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Er ignorierte sie, blieb stehen und klatschte in die Hände, um ein letztesmal seine Heimat zu hören. Dann hastete er zum Eingang.

Er entdeckte das Rauschen der Flügel nicht, bis ihm das verhaßte Geräusch ganz nahe gekommen war. Zur selben Zeit fing er den Geruch der Fledermaus auf. Er versuchte, sich rechtzeitig seiner Reservewaffen zu entledigen, um dem Angriff begegnen zu können.

Er schüttelte die Köcherriemen ab, warf den Bogen weg und ließ eines der Speerbündel fallen. Bevor er noch die Schnur berühren konnte, mit dem das andere Bündel zusammengeknüpft war, fegte der Vampir durch den Eingang und setzte im Sturzflug zur ersten Attacke an.

Jared sprang zur Seite. Es gelang ihm, diesmal noch auszuweichen, ohne mehr als eine Kratzwunde am Arm davonzutragen. Er warf sich zu Boden und nestelte verzweifelt an dem Knoten. Die schrillen Schreie des Tiers vermischten sich mit dem entsetzten Kreischen der Frau und zeichneten jedes Merkmal des Unteren Schachtes so deutlich, als erfüllte der Zentralechowerfer noch die Welt mit seinen Tönen.

Die Bestie stieg hoch hinauf unters Gewölbe und setzte zum zweiten Angriff an. Jared hörte, daß er keinen Speer mehr aus dem Bündel zu ziehen vermochte, ehe ihn der Vampir mit seinen gräßlichen Fangzähnen erreicht hatte.

Im nächsten Augenblick, als er sich in das Unvermeidliche schon gefügt hatte, wurde er sich abrupt des Lichtzylinders bewußt, der aus dem Tunnel in den Unteren Schacht fegte.

Er richtete sich auf ihn und vermittelte auch seinen Augen den Eindruck der riesigen, kreischenden Bestie, die eben auf ihn hinabstürzte.

Er zitterte vor Angst, als er die abscheuliche Gestalt des Vampirs durch das Medium des Lichts wahrnahm.

Das Tier war praktisch nur noch eine Armlänge von ihm entfernt, als vom Eingang her ein gewaltiger Knall ertönte. Zur selben Zeit fauchte eine winzige, weiße Lichtzunge, vergleichbar in der Helligkeit dem Wasserstoff, in die Welt.

Und Jared spürte, daß diese beiden Erscheinungen etwas damit zu tun hatten, daß der Vampir wie von einer unsichtbaren Faust getroffen hochgerissen wurde und dann neben ihm zu Boden stürzte.

Bevor er sich über dieses Zusammentreffen Gedanken machen konnte, kam der Lichtzylinder näher heran, und er fing den Geruch des Ungeheuers dahinter auf. Er benützte die Lichteindrücke als Markierungen, stieß mit dem Fuß gegen das Speerbündel und die Schnur zerriß. Die Lanzen rollten über den Boden.

Er packte eine davon, wandte sich dem Eingang zu und holte aus.

Ssss-pfff.

Ein scharfer Schmerz brannte in seiner Brust, und der Speer fiel klappernd zu Boden, als Jared zusammenbrach.

16

Zuerst glaubte Jared, Tast-Lauteindrücke durch Lea zu empfangen. Er lauschte — wie er meinte, durch das Bewußtsein der Frau — vielen Stimmen, die durch die Entfernung undeutlich wurden. Der Strom stimmhafter Eindrücke, durch das ›Fenster‹ eindringend, zerteilte sich und prallte gegen die Innenwände.

Zweifellos hatte er das Muster des Gebäudes vor sich, in dem Lea gefangengehalten wurde. Diesmal waren die Empfindungen jedoch äußerst deutlich. Er konnte die Riemen beinahe fühlen, mit denen ihre Arme ans ›Bett‹ gefesselt waren.

»Lea?« dachte er.

Aber er bekam keine Antwort.

Dann begriff er, daß die Vorstellungen nicht aus zweiter Hand kamen. Es war er, der in dieser Hütte festgehalten wurde! Wenn ihm diese Tatsache bisher nicht zum Bewußtsein gekommen war, so lag das möglicherweise daran, daß er immer noch den Auswirkungen des Zischens unterlag, das ihn seiner Sinne beraubt hatte.

Er lauschte konzentriert und entschied dann, daß sich in diesem Raum niemand bei ihm befand. Vorsichtig wandte er sich nach links dem Fenster zu und hörte das Rascheln eines schweren Vorhangs. Durch eine Brise öffneten sich gelegentlich Lücken in diesem Vorhang, durch die das Stimmengewirr lauter, aber kaum besser verständlich, hereindrang.

