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»Das geht nicht. Man hat ihn schon zu den Fortgeschrittenen versetzt.«

Jared hoffte, daß die beiden nicht gesehen hatten, wie er bei der Erwähnung seines Vaters zusammengezuckt war. Solange er ihnen vormachen konnte, daß er schlief, ließen sich die Martern hinausschieben.

»Na schön, Thorndyke«, sagte der eine, »fangen wir an.«

Jared staunte, daß Thorndyke selbst sich herbemüht hatte.

»Hat er schon seine Spritzen bekommen?« fragte der andere.

»Alle.«

»Dann können wir ja die Dinger abnehmen, ohne wieder eine Erkältungsepidemie hervorzurufen.«

Jared hörte, wie die Tücher von ihren Gesichtern entfernt wurden, dann legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter.

»Also passen Sie auf, Fenton«, sagte Thorndyke. »Ich werde Ihnen jetzt etwas in die Augen schleudern, das Sie bestimmt nicht verstehen werden — zuerst. Aber das gibt sich langsam.«

Als Jared schwieg, fragte der andere: »Glaubst du, daß er immer noch bewußtlos ist?«

»Natürlich nicht. Alle, die nicht einen Tobsuchtsanfall erleiden, stellen sich schlafend. Los, Fenton. Soviel ich weiß, haben Sie schon mehr Erfahrung mit Licht als alle anderen. Sie müßten das doch ohne weiteres ertragen können.«

Vielleicht lag es an der berechnenden Freundlichkeit der Stimme. Oder Jared war es müde geworden, die Lider zusammenzupressen, ohne daß er es wußte. Auf jeden Fall stürmte im nächsten Herzschlag Licht in sein Bewußtsein und brachte eine Reihe von Eindrücken mit sich, die nicht auseinanderzuhalten waren. »Das ist schon besser«, seufzte Thorndyke. »Endlich tut sich was.«

Aber Jareds Lider schlossen sich wieder, die verwirrenden Empfindungen aussperrend. Und er verglich das in diesem kurzen Augenblick aufgefangene Lichtmuster mit den Höreindrücken, die er immer noch empfing.

Thorndyke war ein großer Mann, dessen Gesicht Kraft und Entschlossenheit verriet. Diese Merkmale bildeten jedoch einen seltsamen Kontrast zu der femininen Erscheinung, die sein haarloses Kinn bot.

Lose flatternde Kleidung brachte das Gesamtbild in Unordnung. Aber Jared gab zu, daß Wesen, die in der Wärme der Unendlichkeit lebten, enganliegende Kleidungsstücke nicht gebrauchen konnten.

»Zieh die Vorhänge zurück, Charles«, sagte Thorndyke, »damit Licht hereinkommt.«

»Bist du sicher, daß er schon soweit ist?« fragte der andere, während er zum Fenster ging.

»Ich denke schon. Er hält sich fast so gut wie ein Zerver. Wahrscheinlich stieß er doch öfter auf Licht, als wir meinen.«

Eine Welle von Angst überflutete Jared, als er hörte, wie der Vorhang geöffnet wurde, dann spürte er den grellen Ansturm des Lichts gegen seine geschlossenen Lider.

Thorndykes Hand legte sich wieder auf seine Schulter. »Nur mit der Ruhe jetzt, Fenton. Sie brauchen keine Angst zu haben. Es geschieht Ihnen nichts.«

Aber das war natürlich nur Täuschung. Sie wollten ihn in falscher Sicherheit wiegen, ihm etwas Hoffnung lassen. Um so mehr konnten sie sich dann an seiner Qual weiden, wenn er einsehen mußte, daß sie ihn zum Narren gehalten hatten.

Er öffnete die Augen, konnte aber das jetzt in die Hütte stürzende Licht kaum ertragen. Als er die Lider wieder senkte, geschah dies jedoch weniger aus Angst vor dem Licht als vielmehr deswegen, weil er zwei Thorndykes Seite an Seite hatte stehen sehen! Er begann zu zittern.

Thorndyke lachte. »Am Anfang macht die optische Täuschung noch Schwierigkeiten, nicht wahr? Aber das gibt sich bald.«

Er zog eine Bank heran und setzte sich an das Bett. »Zunächst wollen wir ein paar Dinge klarstellen. Manches wird Ihnen unverständlich bleiben, das übrige scheint gegen jede Logik zu verstoßen. Bemühen Sie sich, soviel wie möglich in gutem Glauben zu akzeptieren. Früher oder später wird Ihnen alles klar werden. Erstens — das ist nicht die Strahlung. Wir sind keine Dämonen. Sie sind nicht tot und auf dem Weg zum Paradies irregegangen. Am Himmel draußen steht die Sonne. Sie ist sehr eindrucksvoll, aber nicht die Verkörperung des Teufels Wasserstoff.«

»Auch nicht das Allmächtige Licht«, fügte Charles hinzu.

