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Benjamin stöhnte und erwiderte: »Ich hab dich nie nich gesehen, Mister, und bei Gott, ich wünschte, das wäre die Wahrheit. Ich mach dir keinen Ärger.«

Sie kehrten auf Umwegen zum Haus der Mayhews zurück, und erst als Dodger den Zeitungsjungen sah und hörte, wie er »Grausiger Mord! Lesen Sie alles darüber! Mörder von tapferem Helden überwältigt!« rief, begriff er, dass das Leben immer vertrackter wurde.

Schließlich erschien vor ihnen wieder das kleine Tor der Mayhews, und Dodger sah sich rasch nach weiteren Beobachtern um; offenbar gab es keine. Er öffnete das Tor für Simplicity, die sagte: »Vielen, vielen Dank, mein lieber Dodger.« Und sie warf ihm einen Kuss zu, der völlig lautlos war, doch für Dodger schien er so laut zu sein wie alle Glocken von London beim gemeinsamen Läuten.

Das Gespräch mit den Mayhews verlief weniger mühsam, als Dodger befürchtet hatte, zumal er darauf hinwies, dass jemand nach Simplicity suchte. Und sie wollten doch sicher nicht, so betonte er, dass dieser Jemand an ihre Tür klopfte.

»Wenn Sie so freundlich wären, Miss Simplicity beim Packen zu helfen und eine Kutsche zu rufen …«, schloss Dodger seine Ausführungen. »Dann bringe ich sie unverzüglich zu Charlie, wo wir sicher genug sein dürften, um die nächsten Schritte zu planen. Und ich bitte Sie, Missus Mayhew und Mister Mayhew, diesmal brauchen wir keine Anstandsdame.«

»Ich muss Einwände erheben«, erwiderte Missus Mayhew. »Mir scheint …«

Dodger öffnete den Mund, aber Simplicity kam ihm zuvor, gab Missus Mayhew einen Kuss und sagte: »Jane, ich bin eine verheiratete Frau und kann mit Bestimmtheit sagen, dass mich mein Mann als Sklavin möchte – oder tot. Ich begleite Dodger. Wahl und Schuld liegen bei mir, und ich möchte nicht, dass dieser Haushalt meinetwegen irgendwie zu Schaden kommt.«

Mister und Missus Mayhew starrten sie an, wie man vielleicht einen Hund anstarrt, der gerade ein Lied gesungen hat, und dann setzte sich der gesunde Menschenverstand durch, und Mister Mayhew sagte: »Liebe Missus Sharples, könnten Sie vielleicht eine Kutsche rufen, während du, meine Liebe« – diese Worte galten seiner Frau –, »vielleicht so freundlich wärst, Miss Simplicity beim Packen ihrer wenigen Sachen zu helfen, damit alles bereit ist, wenn die Kutsche vorfährt.«

Für Dodger konnte die Kutsche diesmal nicht schnell genug kommen, und als sie schließlich vor dem Haus hielt, drückte Mister Mayhew ihm eine halbe Krone in die Hand.

»Gut gemacht, mein lieber Dodger, gut gemacht!«

Als die Kutsche zur Fleet Street rollte, fragte Simplicity: »Mein lieber Dodger, warum hast du mich im Regen gerettet?«

Es haute ihn regelrecht um, aber er brachte hervor: »Weil es mir nicht gefällt, wenn irgendwelche Leute andere Leute zusammenschlagen, die niemanden haben, an dem sie ihren Zorn ihrerseits auslassen können. Davon musste ich als Kind zu viel ertragen, und außerdem warst du ein Mädchen.«

Ihr Ton änderte sich, als sie erwiderte: »Eine Frau, Dodger. Hast du gewusst, dass ich mein Kind verloren habe?«

Das brachte Dodger in Verlegenheit. »Ja … äh … tut mir leid, dass ich nicht eher da war.«

»Dodger, du bist wie ein Gott aus dem Regen aufgetaucht. Wie hättest du noch schneller sein können?« Und diesmal musste sie sich nicht damit begnügen, ihm einen Kuss zuzuwerfen. Sie lieferte ihn auf kürzestem Weg.

