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»O, die werden am Nachmittag kommen, ihr werdet's schon sehen,« sagten wir zueinander. »O, wie werden die guten Leutchen naß werden. Das gibt einen Hauptspaß!«

Um ein Uhr kam unsere Wirtin und fragte, ob wir denn heute nicht ausgingen, da es doch so wunderschönes Wetter sei.

»Nein, nein!« gaben wir ihr mit bedeutungsvollem Kichern zur Antwort, »Wir nicht! Wir haben keine Lust, eingeweicht zu werden.«

Und als der Nachmittag nahezu vorüber und noch immer kein Anzeichen von dem prophezeiten Regen zu bemerken war, da versuchten wir uns gegenseitig mit dem Gedanken zu trösten, daß das Gewitter auf einmal hereinbrechen würde, gerade wenn die Leute den Heimweg angetreten hätten, nirgends Schutz finden könnten und somit erst recht in die Patsche kommen würden. Aber es fiel kein Regen; der Tag blieb wunderschön, und eine prächtige sternklare Nacht folgte ihm. Den andern Morgen war zu lesen, daß das Wetter heute warm, schön und beständig sein werde; wir bekleideten uns demgemäß mit unsern leichtesten Anzügen und gingen aus; eine halbe Stunde später fing es an zu gießen wie mit Kübeln und ein schneidend kalter Wind fing an zu blasen, und beides hielt den ganzen Tag über an, so daß wir abends, mit Erkältungen und Rheumatismus behaftet, nach Hause zurückkehrten und schleunigst ins Bett krochen.

Das Wetter ist überhaupt etwas, das über meinen Verstand geht; ich kann es nie begreifen. Das Barometer ist ein nutzloses Instrument; es ist so unzuverlässig wie die Wetterprophezeiungen. In einem Hotel in Oxford, wo ich mich dieses Frühjahr aufhielt, hing so ein Ding und zeigte auf »anhaltend schön« Wetter. Den ganzen Tag hatte es aber keinen Augenblick zu regnen aufgehört, und ich konnte die Sache nicht begreifen. Ich klopfte daran; da sprang das Quecksilber vollends bis auf »sehr trocken«. Als der Hausknecht vorbeiging und mich am Barometer arbeiten sah, meinte er, es wolle wahrscheinlich das Wetter für morgen anzeigen. Ich hingegen war der Ansicht, es wolle das Wetter anzeigen, das wir vor acht Tagen gehabt hätten. Am nächsten Morgen klopfte ich abermals daran, da stieg das Quecksilber noch weit mehr in die Höhe, und dabei regnete es in Strömen. Mittwochs, nachdem ich wieder daran geklopft hatte, stieg der Zeiger bis auf den höchsten Punkt – weit über anhaltend schönes, sehr trockenes und sehr heißes Wetter hinaus, bis ihn der Riegel anhielt, und es überhaupt nicht mehr weiter steigen konnte. Das Instrument tat gewiß sein möglichstes, aber es war eben so eingerichtet, daß es ohne Lebensgefahr das schöne Wetter nicht noch kräftiger anzeigen konnte. Es wollte augenscheinlich noch höher steigen und Dürre, Wassermangel, Sonnenstiche und Wüstenwinde markieren, aber glücklicherweise hinderte es der Riegel daran; daher mußte es sich wohl oder übel begnügen, sein alltägliches »sehr trocken« anzuzeigen. Aber die Regengüsse dauerten inzwischen ununterbrochen fort, und der untere Teil der Stadt wurde durch das Austreten des Flusses unter Wasser gesetzt.

Der Hausknecht meinte, wir würden nächstens einmal lang anhaltendes schönes Wetter bekommen, aber das schöne Wetter kam jenen Sommer überhaupt nicht mehr. Ich glaube, das Instrument wollte das Wetter für das nächste Frühjahr ankündigen.

Dann gibt es noch jene langgestreckten Barometer neuen Stils; aus diesen kann ich nun vollends nicht klug werden. Auf der einen Seite zeigt es das Wetter für zehn Uhr vormittags von gestern, auf der andern für zehn Uhr vormittags von heute an. Aber man kann doch nicht jeden Morgen schon um zehn Uhr am Wetterhäuschen stehen. Es steigt und fällt der Regen oder schönes Wetter mit mehr oder weniger Wind, und wenn man daran klopft, so zeigt es absolut gar nichts an. Und man muß es erst auf die Meereshöhe und auf Fahrenheit reduzieren – und dann gibt es erst recht keine Antwort!