»Nein, Fenton«, bestätigte Thorndyke. »Im Gegensatz zu Ihrem jetzigen Glauben werden Sie später vielleicht diese Außenwelt als Paradies ansehen.«

»Tatsächlich werden Sie sich das Paradies auf andere Weise vorstellen«, erklärte Charles. »Unerreichbar im körperlichen Sinn, jenseits der Unendlichkeit, womit jedoch eine neue Art von Unendlichkeit gemeint ist. Das Ganze läuft darauf hinaus, daß Sie eine Reihe von Überzeugungen gegen neue eintauschen werden.«

Einen Augenblick blieb es still. Dann fragte Thorndyke: »Können Sie uns folgen? Möchten Sie irgend etwas sagen?«

»Ich möchte in meinen Schacht zurück«, stieß Jared hervor, ohne die Augen zu öffnen.

»Na bitte!« Charles lachte. »Er spricht also doch!«

»Ich habe mir schon gedacht, daß Sie zurück wollen«, sagte Thorndyke müde. »Das geht aber nicht. Was meinen Sie dazu: möchten Sie — äh — wie heißt das Mädchen?«

»Della«, ergänzte Charles.

Jared stemmte sich gegen seine Fesseln. »Was geschieht mit ihr? Kann ich — sie sehen?«

»Donnerwetter. Er weiß also sogar, was er mit seinen Augen tut! Charles, was ist mit dem Mädchen? Wie geht es ihr?«

»Sie schafft es leichter als die anderen, weil den Zervern das Sehen nicht völlig fremd ist. Selbstverständlich weiß sie noch nicht, worum es überhaupt geht. Aber sie ist bereit, die Dinge zu akzeptieren, wie sie sind.«

Thorndyke schlug sich auf den Schenkel. »Na also, Fenton. Sie können das Mädchen morgen sehen — in der nächsten Periode.« Da begann sie schon — die Tortur. Man bot ihm nur etwas an, um es ihm dann später höhnisch zu versagen.

»Das wäre das erste«, sagte Thorndyke schließlich. »Nun will ich Ihnen einiges erklären, das Sie sich für die Zeit merken können, in der sich für Sie ein Sinn daraus ergeben wird:

Ihre beiden Welten und die Zerver sind Nachkommen der US-Luftschutztruppe Elf. Stellen Sie sich eine ganze Welt vor — nicht in der Art, wie Sie sie kennen, sondern viel, viel größer mit Milliarden — Sie wissen, was eine Milliarde ist? — mit Milliarden von Menschen. Diese sind in zwei Lager geteilt und stehen kurz davor, sich mit unvorstellbar wirksamen Waffen zu bekämpfen. Die Anwendung dieser Waffen würde bedeuten, daß die Luft auf viele Generationen hinaus vergiftet wäre.«

Thorndyke machte eine Pause, und Jared hatte den Eindruck, daß er diese Geschichte schon Hunderte von Malen erzählt hatte.

»Der Krieg beginnt wirklich«, fuhr Thorndyke fort, »aber glücklicherweise nicht, bevor Maßnahmen für den Schutz einiger Gruppen getroffen worden sind — um genau zu sein, waren es siebzehn. Unter der Erde werden riesige Schutzräume eingerichtet und gegen die verseuchte Atmosphäre abgedichtet.«

»Eigentlich war es schon eine bemerkenswerte Leistung«, fügte Charles hinzu, »daß es überhaupt gelang, eine Handvoll Menschen über die Katastrophe hinwegzuretten. Dies hätte sich gar nicht bewerkstelligen lassen ohne die Anwendung von Atomkraft und die Entwicklung einer Pflanzenart, die durch Thermosynthese statt Photo —«

Charles verstummte, als hätte er begriffen, daß Jared mit diesen technischen Ausdrücken nichts anzufangen wußte.

»Sie kennen Sie als Mannapflanzen«, erklärte Thorndyke. »Auf jeden Fall waren die Schutzeinrichtungen vorbereitet; der Krieg begann, und die wenigen Auserwählten flüchteten aus ihrem — sozusagen Paradies. Im wesentlichen verlief alles wie geplant. Die Anlagen funktionierten richtig; das traditionelle Wissen und die vertrauten Institutionen wurden beibehalten. Das Leben ging weiter, und jedermann wußte, wo man sich befand und warum man hier war. Generationen später, nachdem die Luft in der Außenwelt wieder sauber war, beschlossen die Nachkommen der ursprünglichen Überlebenden, daß man mit einiger Sicherheit ins Freie zurückkehren könne.«