Выбрать главу

Ich wrang den Saum meines Hemdes aus, fischte mein Schultertuch von dem Ast, auf dem ich es abgelegt hatte, schlüpfte in meine Sandalen und folgte der Richtung des Gebrülls.

Es gibt nicht viele Dinge, die mehr Freude machen, als von einem relativ warmen und gemütlichen Ort aus zuzusehen, wie andere mit kaltem Wasser übergossen werden. Wenn die besagten anderen dann auch noch ein vollständiges Spektrum nackter Männlichkeit präsentieren, umso besser. Ich schob mich durch einen kleinen Hain frisch knospender Uferweiden, fand einen praktischerweise abgeschirmten Felsbrocken in der Sonne und breitete meine feuchten Hemdschöße aus, während ich die Wärme auf meinen Schultern, den durchdringenden Duft der Weidenkätzchen und den Anblick vor meinen Augen genoss.

Jamie stand fast bis zu den Schultern im Teich und hatte sich das nasse Haar zurückgestrichen wie ein rötlich leuchtender Seehund. Bobby stand am Ufer. Mit einem Grunzlaut hob er Aidan auf und warf ihn Jamie zu, ein Gewirr um sich schlagender Arme und Beine, das vor Entzücken und Angst kreischte.

»Ich-ich-ich-ich!« Orrie tanzte um die Beine seines Stiefvaters herum, und sein Babypo hüpfte im Schilf auf und ab wie ein kleiner rosafarbener Ballon.

Bobby lachte, bückte sich und hob ihn hoch. Einen Moment hielt er ihn sich über den Kopf, und Orrie quiekte wie ein angesengtes Schweinchen, dann warf er ihn im flachen Bogen in den Teich.

Er traf mit einem gigantischen Platsch im Wasser auf, und Jamie packte ihn lachend und zog ihn an die Oberfläche, wo er mit einer derart verblüfften Miene auftauchte, dass sie alle kicherten wie die Gibbons. Aidan und Rollo paddelten unterdessen mit Gebrüll – und Gebell – im Kreis.

Ich blickte zum anderen Ufer des Teichs hinüber und sah, wie Ian nackt den kleinen Hügel hinuntergelaufen kam, um sich dann mit einem seiner besten Mohawk-Kriegsrufe wie ein Lachs in den Teich zu stürzen. Das kalte Wasser schnitt seinen Schrei abrupt ab, und er verschwand beinahe ohne eine Welle.

Ich wartete – genau wie die anderen – darauf, dass er wieder auftauchte, aber das tat er nicht. Jamie sah sich argwöhnisch nach einem Überraschungsangriff um, doch im nächsten Moment schoss Ian direkt vor Bobby mit markerschütterndem Gebrüll aus dem Wasser, packte ihn am Bein und zog ihn ins Wasser.

Danach brach allgemeines Chaos aus, und während alles planschte, kreischte, kicherte und von den Felsen sprang, hatte ich Gelegenheit, darüber nachzusinnieren, was für eine herrliche Sache nackte Männer sind. Nicht dass ich nicht schon eine ganze Reihe davon zu Gesicht bekommen hatte, doch abgesehen von Frank und Jamie waren die meisten Männer, die ich ohne Kleider gesehen hatte, entweder krank oder verletzt gewesen, und die Umstände hatten jede genüssliche Betrachtung ihrer nobleren Attribute verhindert.

Von Orries Babyspeck und Aidans winterweißen Spinnengliedern bis hin zu Bobbys kräftigem, schwarz bepelztem Oberkörper boten die McCallum-Higgins den unterhaltsamen Anblick eines Käfigs voller Schimpansen.

Ian und Jamie waren von einer anderen Sorte – Paviane vielleicht oder Mandrills. Abgesehen von ihrer Körpergröße, hatten sie eigentlich nichts gemeinsam, aber sie waren dennoch sichtlich aus demselben Holz geschnitzt. Während ich beobachtete, wie Jamie oberhalb des Teichs auf einem Felsen hockte und seine Oberschenkel für den Absprung anspannte, konnte ich mir gut vorstellen, wie er sich darauf vorbereitete, einen Leoparden anzugreifen. Ian räkelte sich unterdessen glänzend in der Sonne und wärmte sich die Kronjuwelen, während er aufmerksam nach Störenfrieden Ausschau hielt. Ihnen fehlten nur noch die lila Hinterteile, und sie hätten überall in der afrikanischen Steppe ein Wörtchen mitreden können.

