Harris, der sich bemüht, mit leichter Anmut einherzuwandeln, während er in der einen Hand einen mehr als vollgestopften Gladstonekoffer, in der andern eine Flasche mit Limonadensaft hält;
der Gemüsehändler- und der Bäckerbursche mit Körben;
der Hausknecht aus dem Hotel, einen großen Korb tragend;
der Konditorjunge mit einem Korb;
der Bursche des Delikateßhändlers mit einem Korb;
ein langhaariger Hund;
der Junge des Käsehändlers mit einem Korb;
ein Hausknecht mit einem Sack;
der Busenfreund des genannten Hausknechts, die Hände in den Taschen, eine kurze Tonpfeife im Munde;
der Obsthändlersjunge mit einem Korbe;
ich selbst mit drei Hüten und einem Paar Stiefel, bemüht, mir den Anschein zu geben, als ob ich nichts davon wüßte;
sechs kleine Buben und vier herrenlose Hunde.
Als wir zum Landungsplatze kamen, sagte der dortige Schiffsvermieter:
»Verzeihen Sie, mein Herr, die Frage: Hatten Sie eine Dampfbarkasse oder eine Arche Noah gemietet?«
Auf unsere Erklärung, daß unser Boot ein zweirudriges Schiff sei, schien er ein wenig erstaunt zu sein.
Die Dampfboote machten uns an jenem Morgen wacker zu schaffen! Es war gerade die Woche vor den großen Wettfahrten bei Henley; deshalb sammelte sich viel Volks dort an; einige fuhren allein, andere zogen große Familienbarken im Schlepptau. Ich kann nun einmal die Dampfboote nicht ausstehen, und ich glaube, es geht jedem Ruderer so. Wenn ich ein Dampfboot zu Gesicht bekomme, so steigt jedesmal der fromme Wunsch in mir auf, es an einen einsamen abgelegenen Teil des Flusses zu locken und es dort in den Grund zu bohren!
In einem Dampfboot liegt solch eine herausfordernde Dreistigkeit, daß dadurch jeder böse Trieb meines Innern wachgerufen wird; da sehne ich mich denn nach den guten alten Zeiten zurück, da man mit einer Axt, mit Bogen und Pfeil einherschreiten und den Leuten den Standpunkt klar machen durfte.
Der Gesichtsausdruck jenes Mannes, der mit den Händen in der Tasche und der Zigarre im Munde gemütlich am Steuer des Fahrzeugs steht, genügt schon, um einen Friedensbruch zu entschuldigen; und das herrische Zeichen mit der Pfeife, daß man ihm aus dem Weg gehen solle, würde, glaube ich, jeden aus Ruderklubisten zusammengesetzten Gerichtshof zu dem Urteil veranlassen: »Durch Notwehr gerechtfertigter Totschlag!«
Sie hatten nun bei uns ständig zu pfeifen, daß wir ihnen ausweichen sollten. Wenn ich es sagen darf, ohne ruhmredig zu erscheinen, so haben wir nach meiner Meinung während dieser Woche den Dampfbooten mehr Störung, mehr Aufenthalt und Ärger verursacht als alle die andern Boote miteinander.
»Ein Dampfboot kommt!« pflegte einer von uns auszurufen, wenn er den Feind in der Ferne erblickte, und in einem Augenblick war alles bereit, ihn zu empfangen.
Ich ergriff das Steuer, während Harris und Georg sich mir zur Seite setzten, alle den Rücken dem Dampfboot zugekehrt; und so trieb unser Boot ruhig in die Strömung hinaus.
Daher dampft das Boot und pfeift, was es kann, und dahin fahren wir von der Strömung getrieben. Einige hundert Meter von uns entfernt fangen sie dann wie rasend an zu pfeifen; dann lehnen sie sich über die Brüstung und brüllen uns zu, aber wir hören eben nichts! Harris erzählt eben eine Anekdote von seiner Mutter, und Georg und ich wollen um alle Welt kein Wort davon verlieren.
Dann läßt das Boot seine Pfeife noch einen Verzweiflungsschrei ausstoßen, der den Kessel beinahe zum Platzen bringt, und muß umsteuern und sich rückwärts wenden; bei dieser Gelegenheit fährt es auf den Grund auf; dann rennen alle Insassen nach dem Lugaus und schreien gellend zu uns herüber, und die Leute am Ufer schreien ebenfalls; alle anderen Boote halten an und stimmen ebenfalls mit ein, bis meilenweit der ganze Fluß in der wildesten Aufregung ist.
