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»Sie lügen, Mark«, sagte einer der anderen Tiefen. »Das ist ein Trick. Wir sollten sie erschießen und den Wölfen zum Fraß vorwerfen.«

Mark nickte. »Vielleicht tun wir das«, sagte er ernst, dann wandte er sich wieder an Charity. »Es sei denn, du hast ein paar sehr gute Antworten, Laird. Also - wo kommst du her und woher hast du diese Kleidung?«

Charity seufzte lautlos. Aber vielleicht war es das beste, Marks Fragen einfach der Wahrheit nach zu beantworten. »Ich komme aus New York«, antwortete sie. »Und diese Kleider sind meine Uniform. Die Dienstkleidung eines Raumpiloten der U.S. Space Force.«

Auf Marks Hieb war sie nicht gefaßt. Bunte Schmerzblitze flackerten vor ihren Augen. Ihre Unterlippe blutete ein wenig.

»Du lügst.«

»Nein«, sagte Charity gepreßt. »Aber ich kann mir gerne ein paar Lügen ausdenken, wenn dir die Wahrheit nicht gefällt.«

Marks Augen funkelten, aber er verzichtete darauf, sie noch einmal zu schlagen, und wandte sich an Skudder.

»Gut, dann zu dir, Shark. Du bist also Skudder.« Er lachte ganz leise. »Es freut mich, dich persönlich kennenzulernen. Ich habe viel von dir gehört.«

Skudder nickte. »Es ist wirklich ein Kreuz, so berühmt zu sein«, sagte er im Plauderton. »Aber ich kann es ...«

Mark versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht, und Skudder verstummte. Ein dünnes, böses Lächeln erschien auf seinen Lippen, und plötzlich war es der Tiefe, der einen halben Schritt vor dem Shark zurückwich, nicht umgekehrt.

»Deine dummen Sprüche werden dir vergehen«, prophezeite Mark. »Du kommst hier nicht mehr lebend raus. Wir haben lange auf dich gewartet.«

Skudder blickte haßerfüllt zu ihm auf, aber seine Stimme war ganz ruhig, als er antwortete: »Das ist mir klar, Mark. Ihr könnt mich nicht leben lassen, jetzt, wo ich weiß, wo ich euch suchen muß. Aber laßt Charity laufen. Sie sagt die Wahrheit. Sie gehört wirklich eher zu euch als zu uns.«

»Ja, und deshalb nimmst du sie auch in Schutz, nicht wahr?« sagte Mark höhnisch. »Ich glaube dir kein Wort. Wahrscheinlich habt ihr diese Uniform irgendwo gefunden und kommt euch jetzt besonders schlau dabei vor, uns dieses kleine Schmierentheater vorzuspielen. Sie ist eine von euch.«

Skudder schwieg eine Weile. Charity konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. »Selbst wenn es so wäre«, sagte er schließlich. »Dann wäre es um so dümmer, uns umzubringen. Oder glaubst du wirklich, wir beide wären allein gekommen?«

»Nein«, antwortete Mark ungerührt. »Ich weiß sogar, daß es nicht so ist. Aber wenn du darauf hoffst, daß deine Aasgeier dir zu Hilfe eilen, irrst du dich. Wir wissen von jedem einzelnen, wo er ist. Wenn sie hierherkommen, töten wir sie.«

»Ach?« sagte Skudder spöttisch. »Übernehmt euch nicht.«

»Er hat recht, Skudder«, sagte Charity ernst. »Deine Männer haben keine Chance. Dieser Bunker ist eine Festung.«

Skudder sah sie verwirrt an, und auch Mark drehte sich wieder herum. »Woher willst du das wissen?«

»SS Nulleins«, antwortete Charity betont. »Die größte und sicherste Bunkeranlage der westlichen Welt. Sechsundzwanzig Ebenen, von denen einige allerdings zerstört sein dürften. Ausgerüstet mit den modernsten Waffensystemen, einer autarken Energieversorgung und Startvorrichtungen für drei Space Shuttles, von denen noch zwei unten im Hangar stehen. Noch mehr?«

Mark schwieg eine ganze Weile, und zum ersten Mal schienen ihm Zweifel zu kommen. Aber dann machte er eine abrupte, wegwerfende Handbewegung. »Das beweist nichts«, behauptete er. »Das kannst du überall erfahren haben.«

»Überall vielleicht nicht, aber du hast natürlich recht«, antwortete Charity. »Aber ich kann dir gerne einen Grundriß der Kommandoebene zeichnen. Ich kann dir sagen, wie viele Räume es dort unten gibt und wie sie aussehen. Und ich habe noch etwas, was dich vielleicht überzeugt.«

»Und was?«

Charity berührte mit dem Kinn ihre Brust. »Schau unter meiner Jacke nach.«

Mark zögerte, beugte sich dann aber fast hastig vor und öffnete den Klettverschluß ihrer Uniformjacke. Charity bedauerte ein bißchen, ihren Körperschild nicht eingeschaltet zu haben. Sie hätte diesem eingebildeten Ekel einen kleinen Stromschlag gegönnt.

