»Zieh' doch nicht daran! Du machst ja alles verkehrt, du dummer Esel!« schreit ihr nun hinüber.
»Nein, ich habe es nicht verkehrt angegriffen,« ruft er dagegen, »laß du deine Seite fahren.«
»Und ich sage dir, du hast das Ding verkehrt angefaßt,« brüllt ihr ihm nun zu und wünscht im stillen, ihm eins verabreichen zu können; und ihr zieht an euren Tauen und reißt ihm alle seine Pflöcke wieder aus.
»O! Dieses Rindvieh!« hört ihr ihn noch vor sich hinbrummen; dann erfolgt ein wilder Zug und fort fliegt das Zelt auf eurer Seite. Ihr werft den Hammer weg und geht um das Ding herum zu ihm hinüber, um ihm zu sagen, was ihr von seiner Art zu arbeiten haltet; und er geht auf der anderen Seite in derselben Absicht zu euch hin. – Und so geht ihr dann umeinander herum und flucht und wettert, bis endlich das Zelt auf einen Haufen zusammenkracht und ihr über seinen sterblichen Überresten einander anstarren könnt und euch nun beide in einem Atem höchlichst entrüstet anschreit: »So! Da haben wir's! Hab' ich dir's nicht vorhergesagt?«
Mittlerweile hat euer dritter Mann das Boot ausgeschöpft, wobei ihm das Wasser durch die Ärmel am bloßen Leib hinabgelaufen ist, und hat dabei während der letzten zehn Minuten immer leise vor sich hin geflucht; er will jetzt wissen, was, bei allen Teufeln, ihr denn gemacht habt, und warum das verdammte Zelt noch immer nicht aufgeschlagen ist? Endlich aber kommt es auf die eine oder andere Weise zustande, und man landet die Sachen. Ein Holzfeuer anzufachen, ist ein vergebliches Bemühen, so wird denn die Weingeistflamme angezündet, um welche sich nun die Insassen gesellen.
Regenwasser ist der Hauptartikel bei dem Abendschmaus. Das Brot besteht zu zwei Dritteln aus Regenwasser, das Beefsteak enthält solches in reichster Menge, und die eingemachten Früchte, die Butter, das Salz und der Kaffee haben sich friedlich zu einer Suppe vereinigt! Nach dem Nachtessen stellt sich heraus, daß der Tabak naß geworden ist und ihr nicht rauchen könnt. Glücklicherweise habt ihr noch eine Flasche von dem Stoff der Erheiterung und des Vergessens – NB. in gehöriger Quantität zu genießen! – Der stellt euer Interesse am Leben so weit wieder her, daß ihr es über euch vermögt, euch hinterher ins Bett zu begeben. Da träumt euch denn, ein Elefant habe sich auf eure Brust niedergelassen, und ein Vulkan sei ausgebrochen und habe euch auf den Grund der See versenkt, während der Elefant noch immer mit unverrücktem Gleichmut auf eurem Busen schlafe. Jetzt wacht ihr auf mit dem Bewußtsein, daß irgend etwas Furchtbares passiert sein müsse. Eure erste Vermutung ist die, daß der Weltuntergang stattgefunden habe; dann fällt euch ein, daß dies doch nicht wohl möglich sei, und ihr denkt an Räuber und Mörder oder an eine Feuersbrunst und gebt dieser Vermutung in der gewöhnlichen Weise Ausdruck. Aber keine Hilfe kommt, und alles, was ihr mit Bestimmtheit anzugeben wißt, ist, daß eine ganze Horde Menschen euch Püffe versetzt und ihr obendrein erstickt werdet.
Jemand anders scheint auch in Nöten zu sein. Ihr hört seine schwachen Ausrufe unter eurem Lager hervorkommen. Entschlossen, auf jeden Fall euer Leben teuer zu verkaufen, kämpft ihr ganz krampfhaft, indem ihr rechts und links mit Armen und Beinen ausschlagt und währenddessen hell aufschreit; zuletzt gibt irgend etwas nach, und ihr fühlt euren Kopf von frischer Luft umweht. Zwei Schritt von euch entfernt erkennt ihr im Dunkel einen halb angezogenen Kerl, der euch offenbar abtun will, und mit dem ihr euch jetzt auf einen Kampf auf Leben und Tod einlassen wollt – bis es euch zu dämmern beginnt, daß es euer Freund Jim ist.
»So, du bist's, du?« sagt der, der euch nun auch erkennt.
»Ja!« sagt ihr, indem ihr euch die Augen reibt, »was ist passiert?«
»Das verdammte Zelt ist, glaube ich, auf uns heruntergefallen,« sagt er. »Aber wo steckt denn Wilhelm?«
Dann ruft ihr beide aus Leibeskräften nach Wilhelm; da hebt und bewegt sich der Grund unter euch, und die erstickte Stimme, die ihr vorhin hörtet, antwortet euch aus der Zeltruine heraus.
