Dann floh er. Das Klicken des Schleusenschlosses war die erste Warnung.
Catroni hielt sich in seiner Edenitpanzerung noch etwa eine halbe Stunde beim Seewagen auf. Er wußte natürlich, daß weder mein Onkel, noch Westervelt leicht aufgaben, und er wartete auf das, was sie tun würden.
Er sah, daß sich sehr langsam das Schleusentor wieder schloß. Catroni wunderte sich darüber, und etwas wie Bewunderung war in seinem Geist zu lesen.
Daß die Tür geschlossen wurde, war an sich schon erstaunlich. Die beiden, die dem sicheren Tod ausgeliefert schienen, hatten wohl den Kaltröhrenzellen das letzte bißchen Energie entzogen, um die Motoren in Tätigkeit zu setzen, die jene Schleusentür zuschoben. Es war jedoch hoffnungslos, das Wasser aus der Schleusenkammer selbst pumpen zu können. Sie konnten jetzt nur noch darauf hoffen, daß sie die innere Tür öffnen konnten, und dann schoß das Wasser in das Innere des Seewagens und machte das Leben dort noch unerträglicher. Die Energie, die sie dafür verbrauchten, würde ihnen Wochen ihres Lebens stehlen, denn wenn erst die Zellen völlig leer waren, mußte sie sterben, falls nicht doch die Edenit-Panzerung nachgab und der Wasserdruck sie vorher zerquetschte.
Sie versuchten es. Und es gelang ihnen, einen der Spezialdruckanzüge zu reparieren.
Wir spürten in Catronis Geist Verblüffung und Angst. Er sah, wie sich die Schleuse wieder öffnete, sah eine Gestalt in schimmerndem Anzug vorsichtig heraussteigen, und wir fühlten ein Zögern, ob er den Mann nun angreifen sollte, der es wagte, hier am Boden des tiefen Ozeans weiterleben zu wollen.
Aber der Ozean tat Catronis Arbeit.
Der Anzug war beschädigt, und so konnte auch die Spezial-Edenit-Ausrüstung an den Flickstellen dem ungeheuren Druck nicht standhalten.
Catroni hatte sich außerhalb der Reichweite der Scheinwerfer versteckt. Er sah, wie sich die Gestalt im Anzug ein Stück bewegte, wie der Mann versuchte, den winzigen Propeller anzuwerfen, der ihn in Sicherheit hätte bringen sollen, sah den schimmernden Arm, der sich hob . . .
Eine ganze Seite des Anzuges wurde schwarz!
Der Eden-Effekt, die wunderbare Aktivierung der Metallmoleküle, die den Druck in sich selbst zurücklenkte, ist nur solange wirksam, als der Film milchig schimmert. Wenn dieser Schimmer erstirbt, wird die Anzugbeschichtung zu gewöhnlichem Metall und kann dem Druck des Wassers in diesen Tiefen auf gar keinen Fall widerstehen.
Die dunkle Seite des Anzugs wurde zusammengepreßt wie eine Blechdose in einer hydraulischen Presse. Die andere Seite schwoll an und wurde ebenfalls dunkel. Eine kleine Blase formte sich, die ein wenig stieg und außer Sicht verschwand.
Und eine leichte Strömung trieb den Körper davon.
Catroni wartete noch einen Moment länger, denn er konnte damit rechnen, daß der andere Mann im Seewagen ebenfalls dieses Abenteuer wagen würde. Dann stellte Catroni seinen eigenen Propeller an, und die Energie seines Schulterpacks trug ihn sieben Meilen und mehr nach oben, wo ein gechartertes Amphibien-Tauchschiff wartete ...
Wir hätten noch mehr sehen können, doch das genügte uns. Außerdem wurden wir unterbrochen.
Jemand brüllte und riß mir den Helm vom Kopf, und die fernen Eindrücke löschten aus wie eine Lampe. Der Affenbutler grinste mich an, und Hallam Sperry stand hinter ihm.
»Ha, die Gentlemen sind aber eifrig an der Arbeit«, rumpelte Hallam Sperry. »Spionieren und herumsuchen. Nun, wir ließen euch hier, und da habe ich wohl kein Recht, mich darüber zu beklagen.«
Ich versuchte ihn anzufallen, doch die unglaubliche Kraft des Orangbutlers hielt mich auf. »Sperry!« schrie ich gellend, »Sie haben diesen Gangster angeheuert, um meinen Onkel zu töten!«
Sperry zuckte die Schultern. »Hm, vielleicht hab' ich das getan«, gab er zu. »Hier wird um hohe Einsätze gespielt, junger Mann. Solange man gewinnt, ist es egal, auf welche Art.«
Ich fühlte, wie sich Gideon hinter mir zum Sprung auf Sperry bereit machte, aber auch der Butter bemerkte es. Mich ließ er fallen, sprang zurück und riß einen Revolver aus der Tasche.
»Moment«, warnte er.