Marks Augen weiteten sich, als er die kleine, silberfarbene Erkennungsmarke sah, die an einer Kette um ihren Hals hing.

»Ein ... Class-A-Ausweis?« fragte er ungläubig.

»Sieht so aus«, antwortete Charity ärgerlich. »Machst du mich jetzt los?«

Mark wollte etwas entgegnen, als plötzlich ein heller, durchdringender Pfeifton erklang und auf dem kleinen Schaltpult neben der Tür ein rotes Lämpchen aufleuchtete. Mark fuhr fast erschrocken herum.

»Ja?« sagte er.

»Bringt sie zu mir«, antwortete eine Stimme aus einem unsichtbar angebrachten Lautsprecher. »Sofort.«

»Beide?« fragte Mark. »Sie sind ...«

»Beide«, unterbrach ihn die Lautsprecherstimme. »Den Shark und Captain Laird. Und behandelt sie gut.« Ein scharfes Knacken verriet, daß der Lautsprecher abgeschaltet worden war, ohne eine Antwort abzuwarten. Mark blickte noch eine Weile hilflos ins Leere, dann straffte er sich und gab seinen Begleitern einen Wink, Charity und Skudder loszubinden.

Der Weg führte nach unten, und zum ersten Mal, seit Charity SS Nulleins betreten hatte, begriff sie wirklich, wie gigantisch die Bunkeranlage war - schließlich war es ja auch das erste Mal, daß sie den Weg bis zur zwanzigsten Ebene hinab zu Fuß zurücklegen mußte. Irgendwo zwischen drei- und vierhundert hörte sie auf, die Stufen zu zählen, die Skudder und sie hinuntergingen; größtenteils einfach, weil sie all ihre Konzentration brauchte, um auf der halbzerstörten Betontreppe nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Die Treppe war nur schwach erhellt und lediglich notdürftig repariert worden, so daß es manchmal zu einer geradezu lebensgefährlichen Kletterei wurde, mit Mark und seinen Begleitern Schritt zu halten.

Zu allem Überfluß hatte Mark ihr Handschellen angelegt.

Von der Bunkeranlage sah Charity nur wenig. Die Türen, an denen sie vorüberkamen, waren ausnahmslos verschlossen, und auch als sie endlich ihr Ziel erreicht hatten - die verblichene Ziffer auf der Tür behauptete, daß es sich um die zweiundzwanzigste Ebene handelte -, sahen sie wenig mehr als einen kahlen, von nur wenigen Neonröhren erhellten Korridor. Aber anders als der Treppenschacht war er nicht verfallen. Es gab weder Trümmer noch irgendwelche Schäden, ja, nicht einmal Staub. Obwohl menschenleer, machte dieser Teil des Bunkers einen durchaus bewohnten Eindruck. Es war tatsächlich so, wie sie angenommen hatte - sie war nur ein paar Dutzend Schritte von hier aufgewacht! Hätte sich diese verdammte Tür geöffnet, dann ...

»Stehenbleiben!«

Marks Stimme riß sie in die Wirklichkeit zurück. Sie gehorchte, versuchte aber über seine Schulter hinwegzublinzeln, als er die Tür öffnete und mit schnellen Schritten dahinter verschwand. Charity erhaschte einen kurzen Blick auf einen hellen, sehr sauberen Raum.

Männer und Frauen in hellblauen und weißen Uniformen saßen vor eingeschalteten Computern.

»Phantastisch«, murmelte Skudder neben ihr. Sie sah auf und erkannte, daß sich sein Gesicht zu einer Grimasse verzerrt hatte. »Und das nennt ihr Leben?«

Charity antwortete nicht gleich. Skudders Bemerkung ärgerte sie.

Dieser Bunker, der Computerraum hinter der Tür, ja, selbst Mark in seiner blauen Space-Force-Uniform, das alles hatte ihr für Augenblicke das Gefühl gegeben, nach Hause gekommen zu sein.

Skudders Worte zerstörten diese Illusion.

»Nein«, antwortete sie. »Aber ich glaube nicht, daß sie es sich ausgesucht haben.«

Skudder konnte nicht mehr antworten, denn in diesem Moment kam Mark zurück und machte eine befehlende Geste. »Mitkommen.«

»Wohin bringen Sie uns?« fragte Skudder.