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»Bist du müde, Jim?« erkundigte sich Gideon. »Willst du ein wenig schlafen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht. Aber wenn du willst...«

»Ich kann auch nicht. Bist du sicher, daß du uns zu Stewarts Wagen bringen kannst?« fragte er ein bißchen besorgt.

Ich zuckte die Schultern. »Ich garantiere nur, daß ich den unseren genau über seinen setzen kann. Runtergehen auf die Tiefe — das ist eine andere Sache. Ich kann mit dem Wagen tauchen. Ich weiß nur nicht, ob er dem Druck standhält. Vergiß nicht, Gideon, das ist der erste Versuchswagen, den mein Onkel gebaut hat. Vielleicht ist er so widerstandsfähig wie der andere, vielleicht aber auch nicht.«

Gideon nickte nachdenklich. »Nun, das werden wir heraus-finden.«

Das schloß also alle Möglichkeiten mit ein.

Wir pflügten weiter durch die dunklen Wasser. Die kleinen Motoren des Seewagens summten fast unhörbar, die Reibung des an der Edenitbeschichtung vorüberstreifenden Wassers war wie ein leises Zischen zu hören. Der Autopilot klickte dann und wann langsam, und die Instrumente schläferten mich fast ein. Es gab noch andere Geräusche . ..

Abrupt kam mir zu Bewußtsein, daß ein Geräusch nicht stimmte.

Mit einem Ruck setzte ich mich auf und lauschte. Von irgendwo im Wagen kam ein schwaches Kratzen. Es hörte auf, dann vernahm ich es erneut.

Auch Gideon hörte es. Ich sah auch die Spannung in seinen Augen, als wir beide gleichzeitig die gleiche Idee hatten.

Da war noch jemand im Seewagen!

Gideon warf einen drohenden Blick auf Brand Sperry, der aber nicht auf ihn achtete, und trat leise, die Waffe in der Hand, zur Tür des anderen Abteils. Narren, die wir waren, daß wir nicht den ganzen Wagen untersucht hatten! Ich war furchtbar wütend auf mich selbst.

Gideon riß die Tür auf, spähte hinein, tat einen Satz, und dann hörte ich einen Tumult.

Einen Moment später erschien Gideon wieder. »Jim«, sagte er und stöhnte schwer dazu, »wir hätten jetzt einen ordentlichen Tritt verdient. Schau mal, wer nebenan am Kommunikator war! Weiß Gott, was der alles gefunkt hat!«

Er deutete mit der Waffe auf eine andere Gestalt, die unsicher durch die Tür kam ...

Bob Eskow!

»Bob«, sagte ich, und er starrte mich an.

»Dacht« ich mir's doch, daß du's bist, Jim«, sagte er. »Aber ich konnte es nicht glauben. Jim Eden — ein Dieb!«

Ich konnte seine Miene nicht deuten. »Junger Mann«, sagte Gideon ziemlich scharf, »Jim Eden ist ebenso wenig ein Dieb wie...«

Ich unterbrach ihn. »Bob, hör mir zu. Du mußt mir vertrauen.« So kurz es ging, schilderte ich ihm alles, was mir zugestoßen war, seit ich nach Marinia kam; meine Hoffnungen, meines Onkels Schiff zu finden, die Falschheit der Sperrys, die Gefahren für unser Leben.

Es war eine lange Geschichte, und ich wußte nicht, ob er mir glaubte, während ich erzählte. Als ich fertig war, seufzte er und schaute auf den Boden.

,,Jim, ich weiß nicht recht. . .«, sagte er müde. »Es ist schwer zu verstehen... Zugegeben, ich wußte, daß etwas nicht stimmte. Als ich dich an den Landebrücken sah und du davonliefst. . .«

»Bob, ich bin doch gar nicht davongerannt! Ich versuchte dich doch zu sehen, ich habe dir eine Mitteilung geschickt. Aber man sagte mir, du wolltest mich nicht sehen.«

Er schaute mich grimmig an. »Ich bekam keine Nachricht. Verstehst du? Entweder bist du davongerannt, oder es ist das wahr, was du sagst, und die Sperry-Bande hinderte mich daran, dich zu sehen.« Er schüttelte den Kopf. »Wie soll ich das jetzt wissen? Als du an Bord dieses Schiffes kamst, machte ich gerade eine Inspektion. Ich dachte mir, daß du's bist, Jim, und ich wußte absolut nicht, was ich tun sollte. Als einzige Lösung fiel mir ein, Thetis zu benachrichtigen, damit sie einen Patrouillenwagen hinter uns her schicken. Ich dachte, Jim, die Gerichte müßten entscheiden . ..«

»Die Gerichte sind Hallam Sperry«, warf Gideon grimmig ein.

