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Er starrte sie einen Moment mit diesem typischen finsteren Blick an – besaß er überhaupt einen anderen Gesichtsausdruck? –, dann schnaubte er. »Du magst vielleicht Prinzessin sein. Aber im Moment bist du eine ohne Kräfte und Klauen.« Er stand auf und machte einige Schritte auf sie zu. »Du bist menschlich. Keine Flügel. Keine Chance, mir zu entkommen. Zum Glück habe ich dich erkannt, sonst hätte ich dich vielleicht zu einer leckeren Mahlzeit gemacht, mit ein bisschen Petersilie. Und Kartoffeln.«

Er machte zwei weitere Schritte auf sie zu, und Rhiannon ignorierte den Schmerz in ihrem Kopf und bewegte sich rückwärts.

»All diese weiche Haut und diese zerbrechlichen Knochen«, sagte er ziemlich schmachtend. »Wir können dich so wehrlos nicht in diese grausame Welt hinausgehen lassen, Prinzessin. Ich muss mich um dich kümmern. Dich beschützen. Genau wie ich es heute tun musste. Wenn ich nicht die Fähigkeiten besäße, die mir meine Mutter vermittelt hat und die ich auf dem Schlachtfeld gelernt habe, hätte ich dich vielleicht nicht heilen können.«

»Ich brauche nichts von dir, Bercelak, Sohn eines Verruchten.«

Er blieb stehen und seine kalten schwarzen Augen sahen ihr unverwandt ins Gesicht. »Da ich genau weiß, dass deine Mutter sich einmal mit meinem Vater vergnügt hat, entschuldige bitte, wenn ich nicht ehrlich beleidigt bin.« Er hob eine Augenbraue. »Wir sind nicht verwandt, oder?«

»Du …« Fassungslos, dass jemand es wagte, so mit ihr zu sprechen, zwang sich Rhiannon auf die Füße. Das Kreischen in ihrem Kopf wurde schlimmer, aber es war ihr egal. Sie würde sich von diesem arroganten Mistkerl nicht so behandeln lassen. Niemand … absolut niemand behandelte sie so.

»Hör mir gut zu, Nichtswürdiger, glaub bloß nicht auch nur für eine Sekunde, dass ich dir nicht das Herz aus deiner wertlosen Haut schneiden und es auf meinem Kopf tragen werde – wie einen Hut!«

Bercelak spie einen Zauber. Flammen explodierten um den Drachen herum und verblassten wieder. Zurück blieb nur seine menschliche Gestalt. Und, oh … bei den dunklen Göttern des Feuers … was für eine menschliche Gestalt! Rabenschwarzes Haar reichte ihm bis über den Rücken und umspielte seine schmalen Hüften. Weil er ein Kampfdrache war, war sein Haar kürzer als das der Könige, die er schützte. Außerdem hatte er Narben. Sehr viele Narben, manche davon an äußerst interessanten Stellen. Eine brutale Narbe saß direkt an seinem Auge. Oh, und seine Augen … schwarz wie seine Haare. Düster und unergründlich starrten sie sie wütend unter schwarzen Brauen hervor an. Aber sein Körper … sie hatte menschliche Körper nie allzu anziehend gefunden. Vor allem nicht die männlichen. Bis jetzt. All diese Muskeln und diese breiten, starken Schultern. Alles an ihm war perfekt. Sein Gesicht, sein Körper. Seine Narben.

Sie starrte ihn an, als er auf sie zumarschierte und sie mit dem Rücken gegen die Höhlenwand drückte. Sie zuckte zusammen, als die Felsen ihr in die weiche menschliche Haut stachen, die sie langsam verabscheute. Sie fühlte sich schwach, wehrlos.

Wie können die Menschen nur so leben?

»Sag mir, Prinzessin, glaubst du wirklich, jemand wird hierher kommen, um dich vor mir zu retten? Ich bin alles, was du hast. Selbst deine Mutter hat dich verlassen.«

»Sie hat mich schon vor sehr langer Zeit verlassen.«

Es schien, als würde daraufhin sein üblicherweise harter Gesichtsausdruck etwas weicher. »Ich weiß. Das hat dir wehgetan.«

Sie lachte kurz und herzlos auf. »Nichts tut mir weh, Nichtswürdiger. Absolut nichts.«

»Wie ist das möglich?« Und aus irgendeinem Grund klang er, als wäre ihm ihre Antwort wirklich wichtig.

