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»Wenigstens zum Teil«, schränkte Charity ein, aber Niles schüttelte sofort wieder den Kopf.

»Sie irren sich. Der Satellit ist völlig in Ordnung.«

»Aber die Farben ...«

»Stimmen nicht, ich weiß«, fiel ihr Niles ins Wort. »Aber sie sind so.«

»Das ist unmöglich!« protestierte Charity. Sie trat um den Schreibtisch herum und ging ganz nahe an die riesige Video-Wand heran.

Dann erkannte sie, daß Niles recht hatte. Die Farben stimmten wirklich nicht, aber das lag nicht an der Kamera. Es war der Planet, der sich verändert hatte. Sie entdeckte große, manchmal sicherlich Tausende von Meilen messende Flecken, die einen unwirklichen, purpurfarbenen Ton angenommen hatten.

»Was ist das?« fragte sie atemlos.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Niles. »Niemand, der je versucht hat, diese Gebiete zu erforschen, ist zurückgekehrt. Das ist das, was sie aus unserer Welt machen.« Seine Stimme zitterte. »Sie kolonisieren die Erde nicht einfach. Sie ... verändern sie. Verstehen Sie, was ich meine? Das da ist eine völlig fremde Vegetation, eine andere Tier- und Pflanzenwelt... vielleicht sogar eine fremde Atmosphäre.«

»Wie bitte?« sagte Charity erschrocken.

Niles nickte. »Wir haben versucht, Einzelheiten herauszufinden, aber es ist unmöglich. Nicht von hier aus. Auch die Zusammensetzung der gesamten Erdatmosphäre hat sich in den letzten fünfzig Jahren verändert. Noch nicht so stark, daß man es sofort spüren würde, aber der Prozeß geht weiter - und er beschleunigt sich. Ich habe es ausgerechnet. Wahrscheinlich dauert es nicht einmal mehr hundert Jahre, bis die gesamte Erde ... verändert ist.«

Charity schwieg erschüttert.

»Das ... das ist ... die Erde?« murmelte Skudder.

Langsam drehte sich Charity zu ihm herum. In den letzten Augenblicken hatte sie seine Gegenwart vollkommen vergessen.

Skudders Blick war starr auf den Monitor gerichtet.

»Nein«, sagte Niles hart. »Das ist sie nicht. Das da ist sie.« Er betätigte einen Schalter auf seinem Schreibtisch, und das Bild flackerte. Als sich die Streifen und bunten Schlieren wieder verzogen, war auf dem Monitor eine Aufnahme der Erde zu sehen, wie sie einmal gewesen war - ein blaugrüner Planet voller weißer Wolken und ausgedehnter Meere.

Niles' schmale Hände flogen über die Tastatur in seinem Schreibtisch, und das Bild wechselte abermals: Die Kamera näherte sich der Erde, als befände sie sich an Bord eines extrem hoch fliegenden Flugzeuges, das zur Landung ansetzte. Der blaugrüne Ball wuchs plötzlich und nahm den ganzen Bildschirm ein. Wolken tauchten auf, verschleierten das Bild für Augenblicke und verschwanden wieder, als die imaginäre Kamera tiefer sank.

Charity wußte, daß es sich nur um eine Computersimulation handelte, aber das spielte keine Rolle. Was die Kamera zeigte, das war ein Bild der Erde, wie sie Skudder niemals kennengelernt hatte, einer Erde, die fünfzig Jahre und einen Weltuntergang zurücklag: grüne Täler und Wiesen wechselten sich mit Flußläufen und Bergen ab, Meere und Städte huschten unter der Kamera vorbei, Menschen und Tiere ...

Es dauerte lange, sicherlich eine halbe Stunde, aber Skudder nahm in all dieser Zeit nicht für eine Sekunde den Blick vom Schirm. Sein Gesicht war wie Stein. Schließlich näherte sich die Kamera der Skyline einer gewaltigen Stadt. Charity erkannte Manhattan. Ein völlig unzerstörtes, intaktes Manhattan, voller glücklicher Menschen und spielender Kinder, bunte Autos und Flugzeuge, die über den Himmel zogen. Das Bild war falsch - die Stadt war niemals so sauber gewesen, und sie hatte niemals so glücklich gewirkt. Und trotzdem trieb es auch Charity die Tränen in die Augen.

Das Bild erlosch, der Film war zu Ende, und auf dem Monitor erschien wieder das Abbild einer geschändeten Erde. Die purpurroten Gebiete wirkten wie Krebs.