Auf ganz unterschiedliche Art und Weise waren sie alle schön, doch es war Jamie, zu dem mein Blick ständig zurückkehrte. Er war von Narben und Kampfspuren übersät, seine Muskeln verhärtet und verknotet, und das Alter hatte zwischen ihnen tiefe Furchen gegraben. Die dicke Wulst der Bajonettnarbe kroch breit und hässlich an seinem Oberschenkel hinauf; die dünnere weiße Linie der Narbe, die der Biss einer Klapperschlange hinterlassen hatte, war dagegen beinahe unsichtbar und verschwand im dichten Pelz seiner Körperbehaarung, die jetzt zu trocknen begann und wie eine rotgoldene Wolke von seiner Haut abstand. Der halbmondförmige Schwerthieb, der sich über seine Rippen zog, war ebenfalls gut verheilt; es war nicht mehr als eine haarbreite weiße Linie davon geblieben.

Er drehte sich um und bückte sich, um ein Stück Seife vom Felsen aufzuheben, und mein Inneres tat einen Satz. Er war zwar nicht lila, doch ansonsten hätte man nichts daran verbessern können; er war fest und rund und mit einem Hauch von Rotgold überzogen, und seine Muskeln waren an den Seiten sehr hübsch konkav geformt. Seine Hoden, die ich von hinten gerade eben sehen konnte, waren lila vor Kälte und weckten in mir das heftige Bedürfnis, mich von hinten an ihn zu schleichen und sie in meine vom Felsen gewärmten Hände zu nehmen.

Ich fragte mich, ob ihn der Satz, den er dann machen würde, wohl bis ans andere Teichufer tragen würde.

Ich hatte ihn seit Monaten nicht mehr nackt – oder auch nur halb angezogen – gesehen.

Jetzt jedoch … Ich legte den Kopf zurück, schloss die Augen zum Schutz gegen die helle Frühlingssonne und genoss das Kitzeln meiner ebenfalls frisch gewaschenen Haare auf meinen Schulterblättern. Der Schnee war fort, das Wetter war schön – und der ganze Wald winkte einladend mit Orten, an denen wir für uns sein konnten –, von gelegentlichen Stinktieren einmal abgesehen.

Ich überließ die tropfnassen Männer ihrem Sonnenbad auf den Felsen und ging meine Kleider holen. Ich zog sie jedoch nicht an. Stattdessen stieg ich rasch zum Kühlhaus hinauf, wo ich meinen Korb mit dem frischen Grün in das kalte Wasser tauchte – wenn ich ihn zur Hütte brachte, würde Amy alles an sich reißen und es bis zur Unkenntlichkeit verkochen – und mein Kleid, mein Korsett und meine Strümpfe zusammengerollt auf das Käseregal legte. Dann ging ich zum Bach zurück.

Das Planschen und Kreischen war verstummt. Stattdessen kam mir leiser Gesang auf dem Weg entgegen. Es war Bobby, der Orrie nach Hause trug – der von der Anstrengung fest eingeschlafen war. Aidan trottete müde, sauber und warm neben seinem Stiefvater her, und sein dunkler Kopf neigte sich im Rhythmus des Liedes hin und her. Es war ein gälisches Schlaflied; Amy musste es Bobby beigebracht haben. Ich fragte mich, ob sie ihm gesagt hatte, was der Text bedeutete.

S’iomadh oidhche fhliuch is thioram

Sìde nan seachd sian

Gheibheadh Griogal dhomhsa creagan

Ris an gabhainn díon.

(In so manch einer Nacht, ob nass oder trocken,

Selbst beim schlechtesten Wetter

Hat mir Gregor einen kleinen Fels gesucht,

Der mir Schutz gespendet hat.)

Òbhan, òbhan òbhan ìri

Òbhan ìri ò!

Òbhan, òbhan òbhan ìri

’S mòr mo mhulad’s mor.

(O weh mir, o weh

O weh mir, denn mein Schmerz ist groß.)

Ich lächelte bei ihrem Anblick, musste aber gleichzeitig schlucken. Ich erinnerte mich daran, wie Jamie letzten Sommer Jem einmal vom Schwimmen heimgetragen hatte oder wie Roger Mandy nachts etwas vorgesungen hatte, seine raue Stimme kaum mehr als ein Flüstern – und dennoch Musik.

Ich nickte Bobby zu, der mein Nicken lächelnd erwiderte, jedoch ohne sein Lied zu unterbrechen. Er zog die Augenbrauen hoch und wies mit dem Daumen hinter sich, wohl um mir mitzuteilen, wohin Jamie gegangen war. Er ließ sich keine Überraschung darüber anmerken, mich in Hemd und Schultertuch zu sehen – gewiss glaubte er, dass auch ich zum Bach unterwegs war, um zu baden, angeregt durch den außergewöhnlich warmen Tag.