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»Aufhören!« befahl Niles scharf.

Im ersten Moment sah es fast so aus, als würde Mark seine Worte einfach ignorieren. Mit einem gellenden Wutschrei trat er zurück, drehte die Waffe herum und legte auf den Shark an, der sich stöhnend auf Hände und Knie zu erheben versuchte.

»Aufhören, habe ich gesagt!« befahl Niles noch einmal. Und diesmal gehorchte Mark. Widerwillig senkte er die Waffe, wich bis zur Wand zurück und sah zu, wie Skudder sich mühsam aufrichtete.

»Also - was ist passiert?« fragte Niles scharf. »Wo sind sie, und wie viele sind es?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Mark nervös. »Aber es sind viele. Sie schießen alles nieder, was sich bewegt. Wir hätten diesen Mistkerl da draußen einfach abknallen sollen. Aber vielleicht hole ich es ja noch nach.«

»Idiot«, sagte Skudder stöhnend. »Wenn ihr mich erschießt, dann bleibt hier unten keiner mehr am Leben.«

»Da wäre ich nicht so sicher, Mister Skudder«, sagte Niles eisig. »Wir sind nicht ganz wehrlos, wissen Sie?«

»Ihr habt keine Chance, und das weißt du auch, alter Mann«, erwiderte Skudder abfällig. »Gebt auf, und ich lasse euch am Leben.«

Mark stieß ihn so grob mit dem Gewehrlauf zwischen die Rippen, daß er sich erneut vor Schmerzen krümmte. »Für jemanden, der auf der falschen Seite einer Waffe steht, riskierst du ziemlich viel, Shark«, sagte er.

»Hören Sie endlich auf, Mark«, sagte Niles. »Wieviel Zeit haben wir noch?«

Mark brauchte nicht zu überlegen. »Nicht mehr viel«, gestand er dann. »Vielleicht können wir sie aufhalten. Sie waren schon in der Station, ehe wir sie überhaupt bemerkt haben.«

Niles wandte sich an Skudder. »Wie haben Sie das geschafft?«

Skudder grinste. Langsam hob er die Hand und streckte sie nach Charity aus. Mark fuchtelte drohend mit seiner Waffe herum, aber Charity winkte ab. »Lassen Sie ihn.«

Skudder bedankte sich mit einem spöttischen Kopfnicken, öffnete den Reißverschluß ihrer Ärmeltasche und zog eine kleine Scheibe aus weichem, grauem Kunststoff heraus. Charitys Augen weiteten sich vor Erstaunen.

»Eine Wanze!« sagte sie. »Du ... du hast mir eine Wanze angehängt? Aber dann ... das war alles ...«

»Geplant, natürlich«, sagte Skudder ruhig. »Glaubst du wirklich, du hättest fliehen können, wenn ich es nicht gewollt hätte?« Er schüttelte den Kopf. »Deine Freundin Net war so freundlich, uns zu verraten, was du vorhattest, und da ich schon lange eine Gelegenheit gesucht habe, Mister Niles einmal persönlich kennenzulernen ...«

Charity starrte ihn an. In ihrem Mund war plötzlich ein bitterer Geschmack, und sie mußte all ihre Selbstbeherrschung aufbringen, um sich nicht einfach auf ihn zu stürzen und ihm die Fäuste ins Gesicht zu schlagen. Großer Gott, was für eine Närrin war sie doch gewesen!

»Nimm es nicht tragisch«, sagte Skudder spöttisch. »Früher oder später hätten wir sie auch allein gefunden.«

»Du verdammter Mistkerl!« brüllte Mark. »Dafür bringe ich dich um!«

»Mark!« schrie Niles.

Aber diesmal regierte Mark nicht mehr darauf. Mit einer wütenden Bewegung riß er den Laser hoch und legte auf Skudder an.

Charity schlug ihm die Waffe aus der Hand, versetzte ihm einen Hieb in die Seite, der ihn auf die Knie herunterfallen ließ, und hob blitzschnell den Laser auf. Drohend richtete sie die Mündung der Waffe auf Skudder, behielt aber auch Mark scharf im Auge.

»Und jetzt?« fragte Skudder ruhig.

Charitys Gedanken überschlugen sich. Sie hatte einfach gehandelt, fast ohne zu denken, und es tat ihr auch nicht leid, Skudders Leben gerettet zu haben - aber er hatte recht, sie wußte einfach nicht, was sie tun sollte!

»Erschießen Sie ihn!« stöhnte Mark. Niles schwieg.

»Die Leute hier«, fragte Charity unsicher. »Haben Sie eine Chance?«

»Gegen meine Männer?« Skudder schüttelte überzeugt den Kopf. »Nein.«

»Er lügt!« keuchte Mark. Taumelnd stemmte er sich hoch, streckte die Hand aus und schaltete die Gegensprechanlage ein.