Niemand wagte das Schweigen zu durchbrechen. Schließlich räusperte sich Skudder. »Sie machen mir das nicht nur vor, nicht wahr?« fragte er. »Ich meine ... das ist kein Trick?«

Niles schüttelte traurig den Kopf. »Nein. Das war unsere Heimat, Mister Skudder. Ich schaue mir diesen Film oft an. So war dieser Planet einmal - bevor Moron ihn zu einer Welt der Monster und Mutanten gemacht hat.«

»Aber warum?« fragte Charity erschüttert. »Das ergibt doch keinen Sinn.«

»Sie sind auf Eroberung aus«, antwortete Niles. »Ihr Reich ist groß. Sie brauchen Rohstoffe, Energie - und Menschen.«

»Menschen?«

»Sie haben Millionen verschleppt«, bestätigte Niles. »Und sie tun es noch. Niemand weiß, wozu, denn keiner ist bisher zurückgekehrt. Vielleicht brauchen sie Sklaven. Vielleicht fressen Sie sie auch auf.«

Er sah Skudder an. »Ich weiß, das klingt hart, aber Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen, junger Mann. Es ist nicht falsch, was Sie tun. Sie versuchen zu überleben, so wie wir auch.«

Skudder schwieg, offensichtlich völlig überrascht von dem, was er hörte. »Soll das heißen, Niles, daß sie sich seit fünfzig Jahren hier verstecken, ohne irgend etwas zu unternehmen?« fragte Charity ungläubig.

»Dreiundfünfzig«, verbesserte sie Niles ruhig. »Plus der Zeit, die wir brauchten, um hierher zu kommen. Natürlich haben wir etwas getan - wir haben diese Station wieder hergerichtet.«

Er beugte sich leicht vor und sah Charity durchdringend, ja, beinahe beschwörend an. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, Captain«, sagte er. »Ich habe vor fünfzig Jahren genauso gedacht. Aber es ist sinnlos, glauben Sie mir. Wir sind fast fünfhundert hier unten, aber wir sind nichts gegen Moron und seine Macht. Und wir sind vielleicht die letzten freien Menschen dieses Planeten.«

»Frei?« Skudder schnaubte. »Ich sehe den Unterschied nicht so ganz, wissen Sie? Die dort oben werden eingesperrt, und Sie sperren sich freiwillig ein. Ihr seid ja alle verrückt.«

Niles lächelte milde. »Vielleicht. Aber wir können nichts tun. Sollen wir einen Gegner besiegen, der einen ganzen Planeten in die Knie gezwungen hat?«

»Aber Sie können doch nicht ...«

»Was?« unterbrach sie Niles sanft. »Einfach leben? Warum nicht? Was sollen wir tun? Hinausgehen und uns töten lassen, nur um einer Geste willen?« Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe Sie nur zu gut, Captain Laird - doch glauben Sie mir: Ich habe siebenundfünfzig Jahre Zeit gehabt, darüber nachzudenken, und es gibt nur diese eine Wahl für uns. Niemand kann Moron besiegen.«

»Heißt das, daß Sie für alle Zeiten hier unten sitzen und so tun wollen, als wäre nichts geschehen?« fragte Charity entsetzt.

»Wohin sollten wir gehen?« erwiderte Niles. »Moron hat uns vergessen. Selbst für die Menschen hier in der Umgebung sind wir kaum noch mehr als eine Legende. Wir haben Frieden, Laird. Hier unten wächst jetzt die dritte Generation heran, die in Frieden lebt, und dies ist vielleicht das höchste Gut auf dieser Welt, nicht erst, seit die Krieger Morons kamen. Wir könnten gehen. Wir besitzen Ausrüstung, Waffen, Lebensmittel - aber was würden wir finden? Mit sehr viel Glück ein neues Versteck.«

»Sie wollen ihnen die Erde einfach schenken?«

»Man kann nichts verschenken, das man nicht mehr besitzt«, sagte Niles. »Diese Welt gehört jetzt ihnen, Captain. Die meisten Menschen wissen gar nicht mehr, daß es einmal anders war.«

»Aber das ist doch nicht möglich!« widersprach Charity. »Es sind doch nur ...«

»Zwei Generationen vergangen«, fiel ihr Niles ins Wort. »Unterschätzen Sie Moron nicht, Charity. Sie haben Erfahrung damit, ganze Welten zu versklaven. Viele Menschen leben relativ frei, aber sie achten scharf auf gewisse Dinge. Sie haben mit den Wastelandern gesprochen? Dann wissen Sie, wie die Welt aussieht. Moron herrscht, und Moron weiß alles. Sie kontrollieren die Schulen. Sie haben Bücher verboten und das Erzählen alter Geschichten. Es ist nicht erlaubt, einen Kalender zu führen. Oder eine Uhr zu besitzen.«