Charlie war nicht beim Chronicle, aber in seinem Büro traf Dodger einen der zahlreichen Jungen, die für die Zeitung arbeiteten, indem sie mit Zetteln in der Hand umherliefen und dabei sehr wichtig aussahen. Dieser Junge starrte Dodger an wie den Erzengel Gabriel und fragte heiser: »Stimmt es, dass du das Ungeheuer mit seiner eigenen Krawatte erdrosselt hast? Oh, darf ich dich bitten, deinen Namen für mich auf dieses Stück Papier zu schreiben? Ich stelle ein Sammelalbum zusammen.«

Dodger blickte in das Gesicht des Jungen, das ein wenig schmutzig war, ebenso wie seine Kleidung, sicherer Hinweis darauf, dass es in diesem Gebäude überall Tinte gab. Er wusste nicht genau, was er sagen sollte, und suchte bei der Wahrheit Zuflucht. »Weißt du, Junge, er war einfach nur ein sehr kranker alter Mann, verstehst du? Er glaubte, Tote zu töten, die zu ihm zurückkehrten und ihm keine Ruhe ließen. Ich habe ihn nicht erwürgt, klar? Ich habe ihm nur das Rasiermesser abgenommen, und die Peeler brachten ihn fort, und das ist alles, hast du verstanden?«

Der Junge wich ein wenig zurück und meinte: »Bestimmt sagst du das nur, weil du zu bescheiden bist. Und falls du hierherkommst, lässt Mister Dickens dir ausrichten, dass er im House of Parliament zu finden ist, weil er heute ein bisschen auf Berichterstatter macht. Der Mann an der Tür lässt dich eintreten, hat er gesagt. Und wenn es irgendwelche Schwierigkeiten gibt, sollst du sagen, dass du vom Chronicle bist. Und schreibst du jetzt deinen Namen auf diesen Zettel, bitte?« Der Junge steckte ihm den Stift fast in die Nase, und Dodger gab nach. Der Junge bekam einen gekritzelten Namen, und Dodger bekam den Stift.

»Ich weiß nicht, wo genau Mister Charlie sich aufhält, aber du kannst jederzeit die Peeler fragen«, sagte der Junge und lächelte. »Ich wette, es wimmelt nur so von denen.«

Einen Peeler fragen! Dodger? Doch dieser Einwand kommt zweifellos vom alten Dodger, dachte er. Und immerhin, er war ein doppelter Held, auch wenn beide Fälle auf einem Missverständnis beruhten. Zumindest für einen Jungen mit Tintenflecken im Gesicht war er ein Held, und ein Held sollte aufrecht vor den Peelern stehen, oder etwa nicht? Ein Held würde ihnen unverwandt in die Augen blicken, und außerdem hatte Simplicity ihn geküsst, und für einen weiteren Kuss von ihr wäre er bereit gewesen, einem Peeler in den Hintern zu treten. Er musste nur weiter dem eingeschlagenen Weg folgen, dann wurde das Leben besser, und vielleicht wurde es noch besser, wenn er auf die Hilfe von Mister Dickens zurückgreifen konnte.

Er sah Simplicity an und sagte: »Tut mir leid, aber mir scheint, wir haben eine weitere Fahrt vor uns.«

Und dann blieb ihnen nichts anderes übrig, als eine der draußen wartenden Kutschen zu nehmen und zum Parliament Square zu fahren. 

9

Dodger bringt ein Rasiermesser ins Parlament und begegnet einem Mann, der auf der richtigen Seite stehen möchte

Den Männern, die das Parlamentsgebäude bewachten, ob in Uniform oder nicht, widerstrebte es, Dodger und Simplicity Eintritt zu gewähren, vielleicht deshalb, weil sie französische Spione sein konnten – oder gar russische. Dodger war weder das eine noch das andere, aber anstatt den Wächtern zu sagen, dass sie sich zum Teufel scheren sollten – was der frühere Dodger getan hätte, der Dodger ohne Simplicity am Arm –, stand er einfach nur da, bemühte sich, möglichst groß auszusehen, und sagte: »Ich bin Mister Dodger und möchte zu Mister Charlie Dickens.«

Dies bewirkte den einen oder anderen Lacher, aber Dodger blieb weiterhin aufrecht stehen und starrte die Männer an, und schließlich sagte einer von ihnen: »Dodger? Ist das nicht der Mann, der heute Morgen den teuflischen Friseur überwältigt hat, drüben in der Fleet Street?« Der Mann, der als Erster gesprochen hatte, kam näher und sagte: »Es heißt, die Peeler hätten Angst gehabt, den Laden zu betreten. Offenbar findet eine Sammlung statt, und es sollen schon fast zehn Guineen zusammengekommen sein.«