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»Wir gehen unten. Sehen Großbulp!« gab Bupu wichtigtuerisch zurück. Daraufhin traten die Gossenzwerge murrend und fluchend zurück.

Aber Raistlin konnte sich einen Moment nicht bewegen. Er griff hustend an seine Brust, der Klang echote beunruhigend in der Stille der engen Röhre. Bupu sah ihn besorgt an, dann schob sie ihre kleine Hand in ihren Beutel, suchte eine Zeitlang und hielt dann einen Gegenstand ans Licht. Sie blinzelte ihn an, seufzte und schüttelte den Kopf. »Das nicht, was ich will!« Tolpan, der den aufblitzenden farbenprächtigen Brillanten erblickte, kroch näher. »Was ist das?« fragte er, obwohl er es bereits wußte. Auch Raistlin starrte mit aufgerissenen, glänzenden Augen auf den Gegenstand. Bupu zuckte die Schultern. »Schöner Stein«, sagte sie uninteressiert und suchte weiter in ihrer Tasche. »Ein Edelstein!« zischte Raistlin.

Bupu strahlte ihn an. »Du magst?« fragte sie Raistlin. »Sehr gern!« Der Magier keuchte.

»Du behalten.« Bupu legte den Juwel in seine Hand. Dann holte sie mit einem triumphierenden Aufschrei hervor, was sie eigentlich gesucht hatte. Tolpan, der noch näher kam, um das neue Wunder zu sehen, zog sich voller Ekel zurück. Es war eine tote – sehr tote – Echse. Um den steifen Hals der Echse war ein abgekautes Lederband geschlungen. Bupu hielt sie Raistlin entgegen.

»Du um Hals«, sagte sie. »Gegen Husten.«

Der Magier, der an weit unangenehmere Dinge gewöhnt war, lächelte Bupu an und bedankte sich, aber lehnte die Kur ab und versicherte ihr, daß sein Husten sich schon sehr gebessert hätte. Sie sah ihn zweifelnd an, aber es schien ihm tatsächlich besser zugehen – der Hustenanfall war vorüber. Nach einem Moment zuckte sie die Achseln und verstaute die Echse wieder im Sack. Raistlin untersuchte fachkundig den Edelstem. Dann blickte er Tolpan kalt an. Der Kender seufzte und setzte seinen Weg durch die Röhre fort. Raistlin ließ den Stein in eine seiner geheimen Taschen gleiten, die in seinem Gewand eingenäht waren.

Als sie auf eine Nebenröhre stießen, sah Tolpan fragend zur Zwergin. Bupu wies zögernd nach Süden, in die neue Röhre. »Es ist stei...«, keuchte er, als er nach unten rutschte. Er versuchte, den Fall zu verlangsamen, aber der Schleim war zu glitschig. Caramons Fluch von hinten ließ den Kender erkennen daß seine Gefährten das gleiche Problem hatten. Plötzlich erblickte Tolpan ein Licht vor sich. Offenbar endete der Tunnel -aber wo? Tolpan hatte die lebhafte Vision, aus einer Höhe von dreihundert Metern ins Nichts hinauszuplatzen. Das Licht wurde heller, und Tolpan schoß mit einem leisen Schrei aus der Röhre.

Raistlin fiel aus der Röhre und fast auf Bupu. Der Magier sah sich um und dachte einen Moment, er wäre in ein Feuer gestolpert. Riesige Schwaden weißer Wolken wirbelten im Raum auf. Raistlin begann zu husten und nach Luft zu schnappen. »Wa...?« Flint kam als nächster und fiel auf Hände und Knie. Er spähte durch die Wolke. »Gift?« Er kroch keuchend zum Magier hinüber. Raistlin schüttelte den Kopf, weil er nicht antworten konnte. Bupu drückte den Magier an sich und zog ihn zur Tür.

Goldmond glitt auf dem Bauch aus der Röhre. Flußwind krümmte sich zusammen, um nicht mit Goldmond zusammenzustoßen. Mit lautem Klirren stieß Caramons Schild aus der Röhre. Caramons Rüstung hatte die Fahrt des Kriegers verlangsamt, so daß er aus der Öffnung kriechen konnte. Aber er war völlig zerschlagen und zerkratzt und über und über mit grünem Schleim bedeckt. Als Tanis kam, würgten alle in der pudrigen Luft.

»Was, im Namen des Abgrundes?« fragte Tanis erstaunt und würgte dann auch, als er den weißen Staub einatmete. »Wir müssen hier raus«, krächzte er. »Wo ist dieser Gossenzwerg?« Bupu erschien in der Türöffnung. Sie hatte Raistlin aus dem Raum geführt und winkte nun den anderen zu. Sie traten dankbar in die frische Luft, ließen sich erschöpft auf den Boden fallen - und sahen sich plötzlich in den Ruinen einer Straße. Tanis hoffte inständig, daß sie nicht auf eine Drakonierarmee stoßen würden. Plötzlich sah er auf. »Wo ist Tolpan?« fragte er beunruhigt und stolperte auf die Füße. »Hier bin ich«, antwortete eine elende Stimme.

