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»Ich glaube ihm kein Wort«, sagte Mark. »Das ist lächerlich - zuerst überfallen uns seine ... seine Kreaturen, und dann lassen sie uns wieder laufen, als wäre nichts geschehen? Wieso?«

Skudder schwieg, aber dafür antwortete Charity.

»Weil Daniel den Befehl gegeben hat, euch zu töten«, sagte sie. »Alle.«

Mark wurde blaß, und auch Niles und Net starrten sie ungläubig an. Nur auf Gurks Gesicht war nicht die Spur einer Überraschung zu erkennen. Auch Raoul zeigte keine Spur von Erstaunen. Instinktiv rückte Charity auf ihrem Stuhl ein Stück von dem Shark weg. Das Unwohlsein, das sie stets in seiner Nähe verspürte, war stärker denn je.

»Ist ... das wahr?« fragte Niles zögernd.

Skudder nickte. »Ja. Aber ich werde es nicht tun.«

»Das wird Daniel nicht besonders erfreuen«, sagte Raoul.

Skudder funkelte ihn wütend an. »Daniel«, antwortete er ärgerlich, »wird nichts davon erfahren. Du nimmst dir zwei oder drei Laster und fährst zurück zum Bunker. Ihr holt alle Toten, die ihr findet. Auch unsere eigenen Jungs. Steckt sie in Uniformen.«

Raoul zog eine Grimasse.

»Das ist doch Wahnsinn! Daniel wird -«

»Die Jungs werden ein Feuer machen, draußen vor der Stadt«, fuhr Skudder nervös fort. »Wir verbrennen ein paar Autoreifen und ein bißchen Müll. Und die Toten legen wir dazu.«

»Damit Daniel glaubt, wir hätten sie alle erschossen?« Raoul lachte gezwungen. »Damit kommst du nie durch!«

»Vielleicht schon«, widersprach Skudder. »Daniel hat keinen Grund, uns zu mißtrauen. Und Sie werden die Geschichte bestätigen.« Er sah Niles an.

Niles nickte, schüttelte aber gleich darauf den Kopf und lächelte traurig. »Ihr Freund hat recht, Skudder«, sagte er. »Daniel wird das niemals glauben.«

»Haben Sie eine bessere Idee?« fuhr Skudder auf. »Verdammt, was soll ich tun? Euch alle umbringen? Oder es nicht tun und zusehen, wie Daniel uns alle umbringt?«

»Es könnte funktionieren«, mischte sich Gurk ein. »Wenn Net mir hilft, finden wir vielleicht ein Versteck. Aber wir können nur nachts marschieren.« Er sah die Wastelanderin an. »Nun?«

Net nickte widerwillig. »Ich habe ja wohl keine andere Wahl, oder? Aber es ist Wahnsinn.«

»Ich glaube ihm nicht«, beharrte Mark. »Das ist eine Falle.«

»Halten Sie endlich den Mund, Sie Idiot«, fauchte Charity. »Sie können ja hierbleiben.«

»Schluß jetzt!« sagte Skudder scharf. »Wir machen es so. Sie gehen zurück zu ihren Leuten und bereiten alles für den Abmarsch vor. El Gurk und Net bringen euch weg, sobald es dunkel wird. Wir geben euch so viel Wasser und Essen mit, wie wir können - aber es wird hart werden.«

Mark starrte ihn an. »Und jetzt erwarten Sie auch noch, daß ich Ihnen dankbar bin, wie?« fragte er.

»Nein«, antwortete Skudder wütend. »Ich erwarte, daß Sie die Schnauze halten und tun, was ich von Ihnen verlange.«

Ärgerlich drehte er den Kopf und funkelte Raoul an. »Und du? Worauf wartest du noch?«

Raoul stand gehorsam auf. Aber er ging noch nicht. »Damit kommst du nicht durch«, sagte er ernst. »Daniel wird uns alle umbringen.«

Skudder lachte abfällig. »Kaum. Er braucht uns nämlich noch, und das weiß er genau. Was ist los mit dir, Raoul - hast du Angst?«

Raoul antwortete nicht mehr. Mit einer abgehackten Bewegung drehte er sich herum und warf die Tür hinter sich ins Schloß.

