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»Und?« fragte Tanis und sah auf die beiden Krieger.

»Anscheinend haben wir keine Wahl«, sagte Sturm steif. »Wir stellen uns nicht dem Feind, sondern verstecken uns hinter Gossenzwergen! Früher oder später aber wird die Zeit kommen, und dann werden wir diesen Ungeheuern gegenübertreten!« Er drehte sich auf den Absatz um und ging erhobenen Hauptes los. Die Gefährten folgten.

»Vielleicht machen wir uns unnötige Sorgen.« Tanis kratzte sich den Bart und sah zum Palast zurück, der nun wieder im Nebel verborgen lag. »Vielleicht ist er der einzige Drache auf Krynn - einer, der das Zeitalter der Träume überlebt hat.« »Erinnere dich an die Sterne, Tanis«, murmelte Raistlin. »Die Königin der Finsternis ist zurückgekehrt. Und vergiß ihre Kriegsheere nicht. Und ihre Kriegsheere waren nach dem Hohelied unserer Vorfahren Drachen. Sie ist zurückgekehrt und mit ihr die Drachen.«

»Hier!« Bupu hängte sich an Raistlin und zeigte auf eine Straße, die nach Norden abzweigte. »Dieses Haus!«

»Zumindest ist es trocken«, grummelte Flint. Sie wandten sich nach rechts und ließen den Fluß hinter sich. Der Nebel schloß die Gefährten völlig ein, als sie auf einen weiteren Block zerfallener Häuser stießen. Dieser Teil der Stadt mußte der ärmere Teil von Xak Tsaroth selbst in seinen Glanztagen gewesen sein. Die Gossenzwerge begannen zu jauchzen und zu brüllen, als sie die Straße hinunterliefen. Sturm sah Tanis beunruhigt an.

»Kannst du sie nicht zum Schweigen bringen?« fragte Tanis Bupu. »Damit uns die Drakonier, ich meine die Herren, nicht finden.«

»Pah!« Sie zuckte die Achseln. »Keine Herren. Sie kommen nicht hierher. Angst vor Großbulp.«

Tanis hatte zwar seine Zweifel, aber als er sich umschaute, konnte er keine Drakonier entdecken. Nach seinen Beobachtungen schienen die Echsen ein gut geordnetes militärisches Leben zu führen. Im Gegensatz dazu waren die Straßen dieses Viertels mit Abfall und Schmutz überhäuft. Die verfallenen Häuser barsten vor Gossenzwergen. Männer, Frauen und drekkige zerlumpte Kinder starrten sie neugierig an. Bupu und die anderen verzauberten Gossenzwerge drängten sich um Raistlin und trugen ihn fast:

Die Drakonier waren unbestreitbar klug, dachte Tanis. Sie erlaubten ihren Sklaven, ihr Leben in Frieden zu führen - solange sie nicht aufmuckten. Eine gute Idee in Anbetracht dessen, daß die Gossenzwerge den Drakoniern zahlenmäßig überlegen waren. Obwohl sie im Grunde Feiglinge waren, hatten die Gossenzwerge den Ruf, äußerst unangenehme Kämpfer zu sein, wenn sie sich in die Enge getrieben sahen.

Bupu führte die Gruppe zu einer der dunkelsten, schäbigsten und dreckigsten Gassen, die Tanis je gesehen hatte. Ein fäuliger Dunst entströmte ihr. Die Häuser fielen nach vorn und hielten sich gerade noch aufrecht, wie Betrunkene, die aus einer Taverne stolpern. Während er sich noch umsah, flitzten kleine dunkle Kreaturen aus der Gasse, und die Kinder begannen ihnen hinterherzujagen.

»Abendessen«, kreischte eines und schmatzte mit den Lippen. »Das sind Ratten!« schrie Goldmond entsetzt.

»Müssen wir dahin gehen?« knurrte Sturm und starrte auf die wackeligen Häuser.

»Der Gestank reicht schon, um einen Troll zu Fall zu bringen«, fügte Caramon hinzu. »Und ich würde lieber unter einer Klaue des Drachen sterben als unter einer dieser Bruchbuden.« Bupu zeigte auf das verkommenste Haus in der Gasse.

»Großbulp!«

»Bleib hier und halte Wache, wenn du möchtest«, sagte Tanis zu Sturm. »Ich werde mit dem Großbulp reden.«

»Nein«, knurrte der Ritter und folgte dem Halb-Elf gestikulierend in die Gasse. »Wir bleiben zusammen.« Die Gasse verlief etwa zweihundert Meter nach Osten, bog dann nach Norden ab und endete plötzlich. Vor ihnen erhob sich eine verfallene Ziegelsteinmauer. Der Rückweg war von Gossenzwergen blockiert, die ihnen nachgerannt waren. »Hinterhalt!« zischte Sturm und zog sein Schwert. Aus Caramons Kehle stieg ein tiefes Grollen. Die Gossenzwerge wurden beim Anblick des aufblitzenden kalten Stahls von Panik erfaßt. Sie stolperten und fielen übereinander, wirbelten herum und ergriffen die Flucht.

