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»Was meinst du damit?«

»Ich habe gesehen, wie du sie ansiehst, Bruder. Ich bin nicht blind!«

»Nein, aber du bist verrückt. Ich habe kein Interesse an irgendeinem Menschenmädchen.« Wenn er nicht aufpasste, würde er noch an seinen Lügen ersticken. Er wollte dieses Mädchen mehr als das Leben selbst. Er hatte versucht, früher wegzugehen, aber er konnte es nicht. Er musste sie einfach wieder schmecken. Und es erforderte all seine Kraft, sich davon abzuhalten, weiterzugehen, ihr nicht die Kleider vom Leib zu reißen und sich bis zum Morgen in ihr zu vergraben.

»Du hast Angst, dass sie dich keines Blickes mehr würdigt, wenn sie herausfindet, wer ihr Ritter eigentlich ist … ein Drache!« Seine Schwester stand jetzt vor ihm. Ihre blauen Augen bohrten sich in seinen Kopf. »Du begehrst sie, Bruder. Und du willst nicht, dass irgendetwas das aufs Spiel setzt.«

Fearghus sah auf seine Schwester hinab. »Bist du fertig?«

»Aye.«

»Dann hör mir gut zu, Schwester. Ich muss mich nicht vor dir rechtfertigen.« Er beugte sich zu ihr vor. »Du hältst einfach den Mund. Ich werde es ihr sagen, wenn ich so weit bin.«

»Na schön. Aber du solltest hoffen, dass es dann nicht zu spät ist, Bruder.« Sie boxte ihm gegen die Brust – und zwar fest – und ging.

Fearghus seufzte – er hatte zu viele verdammte Frauen in seinem Leben.

Annwyl begann gerade zu essen, als Morfyd wieder hereingestürmt kam. Sie hielt inne und sah die Hexe an. Sah ihr zu, wie sie vor ihr auf und ab ging. »Ist alles in Ordnung, Morfyd?«

Morfyd sah sie an, und Annwyl setzte ihren Löffel ab. Aufgrund des Ausdrucks auf Morfyds zernarbtem Gesicht wollte Annwyl sichergehen, dass sie zur Tür sprinten konnte, wenn nötig.

»Was geht da vor sich zwischen dir und diesem Ritter?«

»Was? Äh … nichts!«

Sie hatte immer gehört, es sei keine gute Idee, eine Hexe zu belügen. »Na ja, er hat mich ein paar Mal geküsst.«

»Und?«

»Und nichts.«

»Sonst ist nichts zwischen euch beiden passiert?«

»Nein.«

»Aber du willst mehr, oder?«

Annwyls Gesicht wurde heiß. Der Feueratem des Drachen hätte es nicht heißer machen können als es in diesem Moment war. »Ich … äh …«

»Annwyl.«

»Ja. Also gut. Ich will mehr.«

»Und warum ist nicht mehr passiert?«

Annwyl zuckte die Achseln.

»Hast du Angst? Ich weiß, er wäre dein Erster.«

»Nein. Ich habe keine Angst.«

»Ist es, weil du ein Kind erwarten könntest? Denn solange du diesen Wein weiterhin trinkst …«

»Nein, nein. Das ist es nicht.« Morfyd erwartete, dass sie weitersprechen würde, doch Annwyl glaubte nicht, die ganze Wahrheit aussprechen zu können. Nicht laut. »Das wirst du nie verstehen.«

»Annwyl, ich bin eine Hexe. Ich verstehe viel mehr als du jemals erfassen könntest. Sag’s mir einfach, bevor du meine Nerven zerfetzt.«

Annwyl sah in diese klaren, blauen Augen und rang die Hände. »Ich …« Sie schluckte. »Ich fühle mich schuldig.«

Morfyd neigte den Kopf. Ihre Brauen zogen sich verwirrt zusammen. »Schuldig? Weshalb?«

Annwyl schloss die Augen und haspelte los, bevor sie den Mut verlor. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, ich betrüge den Drachen.«

Schweigen folgte ihrem Geständnis. Langsam öffnete sie die Augen und stellte fest, dass Morfyd sie immer noch anstarrte. Doch ihr zorniger, verwirrter Ausdruck war fort. Stattdessen lächelte sie. Ein Lächeln von solcher Güte, dass Annwyl spürte, wie sich ihr Herz für die zernarbte Hexe erwärmte.

»Ich will, dass du mir einen Gefallen tust, Annwyl.«

»Jeden.« Und das meinte sie ernst.

