Noch zwei weitere Salven erfolgten, das Aufblitzen des gegnerischen Feuers, jedoch sporadischer – aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung, und als er im Sattel herumfuhr, sah er auf der anderen Seite der Baumgruppe eine Gruppe von Männern in Jagdhemden auf der Flucht.
Die Kompanie vor ihm entdeckte sie ebenfalls. Ein Ausruf ihres Sergeanten, und sie pflanzten ihre Bajonette auf und rannten los, obwohl William klar war, dass sie die Flüchtenden niemals erwischen würden.
Der Vormarsch der Armee wurde den ganzen Nachmittag von ähnlichen, unvorhersehbaren Scharmützeln begleitet. Die Gefallenen wurden aufgelesen und nach hinten getragen, doch es waren nicht viele. Einmal wurde auf eine von Williams Kompanien gefeuert, und er kam sich vor wie ein Gott, als er den Befehl zum Angriff gab und sie wie wütende Hornissen in den Wald strömten. Es gelang ihnen, einen der Rebellen zu töten, und sie zerrten seine Leiche auf die Ebene hinaus. Der Korporal schlug vor, sie zur Abschreckung an einen Baum zu hängen, doch William untersagte dies ausdrücklich als nicht ehrenhaft und ließ sie den Mann am Waldrand ablegen, wo ihn seine Freunde finden konnten.
Gegen Abend wurde eine Order von General Clinton entlang der Marschlinie weitergereicht. Sie würden nicht anhalten, um ein Lager aufzuschlagen. Eine kurze Pause, um etwas Kaltes zu essen, dann weiter.
Es gab überraschtes Gemurmel in den Reihen, doch niemand murrte. Sie waren hier, um zu kämpfen, und der Marsch wurde mit verschärfter Eile fortgesetzt.
Es regnete sporadisch, und die Überfälle versiegten gemeinsam mit dem gedämpften Licht. Es war nicht kalt, und obwohl seine Kleider zunehmend nasser wurden, waren William die Kühle und Feuchtigkeit lieber als die drückende Schwüle des vergangenen Tages. Wenigstens dämpfte der Regen die Laune seines Pferdes, und das war gut so; es war ein nervöses, schreckhaftes Geschöpf, und er war sich gar nicht mehr so sicher, ob Hauptmann Griswold es ihm wirklich aus Freundlichkeit geliehen hatte. Doch durch den anstrengenden Tag ermüdet, scheute der Wallach nicht länger vor im Wind wehenden Ästen, und statt an den Zügeln zu reißen, trottete er mit seitwärts hängenden Ohren resigniert vor sich hin.
Während der ersten paar Stunden war es nicht sonderlich schlimm. Nach Mitternacht jedoch begannen die Männer, die Anstrengung des Marsches und der Schlaflosigkeit zu spüren. Soldaten begannen zu stolpern und fielen zurück, und die gähnende Dunkelheit und der Kraftakt, der sie noch von der Dämmerung trennte, legten sich schwer auf ihre Gemüter.
William rief den Gefreiten Perkins zu sich. Der pausbäckige Soldat tauchte gähnend und blinzelnd neben ihm auf und legte im Gehen die Hand auf seinen Steigbügelriemen, während William ihm erklärte, was er wollte.
»Singen?«, sagte er skeptisch. »Tja, das kann ich wohl, Sir. Aber nichts als Kirchenlieder.«
»Nicht ganz das, was mir vorschwebte«, sagte William trocken. »Geht und fragt Sergeant … Millikin heißt er, nicht wahr? Der Ire? Was immer ihm gefällt, solange es nur laut und fröhlich ist.« Sie versuchten schließlich nicht, ihre Anwesenheit verborgen zu halten; die Amerikaner wussten genau, wo sie waren.
»Ja, Sir«, sagte Perkins nach wie vor skeptisch. Er ließ den Steigbügel los und verschwand in der Nacht. William ritt einige Minuten weiter, dann hörte er, wie Patrick Millikin mit ziemlich lauter irischer Stimme ein ziemlich unflätiges Lied begann. Gelächter breitete sich unter den Männern aus, und als er den ersten Refrain erreichte, hatten die Ersten von ihnen eingestimmt. Zwei Strophen weiter grölten sie alle fröhlich drauflos, William eingeschlossen.
Das konnten sie natürlich nicht stundenlang durchhalten, während sie mit vollem Gepäck im Eilschritt marschierten, doch bis sie das Repertoire ihrer Lieblingslieder erschöpft hatten und allmählich atemlos wurden, waren sie alle wieder wach und zuversichtlich.
Kurz vor der Morgendämmerung roch William die See und den kräftigen Schlammgeruch des Wattenmeers. Die Männer, die ohnehin schon nass waren, stapften platschend durch eine Reihe kleiner Priele und Gezeitenbäche.
Ein paar Minuten später durchbrach Kanonendonner die Nacht, und die Vögel der Marsch erhoben sich erschrocken kreischend in den lichter werdenden Himmel.