Nun bricht Harris mitten im interessantesten Teil seiner Geschichte plötzlich ab, schaut mit leisem Erstaunen auf und sagt zu Georg:
»Ich glaube gar, Georg, es ist ein Dampfboot in der Nähe!«
Und dieser darauf: »Ach ja! Es war mir doch vorhin, als hätte ich etwas pfeifen hören!« Worauf wir dann ebenfalls in Aufregung geraten und nicht wissen, wie wir mit unserm Boot ausweichen sollen. Die Leute im Dampfboot drängen sich nun auf einen Haufen zusammen und geben uns Anweisungen.
»So fassen Sie doch das Steuer mit der Rechten, Sie Dummkopf! – Nein, zurück mit der Linken! – Nein! Nicht Sie! Der andere Herr! Lassen Sie doch das Steuer fahren! Können Sie nicht das Steuer fahren lassen? So, jetzt ziehen Sie an beiden Seiten! Nicht in der Richtung! O, Sie!«
Dann lassen sie ein kleines Boot von ihrem Schiffe nieder und kommen uns zu Hilfe, und nach einer Stunde mühevoller Arbeit schaffen sie uns aus dem Wege, so daß sie weiterfahren können, und wir bedanken uns recht schön und ersuchen sie, uns ein klein wenig ins Schlepptau zu nehmen. Aber dazu sind sie nicht zu bewegen.
Ein anderes gutes Mittel, die aristokratischen Dampfboote aus der Haut zu ärgern, entdeckten wir darin, daß wir vorgaben, sie für eine Gesellschaft Ladenschwengel und dergleichen zu halten, und sie fragten, ob sie der von Herrn Cubit zusammengetrommelte Ausflüglertrupp seien, oder zu den sogenannten »Tempelherren von Bermondsey« gehörten, und ob sie uns nicht eine Pfanne leihen könnten.
Ältliche Damen, die mit dem Fahren auf dem Flusse nicht vertraut sind, werden beim Begegnen von Dampfbooten immer entsetzlich aufgeregt. Ich erinnere mich, einmal von Staines nach Windsor gefahren zu sein; es ist dies eine Strecke, die an diesen Ungeheuern der Mechanik besonders reich ist; ich hatte drei Damen, auf welche oben erwähnte Bezeichnung paßte, bei mir. Es war recht unterhaltend. Wenn sie von weitem ein Dampfboot erblickten, so bestanden sie darauf, zu landen und sich am Ufer niederzusetzen, bis das Boot wieder außer Sicht war. – Sie sagten, es tue ihnen sehr leid, aber sie seien es ihren Familien schuldig, sich nicht tollkühn in Gefahr zu begeben.
Bei der Hambledon-Schleuse war unser Trinkwasservorrat zu Ende; deshalb nahmen wir unsern Krug und gingen nach dem Hause des Schleusenwärters, um ihn um etwas Wasser zu bitten.
Georg war unser Sprecher. Er zeigte sein gewinnendstes Lächeln und sagte:
»O, bitte, könnten Sie uns vielleicht etwas Wasser überlassen?«
»Gewiß!« erwiderte der alte Mann, »nehmen Sie sich, so viel Sie mögen, und lassen Sie den Rest zurück!«
»O, ich danke Ihnen recht sehr,« murmelte Georg. »Wo haben Sie Ihr Wasser?«
»O, es ist immer am nämlichen Ort, alter Junge,« war die dumme Antwort, »gerade hinter Ihnen.«
»Aber ich sehe keines,« sagte Georg, indem er sich umwandte.
»Aber bei Gott, wo haben Sie denn Ihre Augen?« war des Mannes Erklärung, indem er Georg herumdrehte und den Fluß hinauf- und hinabwies, »da ist doch genug Wasser zu sehen, sollt' ich meinen!«
»O,« sagte Georg, dem nun endlich das Verständnis aufging, »wir können doch den Fluß nicht trinken!«
»Nun, natürlich nicht, aber etwas davon,« antwortete der alte Bursche. »Seit fünfzehn Jahren habe ich nichts anderes getrunken!«
Georg erklärte ihm, daß sein Aussehen durchaus keine glänzende Reklame für die gute Marke sei, er würde immerhin Brunnenwasser vorziehen.
Wir bekamen welches in einem weiter oben gelegenen Häuschen. Ich glaube zwar, daß es auch nur Flußwasser war, aber wir wußten es nicht; daher fanden wir es ganz gut. Was das Auge nicht sieht, das greift den Magen nicht an.
Wir versuchten es noch ein andermal mit dem Flußwasser, aber der Erfolg war kein glänzender.
Wir fuhren den Strom hinab und hatten uns nahe bei Windsor in ein Hinterwasser begeben, um den Tee zu bereiten.