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Zu meiner Überraschung kriegte sie mich an die Arbeit, während ich redete. Zu meiner noch größeren Überraschung handelte es sich bei der Arbeit um Kartoffelschälen. Ich meine rohe Gemüse-Kartoffeln - an manchen war sogar noch Dreck! »Wo hast du die denn her?« fragte ich und versuchte herauszufinden, was ich wohl tun mußte, um sie zu »schälen«.

»Mit Geld bekommt man alles«, sagte sie. während sie irgendwelche anderen rohen, unveredelten Gemüse in Streifen schnitt, orange und grün gefärbte diesmal. Es war nicht gerade eine Antwort, weil ich mich eigentlich nicht wo gefragt hatte, oder wie, sondern warum?

Aber ich war zur Höflichkeit erzogen. Ich aß tatsächlich eine ganze Menge von ihrem Abendessen, sogar die rohen Stengel und Blätter, die sie Salat nannte, und ich sagte nichts Kritisches. Nun ja, nichts Kritisches. Was ich sie aber nach einer Weile fragte, als die Unterhaltung ein bißchen durchzuhängen schien, war, ob sie dieses Zeug wirklich mochte.

Mitzi mampfte mit einem entrückten Blick in den Augen vor sich hin, aber sie riß sich zusammen, »Ob ich es mag? Natürlich mag ich es. Es ist...« Sie hielt inne, als wäre ihr etwas eingefallen. »Es ist gesund«, sagte sie.

»Das wird es wohl sein«, sagte ich höflich. »Nein, wirklich! Es gibt ein paar neue, äh, noch nicht veröffentlichte Untersuchungen, die das beweisen. Wußtest du zum Beispiel, daß veredelte Nahrungsmittel Gedächtnisschwächen hervorrufen können?«

»Ach, komm, Mitzi«, grinste ich. »Niemand würde Verbrauchern Dinge verkaufen, die ihnen schaden.«

Sie warf mir einen merkwürdigen Blick zu. »Nun, nicht absichtlich«, sagte sie, »vielleicht. Aber es handelt sich um neue Untersuchungen. Ich will dir was sagen. Laß es uns doch einfach austesten!« »Was austesten?«

»Ob deine Ernährung dein Gedächtnis ruiniert hat, verdammt noch mal«, brauste sie auf. »Wir machen ein kleines Experiment, um festzustellen, an wieviel von irgendwas du dich noch erinnern kannst, und wir, äh, zeichnen es auf Band auf, um es zu überprüfen.«

Das klang mir nicht wie ein sehr lustiges Spiel, aber ich versuchte immer noch, höflich zu sein. »Warum nicht?« meinte ich. »Wollen mal schauen. Angenommen, ich nenne dir die jährlichen Budgets der Agentur für die letzten fünfzehn Jahre, aufgegliedert in...«

»Nein, nicht so was Langweiliges«, beklagte sie sich. »Ich weiß! Wollen mal schauen, an wie viel du dich noch von dem erinnerst, was sich in der Botschaft auf der Venus abspielte. Irgendein spezieller Aspekt - ich weiß nicht - sicher! Erzähl mir alles, an was du dich über den Spionagering erinnerst, den ich geleitet habe.«

»Ah, aber das ist nicht fair!« protestierte ich. »Du hattest die eigentliche Leitung, und alles, was ich weiß, sind vereinzelte Bruchstücke.« »Das werden wir berücksichtigen«, versprach sie, und ich zuckte die Achseln.

»Na gut. Nun, um damit anzufangen, du hattest dreiundzwanzig aktive Agenten und ungefähr hundertundfünfzig freie Mitarbeiter und Teilzeitbeschäftigte - die meisten davon waren keine richtigen Agenten, wenigstens wußten sie nicht, für wen sie arbeiteten.«

»Namen, Tenny!«

Ich blickte sie überrascht an - sie nahm das ganz schön ernst. »Nun, da war einmal Glenda Pattison im Parkamt, das war die, die die schadhaften Teile in das neue Kraftwerk eingeschmuggelt hat. Al Tischler aus Learoyd City - ich weiß nicht, was der gemacht hat, aber ich erinnere mich an ihn, weil er so klein für einen Veenie war. Margaret Tucsnak, die Ärztin, die die Anti-Baby-Pillen unter die Aspirin gemischt hat. Mike Vaccaro, der Gefängniswärter vom Pol - sag mal, soll ich Hamid mitrechnen oder nicht?«

»Hamid?«

»Den Knacki«, erklärte ich. »Den, den ich dem alten Harriman als echten politischen Flüchtling aufgeschwatzt habe. Natürlich bist du abgereist, bevor er sich bei dir melden konnte, deshalb weiß ich nicht, ob ich ihn mit auf die Liste setzen soll. Aber ich bin überrascht, daß du dich nicht an ihn erinnerst.« Ich grinste. »Gleich sagst du noch, du erinnerst dich auch nicht an Hay«, wagte ich zu bemerken. Verblüffenderweise wirkte sie auch bei diesem Namen verdutzt. »Jesus Maria Lopez, um Gottes willen«, sagte ich verärgert, und sie schaute mich einen Augenblick lang verständnislos an.

