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»Wenn nur der Hauch eines Gerüchts aufkommt, sind alle hier in Gefahr«, hatte er gesagt. »Du weißt, was geschehen ist, als dieser Donner herumerzählt hat, wir hätten kostbare Edelsteine.«

Das wusste ich allerdings. Ich fuhr jetzt noch aus Albträumen auf, in denen ich das gedämpfte Whumpf! explodierender Ätherdämpfe hörte, in denen ich Glas und Holz zersplittern hörte, während die Räuber das Haus verwüsteten.

In manchen dieser Träume rannte ich sinnlos hin und her, weil ich versuchte, jemanden – wen? – zu retten, doch stets stieß ich auf verschlossene Türen, nackte Wände oder Zimmer, die lichterloh in Flammen standen. In anderen stand ich wie angewurzelt da und konnte keinen Muskel rühren, während das Feuer an den Wänden hinaufkroch, sich grazil und gierig an den Kleidern der Toten zu meinen Füßen nährte, durch das Haar einer Leiche zischte, sich in meinen Röcken verfing und aufwärtszüngelte, um meine Beine in ein flammendes Netz zu hüllen.

Selbst jetzt noch empfand ich überwältigende Trauer – und eine tiefe, reinigende Wut –, wenn ich den rußigen Fleck auf der Lichtung betrachtete, der einmal mein Zuhause gewesen war … Und doch musste ich nach jedem dieser Träume am Morgen hinausgehen und ihn trotzdem betrachten, im Kreis um die kalte Ruine wandern und den Hauch toter Asche riechen, um die Flammen zu ersticken, die hinter meinen Augen brannten.

»Nun gut«, sagte ich und zog mein Schultertuch fester um mich. Wir standen neben dem Kühlhaus und blickten auf die Ruine hinunter, und die Kälte ging mir durch Mark und Bein. »Also … wo denn nun?«

»Die Höhle des Spaniers«, sagte er, und ich sah ihn blinzelnd an.

»Die was?«

»Ich zeige es dir, a nighean«, sagte er und grinste mich an. »Wenn der Schnee schmilzt.«

Der Frühling war da, und der Bach schwoll an. Genährt von der Schneeschmelze und von den Hunderten von Wasserfällen, die den Hang des Berges hinunterrannen und -purzelten, rauschte er übermütig schäumend zu meinen Füßen entlang. Ich konnte ihn kalt in meinem Gesicht spüren und wusste, dass ich in Minutenschnelle nass bis zu den Knien sein würde, doch das spielte keine Rolle. Das frische Grün von Pfeilkraut und Hechtkraut säumte das Ufer; manche Pflanzen wurden vom steigenden Wasser aus der Erde gerissen und flussabwärts gespült; andere klammerten sich mit den Wurzeln fest, was das Zeug hielt, und ihre Blätter hingen in der rasenden Flut. In der Nähe des schützenden Ufers wogte Kresse in dunklen Matten unter der Wasseroberfläche. Und frisches Grün war das, wonach mir der Sinn stand.

Mein Sammelkorb war zur Hälfte mit Farnsprossen und Frühlingszwiebeln gefüllt. Eine ordentliche Handvoll zarter junger Kresse, frisch und kalt aus dem Bach, würde das Sahnehäubchen auf dem Vitamin-C-Mangel des Winters sein. Ich zog Sandalen und Strümpfe aus, und nach kurzem Zögern legte ich Kleid und Schultertuch ebenfalls ab und hängte beides über einen Ast. Im Schatten der Silberbirken, die hier über den Bach hinwegwuchsen, war es kühl, und mich überlief ein kleiner Schauder, doch ich ignorierte die Kälte und knotete mir das Hemd hoch, bevor ich in den Bach watete.

Diesmal ließ sich die Kälte nicht so leicht ignorieren. Ich schnappte nach Luft und hätte fast den Korb fallen gelassen, doch dann fand ich festen Halt zwischen den schlüpfrigen Steinen und hielt auf die nächstbeste Matte aus verlockendem Dunkelgrün zu. In Sekundenschnelle wurden meine Beine taub, und die salatlüsterne Sammelleidenschaft ließ mich jedes Gespür für die Kälte verlieren.

Unsere Lebensmittelvorräte waren dem Feuer zum Großteil entgangen, weil sie in den Nebengebäuden gelagert waren: im Kühlhaus, im Maisspeicher und im Räucherschuppen. Doch der Kartoffelkeller war zerstört worden und damit nicht nur die Möhren und Zwiebeln, der Knoblauch und die Kartoffeln, sondern auch mein sorgfältig angelegter Vorrat an getrockneten Äpfeln und wilden Yamswurzeln und die in großen Trauben aufgehängten Rosinen – alles Dinge, die uns vor den Mangelerscheinungen des Skorbuts schützen sollten. Die Kräuter hatten sich mit dem Rest meines Sprechzimmers in Rauch aufgelöst. Den Flammen waren massenweise zumindest die Kürbisse entgangen, aber nach ein paar Monaten kann man keine Kürbispastete und keinen Succotash-Eintopf mehr sehen – oder was mich angeht, bereits nach ein paar Tagen.

