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Ihr Aussehen verblüffte mich. Das halbe Gesicht war bandagiert, nur Mund und Kinn lagen frei, dazu kamen zwei kleine Schlitze für die Augen. Klar, eigentlich war das ganz normal.

Wenn man eingefroren ist, findet kein Heilungsprozeß statt. Effektiv war Mitzi nur ein paar Tage wieder aus dem Krankenhaus. »Bist du in Ordnung?« fragte ich.

Sie sagte scharf: »Klar bin ich das. Mir geht's prima! Ich meine«, schränkte sie ein, »mir wird es noch für Wochen nicht toll gehen, aber wenigstens bin ich nur noch ambulant. Wie du siehst...« Sie grinste. Wenigstens glaube ich, daß sie grinste. »Als die Ärzte sagten, ich könne das Hospital verlassen, entschied ich mich, daß die Venus mich zum letzten Mal gesehen hatte. Also zerriß ich meine Weiterverpflichtungspapiere, und sie brachten mich auf dem letzten Shuttle unter. Ich blieb eine Weile uneingefroren, bis sie die Fäden ziehen konnten - und da bin ich!«

Das Brennen war auf beinahe erträgliche Stärke zurückgegangen. Die Welt sah plötzlich vielversprechender aus, und ich begann, mich aus dem Heizanzug zu schälen. Mitzi nickte. »So ist's recht, Tenn! Wir landen in neunzig Minuten auf dem Mond - besser, du ziehst dir die Hosen an!«

Tarbs Heimkehr 

I

Zu meiner Überraschung befanden sich die beiden abgeschobenen Marineinfanteristen auf demselben Schiff. Das war auch gut so. Hätten sie mir nicht geholfen, mich dahinzuschleppen, hätte ich es wohl kaum geschafft. Mitzi, total bandagiert und zerschlagen, ging es prima, aber mir nicht. Mir war kotzspeiübel, und wenn ich kotzspeiübel sage, meine ich auch genau das. Ich war immer anfällig für Bewegungskrankheit gewesen, aber mir war nie in den Sinn gekommen, daß es genauso schlimm sein würde, sich auf dem Mond aufzuhalten.

Die Venus ist schrecklich, gewiß, aber wenigstens wiegt man auf der Venus das, was man zu wiegen erwartet. Der Mond ist nicht so freundlich. Es heißt, daß man nach den ersten sechs Wochen aufhört, seinen Kaffee quer durch den Raum zu schleudern, wenn man ihn eigentlich nur an die Lippen setzen will, aber ich werde es nie selbst herausfinden - mir gefällt der Ort nicht. Wenn wir mit einer regulären irdischen Rakete gekommen wären, hätte man uns geradewegs mit einem Shuttle zur Oberfläche gebracht, aber es handelte sich um einen Veenie-Raumer, und wir mußten im Quarantänehafen Zwischenstation machen.

Und das, das muß ich schon sagen, war eine Farce! Ich sage nichts gegen die Agenturen. Sie verwalten die Erde sehr gut. Aber die ganze Idee bei der Quarantäne ist, Veenie-Krankheiten draußen zu halten, stimmt's? Das schließt die schlimmste Veenie-Krankheit ein, die politische Seuche des Konservationismus. Also sollte man erwarten, daß sie auf dem Mond den Veenies beim Zoll und bei der Einwanderung schwere Zeiten bereiteten. Statt dessen winkte die Einwanderungsstelle sie ohne mehr als einen flüchtigen Blick auf ihre Pässe vorbei. Ich meine nicht nur die Besatzung, die sowieso nirgendwohin als bis zur nächsten Penne ging. Sogar die Handvoll Veenie-Geschäftsleute und -Diplomaten, die auf der Durchreise zur Erde waren, ließ man in Nullkommanichts durchflutschen.

Aber wir Erdbewohner - Mann! Sie forderten Mitzi und mich auf, uns hinzusetzen, magnetocheckten unsere Papiere und durchwühlten unsere Reisetaschen, und dann ging die Fragerei los. Berichten Sie alle Kontakte mit Personen venusischer Nationalität in Ausübung Ihres Dienstes während der letzten achtzehn Monate; geben Sie Zweck des Kontakts und Natur der weitergegebenen Information an. Berichten Sie alle derartigen Kontakte außerhalb der Dienstausübung - einschließlich Zweck und Informationen. Wir waren drei Stunden in diesem versiegelten Kabuff, füllten Formulare aus und beantworteten Fragen, und dann wurde der Vernehmungsbeamte ernst. »Es ist festgestellt worden«, sagte er - grammatisch gesprochen passiv, aber die Stimme selbst hallte von Abscheu und Verachtung wider, »daß gewisse irdische Staatsangehörige sich, um leichteren Zutritt zur Venus zu erhalten, rituelle Entweihungsakte haben zuschulden kommen lassen.«