»Wenn du den Ritter willst, dann nimm ihn dir.«

Annwyl blinzelte. Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Niemals. »Was?«

»Entschuldige. Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Ich sagte, wenn du ihn willst, dann nimm ihn dir.«

»Aber …«

»Mach dir keine Sorgen um den Drachen. Versprich es mir einfach. Wenn es das ist, was du willst, dann nimm ihn.« Sie streckte die Hand aus und strich Annwyl über die Wange. »Vertrau mir, meine Freundin.«

Annwyl sah Morfyd nach. Ihre Verwirrung wurde von Tag zu Tag größer. Von Minute zu Minute. Von Sekunde zu Sekunde.

Sie schob ihren Stuhl vom Tisch weg, stellte sich langsam auf wacklige Beine. Sie musste den Drachen sehen. Das einzig Beruhigende in ihrem Leben. Er war, was er war, und sie liebte ihn dafür.

Fearghus seufzte, den Kopf in die Klaue gestützt. Wieder einmal.

»Wie oft müssen wir das noch tun?«

»Bis ich es richtig kann.«

»Bist du nicht müde? Du hattest heute Training, oder nicht?«

»Ja. Aber wir machen nur Schwerttraining. Das hier verfeinert meine Reflexe. Und jetzt mach’s noch mal.«

Fearghus seufzte wieder und schwang seinen Schwanz. Dann schwang er ihn zurück. Er hörte sie quieken, aber im Gegensatz zu vorher hörte er nicht ihren hübschen Hintern auf dem Boden auftreffen. »Annwyl?« Er drehte sich um, doch sie war verschwunden. Seine Verwirrung dauerte nur einen Augenblick. Er spürte das Gewicht auf seinem Schwanz. Langsam brachte er seinen Schwanz nach vorn und gab sich Mühe, dabei nicht zu lachen. Die Spitze hatte sich in ihrem Hemd verfangen, und dort hing sie. »Sind wir jetzt fertig?«

Ihr Gesicht nahm eine entzückende puterrote Farbe an. »Ja. Jetzt sind wir fertig.«

»Bist du sicher? Ich meine, wir können auch weitermachen, wenn du willst.«

Sie knurrte ihn an. »Du genießt das, oder, Drache?«

»Ich muss zugeben: Ja, das tue ich.«

»Runter!« Er setzte sie vorsichtig auf dem Boden auf und sah zu, wie sie sich abmühte, sich von seinem Schwanz zu befreien. Am Ende musste sie ihr Hemd ausziehen, und Fearghus holte bebend Luft. Sie trug keine Brustbinden.

Sie musste wirklich damit aufhören, sich in seiner Gegenwart auszuziehen.

»Ich müsste eigentlich schneller sein.«

»Annwyl, du bist müde. Du hattest einen langen Tag. Genau wie ich.«

Annwyl hob eine Augenbraue, während sie das Hemd wieder anzog. »Und was hast du den ganzen Tag gemacht?«

»Viele Dinge. Drachen sind vielbeschäftigte höhere Wesen.«

Annwyl feixte ihn an und verschränkte die Arme vor ihrer üppigen Brust. »Höhere Wesen, was? Das muss nett sein.«

»Du musst nicht neidisch sein. Du bist viel besser als die meisten Menschen.«

Annwyl lachte laut auf. Und Fearghus wurde klar, wie sehr er es liebte, sie lächeln zu sehen. »Na, vielen Dank, o mächtiger Drache!« Sie knickste tief.

»Na, na, Annwyl. Kein Grund zu knicksen. Ein einfaches Kopfnicken und uneingeschränkte Verehrung sind mehr als genug.«

Annwyl mochte Fearghus mit jedem Tag mehr. Irgendwann begann sie, ihn als ihren Drachen zu sehen. Als gehörte die riesige Bestie ihr und nur ihr allein. Das war natürlich lächerlich. Der Drache gehörte niemandem, aber sie fand das Gefühl beruhigend.

Sie lachte jetzt, wenn sie daran dachte, welche Angst sie vor ihm gehabt hatte. Angst vor ihm und seiner ganzen Gattung. Das schien Ewigkeiten her zu sein. Jetzt stellte sie fest, dass sie fast den Tag fürchtete, an dem sie gehen musste. Sie und der Drache sprachen nie davon. Sie sprachen über alles außer ihren Abschied.

Und Annwyl liebte es, mit ihrem Drachen zu sprechen. Sie liebte es, die Geschichte seiner Gattung zu hören. Die Geschichten über seine Familie. Sie liebte es, ihn zu hören. Allein schon der tiefe, grollende Klang seiner Drachenstimme beruhigte sie. Linderte die Wut, die immer direkt unter ihrer Oberfläche brodelte.

»Uneingeschränkte Verehrung? Das ist ziemlich viel verlangt!«

»Du verlangst der Welt auch viel ab.«

Annwyl kicherte, während sie vor dem Drachen niederkniete und ihm ihre Hand entgegenstreckte.