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Es schaute die Bulldogge an, die zu seiner Rechten fest schlief. Es schaute den Pudel an, der aufrecht und vornehm zu seiner Linken sah. Und plötzlich, ohne jedwede Kriegserklärung, ohne auch nur im mindesten herausgefordert worden zu sein, biß es den Pudel in eines seiner Vorderbeine, und ein schmerzliches Geheul drang durch die vorher so friedliche Halle. Das Ergebnis dieses ersten Versuchs mußte dem Hündchen sehr befriedigend erschienen sein; denn es beschloß, in der Weise fortzufahren und etwas Leben in die Gesellschaft zu bringen. Es sprang über den Pudel weg und machte einen lebhaften Angriff auf einen Spitzer; dieser erwachte und fing sofort mit dem Pudel Streit an. Dann kam das liebe Hündchen wieder an seinen Platz zurück, packte die Bulldogge am Ohr und versuchte, sie zu vertreiben. Die Bulldogge ihrerseits, ein merkwürdig unparteiisches Vieh, schnappte ohne Unterschied nach allem, was sie erreichen konnte, den Aufseher der Vorhalle mit inbegriffen, was dem lieben, kleinen Hündchen das Feld frei ließ, um eine ununterbrochene Fehde mit einem ebenso streitlustigen Yorkshirehunde zu genießen.

Einem Kenner der Hundenatur braucht nicht erst gesagt zu werden, daß mittlerweile alle anwesenden Hunde so grimmig miteinander fochten, als ob sie Haus und Hof zu verteidigen hätten. Die großen Hunde fochten ohne Unterschied miteinander, die kleinen unter sich und füllten die Zeit, die ihnen dazwischen frei blieb, damit aus, die großen in die Beine zu beißen. Die ganze Halle war in einem Höllenaufruhr und der Lärm wahrhaft ohrenzerreißend. In der Straße draußen sammelten sich die Leute an und fragten, ob da Gemeindeversammlung gehalten werde, oder, wenn das nicht, wer denn ermordet worden sei, und warum? Männer kamen mit Stangen und starken Stricken herbei und versuchten, die Hunde auseinander zu bringen, einige liefen fort, um die Polizei zu holen.

Während der Aufruhr am wildesten tobte, kam die reizende junge Dame wieder heraus und nahm ihr liebes, kleines Hündchen wieder in die Arme. Es hatte eben den Yorkshirehund auf einen Monat lahm gebissen und schaute jetzt so unschuldig drein wie ein neugeborenes Lämmchen; dann küßte sie es und fragte es, ob man es denn gemordet habe, und was diese großen, wüsten Hunde ihm getan hätten; es schmiegte sich fest an sie und schaute sie an mit einem Blick, der zu sagen schien: »O, wie froh bin ich, daß du endlich gekommen bist, mich aus dieser schändlichen Gesellschaft fortzubringen!«

Und die reizende junge Dame meinte, die Leute hier hätten gar kein Recht, solch wilden Bestien wie diesen andern Hunden zu erlauben, sich hier in Gesellschaft von Hunden aus guten Häusern aufzuhalten, und sie hätte nicht übel Lust, deshalb eine Klage anzustrengen.

Item, so ist die Natur des Foxterriers, und deshalb tadle ich denn auch Montmorency nicht wegen seiner Neigung, sich mit Katzen zu raufen; aber nachmals wünschte er selbst, daß er an jenem Morgen seiner Neigung nicht gefrönt hätte.

Wir waren, wie oben erwähnt, von unserm Bade zurückgekehrt und eine Strecke weit die Hauptstraße hinaufgegangen, als eine Katze aus einem der vor uns liegenden Häuser herauskam und über die Straße wegspazierte.

Montmorency stieß ein Freudengeschrei aus – es war der Schrei eines tapfern Kriegers, der seinen Feind sich in die Hand gegeben sieht – so mag Cromwell geschrien haben, als er die Schotten von ihren Bergen herabsteigen sah – und stürzte sich auf seine Beute.

Sein Opfer war ein großer, schwarzer Kater. Ich habe in meinem Leben keine größere, keine häßlichere Katze gesehen als diese. Sie hatte schon den halben Schwanz, ein Ohr und ein beträchtliches Stück der Nase eingebüßt. Es war ein großes, kräftig aussehendes Tier, das ruhig und zufrieden dreinschaute.

Montmorency jagte mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Meilen in der Stunde hinter dieser armen Katze her, aber dessenungeachtet pressierte es der Katze gar nicht, sie schien die ihrem Leben drohende Gefahr gar nicht erkannt zu haben.

