Выбрать главу

»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«

Ihr Götter!

Was hatte der Mistkerl mit ihr gemacht?

Das musste irgendein Trick sein. Irgendein grandioser Trick, den sie meinte, aus Spaß mit ihm machen zu können. Doch ihr Blick sah so ehrlich aus, und ihre Finger an seinem Gesicht waren sanft und so behutsam.

Ihr Götter, war sie wirklich um sein Wohl besorgt? Um seine Gesundheit? Das musste ein Fortschritt sein. Andererseits sah sie über sich selbst entsetzt aus, weil sie überhaupt gefragt hatte.

»Das wird schon wieder. Ich habe schon Schlimmeres eingesteckt. Wenn man in dieser Familie aufwächst, lernt man, mit Überraschungsangriffen fertig zu werden.«

Sie zog ihre Hand weg. »Gut. Ja, sehr gut.«

Rhiannon versuchte, sich abzuwenden, aber er zog sie wieder zu sich herum. »Wolltest du mich nicht begrüßen?«

»Dich begrüßen?«

Er nickte und beugte sich herab, bis seine Lippen über ihren schwebten. »Jedes Mal, wenn ich von der Verteidigung deines Throns zurückkomme, solltest du mich auf diese Art begrüßen, damit der ganze Hof weiß, dass dir etwas an mir liegt.«

»Mir liegt nichts …« Doch er unterbrach ihre Lüge mit einem Kuss.

Ihr Götter, für jemanden, der nicht viel Zeit als Mensch verbrachte, wusste Rhiannon wirklich, wie man wie einer küsste. Ihre warme Zunge streichelte seine, ihr kehliges Stöhnen ließ seine Selbstkontrolle langsam bröckeln.

Irgendwie riss er sich von ihr los, und Rhiannon sah in unendlicher Frustration zu ihm auf. »Was ist denn jetzt wieder?«

Bercelak zog die dünne Silberkette, die er um den Hals trug, unter seinem Hemd hervor. Der Schlüssel zu Rhiannons Fesseln hing daran. Er schloss das Halsband auf, während sie ihn mit zusammengekniffenen Augen ansah.

»Was soll das? Was hast du vor?«

Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich aufs Bett. »Einer meiner Brüder hat mir gesagt, er habe Nachricht von einem seiner Freunde bei Hof erhalten …« Ihr Götter, wie sollte er ihr das sagen? Er sah in Rhiannons hellblaue Augen. Sie sahen ihn abwartend an. Nein. Es würde keine feinfühligen Worte für seine Frau geben. Sie verdiente nichts als die absolute Wahrheit.

»Bei Hof gehen Gerüchte um, Rhiannon.«

»Gerüchte? Was für Gerüchte?«

»Einige behaupten, deine Mutter will dich töten.«

Sie zuckte die Achseln. »Das wusste ich schon.«

Rhiannon sagte das so lässig. Während seine Sippe nicht in einer Million Leben glauben würde, dass Shalin sie je in irgendeiner Form verletzen könnte, war es für Rhiannon normal, dass ihre Mutter das durchaus tun würde.

»Du gehst viel besser damit um, als ich das getan habe.« Eigentlich war das der Grund für sein blaues Auge gewesen. Sein Bruder hatte ihm die Nachricht überbracht. Er hatte ihn einen Lügner genannt. Sie hatten sich geschubst und gestoßen, sie hatten geschrien, und dann hatte die Schlägerei begonnen. So lange, bis ihr Vater, der keine Kämpfe unter seinen Sprösslingen duldete, eingegriffen hatte. Mit einem Schlag hatte Ailean Bercelaks Raserei beendet und mit einer deftigen Ohrfeige seinen jüngeren Sohn gebändigt.

»Was gibt es damit umzugehen? So ist mein Leben. Immer schon. Mein Vater hat mich vor langer Zeit gewarnt, dass das kommen würde. Deshalb hat er dafür gesorgt, dass ich gut ausgebildet bin.«

»Ausgebildet?«

»Aye. Ob als Mensch oder Drache: Ich kann mit Schwert, Keule, Dolch, Bogen und Peitsche umgehen. Außerdem kenne ich viele Formen des Nahkampfs.« Sie lächelte, und er sah, wie Stolz in ihren Augen aufleuchtete. »Und mit Flammen kann ich Dinge tun, die sogar dich in Staunen versetzen würden.«

Er fragte sich, ob ihr überhaupt bewusst war, dass er immer noch ihre Hände hielt, während sie sprachen. »Sogar mich in Staunen versetzen, was?«

»Na ja … als Kampfdrache musst du viele erstaunliche Dinge gesehen haben.«

Indem er mit dem Daumen über ihre Knöchel streichelte, sagte er: »Nichts, was so erstaunlich wäre wie du, Rhiannon.«

