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»Das versteht sich von selbst, Madame.«

»Lady Yardly erzählte mir von Ihnen, so dankbar und so begeistert, daß ich die Überzeugung gewann, Sie als einziger Mensch können mir helfen.«

Sie zauderte, und Poirot half über die Pause hinweg, indem er versicherte: »Madame, ich werde tun, was in meinen Kräften steht.«

»Also gut!« Und mit einer Geradheit, die mich merkwürdig an Jane Wilkinson in jener denkwürdigen Nacht im Savoy erinnerte, griff sie den Kernpunkt heraus.

»Monsieur Poirot, ich will es verhindern, daß mein Sohn die Schauspielerin Jane Wilkinson heiratet.«

Wenn Poirot innerlich staunte, so verrieten seine Züge nichts davon. Er betrachtete sie nachdenklich und gönnte sich mit der Antwort Zeit.

»Können Sie sich nicht ein wenig bestimmter darüber auslassen, inwiefern ich mitwirken soll, Madame?«

»Das ist nicht leicht, Monsieur. Ich fühle, daß solch eine Heirat ein großes Unheil wäre und meines Sohnes Leben ruinieren würde.«

»Glauben Sie, Madame?«

»Glauben? Ich bin dessen gewiß. Mein Sohn hat sehr hohe Ideale, weiß blitzwenig von der Welt und hat sich aus den jungen Mädchen seiner eigenen Gesellschaftsschicht, die er hohlköpfig und frivol nennt, nie etwas gemacht. Was aber jene Frau betrifft - nun, sie ist ungewöhnlich schön, zugegeben, und versteht es, die Männer zu ihren Sklaven zu machen. Sie hat auch meinen Sohn verzaubert, Monsieur Poirot, und leider ist der Zauber noch nicht gebrochen. Dem Himmel sei Dank, daß sie nicht frei war. Aber jetzt, nach dem Tod ihres Gatten ...« Sie brach ab.

»In wenigen Monaten beabsichtigen sie, sich trauen zu lassen, Monsieur. Und da muß ein Riegel vorgeschoben werden«, erklärte sie mit rücksichtsloser Entschiedenheit.

Poirot zuckte die Achseln.

»Ich bestreite nicht, daß Sie recht haben, Madame. Nein, ich stimme Ihnen sogar bei, daß diese Heirat unpassend ist. Aber was tun?«

»Entscheiden Sie das, Monsieur. Doch jedenfalls müssen Sie mir helfen.«

»Ich fürchte, Ihr Herr Sohn wird keinem, der etwas gegen die Dame sagt, Gehör schenken. Und überdies ist meines Erachtens nicht sehr viel gegen sie zu sagen. Ich bezweifle stark, daß wir aus ihrer Vergangenheit irgendwelche unwürdigen Vorfälle ausgraben können. Jane Wilkinson ist ... nun, nennen wir es vorsichtig gewesen.«

»Das weiß ich«, stieß die Herzogin voll Ingrimm hervor.

»Ah ... ? Mithin haben Sie bereits dementsprechende Nachforschungen angestellt?«

Unter Poirots durchdringendem Blick errötete sie leicht.

»Es gibt nichts, das ich nicht tun würde, um meinen Sohn vor dieser Heirat zu bewahren. Nichts, Monsieur Poirot!« sagte sie mit Nachdruck.

Wieder entstand eine Pause.

»Bemessen Sie Ihre Forderungen, so hoch Sie wollen, Monsieur«, führte sie dann aus. »Und wenn es ein Vermögen kostet, so muß die Ehe verhindert werden. Sie sind der Mann, es zu vollbringen.«

Poirot schüttelte langsam den Kopf.

»Ich kann nichts tun - aus einem Grund, den ich Ihnen sofort erklären werde, aber ich glaube - entschuldigen Sie meinen Freimut! - überhaupt nicht, daß irgend etwas getan werden kann. Werden Sie es mir nicht als Unverschämtheit auslegen, wenn ich Ihnen einen Rat gebe, Madame la Duchesse?«

»Welchen Rat?«

»Widersetzen Sie sich Ihrem Sohn nicht. Er ist in dem Alter, selbst seine Wahl zu treffen. Weil seine Wahl nicht die Ihre ist, dürfen Sie nicht mutmaßen, daß Sie im Recht sind. Wenn Unglück daraus erwächst, nehmen Sie es in Kauf. Seien Sie zur Stelle, um ihm zu helfen, wenn er Hilfe benötigt; aber erklären Sie ihm nicht den Krieg.«

»Sie können meine Lage nicht verstehen, Monsieur.« Sie war aufgestanden, ihre Lippen zitterten.