Na ja, das stimmte allerdings. Es war wieder so ein typischer lausiger Veenie-Trick, wie vor Jahrhunderten bei den Japanern, die Europäer zwangen, auf Bibeln herumzutrampeln. Wenn Sie zur Veenie-Einwanderungskontrolle kamen, hatten Sie die Wahl. Sie konnten vier oder fünf Stunden eingehender Befragung über sich ergehen lassen, bei der alle Ihre Besitztümer geöffnet wurden, und höchstwahrscheinlich eine Leibesvisitation. Oder Sie konnten einen Eid ablegen, mit dem Sie »der Werbung, den Public Relations, der medialen Überredung oder jeder anderen Form von Manipulation der öffentlichen Meinung« abschworen; ein paar Verleumdungen über Ihre Agentur loslassen; und dann, je nachdem, wie gut Sie als Schauspieler waren, glatt durchrauschen. Natürlich war es ein einziger großer Witz. Ich lachte in mich hinein und setzte an, ihm das zu erklären, aber Mitzi mischte sich vor mir ein. »Ach ja«, sagte sie mit ernsthaftem Nicken und einem Gesichtsausdruck, der so mißbilligend war wie seiner, »davon haben wir auch gehört.« Sie warf mir einen warnenden Blick zu. »Wissen Sie zufällig, ob das wahr ist?«

Der Mann von der Einwanderungsstelle legte seinen Schreibstift hin, um ihr prüfend ins Gesicht zu blicken. »Sie wollen sagen, Sie wissen nicht, ob so etwas vorkommt oder nicht?«

Unbekümmert meinte sie: »Man hört Geschichten, sicher. Aber wenn man versucht, den Finger darauf zu legen, kann man einfach keinen einzigen konkreten Beweis finden. Immer heißt es, nein, mir ist das nicht passiert, aber ich kenne da jemanden, der sagt, er habe einen Freund, der - jedenfalls kann ich nicht glauben, daß ein anständiger Erdbewohner so etwas tun würde. Ich würde es jedenfalls nicht, und Tennison auch nicht. Ganz abgesehen davon, daß es offensichtlich unmoralisch wäre, wissen wir, daß wir bei unserer Rückkehr die Folgen dafür tragen müßten!«

So ließ uns der Mann denn widerwillig passieren, und sobald wir draußen waren, flüsterte ich Mitzi zu: »Du hast mir den Hintern gerettet - danke!«

»Sie haben erst vor ein paar Jahren damit angefangen«, sagte sie. »Wenn wir zugegeben hätten, einen falschen Eid abgelegt zu haben, wäre das in unsere Akten gekommen - dann säßen wir in der Scheiße.«

»Ulkig, daß du davon gehört hast und ich nicht.«

»Freut mich, daß du das Komische daran sehen kannst«, sagte sie mit beißender Schärfe, und ich stellte fest, daß sie aus irgendeinem Grund wütend war. Dann fuhr sie fort: »Tut mir leid. Ich bin schlecht aufgelegt. Ich glaube, ich werde versuchen, noch ein paar von diesen Bandagen loszuwerden - und dann ist es Zeit für das Shuttle!«

Die Erde! Der Geburtsort des Homo sapiens! Die Heimat wahren Menschentums! Die Blüte der Zivilisation! Als wir das Shuttle in seiner Schleusenkammer erreichten und ich einen flüchtigen Blick auf seine Graffiti erhaschte, wußte ich, daß ich daheim war. »Everett liebt Alice.« »Tiny Miljiewicz hat Herpes in den Ohren.« »Die Rams sind die Größten!« Auf der Venus gibt es nichts wie unsere einheimische irdische Volkskunst!

So stiegen wir aus dem Himmel herab, rüttelnd und schlagend; ich machte mir Sorgen wegen Mitzis verheilender Narben, aber sie murmelte nur etwas und drehte sich um, um zu schlafen. Hinaus über den weiten, vor Schleim grünlich-blauen Ozean... geradewegs über den ausgedehnten, uns willkommen heißenden nordamerikanischen Kontinent mit seinem Flickenteppich aus Städten, die grüßend durch den Smog heraufleuchteten... dann die Sonne, die wir hinter uns gelassen hatten und die nun wieder vor uns aufstieg, als wir über den Atlantik dahinglitten, unsere Kehre flogen, um den Rest unserer Höhe und Geschwindigkeit loszuwerden, und zu guter Letzt auf den breiten Landebahnen des Shuttlehafens von New York aufsetzten. Das kleine alte New York! Die Nabe des Universums rotiert weiter! Ich spürte, wie mein Herz vor Stolz und vor Freude angesichts der Heimkehr pochte... und Mitzi, neben mir angeschnallt, hatte das Ganze verschlafen.