Während der folgenden beiden Tage hatte William nie die geringste Ahnung, wo er sich befand. Hin und wieder tauchten Namen wie »Jamaica Pass«, »Flatbush« und »Gowanus Creek« in den Depeschen und Eilnachrichten auf, die in der Armee die Runde machten, doch für ihn hatten sie dieselbe Bedeutung, als ob dort »Jupiter« oder »die Rückseite des Mondes« gestanden hätte.
Endlich bekam er auch Kontinentalsoldaten zu sehen. Ganze Horden, die aus den Marschen geschwärmt kamen. Die ersten Zusammenstöße waren heftig, doch man hielt Williams Kompanien als Ersatz im Hintergrund; nur ein einziges Mal kamen sie nah genug heran, um zu feuern und so eine herannahende Truppe von Amerikanern zurückzuschlagen.
Dennoch befand er sich in einem Zustand ständiger Erregung. Er versuchte, alles auf einmal zu sehen und zu hören, berauscht vom Geruch des Pulverqualms, selbst wenn er beim Donnern der Kanonen erzitterte. Als das Feuer bei Sonnenuntergang eingestellt wurde, aß er etwas Zwieback und Käse, ohne jedoch etwas zu schmecken, und schlief dann vor lauter Erschöpfung kurz ein.
Am späten Nachmittag des zweiten Tages fanden sie sich in der Nähe eines großen Farmhauses wieder, das die Briten und einige Hessen als Artilleriestation eingenommen hatten; die Kanonenrohre ragten aus den Fenstern der oberen Etage, vom unablässigen Regen glänzend nass.
Nasses Pulver wurde jetzt zum Problem; die Patronen hielten dicht, aber wenn man das Pulver länger als ein paar Minuten in den Ladepfännchen ließ, begann es zu verklumpen und wurde unbrauchbar. Also musste man den Befehl zum Laden bis zum letzten möglichen Moment vor dem Abfeuern hinauszögern; William ertappte sich dabei, dass er mit den Zähnen knirschte, so nervös machte ihn der Zweifel, wann der Befehl zu erteilen war.
Manchmal allerdings gab es nicht den geringsten Zweifel. Unter heiserem Gebrüll kam eine Anzahl Amerikaner an der Vorderseite des Hauses aus dem Wald gestürmt und hielt auf die Türen und Fenster zu. Musketenfeuer der Soldaten im Inneren erwischte einige von ihnen, doch einige schafften es auch bis zum Haus, wo sie anfingen, in die Fenster hineinzuklettern. William nahm automatisch die Zügel auf und ritt so weit nach rechts, dass er die Rückseite des Hauses sehen konnte. Und richtig, auch dort war bereits eine größere Gruppe zugange, und einige kletterten am Efeu hoch, der die Rückseite des Hauses bedeckte.
»Dorthin!«, brüllte er, während er sein Pferd wendete und seine Pike schwenkte. »Olson, Jeffries, die Rückseite! Ladet und feuert, sobald Ihr in Schussweite seid!«
Zwei seiner Kompanien rannten los und rissen dabei mit den Zähnen die Enden ihrer Patronen auf, doch ein Trupp grün berockter Hessen war vor ihnen da. Sie packten die Amerikaner an den Beinen und zerrten sie aus dem Efeu, um sie am Boden zu erschlagen.
Er wendete sein Pferd und hastete in die andere Richtung, um zu sehen, was vor dem Haus passierte. Er kam gerade rechtzeitig, um mitzubekommen, wie ein britischer Kanonier aus einem der oberen Fenster flog. Der Mann landete mit abgeknicktem Bein am Boden und blieb schreiend liegen. Einer der Männer an Williams Seite rannte los und packte den Mann bei den Schultern, wurde aber von einem Schuss aus dem Haus getroffen. Er sackte zusammen und fiel, und sein Hut rollte in die Büsche davon.
Sie verbrachten den Rest des Tages bei dem steinernen Farmhaus; viermal wagten die Amerikaner einen Vorstoß – zweimal gelang es ihnen, die Hausinsassen zu überwältigen und für kurze Zeit die Kanonen an sich zu bringen, doch jedes Mal wurden sie von einer frischen Welle britischer Soldaten überrannt und vertrieben oder getötet. William kam zu keinem Zeitpunkt mehr als etwa zweihundert Meter an das Haus heran, schaffte es aber einmal, sich mit einer seiner Kompanien einem Ansturm verzweifelter Amerikaner in den Weg zu stellen, die sich als Indianer verkleidet hatten und grausiges Geheul ausstießen. Einer von ihnen hob ein langes Gewehr und feuerte direkt auf ihn, verfehlte ihn aber. Er zog sein Schwert, um den Mann niederzureiten, doch ein Schuss von irgendwo traf den Mann, und er rollte einen kleinen Hügel hinunter.