»Madame la Duchesse, ich verstehe Sie sehr gut - ich verstehe das Mutterherz. Niemand versteht es besser als ich, Hercule Poirot. Und dennoch wiederhole ich nachdrücklich: Seien Sie geduldig. Geduldig und ruhig, und verschleiern Sie Ihre Gefühle. Noch besteht ja auch die Möglichkeit, daß die Sache von selbst in die Brüche geht; Widerstand würde aber Ihren Sohn in seinem Eigensinn nur bestärken.«

»Guten Tag, Monsieur Poirot«, sagte die Herzogin kalt. »Sie haben mich arg enttäuscht.«

»Ich bedaure unendlich, Madame, daß ich Ihnen nicht dienen kann. Sehen Sie, ich befinde mich in einer schwierigen Lage. Lady Edgware hat mir schon die Ehre erwiesen, mich um Rat zu fragen.«

»Ah ... Das also ist es!« Messerscharf wurde ihre Stimme. »Sie stehen im gegnerischen Lager. Hieraus erklärt sich wohl auch, weshalb Lady Edgware wegen Ermordung ihres Gatten noch immer nicht verhaftet worden ist.«

»Comment, Madame la Duchesse?«

»Ich sprach doch klar und deutlich, sollte ich meinen. Warum ist sie nicht verhaftet? Am Mordabend hat sie, wie Zeugen bekunden, das Haus betreten, ist in die Bibliothek gegangen. Außer ihr hat sich niemand Lord Edgware genähert, und obwohl man den Mann tot auffand, erfreut sie sich weiter ihrer Freiheit. Die Korruption bei unserer Polizei muß ja ungeheuer sein!«

Mit bebenden Händen ordnete sie den Schal um ihren Hals, neigte kaum merklich den Kopf und rauschte hinaus.

»Puh!« stöhnte ich. »Das ist ja ein grausiger Drachen! Und trotzdem bewundere ich sie.«

»Weil sie das gesamte Weltall zu ihrer Denkweise bekehren will?«

»Poirot, seien Sie gerecht, es liegt ihr doch nur ihres Sohnes Wohlergehen am Herzen.«

»Das wohl, Hastings. Aber ist es für den Herrn Herzog denn tatsächlich solch ein Übel, Jane Wilkinson zu heiraten?«

»Sie glauben doch nicht etwa, daß sie ihn liebt?«

»Ihn nicht, jedoch seine soziale Stellung. Und als außerordentlich schöne und sehr ehrgeizige Frau wird sie ihre neue Rolle mit aller Sorgfalt spielen. Nein, eine Katastrophe ist diese Heirat nicht. Der junge Mann hätte ganz leicht ein Mädchen seiner Kreise heiraten können, das ihm das Jawort aus denselben Gründen wie Jane Wilkinson gegeben haben würde, aber kein Mensch hätte dann ein Aufheben davon gemacht. Und wenn er ein Mädchen heiratet, das ihn leidenschaftlich liebt - bedeutet das denn solch einen großen Vorteil? Eine verliebte Frau führt Szenen der Eifersucht auf, macht den Mann lächerlich, verlangt, daß er ihr all seine Zeit und Aufmerksamkeit widmet. Ah non, es ist kein Bett von Rosen.«

»Poirot, Sie sind ein unverbesserlicher Zyniker!«

»Mais non, mon cher, ich ergehe mich nur in Betrachtungen. Aber eigentlich stehe ich auf der Seite der guten Mama.«

Wie sollte ich da ernst bleiben, wenn man in bezug auf die kalte, hochmütige, stolze Herzogin ein solches Wort anwendete?

Doch Poirot lachte nicht, ihn verstimmte sogar meine Heiterkeit.

»Lassen Sie das Kichern, Hastings«, sagte er. »Dafür ist das Ganze zu wichtig. Ich muß nachdenken ... Haben Sie bemerkt, wie gut unterrichtet die Frau war? Und wie rachsüchtig? Sie kannte das ganze Material, das gegen Jane Wilkinson spricht. Woher aber kannte sie es?«

»Jane erzählte es dem Herzog; der Herzog erzählte es ihr. Höchst einfach.«

»Dennoch .«

Die grelle Telefonklingel fiel ihm ins Wort.

Ich ging zum Apparat hinüber, und bei dem Gespräch, das sich nun entwickelte, beschränkte sich meine Rolle darauf, in einigen Abständen ja zu sagen. Schließlich legte ich den Hörer nieder und wandte mich aufgeregt an Poirot.

»Das war Japp. Erstens sind Sie gewöhnlich ein findiger Kopf. Zweitens hat er ein Kabel aus Amerika erhalten. Drittens trieb er den Chauffeur auf. Viertens bittet er Sie, schnell zu ihm zu kommen und der Vernehmung des Mannes beizuwohnen. Fünftens sind Sie abermals ein findiger Kopf, und sechstens hat er sich davon überzeugt, daß Sie mit Ihrer Meinung, es stecke ein Mann hinter dem Ganzen, den Nagel auf den Kopf getroffen hätten . Leider verabsäumte ich, ihm mitzuteilen, daß wir soeben von einer Besucherin erfuhren, wie ungeheuerlich die Korruption bei der Polizei sei.« »Sieh da! Japp hat sich endlich überzeugen lassen«, murmelte Poirot. »Und gerade in dem Augenblick, da ich selbst von dieser Theorie etwas abrücke und mir eine andere aufbaue.«