Erschrocken räusperte sie sich und wandte den Blick ab. »Und was soll das ändern?«

»Maelona kennt eine Hexe, die dir vielleicht helfen kann, jetzt, wo du deine vollen Kräfte hast. Morgen werden wir gemeinsam zu ihr gehen.«

»Ich brauche keinen Babysitter, Bercelak. Ich glaube, ich kann auch allein mit einer Hexe reden.«

»Sie ist ein sehr alter Drache, Rhiannon, der sich nicht mehr in einen Menschen verwandelt. Und ich werde dich keiner Gefahr aussetzen.« Alte Drachen konnten ein wenig labil sein. Wenn man sie am falschen Tag erwischte, rissen sie einem ohne Weiteres die Schuppen vom Leib. Und was sie Menschen antaten …

Seufzend nickte sie. »Na gut.«

»Wir brechen morgen früh auf.« Bercelak ließ endlich ihre Hände los, damit er das Fell von ihren Schultern schieben konnte. »Für heute Abend habe ich andere Pläne.«

Sie versuchte, ihr Lächeln zu verbergen, doch es gelang ihr nicht sehr gut. »Und ich frage mich, was das wohl für Pläne sein können.«

8

»Und auch noch ein weißer Drache. Habe schon eine ganze Weile keinen mehr von deiner Sorte gesehen.«

Rhiannon seufzte schwer, hauptsächlich aus Langeweile, während Bercelak vor ihr stand und versuchte, die alte Ziege davon zu überzeugen, ihnen zu helfen.

Donnfhlaidh, ein alter brauner Drache – Ich wusste nicht einmal, dass es die überhaupt noch gibt –, ließ sie nun schon fast eine halbe Stunde warten.

»Herrin«, versuchte es Bercelak noch einmal mit einer Geduld, die Rhiannon inzwischen wohlvertraut war, »wir brauchen wirklich deine Hilfe.«

»Sie kann sich also nicht mehr in einen Drachen zurückverwandeln?«

»Nein.«

»Tja, da kann ich ihr nicht weiterhelfen.«

»Na schön!« Rhiannon war mit ihrer Geduld am Ende. Sie stürmte um Bercelak herum. »Wenn du mir nicht hilfst, finde ich eben jemand anderen, der es tut!«, schrie sie zu ihr hinauf.

Der alte Drache gackerte hysterisch. »Ihr Götter, Bercelak! Weißt du überhaupt, was du dir mit der da antust?«

Rhiannon, der gleichgültig war, dass sie keine schützenden Schuppen hatte, knurrte und stürmte vorwärts. Doch etwas hielt sie hinten am Kleid fest, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass es Bercelaks Schwanzspitze war, die sich in den dicken Stoff eingehakt hatte. Sie sah wütend zu ihm auf und er zwinkerte.

Sie sollte ihn wirklich hassen; nur sah er so majestätisch aus in der vollen Kampfrüstung, die er trug, um die alte Drachenhexe zu beeindrucken. Der metallene Brustharnisch, der dazu diente, nicht nur die Brust des Drachen, sondern auch seinen verwundbaren Bauch während des Kampfes zu schützen, leuchtete im Schein der Feuerstelle. Der von Bercelak trug ein aufwendiges Motiv von vergangenen Schlachten. Die Details der Arbeit zeigten seinen Rang. Und dann waren da noch die Narben, die einen Großteil seines Körpers bedeckten …

Ihr Götter! Was hatte er mit ihr gemacht? Wann war sie zu einem dieser liebeskranken Weibchen geworden? Wie konnte sie das zulassen?

»Herrin, ich bitte dich noch einmal … wirst du uns helfen?«

»Ich kann den Zauber ihrer Mutter nicht ändern, Bercelak. Entweder muss die Königin sterben, oder deine Geliebte wird ihn selbst umkehren müssen.«

»Und wie kann ich das?« Rhiannon seufzte dramatisch.

»Versuch’s damit.« Die alte Hexe warf ihr ein Buch zu. Da es von Drachen geschrieben war, war es riesig, und da Bercelaks Schwanz sie immer noch festhielt, konnte sie sich nur ducken, als es auf ihren Kopf zuflog. Doch eine schwarze Klaue streckte sich aus und fing das Buch in der Luft ab.

»Ah, ich danke dir, Herrin.«

»Behaltet es. Bald werde ich nichts von alledem mehr brauchen.« Die Drachenhexe drehte sich langsam um und ging tiefer in ihre Höhle hinein, doch über die Schulter warf sie ihnen noch zu: »Ihr wisst schon, dass ihr gut zusammenpasst, oder? Du, Prinzessin, gibst ihm die Möglichkeit, nett zu sein und nicht nur ein Mörder. Und Bercelak erlaubt dir, eine echte Zicke zu sein, wann immer du willst.«