Tanis wirbelte herum.

Tolpan— zumindest vermutete Tanis das – stand vor ihm. Der Kender war von Kopf bis Fuß in eine dicke weiße, klebrige Substanz gehüllt. Tanis konnte nur noch seine zwei braunen Augen erkennen, die aus der weißen Maske funkelten.

»Was ist denn geschehen?« fragte der Halb-Elf.

Tolpan antwortete nicht. Er zeigte nur nach hinten.

Tanis, der etwas Furchtbares vermutete, rannte an ihm vorbei und spähte vorsichtig durch den verfallenen Türeingang. Die weiße Wolke hatte sich aufgelöst, so daß er nur etwas im Raum erkennen konnte. In einer Ecke - direkt gegenüber der Röhrenöffnung – standen viele große, zum Bersten volle Säcke. Zwei von ihnen waren aufgeschnitten, und eine weiße Masse hatte sich auf dem Boden ausgebreitet.

Jetzt verstand Tanis. Er legte eine Hand auf sein Gesicht, um sein Lächeln zu verbergen. »Mehl«, murmelte er.

19

Die zerstörte Stadt. Großbulp Phudge I, der Große

Die Nacht der Umwälzung war für die Stadt Xak Tsaroth eine Nacht des Entsetzens gewesen. Als das glühende Gebirge auf Krynn niederging, wurde das Land in zwei Hälften gespalten. Die uralte und wunderschöne Stadt Xak Tsaroth stürzte an einer Felswand hinunter in eine weite Höhle, die sich durch die riesigen Risse gebildet hatte. Daher war sie nicht mehr sichtbar, und die meisten Leute glaubten, daß die Stadt völlig verschwunden war, vom Neumeer verschlungen. Aber sie existierte weiter; hing an den Höhlenwänden und bedeckte den Boden der Höhle. Auf mehreren Ebenen gab es zerstörte Gebäude. Das Gebäude, in dem die Gefährten gelandet waren und das offenbar einst eine Bäckerei gewesen war, befand sich auf der mittleren Ebene und hing eingeklemmt im Gestein. Wasser aus unterirdischen Flüssen strömte aus dem Fels in die Straße.

Tanis' Blick folgte dem Lauf des Wassers. Es floß mitten durch die zerfallene, gepflasterte Straße, entlang an anderen kleinen Geschäften und Häusern, in denen einst Menschen gelebt hatten und ihrem Tagwerk nachgegangen waren. Als die Stadt einstürzte, waren hohe Gebäude übereinander gekippt und bildeten nun einen groben Bogengang aus zerbrochenen Marmorplatten. Zerstörte Türen und Geschäftsfenster standen weit offen. In der Luft hing der Geruch des Verfalls. Er legte sich schwer auf das Gemüt. Und obwohl die Luft nach unten hin wärmer war als oben, gefror den Gefährten in der düsteren Stimmung das Blut. Keiner sprach. Sie wuschen sich, so gut sie konnten, den Schleim von ihren Leibern (und das Mehl von Tolpan) und füllten dann ihre Wasserschläuche auf. Sturm und Caramon durchsuchten die Umgebung, sahen aber keine Drakonier. Nach einer kurzen Ruhepause erhoben sich die Gefährten und setzten ihren Weg fort.

Bupu führte sie die Straße hinunter in südlicher Richtung, durch den Bogengang aus zerstörten Häusern. Die Straße öffnete sich zu einem Platz - hier flössen die kleinen Straßenbäche zu einem sich in westlicher Richtung bewegenden Strom zusammen.

»Fluß folgen«, erklärte Bupu.

Tanis runzelte die Stirn, als er außer dem Rauschen des Wassers noch ein anderes Geräusch vernahm, das Krachen und Brüllen eines gewaltigen Wasserfalls. Aber Bupu war hartnäkkig. Die Helden wateten also durch den Fluß, wobei sie gelegentlich schenkeltief einsackten. Am Ende der Straße sahen sie endlich den Wasserfall. Der Fluß führte zwischen zerbrochenen Säulen hindurch, um sich dann fast dreihundert Meter tief zum Grund der Höhle zu erbrechen. Dort ruhte der Rest der zerstörten Stadt Xak Tsaroth.

Bei dem schwachen Licht, das durch Spalten in der Höhlendecke filterte, konnte man das Herz der uralten Stadt auf dem Boden der Höhle in verschiedenen Verfallzuständen noch teilweise erkennen. Einige Gebäude schienen fast vollständig intakt zu sein. Andere jedoch waren nichts weiter als Schutt und Asche. Ein eisiger Nebel, der sich durch den Wasserfall bildete, hing über der Stadt. Die meisten Straßen waren zu Flüssen geworden, die sich vereinigten, um weiter im Norden einem tiefen Abgrund zuzufließen. Die Gefährten konnten auch die riesige Kette des Aufzuges erkennen, die weniger als hundert Meter von ihnen entfernt hing.