Выбрать главу

»O,« sagt ihr und bleibt am Eingang stehen, »Verzeihung, ich wußte nicht, daß jemand hier sei.«

»O,« sagt Emilie in ihrem kühlsten Tone, der euch deutlich zu verstehen gibt, daß sie euch nicht glaubt; »Sie haben es nicht gewußt?«

Dann drückt ihr euch noch ein Weilchen herum und fragt dann:

»Warum habt ihr denn das Gas nicht angezündet? Es ist doch so dunkel hier!«

Und Johann Eduard sagt:

»O, ich habe es nicht bemerkt.«

Und Emilie setzt schnippisch hinzu:

»Papa liebt es nicht, wenn nachmittags das Gas angezündet wird.«

Nun erzählt ihr den jungen Leuten ein paar Tagesneuigkeiten oder gebt ihnen eure Ansicht über die irische Frage zum besten; aber all das scheint sie nicht im mindesten zu interessieren, alles, was sie über den Gegenstand bemerken, ist:

»O, wirklich! Nicht möglich. – Ach so! Was Sie nicht sagen!«

Und nachdem ihr zehn Minuten lang diese Art Unterhaltung genossen habt, drückt ihr euch allmählich gegen die Tür und schlüpft hinaus, wobei ihr mit Erstaunen bemerkt, daß sie sich unmittelbar hinter euch schließt, ohne daß ihr sie berührt habt.

Eine halbe Stunde später denkt ihr, im Wintergarten würde sich hübsch ein Pfeifchen rauchen lassen. Aber der einzige Stuhl darin ist von Emilien besetzt, und Eduard, wenn man sich auf die Sprache der Kleider verlassen darf, muß augenscheinlich auf dem Boden gesessen haben. Und sie sprechen nicht, aber sie sehen euch an mit Blicken, die alles ausdrücken, was man sich in zivilisierter Gesellschaft nicht sagen darf. Ihr nehmt einen schleunigen Rückzug und schließt die Tür hinter euch. Jetzt habt ihr aber wirklich Angst, eure Nase noch in irgendein Zimmer im Hause hineinzustecken; so geht ihr denn eine Weile die Treppe auf und ab, bis ihr euch entschließt, euch in eurem Schlafzimmer niederzusetzen. Das wird euch aber auf die Dauer recht langweilig; so setzt ihr denn euren Hut auf und geht hinaus in den Garten; euer Weg führt euch an dem Pavillon vorbei, und wie ihr da einen Blick hineinwerft, seht ihr darin in einer Ecke zusammengedrängt jene zwei närrischen jungen Leute. Und sie sehen euch auch und sind offenbar des Glaubens, daß ihr sie absichtlich und böswillig überallhin verfolgt.

»Warum hat man denn für dergleichen nicht ein besonderes Zimmer, wo sich solches Volk aufzuhalten verpflichtet wäre?« brummt ihr in eurem Ärger, rennt zurück nach dem Hause, greift nach eurem Regenschirm und geht aus.

Ähnlich muß es früher wohl auch schon zugegangen sein, als jener närrische Knabe, Heinrich VIII., seiner kleinen Anna den Hof machte. Die Leute aus der Grafschaft Buckingham haben sie wohl öfter überrascht, wenn sie um Windsor und Wraysbury ihre Mondscheinpromenaden machten.

Und wenn die Leute dann ausriefen: »O, Sie sind es!«, so pflegte wohl Heinrich errötend zu sagen: »Ja! Ich habe nach jemand sehen wollen«; und Anna pflegte dann wohl hinzuzusetzen: »O, wie freue ich mich, Sie zu sehen. Ist das nicht sonderbar, eben bin ich mit Herrn Heinrich VIII. auf diesem Feldweg zusammengetroffen, und nun, denken Sie sich nur, geht er denselben Weg wie ich.«

Dann pflegten jene Leute wohl zueinander zu sagen: »O, wir tun besser daran, uns aus dem Staub zu machen, solange dies Girren und Balzen hier herum zu hören ist. Wir wollen nach Kent hinab.« Und kamen sie dann nach Kent, so war das erste, was sie dort gewahrten, Heinrich VIII. und Anna, die Schloß Bever unsicher machten.

»O, daß doch ein Donnerwetter!« rufen sie nun wütend aus. »Wir wollen fort von hier. Ich kann das nicht länger mehr ertragen. Wir wollen nach St. Albans. Ein netter, ruhiger Ort, dieses St. Albans.«

Und wenn sie nun nach St. Albans kamen, wen trafen sie da? Wiederum jenes verwünschte Liebespärchen, das sich an der Mauer der alten Abtei herzte und küßte.

