»Sind Sie Tarb?« knarrte eine barsche Stimme in meinem Ohr. »Raus aus der Falle! In fünf Minuten gibt's Futter, und in zehn will Sie der Oberst sehen.«
Ich hebelte ein Auge auf. »Der was?«
Das zu mir heruntergebeugte Gesicht zog sich nicht zurück. »Hoch!« brüllte es, und während meine Augen sich scharf stellten, erkannte ich, daß es zu einem dunkelhaarigen, finster blickenden Mann mit Majorsstreifen und einer Reihe von Ordensbändern auf dem Tarnanzug gehörte.
»Jawohl«, murmelte ich und schaffte es, mich zu erinnern, ein »Sir« hinzuzufügen. Das Gesicht machte keinen zufriedenen Eindruck, aber es verschwand. Ich ruckte zur Bettkante, wobei ich die schärfsten und rostigsten der Federn zu vermeiden suchte - mein halber Körper war mit Einstichen bedeckt, wo ich mich in der Nacht herumgeworfen und -gewälzt hatte -, und nahm das Problem in Angriff, in mein T-Shirt und meine Shorts zu kommen. Dieses Problem erwies sich als lösbar, obwohl ich es, glaube ich, im Schlaf ausführte. Das Problem, wo das »Futter« war, war überhaupt kein Problem, denn ich mußte nur dem langsamen Zug rotäugiger, unrasierter, blinzelnder Truppen zu dem folgen, was als »Speisesaal A« gekennzeichnet war. Wenigstens gab es Coffiest. Besser noch, es gab Mokes, auch wenn diese nicht von der Regierung ausgegeben wurden und ich kostbare Augenblicke damit vergeudete, den ein oder zwei entfernt bekannten Gesichtern, die verbissen ihre Om'Lets mit Broht attackierten, Kleingeld abzuschwatzen. Natürlich schluckte der Verkaufsautomat meine ersten drei Münzen, ohne im Gegenzug eine Moke auszuspucken, aber beim vierten Versuch bekam ich eine - natürlich warm - und trat der blendenden Sonne draußen ein bißchen tapferer entgegen.
Das Büro des Obersten zu finden, war erheblich schwieriger. Keiner von den neuen Verstärkungen wie ich schien eine Ahnung zu haben. Die klügeren Berufssoldaten schienen noch glücklich in ihren Kojen zu schlafen, um das Gedränge der neuen Jungs in der Messe abzuwarten, so daß sie ihr Frühstück später gemütlicher genießen konnten. Die paar Einheimischen, die mit Besen oder Eimern mit grauem, schaumigem Wasser herumspazierten - ohne allerdings Anzeichen dafür erkennen zu lassen, das eine oder andere auch zu benutzen -, waren froh, mir den Weg zeigen zu können, aber da wir keine gemeinsame Sprache sprachen, hatte ich keine Ahnung, wohin sie mich eigentlich dirigierten. Ich fand mich am Rande des Truppenlagers wieder und trat gerade durch ein Tor, als mir ein widerlicher Gestank in die Nasenlöcher stieg und im gleichen Augenblick jenes heisere Aaaah-ich! in meinern Ohr explodierte.
Das Rätsel der nächtlichen Maschinengeräusche war aufgeklärt. Zu meinem grenzenlosen Ekel stellte ich fest, daß die Maschinen gar keine Maschinen waren. Diese Leute hatten Tiere. Lebende Tiere! Nicht in einem Zoo oder anständig ausgestopft in irgendeinem Museum, sondern Tiere, die auf der Straße stände, Wagen zogen und sogar den Darm entleerten, genau dorthin, wo Leute hergehen mochten. Ich war in eine Art Abstellplatz für die Geschöpfe hineingestolpert. Ich kann Ihnen sagen, einen Augenblick lang hin es an einem seidenen Faden, ob ich die schwer erkämpfte Moke bei mir behalten würde, die ich gerade geschluckt hatte.