Eine heftigere Luftströmung packte den Vorhang, schob ihn etwas beiseite, und er empfing die Lauteindrücke einer Felswand, deren Höhe unermeßlich schien. Es war ein Muster, von dem er überzeugt war, es schon einmal gehört zu haben, und er suchte danach in seinem Gedächtnis.

Natürlich — es war dieselbe Wand, durch die er und Mogan in die Strahlung getaumelt waren. Bevor der Vorhang an seinen Platz zurückfiel, hörte er sogar die ferne, festumgrenzte Hohlheit der Tunnelmündung.

Es gab keinen Zweifel mehr. Er befand sich irgendwo in der erschreckenden Weite der Strahlung. Seine Augen öffneten sich, und er zuckte unter dem Ansturm der Eindrücke zusammen. Und doch war die Empfindung nicht so unerträglich, wie er erwartet hatte. Die Sanftheit führte er darauf zurück, daß die Wände der Hütte sehr viel Licht abhielten.

Er wandte den Kopf zum Fenster, fuhr aber sofort zurück. Im Bruchteil eines Herzschlags, bevor seine Lider sich zusammenpreßten, hatte er einen beängstigenden Eindruck aufgefangen. Es war, als spränge ein Teil Wasserstoffs durch einen Spalt im Vorhang, um sich in einem langen, schmalen Streifen auf die relative Dunkelheit des Bodens zu werfen!

Viele Herzschläge später zwang er sich, die Augen wieder zu öffnen. Er kämpfte gegen seine Fesseln. Seine Arme, die unterhalb des Ellenbogens frei waren, stemmte er hoch, aber es nützte nichts. Gegen die Nachwirkungen des Zischens war er immer noch hilflos.

Im nächsten Augenblick unterdrückte er einen Angstschrei und schloß die zitternden Lider über den Augen. Er hatte das Muster einer bedrohlichen, entsetzlichen Erscheinung aufgefangen — ganz knapp vor seinem Gesicht! Es war etwas Knolliges mit fünf gebogenen Auswüchsen, das ihn vage an den Lauteindruck einer —

Aber nein, das konnte nicht sein! Und doch! —

Er öffnete die Augen und bewegte probeweise einen Finger seiner linken Hand. Und einer der Auswüchse bewegte sich ebenfalls. Erleichtert ließ er die Hand sinken. Aber seine Verwirrung wuchs. In den Legenden hieß es, daß das Licht alle Dinge berühren und unglaublich verfeinerte Eindrücke bringen würde. Keiner der Glaubenssätze hatte auch nur darauf angespielt, daß ein Überlebender auch Eindrücke seines eigenen Körpers empfangen würde!

Er hob die Hand wieder so weit, daß er sie sehen konnte, und studierte die Eindrücke. Wie unglaublich vollkommen sie waren! Er konnte jede Rune in der Handfläche, jedes Härchen auf dem Handrücken erkennen.

Dann erstarrte er ungläubig. Die Hand hatte sich abrupt zwiegeteilt, als hätte das Original ein zweites Exemplar hervorgebracht! Die beiden verschmolzen wieder miteinander, dann trennten sie sich wieder, wichen weiter auseinander!

Gleichzeitig spürte er einen wechselnden Druck an den Muskeln seiner Augäpfel — eine Anspannung, die sich am Nasenrücken bemerkbar machte, sobald sich die Hand teilte. Die Spannung ließ sofort nach, wenn die beiden Eindrücke miteinander verschmolzen. Er stellte fest, daß er mit einiger Anstrengung die verwirrenden und gewiß falschen Eindrücke von zwei gleichartigen Händen vermeiden konnte, da ihm doch alle anderen Sinne sagten, daß es nur eine einzige war.

Stimmen in unmittelbarer Nähe der Hütte ließen Jared auf der Hut sein, und er hatte Zeit genug, sich schlafend zu stellen, bevor er hörte, daß sich die Tür öffnete. Zwei von den Wesen kamen herein und traten ans Bett. Er rührte sich nicht. Als sie zu sprechen begannen, hörte er, daß ihre Worte durch die Stoffmasken drangen, die sie vor dem Gesicht trugen.

»Ist das der Neue?«

»Der letzte, den wir herausgeholt haben. Soweit sich das jetzt übersehen läßt, ist er übrigens derjenige, der Hawkins niedergeschlagen und ihm das Mädchen mit der Infrarotempfindlichkeit abgenommen hat.«

»Ach, der. Fenton — Jared Fenton. Sein Vater hat auf diesen Tag gewartet.«

»Soll ich Evan sagen, daß wir ihn gefunden haben?«