Aber wer braucht denn überhaupt das Wetter voraus zu wissen? Es ist doch in der Regel schlecht genug, wenn es kommt; wozu also schon vorher sich darüber abhärmen? Der liebste Prophet bleibt doch stets so ein alter Mann, der an einem besonders düsteren Morgen, an dem wir fürs Leben gern besonders schönes Wetter haben möchten, zuerst den ganzen Horizont mit kundigem Auge beschaut und uns dann sagt: »O, seien Sie unbesorgt, mein Herr, ich denke, es wird sich schon aufhellen. Es wird wahrscheinlich ganz gutes Wetter werden.« »O, der versteht sich darauf,« sagen wir zueinander, wünschen ihm guten Morgen und ziehen weiter; »Was doch diese alten Leute für gute Wetterpropheten sind!«

Und wir bleiben dem alten Manne wohl zugetan, wenn sich seine Prophezeiung auch nicht bewahrheitet und es vielmehr den ganzen Tag ohne Aufhören regnet. »Ei nun,« denken wir, »er hat ja doch sein möglichstes getan!« Aber dem, der uns schlechtes Wetter richtig prophezeit hat, bewahren wir ein bitteres und rachsüchtiges Angedenken.

»Denken Sie, daß es sich aufhellen wird?« fragt ihr fröhlich im Vorbeigehen.

»Ich glaube kaum, mein Herr,« antwortet er mit Kopfschütteln, »ich glaube im Gegenteil, daß es den ganzen Tag so fortregnen wird.«

»Dummkopf!« murmeln wir in den Bart, »was versteht der vom Wetter!«

Und wenn seine Voraussage eintrifft und wir ihm auf dem Heimweg wieder begegnen, so sind wir noch mehr gegen ihn aufgebracht, fast als ob er etwas dafür könnte, daß es wahr geworden.

Aber es war an diesem Morgen zu klar und sonnig, als daß uns Georgs herzbeklemmende barometrische Vorlesungen über »Barometer fällt – atmosphärische Störung in schräger Linie über Südeuropa hinziehend – Luftdruck verstärkt« usw. groß hätten aufregen können; als er fand, daß er diese seine Absicht nicht erreichte, stibitzte er mir eine Zigarette, die ich mir gerade sorgsam gedreht hatte, unter der Hand weg und ging davon.

Dann schafften Harris und ich, nachdem wir mit dem Frühstück vollends aufgeräumt hatten, unsere Bagage an die Haustür und warteten auf eine Droschke. Es war ein wackerer Haufen Bagage, nachdem alles beieinander lag. Da war der große Gladstone-Koffer und der kleine Handkoffer, die zwei Körbe und eine große Rolle Pelze und Plaids, etwa vier oder fünf Überzieher und Regenmäntel und einige Regenschirme; dann war da noch ein Pack, das aus einer einzigen Melone bestand, die wir ihres großen Umfangs halber nirgends anders hatten unterbringen können, und in einem andern Korb hatten wir noch einige Pfund Trauben; da war ferner ein japanischer papierner Sonnenschirm und eine Bratpfanne, welche wir, da sie zum Einpacken zu groß und lang war, in braunes Packpapier eingewickelt hatten.

Es war nicht zu bestreiten, es war ein recht ansehnlicher Haufen, und Harris und ich schämten uns ein bißchen; zwar kann ich es heute nicht einsehen, warum.

Indessen keine Droschke zeigte sich, dafür aber ein Haufen Gassenjungen, die sich augenscheinlich für die Schaustellung interessierten und dicht bei uns stehen blieben. Biggs Laufbursche war der erste, der herankam. Bigg ist unser Nachbar, der Gemüsehändler, dessen Hauptkunststück darin besteht, sich immer die durchtriebensten Schlingel von Laufburschen, die die heutige Zivilisation ausgebrütet hat, für seinen Dienst anzuwerben. Wenn irgendein Gassenbubenstück in der Nachbarschaft ausgeführt wird, so kann man sicher sein, daß Biggs neuester Laufbursche dabei der Rädelsführer war. Man erzählte, daß bei dem furchtbaren Mord in der Coramstraße man in unsrer Straße sofort darüber einig gewesen sei, daß Biggs damaliger Junge der Hauptbeteiligte bei der Affäre gewesen sein müsse; und wäre er nicht imstande gewesen, sein Alibi beim Kreuzverhör Nr. 19 und Nr. 21, wo er am Morgen nach dem Verbrechen nach Bestellungen anfragen mußte, nachzuweisen, so wäre es ihm gewiß schlecht ergangen. Ich kannte damals Biggs Jungen noch nicht, aber was ich seitdem über ihn gehört habe, hätte mich nicht veranlaßt, seinem Alibi viel Wert beizulegen.