Dann sagte sie: »Das war alles damals auf der Venus, Tenny. Er ist dort. Wir sind hier.«

»So ist es recht, Mädchen.« Ein Silberstreif am Horizont. Ich rückte näher zu ihr, und sie sah mich beinahe einladend an. Aber da war immer noch die Spur eines finsteren Gesichtsausdrucks auf ihrem Gesicht. Ich streckte die Hand aus und berührte die Stirnrunzelfalten; sie wirkten wie in ihre Stirn einmodelliert. »Mitzi«, sagte ich zärtlich, du arbeitest zu hart.«

Sie wich fast ärgerlich vor meiner Hand zurück, aber ich beharrte: »Nein, ehrlich. Du bist... ach, ich weiß nicht. Müder. Sanfter auch.« Das war sie; meine Messinglady war jetzt aus Bronze. Sogar ihre Stimme war tiefer und weicher.

Und, um ehrlich zu sein, ich mochte sie so lieber. Sie sagte: »Mach weiter mit den Namen, bitte.« Aber sie lächelte.

»Warum nicht? Theiller, Weeks, Storz, die Jurkewitsch-Brüder - wie bin ich bisher?«

Sie biß sich auf die Lippen - ärgerlich, dachte ich, weil mein Gedächtnis doch noch ganz gut war. »Mach einfach weiter«, meinte sie. »Es sind noch viel mehr.«

Also machte ich weiter. Tatsächlich erinnerte ich mich an ungefähr ein Dutzend Namen, aber sie erklärte sich bereit, es auch gelten zu lassen, wenn meine Erinnerungen an einige der Agenten nur darin bestanden, wo sie arbeiteten und was sie für sie gemacht hatten, und wenn ich mir bei etwas nicht sicher war, half sie aus, indem sie Fragen stellte, bis ich es wieder auf die Reihe bekam. Aber es zog sich so schrecklich lange hin! »Versuchen wir doch mal was anderes«, schlug ich vor. »Zum Beispiel, wer von uns sich an mehr von der letzten Nacht erinnern kann, die wir zusammen verbracht haben.«

Sie lächelte abwesend. »Gleich, Tenny, aber zuerst diese Person aus Myers-White, die die Weizenernte verderben hat...«

Ich lachte laut auf. »Mitzi, Liebling«, sagte ich, »der Myers-White-Agent baute Reis an; es war in Nevindale, wo sie die Weizenernte verdorben haben! Siehst du? Wenn die Ernährung das Gedächtnis ruiniert, solltest du dich vielleicht auf Kelpy Krisps umstellen!«

Sie biß sich wieder auf die Lippen, und einen Moment lang war ihr Gesichtsausdruck keineswegs freundlich. Seltsam. Ich hatte Mitzi nie für einen schlechten Verlierer gehalten. Dann lächelte sie und kapitulierte, indem sie den Recorder abschaltete. »Ich glaube, du hast deinen Beweis geführt, Liebling«, sagte sie und tätschelte die Couch neben sich. »Warum kommst du nicht hier herüber und kassierst den Gewinn ein?« Und so ergab es sich, daß wir uns doch noch ganz nett amüsierten.

III

Das nette Amüsement wiederholte sich jedoch nicht so rasch. Mitzi hinterließ keine weiteren Nachrichten mehr für mich. Ich rief sie ein paarmal an - sie war durchaus freundlich, gewiß sie war auch, so erklärte sie, wirklich sehr beschäftigt, und vielleicht irgendwann nächste Woche, Tenn, Liebling, oder jedenfalls direkt nach dem Monatsersten...

Natürlich gab es auch viel, was mich auf Trab hielt. Ich kam sehr gut im Religionsgeschäft voran, und sogar Desmond Haseldyne war des Lobes voll. Aber ich wollte Mitzi sehen. Nicht nur wegen, na, Sie wissen schon, der Dinge, derentwegen ich mich überhaupt zuerst für sie zu interessieren begonnen hatte. Es gab auch noch andere Gründe.

Einige Male, als ich in Haseldynes Büro kam, tätigte er gerade mysteriöse Privatgespräche, und ich hatte den komischen Gedanken, daß ein paar davon Mitzi galten. Und ich sah ihn, zusammen mit Val Dambois und Mitzi und dem Alten selbst, bei einer Beratung in einem Schnellimbiß ein ganzes Stück von der Agentur entfernt. Es war kein Lokal, wohin leitende Angestellte zum Mittagessen gingen. Es war nicht einmal ein Lokal, wohin Junior-Werbetexter-Praktikanten wie ich sehr oft zum Mittagessen gingen, aber zufällig lag es nahe bei der Columbia Advertising & Promotion-Universität. Als sie mich erblickten, rüttelte sie das offenbar auf. Sie waren alle gemeinsam an irgend etwas beteiligt. Ich wußte nur nicht, woran. Ging mich vielleicht auch nichts an - aber es schmerzte mich, daß Mitzi mir nicht erzählte, was es war. Ich ging weiter zu meiner Columbia-Vorlesung, - die für Kreatives Schreiben -, aber ich befürchte, ich paßte den ganzen Abend über nicht besonders gut auf.