Bupu starrte Sturm und Caramon voller Abscheu an. Dann wandte sie sich an Raistlin. »Du sie aufhören!« verlangte sie und zeigte auf die Krieger. »Oder nicht Großbulp.«

»Halte dein Schwert zurück, Ritter«, zischte Raistlin, »bis du sicher bist, einen Widersacher gefunden zu haben, der dir ebenbürtig ist.« Sturm blickte Raistlin finster an, und einen Moment lang dachte Tanis, er würde den Magier angreifen, aber dann schob er seine Waffe in die Scheide. »Ich wünschte, ich könnte dein Spiel durchschauen, Magier«, sagte Sturm eisig. »Du warst so versessen darauf, in diese Stadt zu kommen, schon bevor wir von den Scheiben erfuhren. Warum? Worauf bist du aus?« Raistlin antwortete nicht. Er starrte den Ritter mit seinen seltsam goldenen Augen feindselig an, dann flüsterte er Bupu zu: »Sie werden euch nicht mehr belästigen, Kleine.«

Bupu vergewisserte sich, ob die Krieger wirklich eingeschüchtert waren, dann ging sie weiter und klopfte zweimal an die Wand. »Geheimtür«, sagte sie wichtigtuerisch.

Ein zweimaliges Klopfen war die Antwort.

»Signal«, sagte sie. »Dreimal klopfen. Sie uns herein.« »Aber sie hat nur zweimal geklopft...«, kicherte Tolpan. Bupu sah ihn an.

»Psst!« wies Tanis den Kender zurecht.

Nichts passierte. Bupu klopfte stirnrunzelnd noch zweimal. Wieder wurde zweimal zurückgeklopft. Sie wartete. Caramon, dessen Augen auf die Gasse gerichtet waren, begann unruhig von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen. Bupu klopfte wieder zweimal. Die gleiche Antwort. Schließlich brüllte Bupu: »Ich klopfe Codeklopf. Laßt uns rein!«

»Geheimklopf fünfmal«, antwortete eine gedämpfte Stimme. »Ich klopfe fünfmal!« behauptete Bupu wütend. »Laßt uns rein!«

»Du hast sechsmal geklopft.«

»Ich habe achtmal gezählt«, warf eine andere Stimme ein. Bupu donnerte plötzlich mit beiden Händen gegen die Wand. Sie öffnete sich. Bupu spähte hinein. »Ich klopfe viermal. Laßt uns rein!« sagte sie und hob eine geballte Faust.

»Schon gut«, murrte eine Stimme.

Bupu schloß die Tür und klopfte zweimal. Tanis hoffte zutiefst, daß weitere Verspätungen vermieden würden. Er sah den Kender, der sich vor unterdrücktem Lachen kaum halten konnte.

Die Tür öffnete sich wieder. »Kommt herein«, sagte die Wache säuerlich. »Aber das waren keine vier Mal«, flüsterte er Bupu zu. Sie ignorierte ihn und rauschte verächtlich an ihm vorbei, ihren Sack hinter sich herziehend. »Wir sehen Großbulp«, verkündete sie.

»Du nimmst dieses Pack zum Großbulp?« Eine der Wachen keuchte und starrte mit aufgerissenen Augen auf den stämmigen Caramon und den hochgewachsenen Flußwind. Sein Gefährte war zurückgewichen. »Großbulp sehen«, sagte Bupu stolz. Einer der Wächter, der seine Augen unablässig auf die bedrohlich wirkende Gruppe gerichtet hielt, wich in einen stinkenden schmutzigen Korridor zurück, dann fing er zu rennen an und schrie aus vollem Halse. »Eine Armee! Eine Armee ist eingedrungen!« Sie konnten das Echo seiner Schreie im Korridor hören. »Pah!« machte Bupu. »Glup-Phunger-Brut! Kommt! Großbulp sehen.«

Sie bog in den Flur ein. Die Gefährten hörten immer noch die Schreie des Gossenzwergs.

»Eine Armee! Eine Armee von Riesen! Rettet den Großbulp!« Großbulp, Phudge I war ein Gossenzwerg unter Gossenzwergen. Er war beinahe intelligent, ein notorischer Feigling und sollte märchenhaft reich sein. Die Bulpe waren seit langer Zeit die Elitesippe in Xak Tsaroth - oder »Th«, wie sie die Stadt nannten -, seitdem Nulp Bulp eines Nachts sturzbetrunken eine Säule hinuntergefallen war und die Stadt entdeckt hatte. Als er am nächsten Morgen nüchtern erwachte, beanspruchte er sie für seine Sippe. Die Bulpe zogen prompt ein und erlaubten den Sippen Slud und Glup Jahre später gnädigerweise, auch in der Stadt zu leben. Das Leben war gut in der zerstörten Stadt gemessen an den Bedürfnissen der Gossenzwerge. Die Außenwelt ließ sie in Ruhe (da die Außenwelt nicht die leiseste Ahnung hatte, daß sie sich dort aufhielten, und wenn doch, dann hätte sich niemand darum gekümmert). Die Bulpe hatten keine Schwierigkeiten, ihre Herrschaft über die anderen Sippen zu behaupten, in erster Linie darum, weil es ein Bulp (Glung) mit einer wissenschaftlichen Ader gewesen war (gewisse eifersüchtige Mitglieder der Slud-Sippe munkelten, daß seine Mutter ein Gnom gewesen wäre), der den Aufzug mit den zwei riesigen Eisentöpfen entwickelt hatte, die von den vorherigen Stadtbewohnern für Schweineschmalz verwendet worden waren. Der Aufzug versetzte die Gossenzwerge in die Lage, ihre Nahrungssuche zum Urwald oberhalb der versunkenen Stadt auszudehnen, und verbesserte somit weitgehend ihre Lebensbedingungen. Glung Bulp wurde ein Held und einstimmig zum Großbulp erklärt. Seitdem war die Herrschaft über die Sippen bei der Bulp-Familie geblieben.