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Annwyl dachte kurz daran, in Panik zu verfallen, aber das schien ihr ungefähr so nützlich wie sich selbst zu ohrfeigen. Stattdessen nahm sie die Schultern zurück und sah direkt in die dunklen Augen des Drachen.

»Ich habe keine Angst vor dir, nur damit du’s weißt!« Beeindruckend. Sie klang fast, als meinte sie es auch so.

»Ach ja?« Sein Schwanz schnellte hervor, und die gefährlich scharfe Spitze krachte in die Höhlenwand direkt neben ihrem Kopf. Ihr Körper versteifte sich, als Steinsplitter die Seite ihres Gesichts trafen. Er stützte die Spitze eines seiner Flügel an ihrer anderen Seite an die Wand und hielt sie so in Schach. Er beugte sich dicht zu ihr vor, die geblähten Nüstern seiner Schnauze berührten fast ihr Gesicht. »Du solltest aber Angst vor mir haben, meine Schöne. Ich kann dich hier und jetzt in Asche verwandeln.«

Die Bestie hatte nicht unrecht, aber jetzt nützte es nichts mehr, einen Rückzieher zu machen. »Dann tu’s doch, wenn du’s willst.«

Der Blick des Drachen glitt über die gesamte Länge ihres Körpers. Dann atmete er tief ein, die Augen geschlossen, als schnuppere er an einer wirklich guten Mahlzeit … Na, das ist jetzt aber kein tröstlicher Gedanke.

»Niemand hat je etwas nach mir geworfen«, brachte er schließlich heraus, als sich seine dunklen Augen wieder auf sie richteten.

»Tja, du hast es verdient. Du hättest mich vor ihm warnen müssen.«

Fearghus machte einen Schritt rückwärts. Ihr wurde bewusst, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Sie ließ ihn entweichen, als die Bestie noch einen Schritt von ihr zurücktrat. Sie nahm an, er habe beschlossen, sie nicht zu fressen … zumindest heute nicht. »War es wirklich so schlimm, Annwyl?« Seine Wut schien verflogen. Sie fragte sich, wie er das machte. Seinen Zorn zu zügeln. Sie beneidete ihn um diese Fähigkeit.

»Ja. War es.«

»Aber hast du etwas gelernt?«

Verdammter Drache mit seinen verfluchten Lebensweisheiten. »Das ist unerheblich.«

»Annwyl?«

»Na gut. Vielleicht ein bisschen.« Er lachte leise, und Annwyl lächelte wider Willen zurück. »Ich war immer besser als alle, mit denen ich je gekämpft habe.« Nicht, dass sie eine Wahl gehabt hätte. Ihr Vater wusste, dass sie das Kämpfen zu lehren der einzige Weg war, wie sie ihre Kindheit überleben konnte. Ihr Bruder hatte mehr als einmal versucht, sie zu töten, und sie hatte eine Tendenz, Dinge zu sagen, die manche Männer dazu brachten, sie tot sehen zu wollen. Sie nahm allerdings an, dass keiner der Männer – ihr Vater eingeschlossen – erwartet hatte, dass sie eine so gute und brutale Kämpferin werden würde. »Aber dein Ritter: Bei ihm hatte ich das Gefühl, nicht einmal einen zehnjährigen Jungen abwehren zu können.«

Fearghus seufzte. »Warte ab. Er … äh … tut, worum ich ihn gebeten habe.« Sie wollte nicht abwarten. Oder dem Ritter eine Chance geben. Sie fand ihn … beunruhigend. Und das Gefühl mochte sie gar nicht. Und sie hasste ihn dafür, dass er diese Gefühle in ihr auslöste. Sie hasste ihn sehr.

»Sicher?«

»Auf jeden Fall.« Er musterte sie. »Alles klar?« Sie zuckte die Achseln. »Annwyl. Antworte mir.« Ihr Götter, konnte der autoritär sein! Er schrie nicht. Das musste er gar nicht. Und es hatte nichts mit seiner Größe zu tun. Es schickte einen köstlichen kleinen Schauder durch ihren ganzen Körper.

Bei den Göttern, Annwyl! Reiß dich zusammen!

