen Angreifer. Es war ein Elf! Seine Kleider waren schmutzig und zerrissen, sein Gesicht von Trauer und Haß verzerrt. Der Elf stand über ihm mit einem Speer in der Hand.