Nicht zum ersten Mal trauerte ich um Mrs Bugs Kochtalente, obwohl sie mir natürlich auch um ihrer selbst willen fehlte. Amy McCallum Higgins war in einer Bauernkate in den Highlands von Schottland groß geworden, und sie war, wie sie es selbst formulierte, »eine gute Köchin für den Hausgebrauch«. Das bedeutete im Wesentlichen, dass sie gleichzeitig Brötchen backen, Porridge kochen und Fisch braten konnte, ohne irgendetwas anbrennen zu lassen. Kein Kinderspiel, aber als Speiseplan ein wenig monoton.

Mein eigenes Meisterstück war Fleischeintopf. Ohne Zwiebeln, Knoblauch, Möhren und Kartoffeln war dieser nun zu einer Art Suppe aus Hirsch oder Truthahn verkommen, die ich mit gestampften Maiskörnern, Gerste und, wenn möglich, alten Brotstückchen andickte. Ian hatte sich überraschenderweise als passabler Koch entpuppt; die Kürbisgerichte waren sein Beitrag zu unserer gemeinsamen Speisekarte. Ich fragte mich, wer ihm das beigebracht hatte, hielt es aber für klüger, diese Frage nicht laut zu stellen.

Bis jetzt war zwar niemand verhungert oder seiner Zähne verlustig gegangen, doch Mitte März war ich so weit, dass ich bis zum Kinn durch eiskalte Fluten gewatet wäre, um an irgendetwas zu gelangen, das sowohl essbar als auch grün war.

Ian atmete nach wie vor. Nach etwa einer Woche begann seine Betäubung nachzulassen, bis er sich schließlich wieder einigermaßen normal verhielt. Doch ich merkte, wie Jamie ihn hin und wieder scharf beobachtete, und Rollo hatte sich seit Neuestem angewöhnt, mit dem Kopf auf Ians Brust zu schlafen. Ich fragte mich, ob er tatsächlich spürte, welchen Schmerz Ian in seinem Herzen litt, oder ob es nur eine Reaktion auf die beengten Schlafbedingungen in der Hütte war.

Ich reckte meinen Rücken und hörte es zwischen den einzelnen Wirbeln leise knacken. Jetzt, da die Schneeschmelze eingesetzt hatte, konnte ich unsere Abreise kaum erwarten. Fraser’s Ridge und all seine Bewohner würden mir fehlen – nun ja, fast all seine Bewohner. Hiram Crombie vielleicht weniger. Oder die Chisholms – ich unterbrach meine Aufzählung, bevor sie ernstlich boshaft wurde.

»Andererseits aber«, sagte ich entschlossen zu mir selbst, »vergiss die Betten nicht.«

Natürlich würden wir oft auf der Straße übernachten und unter freiem Himmel kampieren – doch irgendwann würden wir die Zivilisation erreichen. Wirtshäuser. Mit Essen. Und Betten. Ich schloss einen Moment die Augen und malte mir die absolute Seligkeit einer Matratze aus. Es brauchte nicht einmal ein Federbett zu sein; alles, was mehr als drei Zentimeter Polsterung zwischen mir und dem Boden bedeutete, wäre schon himmlisch. Und wenn es dann obendrein mit einem gewissen Maß an Zurückgezogenheit verbunden war – noch besser.

Jamie und ich waren natürlich seit Dezember nicht völlig enthaltsam gewesen. Von der Lust ganz abgesehen – falls man davon absehen konnte –, brauchten wir den Trost und die Wärme des anderen. Dennoch war der heimliche Beischlaf unter einem Quilt, einen halben Meter von Rollos wachsamen gelben Augen entfernt, alles andere als ideal, selbst wenn man davon ausging, dass Ian schlief, was ich nicht glaubte, auch wenn er so taktvoll war, so zu tun.

Ein durchdringender Schrei erklang, und ich zuckte zusammen und ließ den Korb fallen. Ich stürzte mich hinterher und bekam gerade noch den Griff zu fassen, bevor er von der Flut mitgerissen wurde. Triefend und zitternd stand ich da und wartete herzklopfend ab, ob sich der Schrei wiederholen würde.

Das tat er – kurz darauf ertönte ein nicht minder durchdringender Schrei, dessen Tonlage jedoch tiefer war und den mein geschultes Ohr als das Geräusch erkannte, das ein Highlandschotte ausstößt, der plötzlich in eiskaltes Wasser getaucht wird. Einige schwächere, schrillere Kreischlaute und ein atemloser Fluch mit einem Akzent aus Dorset deuteten darauf hin, dass die Herren des Hauses ihr Frühlingsbad nahmen.