Bis ich zu guter Letzt das Büro des Obersten fand, war ich natürlich wenigstens zwanzig Minuten zu spät, aber ich hatte einige ernüchternde Fakten über diese neue Welt kennengelernt, in die ich geworfen worden war. Die sonderbaren Tiere mit dem lauten Kreischen wurden Esel genannt. Eine kleinere, gehörnte Eselsart nannten sie Ziege, aber sie hatten auch Hühner und Pferde und Yaks. Und eins roch übler und hatte ekelhaftere Eigenschaften als das andere. Als ich endlich in den Schlammziegelbau mit der Kennzeichnung HQ III. Btl. & Co. HQ stolperte, wußte ich, daß ich im Begriff war, meinen ersten Tadel zu ernten, aber es war mir egal. Er hatte eine Klimaanlage, und die Klimaanlage funktionierte tatsächlich, und als mir der Hauptfeldwebel mit finsterer Miene erklärte, daß ich würde warten müssen und der Oberst mich vermutlich auffressen würde, hätte ich ihn küssen können, denn die Luft war kühl, die Übelkeit erregenden Geräusche von draußen waren gedämpft - und neben der Tür war ein Moke-Automat.
Der Feldwebel war ein wahrer Prophet. Die ersten Worte des Obersten lauteten: »Sie sind zu spät gekommen, Tarb! Ein schlechter Anfang! Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ihr Werbeleute macht mich krank!«
In normalen Zeiten hätte mich diese Art von Gerede auf die Fahne gebracht, aber das hier waren keine normalen Zeiten. Ich konnte in dem Oberst lesen wie in einem Buch: ein ergrauter Veteran, die Brust voller Ordensbänder für den Sudan- und Neuguinea- und Patagonien-Feldzug. Ohne Zweifel aus dem Mannschaftsstand hervorgegangen, mit all dem früheren Haß des Verbrauchers auf die oberen Klassen. Ich schluckte die Worte hinunter, die mir auf die Lippen kamen, blieb in der strammsten Habacht-Stellung, die ich bewerkstelligen konnte, und sagte nur: »Ja, Ma'am.«
Sie sah mich mit der gleichen Art ungläubigen Ekels an, den ich, da bin ich mir sicher, für die Esel übrig hatte. Sie schüttelte den Kopf. »Also, was soll ich mit Ihnen machen, Tarb? Haben Sie irgendwelche Begabungen, die nicht auf Ihrem Personalbogen stehen - Kochen, Rohre verlegen, einen Offiziersclub leiten?«
Ich sagte indigniert: »Ma'am! Ich bin ein Werbetexter der Starklasse!«
»Sie waren«, korrigierte sie. »Hier sind Sie nur ein weiterer Offizier vom Durchgangspersonal, für den ich einen Job finden muß.«
»Aber sicherlich - meine Begabungen - meine Fähigkeit, eine Werbekampagne zu entwerfen...«
»Tarb«, sagte sie überdrüssig, »dieses ganze Zeug wird daheim im Pentagon erledigt. Wir machen hier im Feld keine Strategie. Wir sind nur die Landser, die sie ausführen.« Düster ging sie mit kleinen Rucken die Datenspeicher durch - zögerte - machte weiter - ging noch einmal zurück und fuhr mit dem Kursor eine Zeile in der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung ab.
»Feldgeistlicher«, sagte sie befriedigt.
Ich starrte sie an. »Feldgeistlicher? Aber ich habe noch nie - ich meine, ich habe keine Ahnung von...«
»Sie haben von nichts eine Ahnung, Leutnant Tarb«, sagte sie, »aber die Militärseelsorge ist ein leichter Job. Sie können den Dreh in Null Komma nichts rauskriegen. Sie werden einen Assistenten haben, der sich auskennt - und so weit ich sehen kann, ist es ein Platz, wo sie nicht viel Schaden anrichten können. Wegtreten! Und versuchen Sie, sauber zu bleiben, bis dieser Feldzug vorüber ist, damit Sie das Problem von jemand anderem werden.«
So begann meine Laufbahn als Feldgeistlicher des Hauptquartiers des III, Bataillons und Kompanie-Hauptquartiers - schwere limbische Projektoren und Himmelschirme - nicht der beste Dienst der Welt, aber ein ganzes Stück besser als mit der Infanterie von Haus zu Haus zu gehen. Der Oberst hatte mir einen in der Feldgeistlichen-Arbeit erfahrenen Assistenten versprochen, und ich bekam einen. Oberfeldwebel Gert Martels trug die Ordensbänder von so weit zurückliegenden Feldzügen wie Kampuchea auf ihrer ziemlich hervorstechenden Brust.
Als ich meine Domäne zum ersten Mal betrat, begrüßte sie mich mit einer schlampigen Ehrenbezeigung, aber einem formvollendeten Lächeln. »Morgen. Leutnant«, rief sie, »Willkommen bei der Dritten!«