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Vielleicht hatte Ramsay ja etwas von diesen Beobachtungen an die Generäle weitergegeben; er hatte sich zwar nicht sehr beeindruckt von Williams Erkenntnissen gezeigt, von seinen Meinungsäußerungen ganz zu schweigen, aber vielleicht …

Das Pferd stolperte, und er schwankte im Sattel und riss dabei unabsichtlich an den Zügeln. Das Pferd fuhr verärgert mit dem Kopf herum und biss nach ihm. Große Zähne schabten über seinen Stiefel.

»Mistvieh!« Er schlug dem Pferd die Zügelenden über die Nase und zog ihm den Kopf mit Gewalt so weit herum, bis er dessen verdrehte Augen und hochgezogene Lippe fast auf dem Schoß hatte. Nachdem er sich auf diese Weise durchgesetzt hatte, verringerte er allmählich den Druck. Das Pferd schnaubte und schüttelte heftig seine Mähne, setzte seinen Weg aber ohne weiteren Protest fort.

Er hatte den Eindruck, schon geraume Zeit unterwegs zu sein. Doch die Zeit trog in diesem Nebel genauso wie die Entfernung. Er hob den Blick zu dem Hügel empor, der sein Ziel war, musste aber feststellen, dass dieser verschwunden war. Nun, der Hügel würde zweifelsohne wieder auftauchen.

Nur dass dies nicht geschah.

Nebel umwaberte ihn nach wie vor, und er hörte die Feuchtigkeit von den Blättern der Bäume tropfen, die ihm plötzlich aus dem Nebel entgegenzukommen schienen, um sich dann genauso plötzlich wieder zurückzuziehen. Doch der Hügel blieb hartnäckig unsichtbar.

Ihm fiel auf, dass er schon seit einiger Zeit keine Menschenstimmen mehr gehört hatte.

Die er aber hätte hören sollen.

Auf dem richtigen Weg zu Clintons Hauptquartier hätte er nicht nur die normalen Geräusche des Feldlagers hören sollen, sondern ebenfalls an Menschen, Pferden, Lagerfeuern, Wagen und Zelten vorbeikommen sollen.

In seiner Nähe war jedoch kein Geräusch zu hören außer rauschendem Wasser. Er hatte einen Bogen um das verdammte Feldlager geschlagen.

»Verdammt, Perkins«, murmelte er vor sich hin.

Er blieb kurz stehen, um die Ladung seiner Pistole zu überprüfen. Er hielt die Nase an das Pulver in seinem Ladepfännchen; es roch anders, wenn Feuchtigkeit hineinkroch. Es war noch gut, dachte er; es roch scharf und beißend, nicht nach dem fauligen Eiergeruch des Schwefels, den feuchtes Pulver an sich hatte.

Er behielt die Pistole in der Hand, obwohl er bis jetzt nichts Bedrohliches gesehen hatte. Doch der Nebel war so dicht, dass er nur ein paar Meter weit sehen konnte; es konnte jederzeit jemand daraus hervorkommen, und er würde sekundenschnell entscheiden müssen, ob er schoss oder nicht.

Es war still; die Artillerie schwieg; es gab kein unvorhersehbares Musketenfeuer wie am Vortag. Der Feind war auf dem Rückzug; daran gab es keinen Zweifel. Doch wenn er auf einen verirrten Kontinentalsoldaten stieß, der sich wie er im Nebel verlaufen hatte, sollte er dann schießen? Bei diesem Gedanken wurden ihm die Hände feucht, doch er würde es wohl müssen; der Kontinentalsoldat würde ja wahrscheinlich ebenso wenig zögern, auf ihn zu schießen, sobald er seine rote Uniform sah.

Für den Fall, dass er von seinen eigenen Truppen angeschossen wurde, bereitete ihm die damit verbundene Erniedrigung größeres Kopfzerbrechen als die eigentliche Todesgefahr, auch wenn ihn dieses Risiko nicht völlig kaltließ.

Der verflixte Nebel schien noch dichter geworden zu sein. Er sah sich vergeblich nach der Sonne um, um sich wenigstens irgendwie zu orientieren, doch der Himmel war unsichtbar.

Er kämpfte den leisen Anflug der Panik nieder, die ihm über den Rücken kroch. Nun, es befanden sich 34000 britische Soldaten auf dieser verdammten Insel; er konnte doch nicht weiter als einen Pistolenschuss von seinem nächsten Landsmann entfernt sein. Und du brauchst nur in Pistolenschussweite eines einzigen Amerikaners zu geraten, ermahnte er sich, während er sein Pferd grimmig durch einen Lärchenhain trieb.

