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»Wie?« meldete sich Haverty. »Woher wissen wir, daß du jetzt die Wahrheit sagst?«

»Erkundigt euch bei der offiziellen Eskorte, wenn man mich abholt.«

Jared fühlte sich wie aus den Tiefen der Strahlung befreit. Er hatte die Fesseln des Aberglaubens abgeworfen, die ihn sonst sein Leben lang in Angst und Schrecken festgehalten hätten.

Seine Erleichterung war nahezu grenzenlos — da er wußte, daß sein Vordringen in die Ursprungswelt auf der Suche nach Dunkelheit und Licht die Rache einer erzürnten göttlichen Macht nicht hervorgerufen hatte. Er brauchte also diese Suche nicht aufzugeben. Natürlich konnte er sich nicht mit ganzer Kraft dieser Aufgabe widmen — nicht, seit er Primär geworden war und vor einer Verbindung mit Della stand. Aber er konnte wenigstens weitermachen.

Eine Last hob sich von seinem Gemüt, machte der Überschwenglichkeit Platz. Am liebsten hätte er Freudenschreie ausgestoßen, wenn nicht die Halsschmerzen gewesen wären.

Er nieste, und in seinem Schädel begann es zu pochen.

Einige Augenblicke später nieste auch Senior Maxwell…

Plötzlich erhob sich draußen Lärm, und Jared spannte die Muskeln, als er den Geruch des Ungeheuers wahrnahm.

Jemand betrat eilig die Grotte und sagte beruhigend: »Laßt euch von dem Gestank nicht aus der Ruhe bringen.« Die Stimme gehörte Romel. »Er kommt von einem Gegenstand, den ich in der Hand halte — das Ungeheuer hat ihn verloren, als es den Primär verschleppte.«

Jared fing die Echos auf, die vom tragbaren Gerät gegen das Objekt in der Hand seines Bruders geschleudert wurden. Es war das Gewebe, das er im Tunnel vergraben hatte. Romel war also dabei, das Wurfseil fester zu packen. Und Jared wartete auf den Ruck, der ihn zu Boden werfen würde.

Die Senioren hatten inzwischen Zeit gehabt, das stinkende Tuch zu studieren und Maxwell fragte: »Woher hast du das?«

»Ich belauschte Jared, wie er es versteckte. Und ich grub es aus.«

»Warum sollte er denn so etwas tun?«

»Fragt ihn doch!« Bevor Maxwell jedoch dazu Gelegenheit hatte, fuhr Romel fort: »Ich glaube, daß er das Ungeheuer decken wollte. Versteht mich jetzt nicht falsch. Jared ist mein Bruder. Aber die Interessen unserer Welt sind vorrangig. Deshalb decke ich diese Verschwörung auf.«

»Das ist ja einfach lächerlich —«, begann Jared.

»Wie? Was?« unterbrach ihn Haverty. »Verschwörung? Was für eine Verschwörung? Warum sollte dein Bruder mit dem Ungeheuer zusammenarbeiten? Wie könnte er mit ihm konspirieren?«

»Er verschwand heimlich und traf mit ihm in der Ursprungswelt zusammen oder etwa nicht?«

Echos brachten nur den Eindruck der vor Romels Gesicht hängenden, dicht verfilzten Haare. Aber Jared wußte, daß das hinter dem Vorhang verborgene Lächeln genauso heimtückisch war wie bei jedem gelungenen Streich in der Kindheit.

»Ich habe das Tuch versteckt«, begann er, »weil —«

Aber Haverty ließ sich nicht beirren. »Was würde er bei einer Verschwörung mit dem Ungeheuer gewinnen?«

Das Wurfseil gestattete noch einen Ruck. »Er ist immerhin jetzt Primär, nicht wahr?« sagte Romel lachend.

Jared fuhr hoch. Aber zwei Senioren hielten ihn zurück.

»Ein solcher Ausbruch läßt die Beschuldigung nur plausibler erscheinen«, erklärte Averyman.

Jared ließ sich wieder auf die Bank sinken. »Ich habe das Tuch versteckt, weil ich es später studieren wollte. Ich konnte es ja nicht gut mitbringen, ohne denselben Fragen ausgesetzt zu sein, die ich jetzt auch zu beantworten habe.«

»Das klingt vernünftig«, brummte Averyman. »Und wie steht es mit dieser Verschwörung?«

»Würdet ihr sagen, daß ich etwas zu gewinnen hätte, wenn das Ungeheuer einen Zerver verschleppt?«

»Persönlich nicht, nein.«

Er berichtete von dem Überfall der beiden Ungeheuer im Oberen Schacht. »Und warum hast du nicht früher davon angefangen?« fragte Averyman schließlich mürrisch.