Sie schritt ganz ruhig weiter, bis ihr Mörder in spe nur noch einen Meter von ihr entfernt war; dann kehrte sie sich um, setzte sich mitten auf die Straße und schaute Montmorency mit einem freundlichen, fragenden Blick an, der auszudrücken schien:

»Ja? Sie wünschen?«

Montmorency fehlt es nicht an Mut; aber es war etwas in dem Blick dieses Katers, das auch das Herz des kühnsten Hundes hätte erbeben machen können. Er hielt plötzlich an und schaute sich meinen Kater an. Keines von beiden sprach ein Wort; aber was sie sich mit Blicken sagten, lautete gewiß folgendermaßen:

Die Katze: »Womit kann ich aufwarten?«

Montmorency: »Mit gar nichts. Ich danke Ihnen.«

Die Katze: »O, genieren Sie sich doch nicht, wenn Sie etwas wünschen. Ich bin wirklich gern bereit!«

Montmorency (der sich etwas zurückzieht): »O nein! Gewiß nicht! Bemühen Sie sich nicht. Ich – ich fürchte, ich habe mich geirrt. Ich glaubte Sie zu kennen. Ich bedauere, Sie gestört zu haben.«

Die Katze: »O, bitte recht sehr; es war mir ein großes Vergnügen! Aber wünschen Sie wirklich gar nichts?«

Montmorency (der sich noch immer zurückzieht): »Nein! Durchaus nichts! Ich danke Ihnen! Ich wünsche gar nichts, Sie sind sehr gütig! Guten Morgen!«

Die Katze: »So – nun denn guten Morgen auch!«

Montmorency kehrte mit sorgfältig eingezogenem Schwanze zu uns zurück und nahm eine bescheidene Stellung im Nachtrab ein.

Wenn man seitdem gegen Montmorency das Wort »Katze« gebraucht, so zittert er am ganzen Körper und schaut einen mit einem mitleiderregenden Blick an, als wollte er sagen:

»O bitte, sprecht mir doch nicht davon!«

Nach dem Frühstück gingen wir auf den Markt, um uns wieder auf drei Tage zu verproviantieren. Georg meinte, wir hätten auch Gemüse einzukaufen; es sei ungesund, sich der Gemüse zu enthalten, wir müßten auch vegetabilische Speisen zu uns nehmen. Er erklärte, das Kochen der Gemüse sei etwas ganz Leichtes, er werde das schon übernehmen; so schafften wir uns denn zehn Pfund Kartoffeln, einen Scheffel Erbsen und einige Kohlköpfe an; ferner kauften wir uns im Hotel eine Beefsteakpastete, ein paar Stachelbeertorten, eine Hammelkeule; Früchte, Backwerk, Brot und Butter, Schinken, Eier und andere Lebensmittel schafften wir uns nach und nach in den verschiedenen Läden der Stadt an.

Unsere Abreise von Marlow muß ich als einen unserer größten Erfolge bezeichnen. Sie war würdig und eindrucksvoll, ohne pomphaft zu sein. Wir hatten uns ausbedungen, daß uns alles, was wir eingekauft hatten, durch einen Laufburschen sofort nachgetragen würde; wir wollten keine lahmen Versicherungen hören, wie: »Ganz recht, mein Herr! ich werde es Ihnen sofort zusenden!« oder: »Der Laufbursche wird noch vor Ihnen drunten beim Boot sein!«

Damit hätten wir dann, an der Landungsbrücke wartend herumschlendernd, zweimal in die Kaufläden zurückrennen und uns mit den Leuten herumärgern können. Nein, dazu waren wir zu klug. Wir warteten, bis der Korb gepackt war, und nahmen dann den Jungen gleich mit uns. Wir gingen in viele Läden und verfuhren überall nach demselben Grundsatz; die Folge hiervon war, daß, als wir mit unsern Einkäufen zu Ende waren, wir eine ganz ansehnliche Auswahl von Jungen mit Körben, Paketen etc. als Gefolge beieinander hatten.

Als wir endlich die Hauptstraße hinunter nach der Landungsbrücke marschierten, da muß unser Zug ein so imponierendes Schauspiel geboten haben, wie die gute Stadt Marlow schon seit vielen Jahren keines gesehen hatte.

Die Ordnung des Zuges war folgende:

Montmorency, einen Stock im Maule tragend;

zwei schäbig aussehende Köter, Freunde Montmorencys;

Georg, mit den Überziehern und Teppichen beladen, eine kurze Pfeife im Munde;