Da war es denn kein Wunder, wenn jene guten Leute die Gegend verließen und Seeräuber wurden, bis die Hochzeit vorbei war.

Von Picnic-Point aufwärts bis zur Schleuse bei Windsor bietet der Fluß ein reizendes Bild dar. Ein schattiger Weg, an dem dann und wann ein kleines grünumsponnenes Landhaus steht, zieht sich längs des Ufers hin bis zu den »Glocken von Onseley«, einem malerisch aussehenden Wirtshause (nebenbei bemerkt, die meisten dieser Wirtshäuser am Fluß sehen malerisch aus), wo ein gutes Glas Bier winkt, so sagt uns wenigstens Harris, und bei einer derartigen Sache kann man sich auf sein Wort verlassen. Das liebe, alte Windsor ist ein eigenartig berühmter Ort. Eduard der Bekenner hatte hier einen Palast; und hier wurde der mächtige Graf Godwin durch die damaligen Gerichte für schuldig befunden, den Tod des Bruders des Königs verschuldet zu haben. Der Graf Godwin brach ein Stückchen Brot ab und hielt es in die Höhe.

»Dies Brot soll mir den Tod bringen, wenn ich schuldig bin,« rief er aus; dann schob er das Brot in den Mund, aß es – und erstickte daran.

Als wir an Datched vorüberkamen, fragte mich Georg, ob ich mich auch noch unserer ersten Fahrt auf dem Flusse erinnere, und wie wir um zehn Uhr nachts in Datched gelandet, um dort zu übernachten.

»Na ob,« antwortete ich ihm. Es wird noch eine geraume Zeit dauern, bis ich es vergesse. Es war am Samstag vor dem Augustfeiertag.[Fußnote: An den sogenannten Bankfeiertagen, namentlich an dem im August, pflegt in England alles los und ledig zu sein.] Wir waren müde und hungrig – wir nämlichen drei – und als wir nach Datched kamen, zogen wir unseren Korb heraus sowie unsere zwei Koffer, Teppiche, Überzieher und dergleichen und begaben uns auf die Suche nach irgendeinem Unterschlupf. Wir kamen an ein ganz ordentlich aussehendes Wirtshaus, dessen Eingang mit Klematis und anderen Schlingpflanzen umsponnen war. Aber Geißblatt war nicht darunter; ich weiß nicht mehr, aus welchem Grund ich meinen Kopf nun einmal auf Geißblatt gesetzt hatte; aber auf Geißblatt gesetzt hatte ich ihn; deshalb erklärte ich meinen Gefährten:

»O, da wollen wir nicht hinein! Wir wollen etwas weiter gehen und sehen, ob nicht auch ein Wirtshaus kommt, das von Geißblatt umrankt ist.«

So gingen wir weiter, bis wir zu einem Hotel kamen. Auch das war ein ganz nettes Hotel, und es war auf der Seite mit Geißblatt überwachsen; aber Harris gefiel das Aussehen eines Menschen nicht, der am Eingange lehnte.

Harris sagte, der Mann sehe gar nicht liebenswürdig aus, und er habe so abscheuliche Stiefel an. So gingen wir denn weiter. Nachdem wir eine gute Weile marschiert waren und kein weiteres Hotel angetroffen hatten, ersuchten wir einen Vorübergehenden, uns nach einigen zu weisen.

Der Mann meinte: »Ei! Sie kommen ja von ihnen her! Sie müssen umkehren und gerade wieder zurückgehen, dann kommen Sie zum ›Hirschen‹«!

Wir darauf: »O, dort waren wir schon, aber es gefiel uns nicht; es ist ja kein Geißblatt daran!«

»Nun,« sagte der Mann, »dann ist ja dort das ›Herrenhaus‹ gerade gegenüber. Haben Sie es dort schon versucht?«

Harris sagte, dahin wollten wir nicht gehen; er habe da einen Mann gesehen, der ihm nicht gefallen habe; die Farbe seines Haares habe ihm nicht gefallen, seine Stiefel ebenfalls nicht.

»Ja, dann ist guter Rat teuer,« sagte unser Cicerone, »denn das sind die einzigen Wirtshäuser dieses Orts.«

»Sonst keine Wirtshäuser?!« rief Harris verzweiflungsvoll.

»Nein, keine!« entgegnete der Mann.

»Ja, um des Himmels willen! Was fangen wir denn jetzt an?«

Jetzt ergriff Georg das Wort; er sagte, Harris und ich, wir könnten uns ein Hotel, speziell für uns zwei, bauen und auch gleich die Kunden dafür backen lassen, wenn es uns beliebe. Er für sein Teil gehe zurück zum »Hirschen«.