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Sie stand majestätisch und aufrecht in ihrer Rüstung, die man extra für ihre Fahrt nach Palanthas auf Fürst Gunthers Befehl angefertigt hatte. Ihr honigfarbenes Haar floß aus ihrem silbernen Helm hervor. Goldene Verzierungen glitzerten auf dem Brustpanzer, ihr weicher schwarzer Lederrock – der an einer Seite aufgeschlitzt war, damit sie bequemer gehen konnte berührte die Spitzen ihrer Stiefel. Ihr Gesicht war blaß und grimmig, denn die Situation in Palanthas und im Turm selbst war dunkel und schien hoffnungslos.

Sie könnte nach Sankrist zurückkehren. In der Tat war sie dazu aufgefordert worden. Fürst Gunther hatte eine geheime Nachricht von Fürst Alfred erhalten, die Aufschluß über die ausweglose Situation der Ritter gab, und er hatte Laurana den Befehl übermittelt, ihren Aufenthalt zu verkürzen.

Aber sie hatte sich entschieden, zumindest eine Zeitlang zu bleiben. Die Bewohner von Palanthas hatten sie höflich empfangen – sie war immerhin von königlichem Blut, und sie waren von ihrer Schönheit verzaubert. Sie waren auch an der Drachenlanze interessiert und baten, eine in ihrem Museum ausstellen zu dürfen. Als Laurana jedoch die Drachenarmee erwähnte, hatten sie nur mit den Schultern gezuckt und gelächelt.

Dann erfuhr Laurana von einem Boten, was im Turm des Oberklerikers vor sich ging. Die Ritter wurden belagert. Eine Drachenarmee mit Tausenden von Soldaten wartete auf dem Feld. Die Ritter benötigten die Drachenlanzen, entschied Laurana, und sie war die einzige, die ihnen die Waffen bringen und den Gebrauch erklären konnte. Sie ignorierte Fürst Gunthers Befehl, nach Sankrist zurückzukehren.

Die Reise von Palanthas zum Turm war ein einziger Alptraum gewesen. Laurana hatte die Reise in Begleitung von zwei Wagen begonnen, die mit dürftigen Vorräten und den wertvollen Drachenlanzen bepackt waren. Der erste Wagen blieb nur wenige Meilen außerhalb der Stadt im Schnee stecken. Sein Inhalt wurde auf die wenigen Ritter, die mitritten, Laurana, ihre Freunde und den zweiten Wagen verteilt. Auch der zweite Wagen blieb stecken. Immerwieder mußten sie ihn im Schneetreiben freischaufeln, bis er schließlich endgültig festsaß. Nachdem sie die Vorräte und die Lanzen auf die Pferde geladen hatten, gingen die Ritter und Laurana, Flint und Tolpan den restlichen Weg zu Fuß. Sie waren die letzte Gruppe, die durchkam. Nach dem Sturm in der Nacht zuvor – das war Laurana klar, wie allen anderen im Turm – würden keine Vorräte mehr kommen. Die Straße nach Palanthas war nun unpassierbar.

Selbst bei strengster Rationierung blieben den Rittern nur noch für einige wenige Tage Lebensmittel. Die Drachenarmee dagegen schien für den Rest des Winters vorgesorgt zu haben.

Die Drachenlanzen wurden von den erschöpften Pferden abgeladen und auf Dereks Befehl im Hof gestapelt. Einige wenige Ritter musterten sie neugierig, dann ignorierten sie sie. Die Lanzen schienen unhandliche, sperrige Waffen zu sein.

Als Laurana den Rittern schüchtern anbot, sie im Gebrauch der Lanzen zu unterweisen, schnaubte Derek verächtlich. Fürst Alfred starrte aus dem Fenster auf die am Horizont brennenden Lagerfeuer. Laurana wandte sich an Sturm, um ihre Befürchtungen bestätigt zu sehen.

»Laurana«, sagte er leise und nahm ihre kalten Hände, »ich glaube nicht, daß der Fürst sich die Mühe macht, Drachen zu schicken. Wenn wir die Vorratslinien nicht wieder öffnen können, wird der Turm fallen, weil nur noch die Toten übrigbleiben, um ihn zu verteidigen.«

Also würden die Drachenlanzen im Hof ungebraucht, vergessen liegen, ihr strahlendes Silber unter dem Schnee vergraben.

11

Die Neugierde eines Kenders. Die Ritter reiten in die Schlacht

Sturm und Flint machten einen Spaziergang auf den Zinnen, an dem Abend, als Sturm zum Ritter geschlagen wurde, und tauschten ihre Erlebnisse aus.

»Ein Brunnen aus reinem Silber – wie ein Juwel glänzend im Herzen des Drachenberges«, erzählte Flint ehrfürchtig. »Und aus diesem Silber hat Theros die Drachenlanzen geschmiedet.«

»Von allen Dingen hätte ich am liebsten Humas Grabmal gesehen«, sagte Sturm ruhig. Er hielt an, seine Hand ruhte auf der uralten Steinmauer. Fackellicht schien von einem Fenster aus auf sein schmales Gesicht.