Bob nickte langsam. »Das sagst du. Aber . . .«

Eine kleine Glocke schellte und störte unsere Unterhaltung. Ich lief zu den Instrumenten zurück. »Wir sind genau über dem Netzpunkt«, rief ich. »Wenn unsere Berechnungen stimmen,

dann ist der Seewagen meines Onkels direkt unter uns!«

Mit einer Handbewegung schaltete ich den Autopiloten ab und ging auf Handbetrieb über. Bob Eskow warf ich einen zögernden Blick zu.

Er nickte, wenn auch ebenfalls zögernd. »Wir sind jetzt schon so weit, Jim, und du kannst weitermachen. Ist das Schiff deines Onkels dort unten, dann beantwortet das viele Fragen. Aber Jim, vergiß nicht, daß ich Thetis benachrichtigt habe. Jeden Moment könnte ein Wagen der Seepatrouille aufkreuzen.«

Gideon lachte leise. »Ha, ha, Junge«, sagte er, »da haben sie aber einen feinen Job, wenn sie uns folgen wollen. Das sind die Eden Tiefen. Jim, 'runter!«

Ich nickte und berührte die Instrumente. Die Schwimmtanks begannen sich zu füllen, als die winzigen Pumpen zu dröhnen begannen und Seewasser in die Tanks pumpten. Ich setzte Kurs für einen weiten Kreis und stellte die Tauchflügel ein. Das Klinometer zeigte erst drei, dann fünf Grad Tauchwinkel an. Und dann drückte ich die Tauchflügel langsam auf die vollen fünfzehn Grad Schnelltauchwinkel und öffnete die Propellermotoren . . .

Unser kleiner Seewagen kletterte hinab in die Eden Tiefen . ..

Schon jetzt waren wir an der untersten Grenze der meisten Seewagen, sogar mit der Standard-Edenit-Ausrüstung. Fast vier Meilen Wasser waren über uns. Der Druck hätte jeden Stahl zerquetscht und sogar Quarz zu Mehl zerrieben. Immer noch tiefer gingen wir hinab, viereinhalb Meilen, und da sah ich etwas, das ich vorher noch nie gesehen hatte. Erst glaubte ich, meine Augen seien überanstrengt, aber dann schimmerte ein wenig Licht an den Wänden der Kabine. Wie Hexenfeuer war es; erlosch und flackerte wieder, wurde stärker, und dann wurde mir klar, daß dies der Schimmer der Edenit-Beschichtung war. Und dieses Licht, das sich auf der Innenseite des Rumpfes zeigte, ließ mich ahnen, welch ungeheuren Kräfte dagegen drückten, Kräfte, die jedes Metall zerstörten und sogar normales Edenit durchdringen konnten.

Und wir sanken noch immer.

In einer weitgezogenen Spirale machten wir tausend Fuß in der Minute. Nun waren wir auf fünf Meilen Tiefe, dann sechs, und die Hexenfeuer an der Wand des Rumpfes wurden immer heller.

Brand Sperry starrte sie an. Sein Gesicht war eine Maske. Gideon musterte ihn, dann warf er mir einen warnenden Blick zu. Brand Sperry war im Bann der Angst.

Nun ja, mir liefen auch Schauer das Rückgrat entlang. So tief war ich vorher noch nie gewesen, und nur drei Männer hatten bis jetzt eine solche Tiefe erreicht. Zwei von ihnen waren sicherlich tot, der eine sehr schnell nach dem Versagen seines Anzuges, der andere sehr langsam und qualvoll unter Hallam Sperrys Gehirnpumpe. Und der dritte Mann war mein Onkel, der Erfinder jener sich in flackernden Lichtern manifestierenden Kraft, die das Wasser aus unserer Kabine fernhielt. Und er hatte diese Tiefe erreicht in dem Schiff, das er nach dem Versuchsmodell gebaut hatte.

Waren viele Verbesserungen nötig gewesen? Ich wußte es nicht.

Sechs Meilen Wasser — sogar eine Edenit-Beschichtung mußte unter diesem ungeheuren Druck leiden und Ermüdungserscheinungen zeigen. Ein leises Ping, so leise, daß wir es unter normalen Umständen sicher nicht gehört hätten, alarmierte uns. Wir saßen alle aufrecht da, mit weit aufgerissenen Augen und gespannten Gesichtern warteten wir auf den Wassereinbruch ...