»Ja. Alles klar.« Sie starrte ihn böse an, auch als ihre Wut verraucht war. »Aber ich werde nicht nett sein!«

Der Drache sah sie von oben bis unten an. »Ich glaube nicht, dass ihn das groß kümmern wird.«

Sie verdrehte die Augen. »Vermutlich nicht.« Sie trat von dem Drachen zurück. »Männer sind abscheulich.«

Fearghus konnte nicht fassen, wie wütend sie ihn machte. Er wurde nie wütend. Verärgert? Definitiv. Streng? Absolut. Aber die Beherrschung verlieren? Das tat er einfach nicht. Nie. Bis sie kam. Und es war auch nicht hilfreich, dass sie, wenn sie wütend wurde, diesen Geruch abgab … Moschus vielleicht. Etwas, das ihn ansprach. Er hatte es schon einmal gerochen, als er sie so höllisch geärgert hatte wie nun der Ritter. Er hatte große Mühe gehabt, diesen Geruch zu ignorieren. Doch diesmal gab er nach und genoss ihren Geruch. Ließ ihn durch seine Adern pulsieren. Er weckte alle möglichen Bilder in ihm. Dinge, die er mit ihr tun könnte. Dinge, die sie mit ihm tun könnte. Es war nicht gerade förderlich für seine Entschlossenheit.

Er sah ihr nach. Sah, wie sich ihr festes Hinterteil in den Ledergamaschen bewegte. Er konnte nicht anders. Er versetzte diesem Hinterteil einen Klaps mit seinem Schwanz.

»He!« Sie wirbelte herum und sah den Drachen böse an. »Wofür war das denn?«

Dafür, dass du den tollsten Hintern hast, den ich je gesehen habe. Nein, das sollte er besser nicht sagen.

»Um dich daran zu erinnern, dass du in meiner Höhle bist. Vergiss das nicht.«

Sie hätte wütend sein sollen, grinste aber stattdessen. Interessant. »Ich werde es mir merken.«

Sie starrten einander an. Und wenn Fearghus in seiner menschlichen Gestalt gesteckt hätte, hätte er sie geküsst und alles andere getan, was er sich vorstellen konnte. Doch das konnte er nicht tun. Er würde es nicht tun. Keine Beziehungen mit Menschen. Er hatte seine Entscheidung getroffen. Dabei würde er bleiben. Egal, wie sehr er saugen wollte an diesen … Verdammt! Er musste gehen, bevor er noch etwas Unangemessenes tat. Etwas, das Spaß machte. Aber unangemessen war. »Ist sonst noch was?«

»Nein.«

Gut. Fearghus ging zum Ausgang.

»Aber …«

Fearghus zuckte zusammen und sah zu ihr zurück. »Aber?«

»Na ja, jetzt, wo« – sie räusperte sich –, »wir all das geklärt haben, hatte ich gehofft, wir könnten reden.«

»Reden?« Das lenkte ihn gründlich davon ab, an irgendetwas an ihr lutschen zu wollen. »Worüber?«

»Über alles.«

Hätte Fearghus Augenbrauen gehabt, er hätte sie hochgezogen. Von dem Ritter, den sie für einen Menschen hielt, konnte sie nicht schnell genug wegkommen. Aber sie wollte hier sitzen und mit dem Drachen plaudern, der noch Augenblicke zuvor gedroht hatte, sie zu Asche zu verglühen. Ein seltsames Mädchen.

Vorsichtig drehte er sich um und setzte sich auf die Hinterbeine, sein Kopf kratzte an der Decke. »Na gut … ich denke, das kann ich.«

»Gut!« Eifrig sprang sie auf den Tisch und setzte sich mit überkreuzten Beinen. »Soll ich anfangen?«

»Das wäre vielleicht besser.«

»Wie du wünschst.« Sie verfiel in Schweigen, während sie nachdachte, und er starrte auf ihre Brüste. Sie hatte die Bandagen abgenommen, und er konnte die Konturen ihrer perfekt gerundeten Hügel unter dem Baumwollhemd sehen. Ihr Götter, Fearghus! Reiß dich zusammen!

»Ich weiß etwas. Wie alt bist du?«

»Zweihundertachtundsechzig.«

»Jahre?«

»Aye.«

»Dann sind Drachen also unsterblich?«

»Nein.«

»Aber die Legenden sagen, ihr seid es.«

»Sie irren sich.« Sie forderte ihn auf fortzufahren. Er war es nicht gewohnt, so viel zu reden. »Die ersten Drachen, die Ältesten, waren unsterblich. Aber ein Paar bat die Götter, ihnen Kinder zu schenken. Die Götter willigten ein, aber der Preis war, dass sie ihre Unsterblichkeit verloren. Unsere Linie stammt von ihnen ab.«

Annwyl starrte ihn mit offenem Mund an. »Das ist die süßeste Geschichte, die ich je gehört habe.«

»Wirklich?« Das Mädchen las zu viele Bücher.

»Ja. Sie ist romantisch. Sie gaben ihre Unsterblichkeit auf, um zusammen zu sein und eine Familie zu gründen.«