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Ein tragbarer Echowerfer war aufgestellt worden. Jared setzte sich an den Konferenztisch und konzentrierte sich auf die von den Umsitzenden reflektierten Laute. Alle Senioren hatten ihre angestammten Plätze eingenommen, während die Zeugen eine eigene Gruppe bildeten.

»Ich glaube, zuletzt war Überlebender Metcalf aufgerufen«, erklärte Senior Averyman. »Er berichtete uns, was er gehört hat.«

Ein magerer, aufgeregter Mann trat an den Tisch. Deutlich hörbar flocht er die Finger ineinander, preßte sie zusammen, löste sie wieder.

»Ich konnte die Geräusche nicht allzu deutlich vernehmen«, entschuldigte er sich. »Ich kam eben vom Garten zurück, als ich Sie und den Primär rufen hörte. Aus den Echos der Stimmen gewann ich ein Bild des Wesens.«

»Und wie hörte es sich an?«

»Ich weiß nicht recht. Es entspricht in der Größe wohl einem Menschen.«

Die Art, wie der Zeuge ständig seinen Kopf hin- und herdrehte, ging Jared auf die Nerven. Der Mann hatte einen dichten Haarvorhang vor dem Gesicht, und die schwankende, wallende Bewegung des Haars erinnerte Jared an das flatternde Fleisch des Ungeheuers aus der Ursprungswelt.

»Konntest du sein Gesicht hören?« fragte Averyman.

»Nein. Die Entfernung war zu groß.«

»Und einen — unheimlichen Laut?«

»Ich weiß nichts von einem lautlosen Ton, den andere gehört haben wollen.«

Metcalf trug dichtes Haar vor dem Gesicht. Ebenso Averyman, auch zwei weitere Zeugen. Und nicht ein einziger von diesen vier Leuten hatte psychische Eindrücke einer dröhnenden Stille empfangen, fiel Jared ein. Selbst im Oberen Schacht hatte keiner mit struppigem Gesicht den unfaßbaren, unhörbaren Lärm der Ungeheuer vernommen.

Jared räusperte sich, schluckte unter Schmerzen, hustete mehrere Male und griff sich an den Hals. So schlecht hatte er sich noch nie gefühlt.

Averyman entließ den Zeugen und rief den nächsten auf.

Inzwischen waren die Vernehmungen ausgesprochen langweilig geworden. Es gab ja nur zwei Kategorien von Zeugen — solche, die den übernatürlichen Laut gehört hatten, und solche, denen er entgangen war.

Bedeutsamer schien Jared die wachsende Unsicherheit, die er in sich feststellen mußte. Er war nicht mehr unbedingt davon überzeugt, daß die Ungeheuer als Strafe für seine Mißachtung der Barriere angesehen werden mußten. Da die entsetzliche Bedrohung auf Jareds ernstgemeinte Reue hin nicht aufhörte, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder hielt Licht jedes Maß von Buße für ungenügend, oder sein Besuch in der Ursprungswelt hatte die Ungeheuer gar nicht aufgebracht.

Er richtete sich auf, als ihm eine dritte Möglichkeit einfieclass="underline" Angenommen, seine Meinung, Licht und Dunkelheit seien etwas Körperliches, träfe zu. Angenommen, es wäre ihm beinahe gelungen, auf der Suche danach eine bedeutsame Wahrheit zu entdecken. Und weiterhin angenommen, die Ungeheuer, bemüht, sein Bestreben zu vereiteln, hätten erkannt, wie nah er seinem Ziel gewesen sei. Würden sie nicht alles getan haben, ihn zu entmutigen?

Ein heftiges Niesen entrang sich ihm. Averyman machte mißbilligend eine Pause.

Der neue Zeuge war ein Junge, dessen aufgeregter Bericht keinen Zweifel daran ließ, daß er die unmöglichen Geräusche gehört hatte.

»Und wie würdest du diese — Empfindungen beschreiben?« brachte Senior Averyman seine Frage zu Ende.

»Es war, als prallten irre Schreie gegen mein Gesicht. Und als ich die Ohren mit den Händen bedeckte, hörte ich sie immer noch.«

Das Gesicht des Kindes war Averyman zugewandt, und Jared konnte Einzelheiten nicht erkennen. Aber plötzlich schien es ungeheuer wichtig, daß er den Gesichtsausdruck des Jungen hörte. Er stand auf, ging um den Tisch herum, ergriff den Jungen bei den Schultern und drehte ihn so, daß sein Gesicht von den Tönen des Echowerfers getroffen wurde.

Es war, wie er vermutet hatte — die Augen des Kindes standen offen.

»Möchtest du etwas sagen?« fragte Averyman, ohne seinen Ärger über die Unterbrechung ganz verbergen zu können.

»Nein — nichts.« Jared kehrte an seinen Platz zurück.