Der Tag verging schleppend. Mark wurde zurück zu seinen Leuten gebracht, die in einer Tiefgarage irgendwo im Westen der Stadt eingeschlossen worden waren, um alles für den Abmarsch vorzubereiten, während Skudder, Net, Niles und Gurk noch über tausend Einzelheiten sprachen, von denen Charity kaum ein Wort verstand. Ein besonderes Gefühl von Unwirklichkeit machte sich in Charity breit, während sie den dreien zuhörte - es fiel ihr immer noch schwer, zu glauben, daß Skudders Angebot ernst gemeint war, und plötzlich verstand sie Marks Mißtrauen. Gleichzeitig kam sie sich fast schäbig vor, ihm nicht zu glauben - ihr war, als müsse er ihre Gedanken deutlich auf ihrem Gesicht lesen, und jedesmal, wenn er in ihre Richtung blickte, sah sie rasch weg. Sie begriff sehr wohl, daß Skudder nicht halb so aufrecht und edel war, wie sie es ihm im ersten Moment unterstellt hatte: Daniel hatte ihn einfach vor eine Entscheidung gestellt, die er nicht treffen konnte. Seine Ruhe war nur gespielt. In seinem Inneren tobte ein entsetzlicher Kampf.

Charity war sich beinahe sicher, daß sein schöner Plan scheitern würde. Stone - Daniel - mußte schon ein kompletter Narr sein, um auf Skudders Lüge hereinzufallen. Aber sie hatten einfach keine andere Wahl. Trotzdem - es konnte nicht funktionieren.

Und es funktionierte auch nicht.

Zwei Stunden, nachdem Raoul die Stadt verlassen hatte, kam er zurück. Und er war nicht allein.

13

Es waren sechs - fünf der panzergroßen, braunen Käferkreaturen, die Net und die Sharks Reiter nannten, und ein fast doppelt so großes, aber sehr viel schlankeres Etwas, das Charity an eine fette Libelle erinnerte und sich so ungeschickt auf seinen kurzen Beinchen bewegte, daß klar wurde, daß sein eigentliches Element die Luft war.

Im Nacken jedes einzelnen dieser Ungeheuer saß eine jener vierarmigen Insektenkreaturen, die Charity schon mehrmals zu Gesicht bekommen hatte. Einzig die Riesenlibelle trug zwei Reiter: einen der Vierarmigen - und Raoul.

»Das ist doch kein Zufall mehr«, murmelte Skudder.

Er wirkte mehr verstört als erschrocken. Sie waren aus dem Haus getreten, so wie Dutzende von anderen Sharks, die das überraschende Auftauchen der Moroni herbeigelockt hatte.

Und es kamen immer noch mehr. Im gleichen Maße, in dem sich die sechs gewaltigen Kreaturen die Straße hinaufschoben, füllte sich der Platz vor und hinter ihnen mit abenteuerlich gekleideten Gestalten.

Charity hatte bisher ganz automatisch angenommen, daß der Anblick der Sternenmonster für Skudder und seine Sharks eine Alltäglichkeit sein mußte, aber plötzlich begriff sie, daß das ganz und gar nicht stimmte. Diese Stadt hier gehörte den Sharks, und die Riesenkreaturen hatten darin so wenig verloren wie sie oder Niles und seine Leute. Die Spannung, die plötzlich in der Luft lag, war fast greifbar. Die Sharks waren erstaunlich ruhig, beinahe diszipliniert, aber Charity spürte, daß sie die Reiter nicht unbedingt als Freunde betrachteten. Eher als Eindringlinge.

»Sieht so aus, als hätte uns dein Freund verladen«, sagte Gurk. »Ich habe dieser Ratte gleich nicht getraut.«

Skudder machte eine ärgerliche Handbewegung. »Sei ruhig!« zischte er. »Ich will hören, was sie wollen. Vielleicht hat es ja nichts zu bedeuten.«

Aber daran glaubte er selbst nicht, das spürte Charity. Trotzdem warf auch sie Gurk einen warnenden Blick zu, sah sich unbehaglich um und folgte dann Skudder, der der Prozession der Ungeheuer entgegenging.

Die Giganten blieben stehen. Skudder musterte den vordersten Reiter mit gespielter Ruhe, drehte sich dann herum und schritt fast gelassen auf die titanische Libelle zu. Einige Sharks - ihre Zahl mußte auf mehr als hundert angestiegen sein, dachte Charity - wollten sich zu ihm gesellen, aber Skudder scheuchte sie mit einer unwilligen Handbewegung zurück. Zwei Schritte vor der riesigen Libelle blieb er stehen und legte den Kopf in den Nacken. Vor dem gigantischen Insekt sah er aus wie ein Zwerg.

»Hallo, Raoul«, sagte er ruhig. »Du kommst zu früh. Und du hast lieben Besuch mitgebracht, wie ich sehe.«

Raoul war zu weit entfernt, als daß Charity auf seinem Gesicht irgendeine Reaktion ablesen konnte, aber seine Stimme klang nervös, als er antwortete.

»Tut mir leid, Skudder«, sagte er. »Sie ... sind mir auf halber Strecke entgegengekommen.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den schwarzgepanzerten Insektenkrieger vor sich. »Das ist R'hen. Daniel schickt ihn.«