Plötzlich erfüllten Schüsse und Schreie das kleine Büro, der Kampf tobte noch immer.

»Ich will dein Wort!« sagte sie. »Du garantierst mir, daß Niles' Leute am Leben bleiben, wenn sie sich ergeben.«

Skudder überlegte einen Moment. Dann nickte er. »Okay. Ich verspreche es.«

»Glauben Sie ihm nicht!« kreischte Mark. »Alle Sharks sind Lügner!«

Charity beachtete ihn gar nicht. Sie sah Niles an. Und nach einer Weile nickte der alte Mann.

Langsam beugte er sich vor und drückte einen Knopf auf seinem Schreibtisch. Aus dem Lautsprecher drang ein gedämpftes Knacken, dann seine Stimme, die jetzt überall gleichzeitig in der Station erscholclass="underline"

»Hier spricht Commander Niles. Stellen Sie das Feuer ein. Wir ergeben uns.«

Charity reichte Skudder schweigend ihre Waffe.

11

Die Sonne ging wieder auf, bis sie das Gebiet der Sharks erreichten. Skudder hatte Wort gehalten. Nachdem die Verteidiger ihren Widerstand aufgegeben hatten, hatten auch sie das Feuer eingestellt; aber obwohl der Kampf alles in allem nicht einmal zehn Minuten gedauert hatte, gab es auf beiden Seiten Dutzende von Opfern zu beklagen - Charity schätzte, daß mindestens zwanzig, vielleicht auch dreißig Sharks getötet worden waren, während es beinahe hundert Bunkerbewohner erwischt hatte. Selbst Mark war sehr still geworden, als er die Bilanz des kurzen Gefechtes gehört hatte. Natürlich würde er niemals zugeben, daß Charity richtig gehandelt hatte.

Es spielte auch keine Rolle, dachte sie düster, während sie zusah, wie die kleine Kolonne sich dem Rande der Wüste näherte und die ersten Wagen bereits langsamer wurden, um einen steilen Hang hinaufzukriechen. Es waren fast dreihundert Menschen, die Skudders Sharks auf einigen altersschwachen Lastwagen zusammengepfercht hatten und die einem sehr ungewissen Schicksal entgegensahen.

Charity bezweifelte nicht, daß Skudders Versprechen ernst gemeint gewesen war, ihr Leben zu schonen. Aber sie war nicht sicher, ob er sein Versprechen halten konnte.

Sie verscheuchte den Gedanken und versuchte, durch die zerkratzte Windschutzscheibe hindurch mehr von ihrer Umgebung zu erkennen. Die Sonne stand wie ein lodernder Feuerball eine halbe Handbreit über dem Horizont und blendete sie, so daß sie kaum mehr als scharfe, schwarze Schatten wahrnehmen konnte, aber sie sah zumindest, daß das verbrannte Wüstenland in eine karge Steppe übergegangen war. Vor ihnen, vielleicht noch zwei, drei Meilen entfernt, erhob sich etwas, das wie die Silhouette einer Stadt aussah, Charity aber gleichzeitig irgendwie fremd vorkam. Viele der fünfzig Motorräder, die die Lastwagenkolonne eskortierten, war vorausgefahren, während der Rest von Skudders Streitmacher im Bunker zurückgeblieben war, um Jagd auf Überlebende zu machen, die sich in den labyrinthischen Gängen und Stollen von SS Nulleins verborgen haben mochten. Charity hoffte, daß wenigstens einige von ihnen entkommen konnten.

Die Sonne stieg rasch höher, und als sie näher kamen, erkannte Charity, daß das, was sie für eine Stadt gehalten hatte, in Wahrheit nur mehr die Ruinen einer Stadt waren. Der Anblick verwirrte Charity nur für einen Moment, ehe sie begriff, was er bedeutete. Sie dachte an das blauweiße Feuer, das vom Himmel gefallen war, kurz bevor sie den Bunker erreichte. Waren sechzig Jahre genug, die Strahlung auf ein erträgliches Maß zu dämpfen? Sie wußte es nicht.

»Wir sind bald da«, sagte Raoul, dem ihre Unruhe nicht entgangen war. Er versuchte zu lächeln, war aber zu müde dazu. »Sind die Fesseln zu eng?«

Charity blickte kurz auf ihre gefesselten Hand- und Fußgelenke und schüttelte den Kopf, antwortete aber nicht. Es war nicht das erste Mal, daß Skudders Stellvertreter ein Gespräch mit ihr anzufangen versuchte, aber bisher hatte sie nie reagiert. Sie mochte Raoul nicht, und diese Ablehnung ging weit über den instinktiven Widerwillen hinaus, den sie allen Sharks entgegenbrachte. Raoul war ihr unheimlich. Dabei behandelte er sie gut, und das Bedauern, mit dem er sie gefesselt hatte, schien echt zu sein.