Der Junge gehörte zum Typ der Leute mit geöffneten Augen. Jared selbst hatte die Augen offen. Drei andere Zeugen fielen in dieselbe Kategorie. Und alle hatten sie die seltsame Empfindung gespürt!

Hatte er also doch mit seiner früheren Vermutung recht — hing der lautlose Ton irgendwie mit den Augen zusammen, vorausgesetzt, sie waren geöffnet? Und jetzt fiel ihm auch ein, wie merkwürdig seine Augen bei dem Ritus der Erregung des optischen Nervs reagiert hatten. Die unheimlichen Lautringe schienen doch deutlich hinter seinen Lidern getanzt zu haben, nicht wahr?

Aber welche Schlüsse ließen sich daraus ziehen? Wenn die Augen nur dazu gemacht waren, Licht zu spüren, warum konnten sie dann auch das Böse der Ungeheuer erkennen? Die Flut von Gedanken verwirrte und erregte ihn zugleich. Und er ärgerte sich darüber, daß diese Flut nicht auch Antworten mitschwemmte. Die Augen schienen das verbindende Element zwischen Gottheit und Teufel darzustellen; war es möglich, daß das Licht mit den Ungeheuern ein gemeines Komplott geschmiedet hatte? fragte er sich ängstlich.

Da! Er hatte sich einen lästerlichen Gedanken erlaubt! Und er wartete auf den Zorn des Allmächtigen.

Statt dessen kam eine direkte Frage von Senior Averyman: »Nun, Jared — ich meine, Primär — du hast die verschiedenen Beschreibungen gehört. Wie wirken sie im Vergleich zu deinen Eindrücken von dem Ungeheuer in der Ursprungswelt?«

Jared beschloß, diesmal etwas klüger zu sein. »Ich bin mir gar nicht so sicher, daß ich wirklich ein Ungeheuer gehört habe. Man weiß ja, wie manchmal die Phantasie mit einem durchgeht.« Es hatte keinen Sinn, die Aufmerksamkeit der anderen auf seine Erfahrungen mit dem Wesen zu lenken. Er hörte auch nicht ein, was zu gewinnen war, wenn er ihnen vom Überfall im Oberen Schacht berichtete.

»Wie? Was?« fragte Senior Haverty. »Du meinst, du hast in der Ursprungswelt kein Ungeheuer gehört? Du bist aber doch dort gewesen, oder nicht?«

Jared versuchte, sich mehrmals zu räuspern, aber die schmerzhafte Rauheit in seiner Kehle blieb. »Ja, ich bin dort gewesen.«

»Und seitdem ist allerhand geschehen«, brachte Senior Maxwell in Erinnerung. »Wir haben einige heiße Quellen verloren. Ein Ungeheuer hat unseren Primär verschleppt. Glaubst du, daß du für diese Unglücksfälle die Verantwortung trägst?«

»Nein, das nehme ich nicht an.« Warum sich selbst beschuldigen?

»Manche Leute sind aber anderer Meinung«, sagte Averyman steif.

Jared sprang auf. »Wenn das ein Versuch sein soll, mich zu stürzen…«

»Setz dich«, sagte Maxwell. »Senior Averyman war der Ansicht, daß wir dich zum Primär machen müßten. Aber nichts kann uns daran hindern, dich abzusetzen, wenn wir es für das beste halten.«

»Die Frage ist eben«, wiederholte Haverty, »ob du für alles verantwortlich bist, was dieser Welt zugestoßen ist.«

»Natürlich nicht! Die drei ersten Quellen versiegten lange bevor ich die Barriere überstieg.«

Es wurde still am Tisch. Aber Jared war mehr als jeder andere von der Wahrheit überrascht, die er so ganz spontan ausgesprochen hatte. Dadurch wurde ihm schlagartig vieles klar.

»Begreift ihr denn nicht?« Er beugte sich über den Steintisch, ließ die Echos vom tragbaren Gerät gegen sein Gesicht prallen, damit die anderen hören konnten, wie ernst es ihm war. »Was jetzt geschehen ist, kann mit meiner Übersteigung der Barriere gar nichts zu tun haben! Der Obere Schacht kämpft genau mit denselben Schwierigkeiten! Man hat mehrere heiße Quellen verloren, und einer der Senioren wurde vermißt, bevor ich die Ursprungswelt überhaupt betreten habe!«

»Wir könnten das eher glauben«, meinte Averyman zynisch, »wenn du uns früher davon erzählt hättest.«

»Mir ist bisher einfach noch nicht klar gewesen, daß ich die Barriere erst überstiegen hatte, nachdem diese Dinge schon geschehen waren. Und ich sagte mir, daß man nur um so eher bereit sein würde, mir die Schuld zuzuschieben, wenn ich auch noch von den Vorfällen im Oberen Schacht erzählte.«