Hallam Sperry lachte. »Setzen Sie sich doch, Gentlemen«, befahl er. »Brooks wird sich wesentlich behaglicher fühlen. Sie auch.«
Brooks. Ich besah mir diesen Mann noch einmal, und nun weckte der Name in mir eine Erinnerung. »Oh«, sagte ich. »Jetzt weiß ich's. Sie waren einer von jenen Männern, die mich zusammenschlugen und in den Abwasserkanal warfen.«
Sperry nickte. »Sie haben ein sehr genaues Wahrnehmungsvermögen«, bestätigte er. »Er war es. Aber das ist jetzt vorbei. Wir wollen es also vergessen. Frage: Was tun wir jetzt?«
»Wahrscheinlich dasselbe, was Sie mit meinem Onkel getan haben«, erwiderte ich voll Bitterkeit. »Sie würden mich umbringen, ohne auch nur die leisesten Gewissensbisse zu spüren.«
»Sicher. Wenn es sein muß. Aber ich wünsche ...« Sperry musterte mich voll Berechnung. »Ich wünsche, ich hätte ein wenig mehr Informationen. Dieser Narr Catroni war ein bißchen zu hastig, wie Sie wahrscheinlich selbst gesehen haben. Er hatte den Befehl, zu warten, bis Stewart Eden die Ergebnisse seiner Expedition schriftlich festgehalten hatte. Er hatte vielleicht Angst, das Schiff oben würde nicht auf ihn warten. Er verließ also den Seewagen so vorzeitig. Ich weiß also überhaupt nichts von dem, woran mir lag. Gibt es am Boden der Tiefen nun Uran oder nicht?«
»Mr. Sperry, soll ich sie an die Gehirnpumpe anschließen?« fragte Brooks eifrig.
Sperry schüttelte den Kopf. »Nur Geduld, Brooks«, rumpelte er. »Junger Mann, Sie wissen doch, was die Gehirnpumpe tun kann. Ich mußte sie bei Catroni einsetzen, weil ich nicht glauben konnte, daß er wirklich so dumm war. Ich dachte, er wollte mich betrügen, doch das schien nicht zuzutreffen. Er starb wegen meines Verdachts. Zugegeben, es ist kein schöner Tod, und die Gehirnpumpe ist für jene, die an sie angeschlossen werden, wahrlich kein Vergnügen.« Er musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, dann fuhr er wie zu sich selbst sprechend fort: »Ich nehme ja wirklich nicht an, daß Sie etwas über die Angelegenheiten Ihres Onkels wissen, das mir entgangen sein könnte. Aber ich kann nicht das Risiko eingehen, mich zu irren. Ich könnte Sie also leicht an die Gehirnpumpe anschließen und es herausfinden. Natürlich wissen Sie, daß Sie dann tot sein werden, wenn ich's tue.«
»Sperry, mich können Sie nicht bluffen«, sagte ich.
»Bluffen? Das tu ich niemals. Ich erwäge nur die Möglichkeiten. Und ich möchte Ihnen auch nicht verhehlen, daß ich Sie im Moment noch gar nicht tot sehen möchte. Sie sind mir noch immer diese Anteile schuldig. Sind Sie tot, geht das alles an Ihre Erben, wer immer die auch sein mögen. Kreuzen sie auf, muß ich mich mit denen beschäftigen. Können Sie aber nicht gefunden werden, wird das Gericht ersatzweise eintreten und für die Zukunft deren Interessen schützen. Sie verstehen, daß ich hier in Marinia großen Einfluß habe, und eine Katastrophe wäre so etwas nicht, aber es würde mir nicht gerWepwsrieen<<Sie?«: fragte ich.
»Die Anteile«, erwiderte er scharf. »Überschreiben Sie mir die.«
»Und dann was?« forderte ich zu wissen. »Dann töten Sie uns?«
Sperry breitete die Hände aus. »Was soll ich dazu sagen?« erwiderte er leise, trat einen Schritt näher und sah mir mit seinen eisigen Augen tief in die meinen. »Es gibt viel schlimmere Dinge, als nur umgebracht zu werden, junger Mann.« Lange verkrallten sich unsere Blicke ineinander, dann blinzelte er und war wieder ein höflicher, netter, alter Mann.
»Sie sehen, ich spreche mit Ihnen über alles, was ich im Kopf habe. Offen und ehrlich. Das zahlt sich immer aus. Ich will, daß Sie meine Lage klar sehen, Mr. Eden. Ich habe einige Anteile der Marine Mines, doch ich will sie alle. Ich habe den ersten Versuchswagen Ihres Onkels mit der gleichen Ausstattung wie jener, den Catroni für mich — äh — neutralisiert hat. Ich stelle mir vor, daß er ebenso leistungsfähig ist. Ist dort unten Uran, dann will ich es haben. Auf der ganzen Welt herrscht Uranmangel, und der Mann, der genug davon hat, kann sich die ganze Welt dafür kaufen.«