»Wenn du aufhörst, etwas zu fühlen, findest du das gar nicht mehr so unmöglich.«

Eine große Hand legte sich an ihre Wange. »Ich habe nicht den Wunsch, dir wehzutun, Prinzessin. Aber ich will, dass du fühlst. Ich will, dass du alles fühlst, wenn du bei mir bist.«

Sie verdrehte die Augen. »O bitte, Nichtswürdiger. Versuch bloß nicht, mich zu verführen!« Indem sie ihm beide Hände gegen die Brust stemmte, schob sie ihn weg und bewegte sich von der Wand weg. »Ich bin kein Kind mehr. Ich wurde von den Besten verführt.« Sie sah an ihm auf und ab. »Von solchen mit königlichem Blut. Und ich muss dir leider sagen, dass es dir da an einigem fehlt.«

Er lehnte sich rückwärts an die Stelle, die sie eben verlassen hatte, die Arme vor seiner prachtvollen Brust verschränkt. »Stört dich mein Mangel an königlichem Blut wirklich?«

»Nein. Er beleidigt mich«, antwortete sie ehrlich. »Bist du das Beste, was meine Mutter zu bieten hat? Ich bin nicht irgendein Stück Abfall, das sie ihrem Lieblingskampfhund hinwerfen kann. Ich bin von königlichem Blut. Die Tochter eines Königs. Um ganz ehrlich zu sein, verdiene ich etwas Besseres als dich. Und jetzt, Nichtswürdiger, wirst du mich zum nächsten Ausgang begleiten.«

Er bewegte sich so schnell, dass sie nicht einmal die Gelegenheit hatte aufzuspringen, geschweige denn davonzulaufen. Seine Hände glitten um ihren Hals und hielten sie fest. Sie dachte, er würde versuchen, das Leben aus ihr herauszupressen – leider wäre das nicht das erste Mal, dass ihr das passierte. Stattdessen ragte er über ihr auf und sah herab in ihr Gesicht. Der Blick aus seinen schwarzen Augen bohrte sich in ihre.

»Wenn ich fertig bin«, sagte seine tiefe Stimme leise, während sein Gesicht immer noch so ungemein … griesgrämig aussah, »wirst du dir kein Leben mehr ohne mich vorstellen können. Du wirst dich nach mir verzehren, wirst mich begehren, wie du nie zuvor in deinem Leben etwas begehrt hast. Du wirst mich vermissen, wenn ich nicht bei dir bin und nach mir verlangen, wenn ich direkt neben dir stehe. Kein anderer Mann wird je wieder gut genug sein. Kein anderer Mann wird es wert sein, diesen Körper zu nehmen und ihm und dir Vergnügen zu bereiten, das du dir höchstens in deinen Träumen ausmalen konntest. Und wenn du kommst und meinen Namen schreist und mich anflehst, dich als mein Eigen bei mir zu behalten, werde ich dich in Besitz nehmen. Und dein Herz und deine Seele werden nur mir gehören. Aber bis dahin, Prinzessin, wirst du nirgendwo hingehen.«

Dann ließ er sie los und ging davon.

Sie wartete, bis er weit genug weg war, dass er sie nicht mehr treffen konnte und sagte: »Ach ja? Du und welche Armee?«

Er blieb stehen und sah sie über seine Schulter hinweg an. Unfähig, seinen Blick zu erwidern, rieb sie sich mit einer Hand die Augen und seufzte. »Das kam jetzt irgendwie ganz falsch raus.«

2

Bercelak ließ den Kuhkadaver auf den Boden fallen und sah ihn nachdenklich an. Wäre Rhiannon ein Drache gewesen, hätte er ihn einfach verbrannt und sie hätten ihn gefressen. Doch da sie ein Mensch war, würde er sich vorerst anpassen müssen. Zumindest bis sie ihre Kräfte zurückbekam.

Also benutzte er vorsichtig seine Krallen, um das Fell des Tieres zu entfernen und warf es beiseite. Dann hängte er das Tier an einem Bratspieß über die Feuerstelle. Er wählte ein paar seiner besten und wertvollsten Kräuter – die er aus den Wüsten von Alsandair bekommen hatte – und würzte das garende Fleisch.

Mit einem Seufzen setzte er sich, um in die Flammen zu sehen und nachzudenken.

Prinzessin Rhiannon war eindeutig so gemein wie er sie in Erinnerung hatte, und das machte sie nur noch begehrenswerter. Das überraschte ihn nicht. Drachenmänner mochten ihre Frauen gern gefährlich. Es machte die Paarung so viel interessanter und intensiver. Aber natürlich ging es ihm langsam auf die Nerven, dass sie ihn ständig »Nichtswürdiger« nannte.

Niemand musste ihn an seinen Vater erinnern.

Die anderen Drachenkrieger, mit denen er kämpfte, verstanden nie, warum Bercelak im Kampf niemals zuckte. Niemals Anzeichen von Furcht oder Panik zeigte. Wenn sie gelebt hätten wie er, hätten sie das auch nicht getan. Aber bis man mitten in der Nacht mit dem Ruf »Wir werden angegriffen!« geweckt und von seinem wohlmeinenden, aber eindeutig wahnsinnigen Vater aus dem Bett geworfen worden war, wusste man nicht, was Angst war.