In seiner Nähe hörte er es rascheln, und Zweige knackten; der Wald war nicht menschenleer, das stand fest. Doch wer war es?

Die britischen Soldaten würden sich in diesem Nebel nicht bewegen, so viel wusste er. Dieser verfluchte Perkins! Wenn er also eine Bewegung hörte, die nach einer Gruppe von Menschen klang, würde er anhalten und sich versteckt halten. Ansonsten … konnte er nur hoffen, auf einen Trupp Soldaten zu stoßen oder etwas zu hören, das eindeutig militärischer Natur war – laute Befehle vielleicht …

Eine Weile ritt er langsam weiter, und schließlich steckte er die Pistole ein, weil ihr Gewicht ihm lästig wurde. Himmel, wie lange war er schon unterwegs? Eine Stunde? Zwei? Sollte er kehrtmachen? Doch er hatte ja keine Ahnung, was »kehrt« war – es war gut möglich, dass er im Kreis ritt; das Gelände sah überall gleich aus, ein graues Einerlei aus Bäumen, Felsen und Gras. Gestern war er jede Minute bis aufs Äußerste angespannt gewesen, bereit für den Angriff. Heute hatte seine Kampfbegeisterung bedeutend nachgelassen.

Jemand verstellte ihm den Weg, und das Pferd stieg. Beides geschah so abrupt, dass William nur einen extrem vagen Eindruck von dem Mann bekam. Er sah jedoch genug, um zu begreifen, dass der Mann keine britische Uniform trug, und er hätte seine Pistole herausgerissen, wenn er nicht beide Hände dazu gebraucht hätte, das Pferd wieder in den Griff zu bekommen.

Das Pferd, das seiner Hysterie jetzt freien Lauf ließ, bockte wie verrückt im Kreis, und jeder Aufprall ging William durch Mark und Bein. Das Grau und Grün seiner Umgebung umkreiste ihn verschwommen, doch er war sich undeutlich bewusst, dass er Stimmen hörte, die entweder verächtlich oder anfeuernd grölten.

Nach einer Weile, die ihm vorkam wie eine Ewigkeit, in Wirklichkeit aber wohl nicht länger als eine halbe Minute dauerte, gelang es William, das verflixte Tier zum Stehen zu bringen, auch wenn es unverändert prustete und keuchte und mit dem Kopf schlug, sodass man das feucht glänzende Weiße seiner Augen sah.

»Du verfluchtes Stück Hundefutter!«, sagte William zu dem Pferd und zog den Kopf des Tiers zu sich herum. Der Atem des Pferdes drang feucht und heiß durch das Leder seiner Reithose, und seine Flanken bebten unter ihm.

»Nicht das gutmütigste Pferd, das ich je gesehen habe«, pflichtete ihm eine Stimme bei, und eine Hand griff ihm ins Zaumzeug. »Dafür sieht es aber gesund aus.«

Eine Sekunde lang fiel Williams Blick auf einen untersetzten Mann in Jagdkleidung – dann packte ihn jemand von hinten um die Taille und zerrte ihn vom Pferd.

Er landete so hart auf dem Rücken, dass ihm der Atem verging, doch er versuchte tapfer, an seine Pistole zu gelangen. Ein Knie drückte sich auf seine Brust, und eine große Hand entrang ihm die Pistole. Ein bärtiges Gesicht grinste auf ihn herunter.

»Das ist aber nicht sehr freundlich«, sagte der Mann tadelnd. »Dachte, ihr seid alle so zivilisiert, ihr Briten.«

»Lass ihn nur aufstehen, Harry. Wenn er dich in die Finger bekommt, zivilisiert er dich garantiert.« Das war ein anderer Mann von kleinerem, leichterem Körperbau mit der sanften, gebildeten Stimme eines Schulmeisters. Er lugte jetzt über die Schulter des Mannes hinweg, der auf Williams Brust kniete. »Du könntest ihn aber ruhig atmen lassen.«

Der Druck auf Williams Brust ließ nach, und ein Lufthauch drang ihm in die Lunge. Dieser verging ihm jedoch augenblicklich wieder, weil ihn der Mann, der ihn festgehalten hatte, in den Magen boxte. Hände begannen, seine Taschen zu durchwühlen, und seine Halsberge wurde ihm über den Kopf gezerrt und kratzte ihn schmerzhaft an der Nase. Ein Arm legte sich um ihn und öffnete ihm die Gürtelschnalle. Angesichts der Ausrüstungsgegenstände an Williams Gürtel stieß der Mann einen freudigen Pfiff aus.