»Aus genau demselben Grund, den ich vorhin erwähnte — ich hatte gar nicht begriffen, daß ich für die Geschehnisse nicht verantwortlich war.«

»Wir werden die Geschichte von dem Raub des Zervers durch die Ungeheuer nachprüfen«, bemerkte Maxwell kühl.

»Wenn ihr mich bei einer Lüge ertappt, bin ich mit jeder Strafe einverstanden.«

Averyman erhob sich. »Ich denke, diese Untersuchung hat für die jetzige Periode lang genug gedauert.«

»Untersuchung? Quatsch!« knurrte Jared. »Hören wir doch endlich mit dem Gerede auf und machen wir uns auf die Suche nach dem Primär!«

»Langsam«, mahnte Haverty. »Wir dürfen nichts übereilen. Vielleicht haben wir es mit Kobalt und Strontium selbst zu tun.«

»Aber sie kommen wieder!«

»Dann müssen wir uns auf die Wachen am Eingang und auf den Kustos verlassen, der die Teufel schon austreiben wird.«

Jared erkannte, daß es ihm nicht gelingen würde, die Senioren von ihrem Aberglauben zu befreien.

Später in dieser Periode zog er sich in die Fenton-Grotte zurück, um die Neuverteilung der restlichen Mannafrüchte auf Mensch und Tier zu berechnen. Über den Sandkasten gebeugt, strich er die Schreibfläche glatt und machte sich von neuem mit dem Griffel an die Arbeit. Aber ein heftiges Niesen fegte die Oberfläche wieder glatt. Verärgert warf er den Griffel in den Kasten. Er schob ihn weg und ließ den Kopf auf den Tisch sinken. Nicht nur das ständige Niesen machte ihn wahnsinnig, sein Kopf fühlte sich auch an, als sei er mit warmer, feuchter Wolle vollgestopft. Er hatte auch früher schon Fieber gehabt, wenngleich nicht in diesem Maße. Außerdem war ihm eine solche Krankheit noch nie bekanntgeworden.

Er versuchte, sich von seinem körperlichen Unbehagen abzulenken, indem er wieder erfreut an die beinahe unfaßbare Erkenntnis dachte, daß kein göttliches Wesen der Suche nach Licht im Wege stand. Die Ungeheuer mochten seinem Bemühen Widerstand leisten. Aber sie waren zu überwinden — wenn er ihre Macht, andere in Schlaf zu versetzen, brechen konnte.

Quälend auch, wie alles auf einen gewaltigen, unbegreiflichen Plan hinzudeuten schien, in den so viele körperliche und geistige Dinge gewebt waren. Welch geheimer Zusammenhang bestand zwischen den Augen und Licht, Licht und Dunkelheit, Dunkelheit und der Ursprungswelt, der Ursprungswelt und der Strahlung? Die offensichtliche Verknüpfung erstreckte sich auch auf die Zwillingsteufel, kehrte dann in weitem Bogen zurück zu den Augen und zum Licht-Dunkel-Komplex.

Er ertappte sich bei der Erinnerung an Cyrus, den Denker, der seine Zeit damit verbrachte, in der Grotte am anderen Ende der Welt zu meditieren. Vor langer Zeit hatte er den alten Mann neue Ideen über die Dunkelheit erklären hören. Vielleicht hatten diese philosophischen Gespräche den Grundstein zur Suche nach Dunkelheit — und Licht — überhaupt erst gelegt. Jared erkannte, daß er wieder mit dem Denker reden mußte — und zwar bald.

Die Vorhänge teilten sich; Many, einer der frischgebackenen Überlebenden, kam herein.

»Dafür, daß du erst ein paar Herzschläge lang Primär bist, hast du dir schon allerhand eingebrockt«, tadelte er. »Wie kann man nur vor den Senioren damit herausplatzen, daß man die Ungeheuer verfolgen will.«

Jared lachte. »Ich hätte wohl besser den Mund gehalten.«

Many setzte sich neben ihn auf die Steinbank und nieste. »Der Kustos hat einen Tobsuchtsanfall erlitten, als er davon erfuhr. Er ist jetzt der Ansicht, daß Romel einen besseren Primär abgeben würde.«

»Sobald ich einigermaßen klarhöre mit den heißen Quellen, werde ich mit ihm sprechen.«

»Er sagte, dein Benehmen bei der Verhandlung habe deutlich gezeigt, daß deine Reue nicht echt gewesen sei. Und er prophezeit weitere Katastrophen für unsere Welt.«