»Das wirst du«, sagte der Zwerg. »Wenn die Sache hier erledigt ist, gehen wir zurück. Tolpan hat eine Karte gezeichnet natürlich ist es keine gute Karte...«

Während er weiter über Tolpan murrte, musterte Flint seinen anderen alten Freund mit Sorge. Das Gesicht des Ritters war ernst und melancholisch – für Sturm nicht ungewöhnlich. Aber es lag etwas Neues darin, eine Ruhe, die nicht aus dem Ernst rührte, sondern aus Verzweiflung.

»Wir werden dort zusammen hingehen«, fuhr er fort und versuchte, seinen Hunger zu vergessen. »Du und Tanis und ich. Und der Kender natürlich. Vermutlich auch Caramon und Raistlin. Ich habe es nie für möglich gehalten, daß ich diesen mageren Magier vermissen würde, aber ein Magier könnte jetzt ganz nützlich sein. Aber es ist auch ganz gut, daß Caramon nicht hier ist. Kannst du dir sein Gejammer vorstellen, wenn er ein paar Mahlzeiten ausfallen lassen müßte?«

Sturm lächelte geistesabwesend, seine Gedanken waren weit weg. Als er sprach, war es offensichtlich, daß er kein Wort des Zwerges wirklich gehört hatte.

»Flint«, begann er, seine Stimme war leise und gedämpft, »wir brauchen nur einen warmen Tag, damit die Straße wieder passierbar ist. Wenn dieser Tag kommt, nimm Laurana und Tolpan und bring sie weg. Versprich mir das.«

»Wir sollten hier alle verschwinden, wenn du mich fragst!« schnappte der Zwerg. »Zieh die Ritter nach Palanthas zurück. Die Stadt können wir selbst gegen Drachen verteidigen. Ihre Gebäude sind aus solidem Stein. Nicht wie hier!« Der Zwerg blickte verächtlich zu dem von Menschen gebauten Turm. »Palanthas könnte verteidigt werden.«

Sturm schüttelte den Kopf. »Die Bewohner lassen es nicht zu. Sie interessieren sich nur für ihre wunderschöne Stadt. Solange sie denken, daß man sie verschont, werden sie nicht kämpfen. Nein, wir müssen hierbleiben.«

»Du hast aber keine Chance«, argumentierte Flint.

»Doch, haben wir«, erwiderte Sturm, »wenn wir aushalten können, bis die Versorgungslinien wieder eingerichtet sind. Wir haben hier genügend Männer. Darum hat die Drachenarmee noch nicht angegriffen...«

»Es gibt noch einen anderen Weg«, ertönte eine Stimme.

Sturm und Flint drehten sich um. Das Fackellicht fiel auf ein ausgemergeltes Gesicht, und Sturms Miene verhärtete sich.

»Welchen Weg meinst du, Fürst Derek?« fragte Sturm mit bewußter Höflichkeit.

»Du und Gunther glaubt, mich besiegt zu haben«, sagte Derek, die Frage ignorierend. Seine Stimme war leise und bebte vor Haß, als er Sturm musterte. »Aber das habt ihr nicht! Durch eine heldenhafte Tat werde ich die Ritter in meiner Hand haben« – Derek streckte seine gepanzerte Hand aus – »und dann seid ihr beide erledigt!« Langsam ballte er sie zur Faust.

»Mir will scheinen, daß unser Krieg hier angesichts der Drachenarmee beendet ist«, sagte Sturm.

»Komm mir nicht mit diesem selbstgerechten Gequatsche!« knurrte Derek. »Genieße deine Ritterschaft, Feuerklinge. Du hast genug dafür bezahlt. Was hast du der Elfenfrau für ihre Lügen versprochen? Heirat? Eine ehrenwerte Frau aus ihr zu machen?«

»Ich darf gemäß des Maßstabs nicht gegen dich kämpfen, aber ich brauche nicht anzuhören, wie du eine Frau beleidigst, die sowohl gut als auch mutig ist«, sagte Sturm und drehte sich auf dem Absatz um, um zu gehen.

»Läufst du immer vor mir weg!« schrie Derek. Er sprang nach vorn und faßte nach Sturms Schulter. Sturm wirbelte wütend herum, seine Hand lag an seinem Schwert. Derek griff nach seiner Waffe, und einen Moment lang sah es aus, als wäre der Maßstab vergessen. Aber Flint legte seine Hand auf die seines Freundes, um ihn zurückzuhalten. Sturm holte tief Atem und nahm sie vom Schwertknauf.

»Sag, was du zu sagen hast, Derek!« Sturms Stimme bebte.

»Du bist erledigt, Feuerklinge. Morgen führe ich die Ritter in die Schlacht. Kein Herumschleichen mehr in diesem elenden Steingefängnis. Morgen abend wird mein Name zur Legende werden!«