»Könnt ihr euch auf keinem andern Platz Rendezvous geben als auf meinem Kopf? Wie?« Und Wilhelm strampelt und müht sich ab und schält sich endlich aus dem Haufen heraus, ein schmutziges, zertretenes Etwas, das sich in ganz unnötig feindseliger Stimmung befindet; denn er hat die fixe Idee, daß man ihm absichtlich so mitgespielt habe.
Am andern Morgen seid ihr alle drei heiser, da ihr euch während des nächtlichen Manövers stark erkältet habt. Ihr seid an diesem Morgen sehr streitbarer Natur. Und ihr flucht mit heiserer Stimme während der ganzen Frühstückszeit.
Also bestimmten wir, bei schönem Wetter im Freien zu übernachten, aber bei Regenwetter, oder wenn wir das Bedürfnis nach einem Wechsel fühlten, in einem Hotel, Wirtshaus oder Schenke zu schlafen, wie andere respektable Leute.
Montmorency begrüßte diese Entscheidung mit großem Beifall. Er schwärmt nicht für die Romantik der Einsamkeit. Etwas lärmende Unterhaltung, auch wenn sie nicht von der feinsten Art ist, behagt ihm weit besser. Wenn man Montmorency anschaut, möchte man denken, es sei ein auf die Erde gesandter Engel, der aus irgendeinem Grunde nicht menschliche Gestalt annehmen durfte, sondern in die eines kleinen Foxterriers gebannt wurde. Er hat einen Ausdruck in seinem Hundegesicht, der deutlich sagt: »O, was für eine schlechte Welt ist doch dies! O! Wie wünschte ich, sie besser und edler zu machen!« – Ja, so sieht er drein; und ich erinnere mich, daß er mit diesem Ausdruck zartfühlenden älteren Damen und Herren schon Tränen entlockt hat.
Als er zuerst bei mir Kost und Wohnung empfing, da dachte ich nicht, daß ich ihn lange behalten dürfe. Wenn ich ihn so ansah, wie er auf dem Kaminteppich lag und zu mir aufschaute, so konnte ich nicht umhin, zu denken: »O, dieser Hund wird nicht alt! Er wird auf einem Wagen in den hehren Himmel fahren; ja, gewiß, das wird sein Los sein!«
Aber nachdem ich ungefähr ein Dutzend Hühner, die er zerrissen, hatte vergüten müssen, und ihn, knurrend und um sich beißend, am Halsband aus wohl 114 Straßengefechten herausgerissen hatte; und nachdem eine aufs höchste erboste Dame mir ihre von ihm getötete Katze vor die Füße geworfen und mich einen Mörder genannt hatte; und als ich von einem meiner Nachbarn vor Gericht zitiert wurde, weil mein wütender Hund ihn während einer Grimmkälte über zwei Stunden lang in seinem Werkschuppen belagert habe, und als ich hörte, daß der Gärtner ohne mein Wissen 30 Schilling damit verdient hatte, daß er ihm Ratten fing (nämlich der Hund dem Gärtner), so kam mir endlich doch ein anderer Gedanke betreffs seines friedlichen Lebenswandels, und ich glaubte nicht mehr so recht an seine demnächstige Himmelfahrt! –
Um einen Stall herumlungern und eine Bande der unreputabelsten Hunde, die in der Stadt zu finden sind, um sich zu versammeln, und sie dann gegen andere ebenso unreputabele Hunde ins Gefecht zu führen, das scheint Montmorency für seinen Lebenszweck zu halten, und deswegen gab er der Idee, im Wirtshaus und in Schenken zu übernachten, seinen lebhaften Beifall.
Nachdem wir vier dermaßen über unser Nachtquartier ins reine gekommen waren, blieb uns nur noch übrig, auszumachen, was wir an Gepäck mitnehmen sollten; aber als dieser Gegenstand aufs Tapet gebracht war, meinte Harris, er habe heute abend schon genug Leistungen zum besten gegeben und mit angehört und schlage deshalb vor, wir sollten alle miteinander ausgehen und »einen hinter die Binde gießen«, gleich beim nächsten Häuserviereck habe er ein Plätzchen ausfindig gemacht, wo man ein feines Tröpfchen irischen Whiskys zu schlürfen kriege.
Georg meinte, er verspüre etwas wie Durst (ich kann mich der Stunde nicht entsinnen, in welcher Georg keinen Durst verspürt), und da mir eine deutliche Ahnung sagte, daß etwas warmer Whisky, im Verein mit einer Zitronenscheibe, meinem Leiden Linderung bringen würde, so wurde unter allgemeiner Zustimmung die Debatte auf den folgenden Abend vertagt; die Versammlung griff nach Hut und Stock und hub sich von dannen.